(Dr. Axel Horstmann [SPD]: Warum haben Sie sich mit denen verbrüdert? Zu jeder De- mo sind Sie hingelaufen!)
Aber ich halte es für richtig, den Weg der ständigen Erhöhung der Nettoneuverschuldung zu verlassen. Dazu sind Sie bisher nicht in der Lage gewesen. Wir versuchen jetzt, das zu erreichen.
Ich bin schon ein bisschen stolz darauf – das ist nicht einfach für die Politik –, angesichts höherer Steuereinnahmen nicht zu sagen: „Wir machen die einfache Nummer und nehmen die Kürzungen zurück“, sondern sich dazu zu entschließen, das zusätzliche Geld zur Rückführung der Nettoneuverschuldung zu verwenden.
Und sollte es, etwa aufgrund von Beschlüssen des Bundes – wir alle in dieser Koalition und in dieser Regierung haben Probleme mit Steuererhöhungen – weitere Mehreinnahmen geben, werden diese – ich unterstütze diese Absicht, die auch im Kabinett besprochen ist, ausdrücklich – genauso wie diese Steuermehreinnahmen einsetzen.
Das ändert nichts daran, dass ich stolz darauf bin, bei diesem Haushalt 2006 eine Konsolidierungsquote von 2,5 % erzielt zu haben: mehr als 1 Milliarde €. Dass das Auswirkungen im Lande hat, habe ich – Frau Löhrmann, Sie haben danach gefragt, was ich damals gesagt hätte – vor der Wahl angekündigt. Ich habe gesagt: Jeder wird es merken, und wir werden mit bis zu 20 % Reduzierung an alle Haushaltspositionen herangehen. Diese Aussage haben Sie mir damals vorgeworfen. Jetzt tun wir es, und nun ist es Ihnen auch nicht Recht.
(Beifall von CDU und FDP – Gisela Walsken [SPD]: Landwirtschaftskammer! – Dr. Axel Horstmann [SPD]: Reiterstaffel und Land- wirtschaftskammer!)
Wir haben auch das Ziel klar definiert. Wir wollen bis zum Jahre 2010 einen verfassungskonformen Haushalt erreichen. Das ist eine Riesenaufgabe, die noch vor uns liegt. Das heißt im Klartext – da soll sich keiner irgendetwas vormachen –: Wir werden den Konsolidierungskurs auch beim Haushalt 2007 fortführen.
Wenn es dann gelungen ist, dass im Haushalt die Investitionen wieder höher sind als die Neuverschuldung, wird der nächste Schritt einzuleiten sein, nämlich bis 2015 einen ausgeglichenen Haushalt herbeizuführen und Schulden zurückzuzahlen. Irgendwann müssen wir wieder von den Schulden weg. Ich bleibe bei meiner politischen Einschätzung: Es ist unmoralisch gegenüber der nächsten Generation, wenn die jetzige Generation auf deren Kosten lebt und ihr nicht nur Schulden hinterlässt, die Sie aufgehäuft haben, sondern auch noch von ihr verlangt, für die Renten aufzukommen.
Das kann man den Kindern und jungen Leuten nicht antun. Das ist unmoralisch. Ihre Politik ist unmoralisch!
(Beifall von CDU und FDP – Prof. Dr. Gerd Bollermann [SPD]: Dann handeln Sie aber auch unmoralisch!)
(Zuruf von der SPD: Wachstumsbremse Herr Rüttgers! – Dr. Axel Horstmann [SPD]: Sie hinken hinterher!)
zu mehr Wachstum zu kommen, das zu mehr Beschäftigung führt. Jeder weiß – das hat mein Vorgänger schon gesagt, das habe ich in meiner anderen Rolle immer gesagt –: Die Landespolitik ist nicht für die Makroökonomie zuständig, aber wir können etwas tun. Jeder muss an seinem Platz seine Verantwortung für die Menschen wahrnehmen, die keine Arbeit haben, und damit auch für die Familien, die mit betroffen sind.
