Protokoll der Sitzung vom 04.05.2006

(Beifall von CDU und FDP)

Das ist die „TAZ“, die nicht im Verdacht steht, ein CDU-Organ zu sein. Die vergibt Tag für Tag den „Laumann der Woche“ und ähnliche Dinge. Aber dass Ihre Politik unseriös ist, hat selbst die „TAZ“ erkannt. Insofern stehen Sie mit Ihren Gegenvorschlägen, die Sie heute dem Landtag präsentieren, völlig alleine.

(Zurufe von der SPD)

Eine kinder- und familienfreundliche Politik muss also auch eine verantwortliche Finanzpolitik für

künftige Generationen sein. Wenn wir über Kürzungen im Einzelplan 15 sprechen – ich habe Ihnen eben in der Debatte vorgerechnet, dass wir für Kinder und Jugendliche, indem wir im Bereich Schule mehr investieren, mehr machen –, dann gehört dazu, Frau Asch, dass man sich irgendwann einmal auf eine Zahl verständigt. Über Wochen hat Frau Asch uns glauben machen wollen, es würde um 220 Millionen € gekürzt. Das hat sie an alle Kommunen und in jeden Kreisverband schicken lassen, damit man vor Ort mit der Zahl 220 Millionen € arbeitet. Heute hat Frau Asch mal eben die Zahl um 70 Millionen €, was vielleicht nach ihrem finanzpolitischen Gespür nicht viel ist, reduziert. Sie hat gesagt, wir kürzten um 150 Millionen €.

In Wirklichkeit – das weiß Frau Asch, weil das im Ausschuss schon oft erörtert wurde – geht es um 104 Millionen € weniger im Jahre 2006 im Vergleich zu 2005. Sie haben eben das Wort Bugwelle genannt. Eine Bugwelle ist eigentlich nichts Schönes, sondern etwas, was an der Grenze der Legalität in der Haushaltsordnung ist. Das waren Bugwellen, die alte Landesregierungen gemacht haben, die die Summe Jahr für Jahr in das nächste Jahr haben schwappen lassen, um sie dann abzuarbeiten. Diese sogenannte Bugwelle haben wir im zweiten Nachtragshaushalt 2005 mit 55 Millionen € abgearbeitet. Das waren Bugwellen der Vorjahre.

Herr Minister!

Eine Sekunde bitte, ich muss zunächst diese Zahl erklären.

Dadurch ist natürlich der Ansatz 2005 allein um diese Bugwelle in Höhe von 55 Millionen € höher, als er normalerweise gewesen wäre. Insofern errechnen sich daraus 104 Millionen € weniger im Jahre 2006, was, wenn Sie es von der Substanz her sehen – Sie wissen das –, eine unwesentliche Verschlechterung im Vergleich zur Haushaltslage 2005 darstellt. Eigentlich müssten Sie die Bugwelle bei Kürzungen abziehen.

(Zuruf von Britta Altenkamp [SPD])

Im Bereich der Kindergärten wird im Jahre 2006 der gleiche Trägerkonsolidierungsbeitrag abverlangt, den Sie im Jahre 2004 und 2005 abverlangt haben, nämlich in Höhe von 72 Millionen €. Das ist real keine Kürzung, sondern die Fortsetzung einer Konsolidierungsmaßnahme, die auch Sie schon in Ihrer Regierungszeit gemacht haben.

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Asch?

Ja.

Herr Minister, wie beurteilen Sie die Tatsache, dass es eine Volksinitiative gibt, deren Unterschriften – 170.000 – gestern von der Präsidentin des Landtags entgegengenommen wurden? Diese Volksinitiative, die übrigens unter anderem von einer Vielzahl von in der Kinder- und Jugendpolitik und in anderen sozialen Bereichen tätigen Professionellen initiiert wurde, wendet sich gegen Kürzungen, die sich genau in der Höhe bewegen, die ich immer der Öffentlichkeit mitteile. Wie beurteilen Sie diese Tatsache der 170.000 Unterschriften?

