Angesichts der Situation der kommunalen Haushalte werden wir übrigens mit ihm auch die Frage zu diskutieren haben, was in Sachen Harz IV passiert. Ich weiß noch, wie ich von Ihnen angegriffen worden bin, als ich hier gefordert habe, wir bräuchten eine Generalrevision von Harz IV. Da ging die Welt unter. Es hieß, ich sei der Einzige, der das nicht kapiert habe, der sich nicht habe durchsetzen können. Ich hörte da all die gleichen Sprüche, die ich heute auch wieder gehört habe.
Inzwischen weiß jeder: Es ist ungerecht, wenn derjenige, der 30 Jahre in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt hat, genauso viel bekommt wie jemand, der nur drei Monate einbezahlt hat. Das ist sozial ungerecht und muss geändert werden.
Es kann auch nicht richtig sein – wo wir gerade schon einmal bei diesem Thema sind –, dass denjenigen, die Geld fürs Alter zurückgelegt haben, nach einem Jahr Arbeitslosigkeit genau dieses Geld vom Staat weggenommen wird, während wir die Leute weiterhin in unseren Festreden dazu
Das hat übrigens etwas damit zu tun, ob die Menschen bereit sind, Reformen mitzutragen. Denn wenn sie das Gefühl haben, es gehe sozial ungerecht zu, sind sie auch nicht bereit, Belastungen, die natürlich mit solchen Veränderungen immer verbunden sind, zu übernehmen.
Ich sprach davon, dass wir konsolidieren und investieren müssen. Das ist einer der Gründe, weshalb wir in diesen Tagen auch eine Debatte über die Steinkohlepolitik führen. Ich will dabei nicht in die Einzelheiten gehen, aber eines ist klar – ich bin dankbar, dass zwei Drittel des Hauses mit einem wirklich wichtigen Beschluss die Position des Landtags von Nordrhein-Westfalen zum Ausdruck gebracht haben –: Wir brauchen eine stärkere Rückführung der Kohlesubventionen, als sie von der Vorgängerregierung zugesagt worden ist.
Jeder weiß, dass es Bewilligungsbescheide gibt. Jeder weiß, dass wir vor der Wahl darüber debattiert haben, ob sie eine neue Regierung binden oder nicht. Das bindet insofern, als die Bewilligungsbescheide geltendes Recht setzen. Das ist wahr.
Ein zweiter Punkt: Zwei Drittel der Abgeordneten dieses Hauses wollen den sozialverträglichen Ausstieg aus der subventionierten Steinkohle.
Ich will ausdrücklich hinzufügen, dass die Landesregierung bereit ist – das haben wir immer gesagt, und die Wirtschaftsministerin hat das gerade in diesen Tagen noch einmal betont –, einen Börsengang der RAG positiv zu begleiten. Wir wollen, dass in diesem Land Industriepolitik stattfindet. Wir wollen und sind gern bereit, dazu beizutragen, dass es ein neues Unternehmen und damit eine neue RAG gibt.
Aber meine Damen und Herren, es kann nicht so sein, dass im Zuge eines Börsengangs die Vermögensbestandteile neu geordnet werden und die öffentliche Hand am Schluss auf den Ewigkeitskosten und auf den Personallasten sitzen bleibt. Das kann nicht sein.
reden. Ich bin froh, dass es diese Gespräche jetzt geben wird. Die Landesregierung wird sich daran konstruktiv beteiligen.
Wenn Sie die Summen nehmen, die inzwischen von Ihnen an Subventionen dort hineingesteckt worden sind, und schauen, was real an Vermögenswerten da ist,
(Dr. Axel Horstmann [SPD]: Was haben Sie eigentlich in dem Jahr, in dem Sie an der Regierung sind, getan?)
kann man politisch durchaus zu dem Ergebnis kommen, dass mehr an Subventionen hineingeflossen als zurzeit an Vermögenswerten vorhanden ist. Das ist allerdings richtig. Das stimmt schon.
Jetzt geht es schlichtweg um die Fragen, wie der Börsengang organisiert wird und wer am Schluss für welche Aufgaben in Zukunft – Ewigkeitskosten und Ähnliches – die Verantwortung übernehmen muss. Darüber werden wir reden.
