Liebe Frau Kraft, ich habe eben schon gesagt: In diesem Bereich – in anderen sicherlich nicht – gehören Sie nicht zu den Fachpolitikerinnen. Genau das, was Sie unterstellt haben, haben nämlich Heinz Kühn und die damalige sozialliberale Koalition nicht tun wollen. Das Nordrhein-Westfalen-Programm 1975 hatte ausdrücklich einen früheren Beginn von Bildung zum Ziel. Es gab sogar einen Modellversuch „Vorklasse“, bei dem das letzte Kindergartenjahr in ein Jahr, das zur Schule hinführen sollte, umgewandelt worden ist. Genau das, was Sie hier einfordert, aber Heinz Kühn abgesprochen haben, war also das Ziel 1975. Sie haben sich kein bisschen weiterentwickelt. Das ist damals auch schon
Auch wenn Sie fortwährend versuchen, Ihre Haushaltsanträge als seriös darzustellen, wird Ihnen das nicht gelingen. Sie können doch nicht allen Ernstes Steuermehreinnahmen, die das Land noch nicht in der Kasse hat, schon ausgeben. Das ist doch die Politik, die Sie in den letzten Jahren gemacht haben, mit der Folge, dass es immer Nachtragshaushalte und immer mehr Schulden gegeben hat.
Wir wollen jetzt eine ehrliche Bilanz vorlegen, eine ehrliche Buchhaltung führen. Das ist der Unterschied zwischen Ihnen und uns.
Im Übrigen sagen Sie ja, wenn diese Steuermehreinnahmen kämen, wollten auch Sie 200 Millionen € für die Reduzierung der Neuverschuldung einsetzen. Das sagen wir auch. Kommen mehr Steuereinnahmen, als wir heute seriöserweise annehmen können, dann werden wir diese zur Reduzierung der Neuverschuldung verwenden. Aber das, was Sie machen, ist unseriös. Die Menschen im Land wissen das auch.
Frau Präsidentin, jetzt hätte Frau Löhrmann die Gelegenheit, im Rahmen der „Fragestunde“ zu sprechen.
Schönen Dank, Herr Kollege Lindner. – Sie haben gerade eingeräumt, dass Sie jetzt nicht für das beitragsfreie letzte Kindergartenjahr sind, weil Sie das in einen größeren Kontext gestellt haben.
Mich interessiert, ob Sie bereit sind, dem Hohen Hause zu erklären, warum Sie seinerzeit diesen Antrag in Ihrer Oppositionsrolle ohne diese Konditionierung gestellt haben, und ob Sie bereit wären einzuräumen, dass Sie sich da wohl überhoben haben, weil Sie das jetzt nicht in Regierungspolitik umsetzen.
lig der Autor dieses Antrags war, kann ich Sie auf unseren Antrag zur Föderalismusreform, den wir hier im Landtag im Jahr 2001 beraten haben, verweisen. Daraus geht ganz klar der Bezug auf das „Föderale Konsolidierungsprogramm“ 1995 hervor. Deshalb haben wir seinerzeit schon ein konsistentes Konzept vertreten. Das ist ja alles in Drucksachen belegt. Das ist das Schöne bei dieser Dokumentation. Man kann die Beratungen auch mit zeitlichem Abstand noch einmal nachvollziehen.
Meine Damen und Herren, ich bin jetzt sehr lange befragt worden. Deshalb bitte ich die Präsidentin darum, noch einen Gedanken vortragen zu dürfen. – Ich sehe, dass ich doch noch Redezeit habe. Dann kann ich Ihnen sogar noch zwei Gedanken bieten.
Zum Thema Kindertageseinrichtungen/Elternbeitragsausgleich: Man muss sich dazu einmal vor Augen führen, über was wir da reden und welche Politik Sie zu den Elternbeiträgen verfolgt haben. Seit 1993 sind die Elternbeiträge kein bisschen angepasst worden. Im gleichen Zeitraum sind die nominalen Tarifeinkommen um 20 % gestiegen. Das führt dazu, dass auch die Bezieher mittlerer Einkommen nach und nach in die höchste Beitragseingruppierung hoch gerückt sind.
