Um es einmal ganz konkret zu sagen: Im Haushalt 2006 werden 158 € pro Kind mehr ausgegeben als noch im Haushalt 2001 und in all den weiteren Haushaltsjahren. Als Sie an der Regierung waren, wurde in diesem Land weniger für Kinder getan. Jetzt wird mehr getan. Deshalb ist dieses Jahr auch ein Jahr des Kindes, und es bleibt ein Jahr des Kindes.
Seit der Landtagswahl haben wir für die Einrichtungen für unter Dreijährige 16.500 neue Plätze geschaffen. Bis zum Jahr 2010 werden wir die Bedarfsquote von 20 % decken. Wir haben die Mittel für die vorschulische Sprachförderung um 9,6 Millionen € mehr als verdoppelt. Wir haben mit dem flächendeckenden Aufbau von Familienzentren begonnen. Die Kinderbetreuung mit frühkindlicher Bildung und mit Familienberatung werden wir in Zukunft bündeln. 250 Einrichtungen haben wir jetzt anschieben können. 1.000 Bewerbungen hat
es gegeben. Natürlich denken wir darüber nach, wie wir das nach der Pilotphase Schritt für Schritt weiter umsetzen können.
Wir bauen die Ganztagsplätze in den Schulen aus. Zu Beginn des nächsten Schuljahres werden es bereits 110.000 Plätze in den Grundschulen sein. Wir legen bei der Jugend in sozialen Brennpunkten und bei der frühen Förderung von Kindern mit insgesamt 27,5 Millionen € Gesamtsumme auch weiter zu.
Und, meine Damen und Herren, wir versuchen im Bereich der Schule, ohne die alten Schlachten um gegliedertes oder integriertes Schulsystem zu schlagen, den Kindern, die jetzt in der Schule sind, zu helfen, damit unser Schulsystem nicht so unsozial bleibt, wie es zurzeit noch ist.
Dazu gehört, dass wir die Grund- und Hauptschulen in sozialen Brennpunkten besonders unterstützen und stärken. Die Grundschulen bekommen 600 und die Hauptschulen 500 zusätzliche Stellen gerade in sozialen Brennpunkten hinzu. Dazu gehört, dass wir es möglich machen – wir haben nun einmal ein gegliedertes Schulwesen –, dass man in Zukunft nicht nur nach der vierten Klasse und nach der zehnten Klasse die Schule wechselt, sondern dass man dies nach jeder Klasse machen kann und dass dann – das ist eine Geschichte, die mir persönlich wichtig ist – in der übernehmenden Schule auch individuelle Förderung in den Lernstudios stattfindet, und zwar auf allen Ebenen. Diejenigen, die die Schule wechseln, weil sie das Potenzial haben, brauchen dann auch Hilfe, damit sie sich in der neuen Schule zurechtfinden können. Das ist es, was wir wollen: dass dann in der Regel niemand mehr sitzen bleibt. Das ist das große Ziel, das wir mit unserer Schulreform erreichen wollen.
Wir haben eine Koalitionsvereinbarung in freundschaftlichem Geist geschlossen, die nicht nur eine Ansammlung von Einzelprojekten ist, die keine innere Logik verbindet, sondern wir haben uns auf eine Philosophie verständigt, die in dem Satz zusammenzufassen ist, dass wir den Versuch machen, weg von der Regelungspolitik hin zur Ordnungspolitik zu kommen und damit die soziale Marktwirtschaft zu erneuern.
Sie haben uns einen gigantischen Schuldenberg hinterlassen. Sie haben uns massenhaften Unterrichtsausfall hinterlassen. Sie haben uns eine hohe Arbeitslosigkeit hinterlassen. Und Sie haben uns niedriges Wachstum hinterlassen. Meine Damen und Herren von der Opposition, jetzt kommen Sie und sagen: „Ihr macht zu hohe Schulden!“, klagen gleichzeitig über jede Kürzung und fordern mehr Schuldenmachen.
Jetzt fordern Sie, dass wir die Einheitsschule einrichten. Wir stattdessen stellen 3.230 neue Lehrer ein, schaffen Tausende neue Ganztagsschulplätze, schaffen Familienzentren und 16.500 neue U3-Betreuungsplätze.
Wenn man das einmal politisch auf sich wirken lässt, dann wird der Unterschied klar, der schon dazu geführt hat, dass wir vor einem Jahr die Landtagswahl gewonnen haben, und der anscheinend auch die Politik in diesem Land zwischen Koalitionsfraktionen und Oppositionsfraktionen nach wie vor prägt. Sie stehen für höhere Schulden, wir stehen für weniger Schulden;
Sie stehen für mehr Bürokratie, wir stehen für mehr Selbstbestimmung. Sie wollen die Hauptschule, die Realschule, das Gymnasium auflösen und gleichzeitig flächendeckende Gesamtschulen einführen, wir stehen für weniger Unterrichtsausfall, mehr Lehrer, mehr individuelle Förderung und für ein gegliedertes Schulsystem.
Sie stehen für mehr Subventionen, wir stehen für mehr Wirtschaftswachstum. Sie stehen für höhere Steuern und wir für weniger Staat.
Ich bin ganz sicher, dass wir weiter Erfolg haben werden, so wie wir in diesem Jahr Erfolg gehabt haben, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Vielen Dank, Herr Ministerpräsident. – Als nächste Rednerin hat für die Fraktion der SPD die Kollegin Kraft um das Wort gebeten, das sie hiermit bekommt. Bitte sehr.
(Prof. Dr. Gerd Bollermann [SPD]: Wie war das denn mit dem Ordnungsruf? Da hätte vorhin eigentlich einer kommen müssen!)
