Herr Bertrams kommt in einem neun Seiten langen Aufsatz, in dem er sich dezidiert auslässt, zu dem Ergebnis:
„Das Handeln ist indes umso drängender, weil der Staat muslimische Kinder und Jugendliche für unsere freiheitliche Ordnung zu gewinnen sucht. Hierzu hat er in Artikel 7 Grundgesetz das Mandat erhalten. Und die Schule ist der Ort, an dem der Staat in legitimer Weise auf die junge Generation, die später einmal das Gemeinwesen tragen soll, einwirken darf.
„im Geiste der Menschlichkeit, der Demokratie und der Freiheit zur Duldsamkeit und zur Achtung vor der Überzeugung des anderen. Wie aber“
„soll eine Lehrerin, die sich durch das Tragen eines Kopftuches zu einer Werteordnung bekennt, die fundamentalen Grundsätzen unserer Verfassung widerspricht, die ihr anvertrauten Kinder von den Vorzügen dieser Verfassung überzeugen?“
Und das ist die Intention, mit der wir heute dieses Gesetz verabschieden werden. Darin liegt sowohl die Notwendigkeit als auch die Legitimation. Darum werden wir diesem Gesetz unsere Zustimmung geben.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte, da einige Fragen zur Integrationspolitik angesprochen wurden, versuchen, deutlich zu machen, dass die Schärfe und die Größe der Argumente, die heute vorgetragen wurden, in keiner Proportion zu dem stehen, um was es hier überhaupt geht.
Es geht schlicht und einfach um die Frage: Gibt es eine Neutralitätspflicht einer Lehrerin? Herr Kollege Kuschke hat die Erzieherinnen angesprochen. Die Erzieherinnen stehen in einer ganz anderen Neutralitätspflicht als Beamte, die vor einer Schulklasse stehen und damit in ihrer Klasse auch ein Vorbild abgeben.
Da gibt es wenig zu lachen. Wenn Ihnen der beamtenrechtliche Unterschied zwischen einer Erzieherin und einer Lehrerin nicht bekannt ist, dann ist die ganz Debatte aus meiner Sicht nicht angemessen.
Ich bin ja dankbar, dass überhaupt jemand von den regierungstragenden Fraktionen hier Zwischenfragen zulässt.
Sie haben eben gesagt, dass das keine dramatische Frage sei. Doch halten Sie angesichts der Tatsache, dass zu befürchten ist, dass infolge von juristischen Auseinandersetzungen alle religiösen Symbole aus der Schule verschwinden müssen, die Aussage aufrecht, dass es sich um keine relevante Frage dieses Hauses handelt?
Es ist eine sehr relevante Frage. Sonst würde der Landtag dazu ja kein Gesetz beschließen. Es ist aber nicht so eine dramatische Frage, wie es Herr Kuschke am Ende gesagt hat. Herr Kuschke hat seine Rede damit beendet, dass dem Land Schaden zugefügt werde. Ich glaube, das Land führt eine Klarstellung herbei, die wichtig ist. Das ist das Erste.
Das Zweite: Ich habe diese Sorge nicht, Frau Kollegin Löhrmann. Ich habe mir das Gesetz daraufhin genau angeschaut. Ich glaube, dass dieses Gesetz, so wie es hier beschlossen wird und wie es die Anhörung auch erbracht hat, mit unserer Verfassung vereinbar ist. Wäre die Gefahr so groß, wie Sie sie beschreiben, wäre in den anderen Bundesländern längst eine Klage gegen genau dieses Gesetz erfolgt. Da das so übernommen wird, bin ich sicher: Es hält stand.
Lieber Herr Kuschke, es hält erst recht vor dem Europäischen Gerichtshof stand. Der Europäische Gerichtshof hat nämlich erst vor wenigen Wochen exakt in einer solchen Frage entschieden. Da ging es um einen Fall in der Türkei, bei dem eine Lehrerin quasi auf dem Schulweg ein Kopftuchverbot auferlegt bekommen hat. Der Europäische Gerichtshof hat dem türkischen Staat Recht gegeben und hat gesagt:
Wenn schon auf dem Schulweg ein Kopftuchverbot vor dem Europäischen Gerichtshof möglich ist, dann frage ich: Um wie viel mehr ist das Kopftuchverbot angesichts unseres deutschen Beamtenrechts mit dieser besonderen Neutralitätspflicht mit europäischem Recht vereinbar? Man muss das in Relation setzen.
Ich sage auch: Das Thema ist hochgespielt. Es ist kein sehr wichtiges Thema in der Integrationspolitik,
Ich nenne Ihnen einmal ein Beispiel. Ich hatte vor ein paar Wochen ein langes Gespräch mit Alice Schwarzer. Alice Schwarzer sagt: Eigentlich müsstet Sie – deshalb wundert es mich, dass die vielen Frauen in der Fraktion der SPD das nicht auch einmal thematisieren – als Gesetzgeber ein Kopftuchverbot auch für Mädchen in der Schule erlassen, damit sie wenigstens einmal in ihrem Leben diesen Freiraum genießen und sich später
Jetzt leider nicht. – Das ist die Position, die viele Frauenrechtlerinnen und zunehmend auch türkische Frauenrechtlerinnen in diesem Land dokumentieren.
Ich habe ihr widersprochen. Ich glaube nicht, dass wir ein Kopftuchverbot für Schülerinnen brauchen. Wenn zwei Schülerinnen ein Kopftuch tragen und zwei Schülerinnen kein Kopftuch tragen, brauchen wir meiner Meinung nach allerdings keine Lehrerin, die Partei bezieht, indem sie Kopftuch trägt und quasi Vorbild für das Tragen des Kopftuchs ist. Deshalb heißt Neutralitätspflicht in der Schule: Kein Kopftuch durch Lehrerinnen.
Herr Minister, ich frage Sie, ob Herr Kuschke eine Frage stellen darf, weil Sie gerade die Frage schon zugelassen hatten. – Bitte.