(Zuruf von der SPD: 183.000!)

Heute sind es sogar 183.000; jeden Tag werden es zum Glück mehr.

Was sagen Sie dazu? Sind das alles Leute, die spinnen, die keinen Bezug zur Realität haben, oder wie sehen Sie das?

Ich hatte gehofft, Frau Kollegin Asch, dass Sie die Zwischenfrage dazu genutzt hätten zu erklären, wieso Sie alle paar Wochen mit neuen Millionenzahlen um sich werfen.

(Andrea Asch [GRÜNE]: Ich halte mich an die Regeln!)

Sie haben aber leider nicht die Chance ergriffen zu erläutern, wieso von Ihnen 220 Millionen, 150 Millionen, 104 Millionen und alle paar Wochen in Dekadengrößenordnungen neue Kürzungen vorgeschlagen werden. Dass Sie jetzt 183.000 Unterschriften anführen, ist ein schwaches Argument für einen Abgeordneten, der hier im Parlament doch über Haushalt sprechen und die Zahlen, die er erklären will, hier erklären sollte.

Zu dem zweiten Punkt, den Sie angesprochen haben: Mich hat gewundert – Sie suchen sich aus meiner Sicht auch nicht die richtigen Themen aus, mit denen Sie eine Regierung attackieren können –, dass Sie über die Familienzentren hergezogen haben. Sie haben gesagt, immer wenn Sie irgendwo bei Veranstaltungen über Familienzentren und deren Konzept sprächen, brächen die Menschen in Hohngelächter aus.

(Andrea Asch [GRÜNE]: An einer bestimm- ten Stelle!)

Aber vielleicht haben die auch gar nicht über die Familienzentren gelacht, sondern über Ihre Rede, Frau Asch. Vielleicht liegt das auch daran, wie Sie das vortragen.

(Andrea Asch [GRÜNE]: Dann hören Sie mir zu, Herr Minister!)

Die Wirkung ist doch eine völlig andere. Wir haben gehofft, dass sich 178 Jugendamtsbezirke um diese neue Idee der Familienzentren bewerben. Wir haben 1.000 Bewerbungen aus dem ganzen Land,

(Beifall von der CDU)

mit denen die Kindertagesstätten und die Familienberatungsstellen mit Antragsformularen abstimmen und sagen: Ja, ihr seid auf dem richtigen Weg. 1.000 von uns wollen mitmachen, die anderen werden im Jahre 2007 einsteigen. – Sie leben nicht in der Realität der Kindertagesstätten vor Ort, die diese Idee der neuen Landesregierung positiv aufnehmen, positiv begleiten und sich freuen, dass endlich über Bildung, Betreuung und Beratung nicht nur geredet, sondern gehandelt wird.

(Beifall von der CDU – Britta Altenkamp [SPD]: Dass gekürzt wird!)

Dann möchte ich gerne, weil das zwei Kolleginnen in unterschiedlicher Wertung gemacht haben, über das dritte Kindergartenjahr und über Heinz Kühn sprechen. Ich teile auch hier nicht die Wunschvorstellung des Kollegen Lindner, erst recht nicht die der SPD, die das alles auch noch umsonst machen will.

(Christian Lindner [FDP]: Was heißt jetzt: auch hier?)

Sie haben gesagt: Es wäre schön, wenn es ginge. Die SPD hat gesagt: Es geht alles auf Pump. Das ist der Unterschied zwischen Ihnen beiden. Sie haben vor allem gesagt: Es wäre gut, wenn es käme. Frau Kraft hat gesagt: Es wäre gut, wenn die Kinder alle schon in der Schule wären und damit ein Bildungsauftrag verbunden wäre.

