Protokoll der Sitzung vom 18.05.2006

Herr Minister, ich darf Sie jetzt wirklich bitten, zum Schluss zu kommen.

Danke.

(Beifall von CDU und FDP – Rainer Schmelt- zer [SPD]: Ihre Kritik an dieser Stelle habe ich nicht verstanden! Sie meinen wohl jedes Mal, wenn ich etwas sage, es sei nur Kritik!)

Danke. – Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als nächste Rednerin hat für die Fraktion der SPD die Kollegin Schäfer das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Minister Laumann, zum Ersten möchte ich hier einmal feststellen, dass es, wenn Sie versuchen, auf Kultusministerkonferenzebene Dinge zu bewirken, doch sehr bemerkenswert ist, wenn gerade bei dieser wichtigen Debatte hier und heute die Bildungsministerin – Stichwort: Kultusministerin – gar nicht dabei ist.

(Beifall von der SPD)

Also, ich wundere mich sehr. Ich wundere mich tatsächlich sehr. Denn durch die Abwesenheit von Frau Sommer im Plenum heute wird auch deutlich, dass es in dieser wichtigen Frage offenbar keine Kooperation zwischen Arbeitsministerium und Schulministerium gibt.

Stichwort: Drei Wochen Präsenzpflicht in den berufsbildenden Schulen am Anfang der Ausbildung. Das ist mit Sicherheit ein Faktor der Schulpflicht und auch der Organisationsformen in den Berufskollegs. Das muss erst einmal geregelt werden. Ich fände es ganz gut, wenn Sie uns dazu einmal Modelle vorstellen würden.

Ein zweiter Punkt, Herr Minister Laumann: Sie werfen der SPD einseitige Kritik vor. Sie begannen Ihre Rede mit der Aussage, der Ausbildungskonsens habe irgendwelche „Weichzeichnungen“ im Lande bewirkt und sei nicht realitätsnah gewesen. – Wissen Sie eigentlich, wen Sie damit diskreditieren? Alle Partner, die sich in diesem Ausbildungskonsens in den letzten Jahren sehr viel Mühe gegeben haben,

(Beifall von der SPD)

die Situation der jungen Menschen zu verbessern. Als einen wichtigen Partner möchte ich Ihnen Weihbischof Grave nennen. Sie sagen, das sei ein abgekartetes Spiel gewesen, die Ausbildungsplätze, die man als eingeworben bezeichnet habe, seien vorher bekannt gewesen. Würden Sie

Weihbischof Grave, der sich in dieser Angelegenheit sehr engagiert hat, so etwas unterstellen?

(Beifall von der SPD)

Also, ich finde das ausgesprochen polemisch, und es geht im Sinne der jungen Menschen, die hier oben sitzen, völlig an der Sache vorbei.

Ich möchte noch zu dem Part der Berufskollegs Stellung nehmen. Deswegen bin ich nämlich heute bei dieser Debatte hier geblieben.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Wie auch in der Vergangenheit als Ministerin!)

Bevor ich mich zu fachlichen Punkten äußere, möchte ich den Berufskollegs in NordrheinWestfalen einen Dank aussprechen. Diese Schulform hat sich nicht nur zu einer tragenden Säule der nordrhein-westfälischen Schullandschaft entwickelt, sondern in ganz besonderer Weise aufgrund der Ausbildungsplatzsituation auf die Herausforderungen der konjunkturellen Entwicklung reagieren müssen.

Zwischen allen an der Berufsbildung Beteiligten herrscht Einigkeit darüber, dass unser duales System von großer Bedeutung ist – da treffen wir uns ja in der Meinung – für die Gewinnung von Fach- und Führungskräften, für die Integration junger Menschen in die Arbeitswelt und für die Erhaltung internationaler Wettbewerbsfähigkeit.

(Beifall von Ralf Witzel [FDP])

Hier werden die Lasten zwischen allen in den letzten Jahren an der Berufsausbildung Beteiligten völlig ungerecht verteilt. Die Ausbildungsplatzsituation ist dramatisch. Ich habe das auch in anderer Funktion an dieser Stelle gesagt, dass der Staat bei der Frage der betrieblichen Ausbildung nicht zum Ausfallbürgen für die Wirtschaft werden darf. Das ist er zurzeit. Ich nenne Ihnen eine Zahl; es wäre schön, wenn Frau Ministerin Sommer diese Zahl bestätigen könnte:

1.000 Schülerinnen und Schüler, die anstelle einer dualen Ausbildung in vollzeitschulische Bildungsgänge wechseln, verursachen Kosten für 42 Lehrerstellen; das sind 2,1 Millionen €. Und die erneute Verschlechterung in diesem Jahr – steigende Bewerberzahlen und sinkende Zahl an Ausbildungsstellen – ist eine ganz, ganz fatale Entwicklung.

Ich finde es auch abenteuerlich, dass der Ministerpräsident angenommen hat – wie er erst gestern sagte –, dass sich allein durch die Tatsache, dass er jetzt Ministerpräsident geworden ist, die

wirtschaftliche Situation im Lande verbessern wird.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Das war die Sa- che mit dem Märchenbuch!)