Auf der anderen Seite haben wir die Situation, dass die Kostenindizes ebenfalls um 20 % gestiegen sind. Die Elternbeiträge sind aber seit 1993 kein bisschen angepasst worden. Das hat dazu geführt, dass eine Elternbeitragsquote von 19 % in Nordrhein-Westfalen systematisch nicht erreicht worden ist, weil Sie über 13 Jahre versäumt haben, dieses Thema anzufassen. Das haben Sie uns hinterlassen. Wir müssen jetzt mit schmerzvollen Operationen dieses fahrlässige Versäumnis korrigieren. Wir stellen uns aber der Verantwortung, weil es notwendig ist.
Weil Sie die Elternbeiträge nicht angepasst haben, haben Sie sehenden Auges soziale Schieflagen in Kauf genommen. Ich habe das einmal anlässlich einer anderen „Fragestunde“ schon einmal ausgeführt. Wir haben die Situation, dass selbst die Kinder von Einkommensmillionären, wenn Geschwisterkinder gleichzeitig den Kindergarten besuchen, beitragsfrei mit im Kindergarten gefördert werden. Wir halten es aber für zumutbar, dass Spitzenverdiener, die zwei Kinder gleichzeitig im Kindergarten haben, auch zwei Beiträge entrichten.
Wenn das nicht Ihre Auffassung von sozialer Gerechtigkeit und vom Prinzip des Beitrags zum Sozialsystem nach Leistungsfähigkeit ist, dann sollten Sie sich fragen, ob Sie tatsächlich für diejenigen Politik machen, für die Sie es für sich in Anspruch nehmen.
Ich will noch eine letzte abschließende Anmerkung zu diesem Einzelplan machen. Ich lese ja gerne in Protokollen usw. nach; das haben Sie sicher gemerkt. Ich will Bezug nehmen auf den Kollegen Flessenkemper. Er hat bei der Beratung des damaligen Haushalts des Vorgängerministeriums des MGFFI gesagt, dass der Konsolidierungsbeitrag dieses Ministeriums geringer sei als der im Gesamthaushalt. Er hat daraus gefolgert, dass es eine Prioritätensetzung bedeute, wenn man weniger in einem Ministerium spare, als es generell notwendig und vereinbart sei. So kann man das auch für diesen Etat von Herrn Laschet beschreiben. Ein zehnprozentiger Konsolidierungsbeitrag ist deutlich geringer als das, was wir im gesamten Landeshaushalt kürzen müssen, damit wir wieder seriös wirtschaften können. Im Übrigen ist es weniger, als die Grünen mit ihrem radikalen Umsteuern gefordert haben, was sie uns in der „Welt am Sonntag“ haben wissen lassen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, auch wenn Sie anderes behaupten – in der Wahrnehmung von Gesamtverantwortung, in der Zusammenschau von Schule und Jugendhilfe ist dieser Landeshaushalt ein klares Bekenntnis der Koalition zu den Bildungschancen der jungen Generation. Das und nichts anderes haben wir im Landtagswahlkampf versprochen. Dieses Versprechen halten wir mit diesem ersten Etat der neuen Koalition ein. – Danke schön.
Vielen Dank, Herr Kollege Lindner. – Als nächster Redner hat für die Landesregierung Herr Minister Laschet das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Regierungsentwurf ist wie in allen Ressorts auch im Einzelplan 15 ein Sanierungshaushalt. Aber die Schwerpunkte, die diese Landesregierung für Kinder und Jugendliche setzt, sind in diesem Haushalt zu spüren.