Liebe Frau Kraft, die Realität in den Kindertagesstätten in Nordrhein-Westfalen ist, dass 99 % aller Kinder im letzten Kindergartenjahr in den Kindergarten gehen. Warum wollen Sie dann das Geld, das Eltern dort noch als Beitrag leisten – das wäre meine Priorität, Herr Lindner –, nicht für die Betreuung der unter Dreijährigen einsetzen? Die

absolute Priorität ist nicht die neue Beitragsfreiheit;

(Beifall von der CDU)

das ist der falsche Schwerpunkt. Wenn wir bei 70 % lägen, Frau Kraft, würde ich sagen: Ja, das müssen wir machen. Wir müssen mehr Kinder in die Kindertagesstätte bringen, um frühkindliche Bildung durchzusetzen. Aber wenn 99 % dahin gehen, wenn die Elternbeiträge durch die Beschlüsse der großen Koalition jetzt auch noch steuerlich abzugsfähig sind, dann lassen wir doch die Eltern diese Beiträge erbringen und das Geld, das wir an Ressourcen haben, für die Betreuung der unter Dreijährigen einsetzen. Das ist unser Schwerpunkt. Wir haben bereits 16.500 neue U3Plätze durch Mehrausgaben seit der Regierungsübernahme ermöglichen können. Das ist eine andere Schwerpunktsetzung als die, die Sie mit Beitragsfreiheit vornehmen.

Herr Minister, Sie haben die verabredete Redezeit bereits um 80 Sekunden überschritten.

Ja, und jetzt?

Ich habe noch zwei Zwischenfragen. Ich frage, ob Sie noch weiter ausführen wollen, …

Ich kann die Zeit nicht zurückgeben.

… dann würde sich die Redezeit für die Fraktionen verlängern. Ansonsten die Frage, ob Sie noch die Zwischenfragen der Kolleginnen Kraft und Löhrmann zulassen.

(Andrea Asch [GRÜNE]: Ist es wirklich not- wendig, dass Sie weiter sprechen? – Heiter- keit von den GRÜNEN)

Ja.

Frau Kollegin Löhrmann, bitte.

Herr Minister, Sie haben gerade Ihre interessante Beziehung zu dem Kollegen Lindner angesprochen. Er hat Ihnen im Zusammenhang mit der Beratung vorgeworfen, Sie hätten nicht so genau aufgepasst und

deswegen wäre dort so viel Nachbesserungsbedarf. Aus unserer Zeit weiß ich, dass unsere Minister auch ein bisschen auf die anderen Ressorts achten mussten. Mich interessiert, ob die Kollegen Pinkwart und Wolf in den Kabinettsberatungen zu diesem Punkt Fragen gestellt und diesem Einzelplan und dem Gesamthaushalt überhaupt zugestimmt haben. Das würden ich und, wie ich glaube, auch das Hohe Haus und die Öffentlichkeit gerne wissen.

(Beifall von Reiner Priggen [GRÜNE])

Ich erkenne jetzt nicht den Zusammenhang zu meiner Rede. Ich habe verstanden, was Sie fragen wollten und gerne als Antwort hätten,

(Heiterkeit von der CDU)

muss Ihnen aber dennoch sagen, dass ich mich mit dem Kollegen Lindner persönlich sehr gut verstehe. Ich halte ihn in dem Bereich für einen der fachkundigsten Kollegen im ganzen Haus. Wir tauschen uns sehr oft aus. Dass man vor schwierigen Haushaltsberatungen in Koalitionen auch mal ein bisschen rangelt, gehört dazu. Gegen das, was Rot-Grün hier zehn Jahre lang an Konflikten vorgeführt hat, ist es geradezu eine Liebesbeziehung, die ich zu Herrn Lindner habe.

(Heiterkeit und Beifall von CDU und FDP)

Herr Minister, ich habe noch eine weitere Zwischenfrage der Kollegin Kraft. Ich interpretiere das etwas großzügig an dieser Stelle, obwohl die Redezeit überschritten ist, in der Erwartung, dass die Fraktionen sich nicht noch einmal zu Wort melden. – Das Wort hat die Kollegin Kraft zu einer Zwischenfrage.