Zu dieser neuen Wirtschaftspolitik gehört als erstes die Politik der Haushaltskonsolidierung. Jeder, der sich ein bisschen mit neuer Ökonomie beschäftigt, weiß, dass die Frage, wie viel Geld der Staat braucht, um seinen eigenen Betrieb zu finanzieren, maßgebliche Auswirkungen darauf hat, wie viel Wachstum es gibt. Deshalb ist es notwendig, auf der Ausgabenseite etwas zu tun und nicht nur auf der Einnahmeseite. Das ist eine der Anmerkungen, die wir in Richtung der Berliner Debatte machen; um da nicht drum herum zu reden. Es geht um den Versuch, auf der Ausgabenseite staatliches Handeln zurückzunehmen, damit es in diesem Land wieder mehr Spielraum für Wachstum und damit auch für mehr Beschäftigung gibt.
Angesichts einer Konsolidierungsleistung von 2,5 % sind das keine Leersätze. Sie müssen sich schon entscheiden, Herr Kollege Horstmann, ob Sie beklagen, dass wir sparen, oder ob Sie sagen, dass das, was wir machen, gar keine Wirkung habe. Eines von beiden kann es nur sein. Ein bisschen intellektuelle Redlichkeit müsste ein ehemaliger Minister noch aufbringen können.
Wir haben in den letzten Jahren immer wieder eine Debatte geführt, die bei Ihnen unter dem Motto lief „Das spart uns kaputt“, „Das macht die Konjunktur kaputt, wenn der Staat spart“. Heute haben Sie das in Ihrer Rede so nicht vorgetragen, aber wir haben das unter anderem in Reden aus Ihrem Kreis noch in den letzten Wochen und Monaten gehört. – Ich habe gerade versucht, deutlich zu machen, dass jeder, der sich ein bisschen mit Ökonomie auskennt, weiß, dass diese These falsch ist.
Denn es ist wichtig – das gehört dazu –, dass man, wenn man konsolidiert, gleichzeitig den Versuch machen muss zu investieren. Die Länder, von denen wir immer positiv geredet haben, seien es beispielsweise die Niederlande, die nordischen Länder oder Österreich, also diejenigen, die genau das geschafft haben, wovon wir hier noch träumen und woran wir arbeiten, haben immer beides gemacht: konsolidiert und gleichzeitig investiert. Das bedeutet übrigens, dass man mehr konsolidieren muss, damit man Geld für Investitionen freischaufelt. Das fällt nicht vom Himmel und auch nicht aus der Steuerschätzung.
Wenn das richtig ist, dann ist es auch richtig, dass wir den Versuch gemacht haben, nicht nur denjenigen zu helfen, die keine Arbeit haben – denjenigen ohne Arbeit wurde von uns zum Beispiel durch die Fortführung des Programms „Jugend in Arbeit plus“ geholfen, eines Programms, das Sie in Ihrer Regierungszeit eingerichtet haben, aber streichen wollten; wenn Sie den Kopf schütteln, dann haben Sie nicht gewusst, was in der Regierung, in der Sie Mitglied waren, passiert ist; um das zu wissen, müssen Sie nur einmal in die Akten sehen, Frau Kollegin Kraft.
Deshalb ist es richtig, dass der Kollege Karl-Josef Laumann Bildungsschecks für bessere Weiterbildungsmöglichkeiten im mittelständischen Bereich eingeführt hat. Aus diesem Grunde ist es richtig, dass wir im Bereich der Meistergründungsprämie Geld draufgelegt haben, damit sich möglichst viele im Handwerk selbstständig machen können. Daher ist es richtig, dass wir zum Beispiel die Kompetenzschecks im Rahmen des Ausbildungskonsenses fortgeführt haben.