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Ich habe Ihnen in den letzten Stunden sehr aufmerksam zugehört – ich füge in Klammern hinzu: manchmal im Gegensatz zu Ihnen –, und ich habe mir einige Anmerkungen zu Ihren Reden notiert.
Herr Kollege Stahl, zu Ihrer Rede kann ich nicht viel sagen außer dem Satz: Sie haben das Märchenbuch hier heute noch einmal aufgeschlagen.
Das sind alte Reflexe, in denen Sie offensichtlich verhaftet sind. Sie arbeiten sich hier dauernd an uns – und an mir persönlich – ab. Es ging hier um Ihre Bilanz, um Ihr erstes Jahr der Regierung. Kommen Sie doch endlich heraus aus der Rolle der Opposition und des Oppositionsführers!
Interessant war bei dem Beitrag der Frau Kollegin Löhrmann das Erstaunen des Ministerpräsidenten, als sie die Zeitungsartikel zitiert hat. Vielleicht – so möchte ich mutmaßen – hat man diese Artikel bei den Vorlagen, die an Sie, Herr Ministerpräsident, gegangen sind, vorsorglich weggeschnibbelt, damit der Adrenalinspiegel nicht so hoch geht.
Zum Kollegen Papke: Ihre Bewertung meiner Rede nehme ich so hin. Sie haben gesagt: Die Rede war breit wie ein Ozean und flach wie eine Pfütze. – Aber, Herr Kollege Papke, Sie haben es nicht einmal zum Rinnsal gebracht. Tut mir Leid!
Das einzig Interessante an Ihrer Rede war Ihr Ausflug nach Berlin. Auch da kann ich nur festhalten: Offensichtlich haben Sie zur Erfolgsbilanz hier nicht so viel beizutragen, sodass Sie dauernd auf die Berliner Ebene schielen müssen.
Herr Ministerpräsident, mich hat erstaunt, dass ich jetzt diejenige sein muss, die unsere gemeinsame Bundeskanzlerin hier etwas in Schutz nimmt. Sind Sie nicht auch stellvertretender Bundesvorsitzender der CDU? Hätten Sie nicht auch zu den The
(Beifall von der SPD – Rainer Schmeltzer [SPD]: Das fragt sich Frau Merkel doch auch! – Zuruf von der SPD: Aber er ist ohne Einfluss!)
Ich werde, weil ich nicht allzu viel Zeit habe, diesen Ausflug nach Berlin nicht unternehmen. Darüber werden wir in nächster Zeit wohl noch genug reden. Ich glaube, da brauchen wir uns nicht wegzuducken. Wir haben nämlich keine absolute Mehrheit in Berlin geholt, und wir sind uns völlig darüber im Klaren, dass am Ende eines Koalitionsvertrages nicht „Rot pur“ herauskommen konnte. Das darf man zu diesem Thema einmal festhalten.
Interessant war, zum wiederholten Male von einem „Sonderprogramm“ – das finde ich schon perfide – zu sprechen, das Sie im Haushaltsverfahren beschlossen hätten. Sie kürzen bei den Kurzen. Anschließend nehmen Sie eine Kürzung der Kürzung vor und verkaufen das den Menschen draußen als Sonderprogramm. Sie glauben doch nicht, dass Ihnen die Menschen draußen im Land das abnehmen. So dumm sind die nicht.
Dass Sie die FDP jetzt zur Partei der kleinen Leute erklären, lasse ich einmal links liegen. Ich finde es aber immer wieder interessant und hilfreich, wenn Sie auf die vergangenen 39 Jahre in der Weise zurückblicken, wie Sie das getan haben. Haben Sie denn vergessen, dass Sie einmal an der Regierung beteiligt waren? Sind denn der Herr Weyer, Herr Riemer und Herr Hirsch bei Ihnen schon in den Schubladen verschwunden? Diese Fragen stellt man sich als jemand, der die Geschichte dieses Landes verfolgt hat.
(Edgar Moron [SPD]: Und die hatten politi- sches Format, was man von Herrn Papke nicht sagen kann! – Dr. Gerhard Papke [FDP]: Och, Herr Moron! – Weitere Zurufe)
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich auf einiges von dem eingehen, was der Ministerpräsident hier dargestellt hat. Zunächst komme ich aber nicht zu den Inhalten. Herr Ministerpräsident, ich fand das, was Sie hier gesagt haben, in weiten Teilen Ihrer Rede von der Form her nicht angemessen.
Sie geben uns doch so gerne den Staatsmann. Warum fallen Sie speziell in den Auseinandersetzungen mit mir dauernd aus der Rolle?
Die tiefste Entgleisung besteht nicht darin, dass Sie hier Ihre Wahlkampfrhetorik wiederholen, sondern das ist Ihre Entgleisung bezüglich der Demonstrantinnen und Demonstranten gestern hier vor dem Landtag.
Der Eindruck, den Sie erwecken, führt dazu, dass man glauben könnte, Sie kriminalisieren alle, die hier von ihrem Recht Gebrauch machen, sich gegen das zu wehren, was Sie in diesem Land an Maßnahmen umsetzen wollen. Ich empfehle Ihnen einen Blick in die „Rheinische Post“ von heute – der ist hilfreich –:
„Während die Polizei betonte, dass die Blockaden erst nach Ende der friedlichen Demonstration begannen …“
Ich habe nur den Anfang des Satzes zitiert, der noch viel länger ist. Das heißt: Erst nach Ende der Demonstration kam es zu Ausschreitungen. Aber Sie gehen über diesen Weg hin und werfen die Menschen, die hier friedlich demonstriert haben, mit in diesen Topf. Das ist unredlich, Herr Ministerpräsident.