„die einen Gesamthaushalt mit all seinen komplexen, zum Teil schwierigen Facetten zu verantworten hat, einen Haushalt mit einer enormen Verschuldung, mit einer erdrückenden Zinslast und fast uferlos anwachsenden Pensionskosten.“
Meine Damen und Herren, die Lage hat sich nicht verändert. Ich wiederhole es vielleicht zum zwanzigsten Mal in diesen Haushaltsberatungen: Nordrhein-Westfalen hat immer noch 113 Milliarden € Schulden.
Der Finanzminister geht jeden Morgen in sein Büro und überweist mehr als 13 Millionen € Zinsen an die Banken.
Nur von diesen Zinsen pro Tag könnten wir jeden Tag zwei Schulen oder vier Kindergärten bauen. Ich kann auch sagen: Wenn wir zwei Tage die Zinsen nähmen, hätten wir das Geld für den Landesjugendplan. Wir können es auch noch anders sagen: Jeder Säugling in Nordrhein-Westfalen, der seinen ersten Schrei tut, hat 6.100 € Schulden.
Da hilft nur eines: Umsteuern! Wir fangen in diesem Haushalt an. Wenn Sie behaupten, wir steuerten um auf dem Rücken der Kinder oder wir machten einen sozialen Kahlschlag, so ist das meiner Meinung nach mehr Demagogie als Wahrheit.
Ganz im Gegenteil! Wir sagen ganz deutlich: Kinder stehen im Mittelpunkt. Das möchte ich Ihnen auch immer wieder sagen: Alle Haushalte aller Budgets sollten 20 % einsparen. Es gibt nur zwei Ausnahmen. Der eine Bereich ist die Schule mit 2,4 % Steigerung. Der andere Bereich ist der Bereich Generationen, der nur die Hälfte dieser erforderten Sparsumme zu erbringen brauchte.
Dass die Steigerung im Schulbereich auch Kinder und Jugendliche betrifft, sei auch hier noch einmal in Erinnerung gerufen. 260 Millionen € mehr für Kinder und Jugendliche im Gesamthaushalt – ich denke, das ist eine positive Bilanz.
Bleiben wir beim Fachbereich! Ich erwähne es noch einmal: 18,6 Millionen € Sprachförderung, was mehr als eine Verdoppelung ist, der Fortbestand der Horte, die dank Rot-Grün heute alle weg wären, der Start für die Familienzentren und die Halbierung der Kürzungen für den Familienberatungsdienst genau unter diesem Blickpunkt, dass wir lange Warteschlangen vermeiden wollten, die Steigerung im Bereich Kindergarten um 40 Millionen €, davon 23 Millionen € für frühkindliche Bildung,
und 4,5 Millionen € für ein Sonderprogramm Jugend in sozialen Brennpunkten. Ich glaube, nach den Ausführungen des Ministers können wir sehr deutlich sagen: Diese Mittel werden ziel- und treffsicher eingesetzt werden können.
Lassen Sie mich zum Schluss noch zwei Bereiche besonders erwähnen. Das ist einmal der Kindergartenbereich. Sie sagen, dass unsere Minderausgaben die Qualität der Kindergärten bei der Umsetzung des Bildungsauftrags verschlechterten und das zu einer Katastrophe führe. Diese Behauptung kann nicht richtig sein. Denn wenn wir richtig nachrechnen, haben wir die finanziellen Aufwendungen pro Kind um 158 € gesteigert. In der gesamten Republik gibt es meines Wissens keine höheren Aufwendungen für Kinder.
(Hannelore Kraft [SPD]: Wir haben noch kei- ne Pro-Kopf-Kofinanzierung! Das wissen Sie doch genauso gut wie wir!)
Frau Kraft, damit Sie sich beruhigen können, möchte ich Ihnen noch ein Zitat vorlesen, das aus dem Protokoll des Fachausschusses vom 27.11.2003 stammt.
„Angesichts eines Volumens von fast 1 Milliarde € müssten Überlegungen erlaubt sein, wie über einen Zeitraum von ein, zwei Jahren ein Einsparpotenzial im GTK-Bereich realisiert werden könne. Wer den Erziehungs-, Betreuungs- und Bildungsauftrag des Kindergartens nicht antasten wolle, müsse den Sachkostenbereich einer kritischen Prüfung unterziehen. Dies werde aber nicht zur Folge haben, dass Einrichtungen geschlossen werden müssten oder in Gefahr gerieten.“
Wir haben noch mehr Schulden, Frau Gödecke. Zum Landesjugendplan 2003 zitiere ich Herrn Flessenkemper aus dem gleichen Ausschussprotokoll aus:
„Seine Fraktion stelle sich der Kritik, die auf die Förderzusagen, die in der Vergangenheit gemacht worden seien, abhebe. Die Jugendpolitik habe ihre Entscheidungen allerdings nie leichtfertig, sondern immer mit dem nötigen Verantwortungsbewusstsein getroffen. Von dieser Linie werde man auch in diesem Jahr nicht abweichen. Nicht vergessen dürfe man, dass Nordrhein-Westfalen im Bundesvergleich nach wie vor eine hervorragende Position einnehme. Und wer angesichts eines Fördervolumens, das möglicherweise auf 70 Millionen € abgesenkt werde, von einer Förderung spreche, die gegen null tendiere, sei nicht mehr ernst zu nehmen.“
Frau Altenkamp, Sie sollten sich auch solche Äußerungen noch einmal zu Gemüte führen, bevor Sie uns hier fehlende Ernsthaftigkeit und mangelndes Verantwortungsbewusstsein vorwerfen.