Diese Ideologie scheint offenbar in Ihren Köpfen vorzuherrschen.

Deshalb ist es richtig und wichtig, dass die Arbeit der Berufskollegs auch eine Würdigung in der Anerkennung bei der Zulassung vollzeitschulischer Assistentenausbildungsgänge zu Kammerprüfungen finden muss.

(Beifall von der SPD)

Diese Möglichkeit räumt das Berufsbildungsgesetz ein. Ich war in der Vergangenheit gemeinsam mit der Kollegin Schavan unterwegs, um das zu erreichen. Das ist auch gelungen.

Jetzt hat das Land NRW durch dieses Berufsbildungsgesetz Handlungsoptionen, und es wird Zeit, dass etwas passiert. Aber Sie haben uns jetzt ja heute gerade von einem Kabinettsbeschluss in Kenntnis gesetzt; von dem konnten wir vorher ganz offensichtlich noch nichts wissen.

(Zuruf von der CDU: Sie sind ja auch nicht Kabinettsmitglied!)

Wir sind es den jungen Menschen schuldig, den Umweg über vollzeitschulische Bildungsgänge an den Berufskollegs über Verrechnung und Anerkennung der bereits erbrachten Leistungen zu verkürzen. Hier ist ein Einstig gemacht. Aber ich denke, das Ganze muss beschleunigt werden.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Oh, Frau Sommer ist da!)

Ihr Verordnungsentwurf sieht zum Beispiel vor, dass nach dreijähriger vollzeitschulischer Ausbildung noch einmal ein Praktikum von 28 Wochen stattfinden soll. Ich denke, wir müssen die Zeit des Durchlaufs an den Berufskollegs verkürzen, aber nicht noch so verlängern, wie Sie es zurzeit vorsehen.

Die Wertigkeit, die Wichtigkeit und damit auch das Standing der jungen Erwachsenen und der Ausbilder an den Schulen können wesentlich verbessert werden, nicht nur durch die Zulassung vollzeitschulischer Ausbildungsgänge zu Kammerprüfungen, sondern auch durch Anrechnungen auf Kammerprüfungen beziehungsweise die Möglichkeit der Teilnahme an Prüfungsteilen zum Beispiel für Schülerinnen und Schüler unserer Höheren Handelsschulen oder auch des Wirtschaftsgymnasiums. Man könnte Doppelungen im Lernen vermeiden; Ausbildungszeit würde gewonnen, da

die Schüler bei erfolgreicher Prüfungsteilnahme auf Teile des Berufschulunterrichtes verzichten könnten.

(Ralf Witzel [FDP]: Nicht als Regelfall!)

Ich möchte nun noch einen Punkt ansprechen, der mir am Herzen liegt. Überfällig und bisher nicht umgesetzt ist die Beteiligung der berufsbildenden Schulen an den Berufsbildungsausschüssen. Wir müssen daran arbeiten, dass wir das bundesweit hinbekommen.

(Beifall von der SPD)

Die Ausgestaltung einer gleichberechtigten Partnerschaft im Rahmen der dualen Ausbildung erfordert die Anerkennung der Leistung beider Partner. Bislang hat der Partner Schule lediglich beratende, aber keine stimmberechtigte Funktion. Das ist ein Ungleichgewicht.

Abschließend möchte ich einen Blick auf die gegenwärtige Bildungspolitik der schwarz-gelben Landesregierung werfen. Herr Witzel hat deutlich gemacht, dass wir befürchten müssen, dass die 480 Stunden Berufschulzeit wackeln. Das ist Ihr erklärtes Ziel. Diesbezüglich habe ich große Sorge. Wenn Sie einmal in die Schullandschaft gehen, dann werden Sie merken, dass Sie dafür bei keinem Partner Gegenliebe finden.

(Zuruf von der CDU: Doch!)

Außerdem sollten Sie sich noch einmal Gedanken über Ihren altertümlichen Begriff von theoretischer und praktischer Begabung machen.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Das ist nicht mehr zeitgemäß. Das passt nicht in die Landschaft und zu den Anforderungen des Arbeitsmarktes. Ich bitte Sie herzlich, diesen Kurs zu korrigieren. – Danke schön.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Schäfer. – Als nächster Redner hat für die Fraktion der CDU der Kollege Tenhumberg das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Schmeltzer, Sie sollten meinem Kollegen Herrn Kern nicht unterstellen, er sei nicht praxisbezogen.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Habe ich nicht!)

Doch, das haben wir so verstanden.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Was Sie verste- hen und was ich sage, sind zweierlei Wel- ten!)

Herr Schmeltzer, nehmen Sie bitte zur Kenntnis, dass gerade mein Kollege Herr Kern sehr großen Praxisbezug hat. Er engagiert sich vor Ort sehr stark, und er putzt die Klinken, um Lehrstellen in seiner Region, die mit großen Problemen behaftet ist, zu bekommen.