Protokoll der Sitzung vom 04.05.2006

Und:

Gesetz zur Regelung der Zuweisungen des Landes Nordrhein-Westfalen an die Gemeinden und Gemeindeverbände im Haushaltsjahr 2006

Gesetzentwurf der Landesregierung Drucksache 14/1102

Beschlussempfehlung und Bericht des Haushalts- und Finanzausschusses Drucksache 14/1717

zweite Lesung

Wir setzen die unterbrochene Haushaltsberatung fort.

Das im Ältestenrat vereinbarte Beratungsverfahren mit der Reihenfolge der zu beratenden Einzelpläne und den vorgeschlagenen Redezeiten können Sie der Tagesordnung entnehmen.

Wir stimmen jeweils nach Beendigung der Beratung über den Einzelplan ab. Liegen Änderungsanträge zu einem Einzelplan vor, wird natürlich zunächst über diese Änderungsanträge abgestimmt und dann über den – gegebenenfalls geänderten – Einzelplan.

Wir haben darüber hinaus die Vereinbarung getroffen, dass wir zwischen 12:30 Uhr und 14 Uhr keine Abstimmungen durchführen. Sie werden nach der Mittagszeit nachgeholt.

Nach dieser langen Vorrede, meine Damen und Herren, rufe ich nun Einzelplan 15 auf:

Ministerium für Generationen, Familie, Frauen und Integration

mit den Teilbereichen „Generationen und Familie, Kinder und Jugend“, „Frauen“ und schließlich „Integration und Eine-Welt“.

Ich weise auf die Beschlussempfehlung Drucksache 14/1715, auf die Änderungsanträge der Fraktionen der SPD Nrn. 51 bis 67 der Tischvorlage – Neudruck – und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Nrn. 68 bis 84 der Tischvorlage – Neudruck – hin. Der Änderungsantrag mit der laufenden Nr. 125 ist entfallen, da er mit der laufenden Nr. 80 in Drucksache 14/1830 – Neudruck – identisch ist. Das hört sich alles sehr kompliziert an; aber Ihre Parlamentarischen Geschäftsführer haben das alles im Griff.

Ich eröffne die Beratung und rufe den Teilbereich „Generationen und Familie, Kinder und Jugend“ auf.

Als erster Rednerin erteile ich Frau Altenkamp, SPD-Fraktion, das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich zunächst einmal noch einige Worte zu den Anträgen der SPD-Fraktion sagen: Soweit es um den Landesjugendplan geht, wird – wie schon unter dem vorherigen Tagesordnungspunkt – deutlich, dass wir eine Steigerung um 21 Millionen € auf dann wieder 96 Millionen € wollen. Warum? Das ist für uns völlig klar: Das ist das, was an uns an Ansprüchen gestellt wird nach dem Motto „Wort halten“.

Was wollen wir damit erreichen? Wir wollen die Qualität der Angebote sichern. Wir wollen die Infrastruktur erhalten und zukunftsfest machen. Wir wollen die Weiterentwicklung der offenen Kinder- und Jugendarbeit ermöglichen, und wir wollen erprobte Felder der Jugendarbeit festigen und verstetigen. Viele von Ihnen hier im Saal wissen es: Die geschlechtsspezifische und geschlechtsbewusste Jugendarbeit ist zum Beispiel ein Feld, das mir sehr am Herzen liegt.

Zum GTK-Bereich: Da wollen wir die Sachmittelpauschale anheben. Auch das fällt für uns ganz selbstverständlich unter das Motto „Wort halten“. Es gibt nach unseren Vorstellungen ein letztes beitragsfreies Kindergartenjahr, um Kinder besser zu fördern und Defizite im Übergang zur Schule besser aufzuarbeiten.

Ich muss ganz offen sagen: Da haben wir innerhalb der Sozialdemokraten nicht nur in NordrheinWestfalen, sondern auch bundesweit, dazugelernt. Wir sagen heute: Wir wollen, dass alle Kinder gleichermaßen in den Kindertageseinrichtungen landen. Deshalb ist uns mittlerweile klar, dass es auf lange Sicht darauf ankommen wird, den Kindergarten beitragsfrei zu stellen.

(Beifall von der SPD)

Wir reden nicht nur, sondern wir handeln bei der Verbesserung der Betreuung im U3-Bereich. Nicht zuletzt durch die Beratungen der großen Koalition auf Bundesebene tut das in diesem Bereich besonders Not. Denn eines ist doch klar: Wenn das Elterngeld kommt – wie es aussieht, wird es kommen –, wird der Druck im U3-Bereich deutlich erhöht. Im Grunde genommen kann man sogar sagen, dass der Druck im U2-Bereich deutlich erhöht wird. Denn wir reden beim Elterngeld über zwölf beziehungsweise 14 Monate. Dann werden viele Eltern auf die Kindertageseinrichtungen zukommen und sagen: Wir brauchen eine Betreuung für unsere Kinder.

Frau Abgeordnete Altenkamp, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Papke?

Im Moment nicht. Vielleicht zum Ende.

Wir wollen mit unseren Anträgen bei der Familienhilfe und der Familienbildung die Angebote für die Eltern erhalten, die sie in die Situation versetzen, ihrer Erziehungsaufgabe nachzukommen. Wir wollen ihre Erziehungskompetenz stärken und stützen. Gerade mit Blick auf die Verzahnung der Angebote mit den Kitas ist eine Finanzierung speziell dieser Bereiche, der Elternbildung und der Elternberatung, ganz dringend geboten. Denn es bringt überhaupt nichts, das alles an die Kita anzuflanschen, das aber auf niedrigstem Niveau. Davon haben weder die Eltern noch die Kinder in Nordrhein-Westfalen etwas.