Meine Damen und Herren, die CDU-Fraktion und die FDP-Fraktion haben sich die Entscheidung nicht leicht gemacht. Wir tun uns schwer, unsere Vorstellung von einer Politik für junge Menschen nicht so umsetzen zu können, wie wir es gern möchten. Aber die uns hinterlassene Schuldenlage lässt leider nichts anderes zu.
Jahrelang haben Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, die Sparbemühungen Ihrer eigenen Regierung immer wieder torpediert. Kam es zu Protesten von Betroffenen, wurden die Sparmaßnahmen einkassiert. So wurden es Jahr für Jahr mehr Schulden.
Damit muss endlich Schluss sein. Gerade als Jugendpolitikerin und Kinderpolitikerin mit Leib und Seele stehe ich für diese Umsteuerung.
Wir müssen endlich aufhören, die Zukunft unserer Kinder und Enkel zu verfrühstücken. Für die nachfolgenden Generationen, nicht für uns heute, müssen wir weg von diesen Schulden, damit sie und wir wieder gestalten können.
(Hannelore Kraft [SPD]: Ja! Aber Sie legen doch welche drauf! – Weiterer Zuruf von der SPD: Sie machen doch mehr!)
Meine Damen und Herren, lassen Sie noch einen kurzen Schlusssatz zu. Ich habe drei Enkelkinder. Eines von ihnen kann bereits sprechen. Immer wieder fragt es mich: Oma, wo fährst Du eigentlich hin? – Dann erzähle ich ihm natürlich, wo ich hinfahre, nämlich nach Düsseldorf. Ich möchte nicht – das sage ich ganz ernsthaft –, dass dieses Kind, wenn es einmal älter ist, mich fragt: Was hast du da eigentlich in Düsseldorf gemacht? Wofür muss ich büßen?
(Beifall von CDU und FDP – Hannelore Kraft [SPD]: Dann müssen Sie diesen Haushalt ablehnen, Frau Kastner!)
Vielen Dank, Frau Kollegin Kastner. – Als nächste Rednerin hat für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen die Kollegin Asch das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich erzähle Ihnen jetzt keine Geschichte von meinen drei Kindern zu Hause, sondern ich steige sofort in die Beratung des Einzelplans 15 ein. Dieser Einzelplan ist nämlich das Kernstück des Haushalts, wenn man die Regierung ernst nimmt, die sagt: Wir machen Kinder- und Jugendpolitik sowie Familienpolitik zum Schwerpunkt unserer Regierungsarbeit. – Damit ist dieser Einzelplan, in dem die Summen für diese Arbeit festgelegt werden, sozusagen der Kern und der Schwerpunkt dieses Haushalts.
Wir nehmen an diesem Haushalt aber wahr, dass Kinder, Jugendliche und Familien nicht zum Schwerpunkt der Politik, sondern zum Schwerpunkt der Kürzungen gemacht werden.
Die bittere Realität ist, dass im Jahr des Kindes, das der Herr Ministerpräsident ausgerufen hat, gerade bei den Kindern am stärksten gekürzt wird. Anspruch und Wirklichkeit klaffen hier, wie so oft bei dieser Landesregierung, meilenweit auseinander.
Die Öffentlichkeit, die Bürgerinnen und Bürger, werden systematisch getäuscht. Ihnen werden mit neuen Konzepten und wohlklingenden Worten die Segnungen der neuen Familienpolitik verkauft. Es werden neue Leistungen versprochen, während die bestehenden Leistungen hinterrücks gestrichen und gekürzt werden.
Wir können das für alle Bereiche durchdeklinieren. Fangen wir bei den Kindertagesstätten an! CDU und FDP haben im Wahlkampf versprochen, dass sie hier mehr drauflegen werden. Das komplette Gegenteil passiert. Jetzt müssen die Kindertagesstätten Einsparungen von 150 Millionen € verkraften.
Viele Träger haben bereits erklärt, sie könnten das nicht schultern. Sie müssen Einrichtungen und Gruppen schließen. Genau diese Kindertagesstätten sollen jetzt zum Kern, zum Nukleus der neuen Familienzentren werden.
Wie soll das denn zusammengehen, Herr Laschet? Wie können Sie den Kindertagesstätten zusätzliche Leistungen abverlangen, wenn Sie ihnen sozusagen die Basis wegkürzen und sie schier ums Überleben kämpfen müssen? Der gesamte Aufbau der Zentren, die spätere Koordination und Vernetzung der beteiligten Einrichtungen – das alles soll von den Kindertagesstätten aus geleistet werden.
Ich nehme an vielen Veranstaltungen in diesem Lande teil, in denen über die Familienzentren gesprochen wird. Wenn wir an den Punkt kommen, dass sie all das aus ihren eigenen Ressourcen heraus durch die Einrichtungsleitungen leisten sollen, brechen die anwesenden Erzieherinnen und Erzieher jedes Mal in Hohngelächter aus, denn das geht an der Realität in den Kindertagesstätten völlig vorbei. Herr Minister, das, was Sie da verlangen, zeigt, dass Sie auch nicht den