Lassen Sie es mich unter dem Gedanken des Generationsministeriums so formulieren: Wir denken heute schon in diesem neuen Ministerium darüber nach, wie sich eigentlich Jugendliche in 20 Jahren fühlen werden, wenn unsere Generation dann über 60 Jahre alt ist und wir eine große Mehrheit der Bevölkerung ausmachen werden, weil die geburtenstarken Jahrgänge der 60er-Jahre – 1964 war der geburtenstärkste Jahrgang – in Rente gehen. Wir werden dann alles dominieren, weil wir so viele sind. Politik schaut bekanntlich immer nach Wählerstimmen, also danach, wo die Potenziale sind, die bestimmen. Diese Gruppe ist dann wahrscheinlich auch noch kaufkräftig, gesund und fit, vielleicht mehr als heute; denn auch das ändert sich ja von Jahr zu Jahr.
In einer solchen Zeit lässt man denen, die dann die Jungen und die zur Minderheit geworden sind, eine Schuldenlast zurück, die größer ist als heute. Ich wäre auch gerne in den 70er-Jahren Minister gewesen, vielleicht unter Heinz Kühn, der ja jetzt bei diesem Antrag der neue Vordenker der Sozialdemokratie ist. Damals gab es noch Geld und konnte man viele neue Dinge beginnen. Wir haben heute dagegen kaum Spielräume, um politisch, wenn man es seriös machen will, etwas gestalten zu können.
Wenn man in einer solchen Situation die Neuverschuldung weiter dramatisch hochtreiben würde, dann könnten die Menschen in 20 Jahren, Frau Kraft, nichts mehr entscheiden. Deshalb muss jeder Etat seinen Beitrag leisten. Und das haben wir – nicht mit dem Rasenmäher, sondern mit Schwerpunktsetzungen – auch in diesem Ressort getan.
Frau Asch hat vorhin gesagt, ihr werde speiübel – sie hat ja immer eine sehr anschauliche Ausdrucksweise,
um zu beschreiben, was sie meint, wenn sie von Nachhaltigkeit in der Finanzpolitik spricht – und ausgeführt: Wir Grünen haben das immer formuliert. – Das ist wohl wahr. Formuliert haben Sie vieles, aber auch nur das. Sie waren allerdings auch in den vergangenen zehn Jahren in der Regierung und haben mit diese Schulden gemacht. Auch wenn Sie jetzt in der Opposition plötzlich Konzepte machen, wie man verantwortlich Finanzpolitik gestalten kann, und zu der Erkenntnis kommen, dass Sie zu viele Schulden gemacht haben, können Sie sich nicht davon freisprechen,
dass Sie keine nachhaltige Politik für die nächste Generation in den letzten zehn Jahren in diesem Hause gemacht haben.
Das habe ich auch bei Ihren Zwischenrufen – das habe ich schon bei der ersten Lesung gemerkt und Ihnen auch gesagt – festgestellt: Es geht nicht beides. Sie können nicht einerseits sagen: „Wir legen überall drauf“, und andererseits, wenn ich das Wort „Verschuldung“ in den Mund nehme, rufen: Sie erhöhen dauernd die Verschuldung! – Was wollen Sie? Wollen Sie die Verschuldung erhöhen oder
Schwerpunkte setzen, gut. Aber „Schwerpunkte setzen“ heißt bei Ihnen: Man fordert für zig Millionen neue Dinge und hat keine seriöse Finanzierung.
Sie haben gesagt: Die Leute im Land erkennen an, dass Sie eine seriöse Finanzierung haben. – Ich weiß nicht, ob Sie am 25. April die „TAZ“ gelesen haben. Es lohnt, täglich die „TAZ“ zu lesen. Die hat eine kleine Abrechnung mit Finanzminister Linssen gemacht, der nicht ganz so gut dabei weg kam.
„Fast genauso traurig ist es aber, wie einfach es sich die größte Oppositionspartei macht und wie einfach sie es dem politischen Gegner macht: Das Gegenkonzept der SPD beinhaltetet echte Sparvorschläge in Höhe von gerade einmal 35 Millionen €, dafür aber mit unsicheren Mehreinnahmen von 350 Millionen €. Das ist erschreckend ideenlos, und das sorgt dafür, dass der Sanierer Linssen im Vergleich sogar noch eine ganz gute Figur macht.“