Wir haben die Kinder-, Jugend- und Familienpolitik in unseren Haushaltsanträgen zum Schwerpunkt gemacht und dazu auch eine Gegenfinanzierung angeboten. Meine Damen und Herren, es ist schon abenteuerlich, dass ich mir gerade vom zuständigen Minister anhören muss, dass der Haushalt schon im Februar verabschiedet worden wäre, wenn dieses lästige Parlament nicht wäre. Das muss ich mir von einem Minister sagen lassen, dessen Fraktion im Fachausschuss nicht einen einzigen Antrag vorgelegt hat!

(Beifall von der SPD)

Wir haben die Anträge letztlich im Haushalts- und Finanzausschuss eine Stunde vor Sitzungsbeginn bekommen. Das nenne ich nun wirklich gute, vertiefte parlamentarische Beratung, die Sie uns da ermöglichen. Vor diesem Hintergrund, Herr Laschet, habe ich den Eindruck, dass Ihre Koalition einer zügigen Verabschiedung des Haushaltes mehr im Wege steht als dieses Parlament und sein Verfahren.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, was zeigen die sogenannten Änderungsanträge der CDU und der FDP? Sie zeigen sich unbeeindruckt von den Volksinitiativen zum Landesjugendplan. Sie nehmen den Trägern und den Verbänden die Möglichkeit, ihre Arbeit qualitativ weiterzuentwickeln. Sie bringen die Träger und Verbände insbesondere in finanzschwachen Kommunen unter Druck; denn wegfallende Landesmittel werden wegfallende kommunale Mittel zur Folge haben.

Dann legen Sie neben dem Landesjugendplan und damit auch neben dem Jugendfördergesetz

ein Sonderprogramm auf. Reden wir jetzt einmal über Tricksereien: Herr Laschet, der Haushalt wird im Mai verabschiedet. Ihren Anträgen ist bis heute nicht zu entnehmen, wie das Antragsverfahren laufen soll: Wird der örtliche Jugendhilfeträger da miteinbezogen, ja oder nein? So oder so ist eines klar: Sechs Wochen vor der Sommerpause legen Sie diesen Haushalt und dieses Sonderprogramm in dem klaren Wissen auf, dass es nicht abgerufen werden wird.

(Beifall bei der SPD)

Ein Schelm, der dabei Übles denkt!

Frau Altenkamp, Herr Papke hat Ihren Hinweis aufgegriffen und einen zweiten Versuch gestartet, eine Zwischenfrage zu stellen.

Herr Papke, es wird Ihnen durch ständiges Versuchen nicht gelingen, meinen Redefluss zu stoppen. Wenn das Ihr Ziel ist, dann lassen Sie es.

(Beifall bei der SPD)

Okay. Damit ist dieser Wunsch offenbar abgelehnt.

(Ralf Witzel [FDP]: Das war Ihr parlamentari- scher Brauch!)

Lassen Sie mich jetzt darauf zu sprechen kommen, was dieses Sonderprogramm möglicherweise auch noch soll: Schaut man in Ihre Antragsbegründung für dieses Sonderprogramm, wird eine derart starke Schulfixierung offensichtlich, dass ich mich wirklich fragen muss, warum Sie die 4,5 Millionen € nicht gleich an den Schuletat überwiesen haben.

(Beifall von der SPD)

Das ist Ihre Haltung, Herr Minister, die heute überaus deutlich geworden ist: Sie haben gar kein Interesse an einem eigenständigen Feld Kinder- und Jugendarbeit.

(Beifall von der SPD)

Das ist das Problem.

(Parl. Staatssekretär Manfred Palmen: Un- verschämt!)

Wenn man sich dann noch vergegenwärtigt, wie Sie Kinder- und Jugendarbeit definieren und was Sie tatsächlich von der Kinder- und Jugendarbeit halten, und wenn man sich dann zur Krönung noch die Antwort auf die Kleine Anfrage anschaut

und das hört, was Sie heute zur Bewirtschaftung des Landesjugendplans gesagt haben, dann wird deutlich, Herr Minister: Es gibt in diesem Parlament jedenfalls in Ihrer Koalition und Ihrer Regierung durch Sie keine Lobby für Kinder- und Jugendarbeit.

(Beifall von der SPD)

Sie verschieben den Elternbeitragsdefizitdeckungsausgleich auf den Beginn des Kindergartenjahres im August. Herzlichen Glückwunsch, dass Sie schon entdeckt haben, dass das Kindergartenjahr im August beginnt.

(Heiterkeit und Beifall von der SPD)

Das zeigt, wie wenig durchdacht Ihre Formulierungen und Ihre Haushaltsvorschläge tatsächlich waren.

Ein letzter Punkt noch: Sonderprogramm „Frühe Förderung von Kindern“. Wieder so ein Sondertopf, wieder so ein Beitrag zur Entbürokratisierung und wieder so ein Trostpflaster! Dabei ist der Begründung Ihres Antrags überhaupt nicht zu entnehmen, welche Einrichtungen in den Genuss der Mittel kommen können. Welches Verfahren gibt es, um sich zu bewerben? – Heiße Luft!