Sie wissen, dass ich mit der neuen Landesregierung der Auffassung bin, dass dieses Land nicht nur Industrieland war, sondern auch in Zukunft Industrieland bleiben soll.
Deshalb ist wichtig – noch einmal: das brauchen Sie nicht einzuklagen –, dass das Kraftwerkserneuerungsprogramm, das in Ihrer Regierungszeit andiskutiert und in seinen Grundzügen verabredet worden ist, umgesetzt worden ist. Ich habe immer erklärt: Ich bin froh, dass ich im Rahmen der Koalitionsverhandlungen in Berlin dazu beitragen konnte, dass die Rahmenbedingungen so gesetzt worden sind – Stichwort: NAP II –, dass die Unternehmen ihre Beschlüsse fassen konnten. Das fehlte nämlich.
Das hat nichts mit Politik zu tun, sondern das hat etwas mit Unternehmensentscheidungen zu tun. Wenn ich nicht sicher sein kann, dass meine Investitionen in Milliardenhöhe langfristig abgeschrieben werden können, kann ich als Unternehmenschef eine solche Entscheidung nicht treffen, und der Aufsichtsrat kann nicht zustimmen.
Das haben wir hinbekommen. Das ist genau der Kern, weshalb jetzt 8 Milliarden € Investitionen in verschiedene Kraftwerksbauten fließen, was bedeutet, dass zurzeit zehntausend neue Arbeitsplätze entstehen.
Genauso ist es auch richtig – jetzt sind wir insgesamt beim Thema Jobmotoren –, wenn wir durch Entscheidungen ermöglicht haben, dass zum Beispiel bei den Flughäfen Investitionen erfolgen können, die zu mehr Arbeitsplätzen führen. Das gilt für die Entscheidungen beim Flughafen Düsseldorf, der nach Aussagen des Unternehmens 3.000 neue Arbeitsplätze schafft. Das gilt für den Ausbau des Flughafens Münster/Osnabrück.
Und noch einmal – ich wiederhole das immer vor dem Hintergrund Ihrer Behauptung, dass das eine unzulässige Investition sei –:
Wenn, verehrter Herr Sagel, Ihr ausstiegsorientierter Verwaltungsvollzug in solchen Fragen zu Mehrkosten in Millionenhöhe bei der Erweiterung des Flughafens Münster/Osnabrück führt,
(Dr. Axel Horstmann [SPD]: Dann heben Sie doch den Bescheid auf! – Zuruf von Rüdiger Sagel [GRÜNE] – Gegenruf von Ministerin Christa Thoben)
finde ich, dass es nicht nur ökonomisch richtig, sondern auch politisch anständig ist, zu versuchen,
(Beifall von CDU und FDP – Dr. Axel Horst- mann [SPD]: Dann heben Sie doch den Be- scheid auf! – Zuruf von Rüdiger Sagel [GRÜNE])
Deshalb ist es auch richtig, dass die Landesregierung im Rahmen des Haushaltes 2006 den Versuch macht, dem Landesstraßenbau 5 % mehr Mittel als im vergangenen Jahr zur Verfügung zu stellen, weil das auch Investitionen sind, die Arbeitsplätze sichern.
Ich will als letzten Punkt in diesem Zusammenhang unsere Programminitiative „Zukunft Ruhr“ ansprechen. Es ist natürlich auch richtig: Jede Region in diesem Land ist wichtig. Es kann nicht sein, dass irgendeine Region bevorzugt wird.
Aber wir brauchen im Ruhrgebiet den Durchbruch. Wir brauchen den Durchbruch in dieser Metropolregion. Wir wollen versuchen, ihn durch die Initiative „Zukunft Ruhr“ zu schaffen. Dazu gehört dann – Sie wollten immer wissen, was in diesem Haushalt konkret zum Beispiel gegen Arbeitslosigkeit getan wird –, dass das Land mehr als 30 Millionen € pro Jahr aus EU-Mitteln für Langzeitarbeitslose im Ruhrgebiet zur Verfügung stellt und sich zusätzlich im Bereich der wirtschaftspolitischen Hilfen auf Cluster und auf Dinge konzentriert, durch die wirklich Wachstum entstehen kann, etwa auf Biotechnologie und Werkstoffforschung, die eine Zukunft im Revier haben werden.