Und deshalb ist es richtig, dass wir auch den Versuch machen, ein Kombilohnmodell bei uns in Nordrhein-Westfalen durchzusetzen. Ich fand es toll – ich will das ausdrücklich loben –, dass nordrhein-westfälische SPD-Bundestagsabgeordnete bei der Vorstellung des Modells durch Karl-Josef
Laumann das Modell als vernünftig bezeichnet und gesagt haben, wir sollten es realisieren. Ich finde es toll, dass man, wenn es um Arbeitslose geht, wirklich bestrebt ist, nach dem besten Weg zu suchen.
Auch in unserer Partei finden Diskussionen im Hinblick auf die Frage, was auf Bundesebene in Sachen Kombilohn geschieht, statt. Ich weiß auch, dass durchaus ernst zu nehmende Ökonomen mahnen, bei diesem Weg sehr aufzupassen. Man muss aufpassen, dass keine Mitnahmeeffekte dadurch entstehen, dass plötzlich vorhandene Arbeitsplätze in irgendwelche Kombilohnmodelle umgewandelt werden. Dann würde auf diesem Weg von Staats wegen Arbeit subventioniert, und es fallen Arbeitsplätze weg, die vorher vorhanden waren.
Der Charme des von Karl-Josef Laumann entwickelten Modells besteht darin, dass genau dies nicht passieren kann. Deshalb ist das ein vernünftiges Modell. Er hat nämlich nicht gefragt – dass ist anders als in den Debatten, die anderswo geführt werden –, wie viel subventioniert werden muss, damit es neue Arbeitsplätze gibt,
sondern er hat gesagt: Wer das will, der kann dies tun. Wir werden ja sehen, was der Bundesarbeitsminister im Herbst – er will ja ein eigenes Modell vorstellen – vorlegen wird.
Es gibt zu diesem Thema einen Vorschlag der CDU-Fraktion. Herr Müntefering ist mit den Kollegen in Berlin im Gespräch und will im Herbst ein Modell präsentieren.
Wir haben jetzt einen anderen Weg gewählt. Wir haben nicht gefragt, wie viel Geld muss man geben – 40 % zu den Lohnkosten –, um neue Arbeitsplätze zu bekommen, sondern wir haben gefragt: Existieren irgendwo nicht besetzte Arbeitsplätze, die wir mit dieser kleinen Hilfe besetzen können?
Als solche Arbeitsplätze hat er zum Beispiel die nicht besetzten Zivildienstplätze identifiziert. Es sind 33.000 Zivildienstplätze in Nordrhein-Westfalen nicht besetzt. Das ist eine tolle Geschichte,
weil jeder weiß, dass wir damit nicht nur Arbeit schaffen, sondern gleichzeitig Behinderten und Alten helfen. Außerdem sind das alles Stellen, die darauf überprüft sind, ob sie mittelständische Unternehmen vor Ort verdrängen.
Wenn wir zusammen mit der Bundesagentur, zusammen mit den Arbeitsgemeinschaften und zusammen mit den Optionskommunen beschließen, ein solches Modell im Rahmen des gesetzlich Möglichen umsetzen – jawohl, es ist gesetzlich möglich, den Versuch zu machen, einen Zuschuss von 20 % zu den Kosten zu geben, also die Sozialversicherungskosten der Arbeitnehmer wie auch die der Arbeitgeber zu übernehmen –,
Erklären Sie mir bitte einmal, was in Müntefering gefahren ist, dass dieser am vergangenen Wochenende gesagt hat, er stoppe das. Der Mann ist zuständig dafür, Arbeit zu schaffen, und nicht dafür, Arbeit zu verhindern.
Angesichts der Situation der kommunalen Haushalte werden wir übrigens mit ihm auch die Frage zu diskutieren haben, was in Sachen Harz IV passiert. Ich weiß noch, wie ich von Ihnen angegriffen worden bin, als ich hier gefordert habe, wir bräuchten eine Generalrevision von Harz IV. Da ging die Welt unter. Es hieß, ich sei der Einzige, der das nicht kapiert habe, der sich nicht habe durchsetzen können. Ich hörte da all die gleichen Sprüche, die ich heute auch wieder gehört habe.