Protokoll der Sitzung vom 21.06.2006

Wenn dann Herr Schultheis reklamiert – ich sehe ihn im Moment nicht;

(Marc Jan Eumann [SPD]: Er ist bei einer Besuchergruppe und deswegen entschul- digt!)

er ist bei einer Besuchergruppe, dann grüßen wir ihn von hier aus sehr herzlich –, er habe den Gesetzentwurf …

Herr Minister, entschuldigen Sie, dass ich Sie unterbreche: Ihr Kollege Dr. Vesper hat den Wunsch nach einer Zwischenfrage. Möchten Sie die zulassen?

Gerne.

Herr Minister Pinkwart, weil Sie gerade schon wieder die Anhörung der Landesregierung beziehungsweise des Ministeriums bei der Vorbereitung des Gesetzentwurfs der Landesregierung und die gesetzgeberische Arbeit des Parlaments in einen Topf geworfen haben: Würden Sie hier vielleicht kurz bestätigen, dass der Ausschuss eine eigenständige Pflicht hat, Sachverständige anzuhören, was nicht durch vorherige Anhörungen ersetzt wird, die Sie im Ministerium nichtöffentlich und unter ganz anderen Umständen durchführen?

(Christian Lindner [FDP]: Wer hat das be- hauptet?)

Natürlich kann ich Ihre Frage, Herr Vesper, nur bestätigen. Darüber haben wir ja auch gesprochen.

Ich wollte es nur noch einmal dargelegt haben, weil der Eindruck entstanden war – das klang hier in einem Beitrag an –, man habe das hier in einer Phase verhandeln wollen, wo die Hochschulen gar keine Gelegenheit gehabt hätten – etwa weil es in die vorlesungsfreie Zeit gefallen wäre –, sich einzulassen. Nein! Wir haben diese Anhörung der Hochschulen während der Vorlesungszeit vorgenommen. Die Hochschulen haben das in ihren Senaten in der Vorlesungszeit behandelt und danach ihre Eingaben gemacht.

Die Fraktionen des Hauses haben sich mit dem Ausschussvorsitzenden auf ein Verfahren verständigt, von dem alle gesagt haben, es sei auch in zeitlicher Hinsicht völlig ausreichend, um ein solch wichtiges Gesetz vernünftig begleiten, bera

ten und letztlich beschließen zu können. – Das möchte ich hier schon darstellen.

Herr Schultheis hat gesagt, er habe – was bemerkenswert ist – den Gesetzentwurf erst am 18. Juni zugeleitet bekommen.

(Marc Jan Eumann [SPD]: Das hat er nicht gesagt!)

Das hat er hier gesagt: erst vor wenigen Tagen.

(Marc Jan Eumann [SPD]: Nein!)

Wir können das – auch hier gilt das Protokoll – gerne nachlesen.

Die Staatskanzlei hat den Entwurf am 30. Mai an den Landtag weitergeleitet. Selbst wenn er dann noch nicht zu Herrn Schultheis gelangt ist, sondern erst am 18. Juni, ist doch bemerkenswert, dass die SPD ihren Antrag laut Datum der Drucksache am 13. Juni gestellt hat, in dem es heißt, die Landesregierung solle vom Landtag aufgefordert werden, den Gesetzentwurf zurückzuziehen. Es ist sehr bemerkenswert, wenn man den Landtag auffordert, einen Gesetzentwurf zurückzuziehen, der einem vorgeblich noch gar nicht zur Verfügung gestellt wurde.

(Beifall von CDU und FDP)

Derlei Kritik macht deutlich, dass man sich sehr schwer tut, dieses Hochschulfreiheitsgesetz substanziell infrage zu stellen. Ich glaube, das ist das Hauptproblem der Opposition.

Dann komme ich zu der Einlassung von Herrn Vesper zu der Mitteilung der Landesrektorenkonferenz. Da muss man sehen: Die Landesrektorenkonferenz hat inhaltliche Punkte geltend gemacht – ich habe das dargelegt –, die wir alle ausgeräumt haben. Ein Punkt ist übrig geblieben: die Kostenfrage. Darüber diskutieren wir in einer Arbeitsgruppe. Es gibt da einige Positionen, über die wir miteinander reden: ob das tatsächlich Kosten werden oder nicht, in welcher Höhe sie möglicherweise anfallen.

Jetzt lese ich, es gehe auch um die Mehrwertbesteuerung von Drittmitteln. Das ist kein Thema des Hochschulfreiheitsgesetzes; das hat es immer schon gegeben, auch unter dem alten Recht. Tatsächlich sind noch ein paar kleinere Fragen zu klären. Die klären wir sehr gerne.

Ich kann hier noch einmal sagen: Wir treten auch sehr gerne den Beweis an, dass allen Hochschulen im Land mit dem Hochschulfreiheitsgesetz unter dem Strich mehr Gestaltungskraft bleibt, als das gegenwärtig der Fall ist. Wir werden diese Punkte mit den Hochschulen Punkt für Punkt be

sprechen und das Parlament unterrichten. Lassen Sie mich einen letzten Punkt ansprechen.

Herr Minister, ich darf Sie an Ihre Redezeit erinnern, die beachtlich überschritten ist.

Ja, mit Verlaub nur noch den einen Gedanken, Herr Präsident.

Zur grundsätzlichen Wegweiche, die von Herrn Vesper noch einmal angesprochen worden ist: Das ist richtig. Durch diese grundsätzliche Wegweiche wird sich in Zukunft nicht nur etwas für die Senate der Hochschulen ändern, sondern es ändert sich auch etwas für die Landesregierung, für den zuständigen Fachminister sowie auch für das Parlament. Das haben Sie und auch andere Redner zu Recht hier angesprochen.

Aber das muss man wissen: Entweder wir haben den Mut, gehen diesen Schritt und wollen wirklich – wie Herr Kuhmichel es noch einmal betont hat – Qualität durch mehr Wettbewerb, oder wir wollen das nicht. Das ist allerdings eine Frage, die dieses Hohe Haus beantworten muss.

Ich habe den Eindruck – sonst wären die Beiträge von Herrn Kuhmichel und von Herrn Lindner nicht so positiv ausgefallen –, dass die Koalitionsfraktionen den Mut aufbringen, auch als Parlament diesen Schritt zu gehen. Ich bin fest davon überzeugt, dass die große Zahl derer, die in den Hochschulen für mehr Wettbewerb eintreten, weil Wissenschaft nur mit Wettbewerb funktioniert, diesen Weg auch sehr gerne mitgehen werden. – Herzlichen Dank.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Minister. – Liebe Kolleginnen und Kollegen, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe damit die Beratung.

Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Gesetzentwurfes in der Drucksache 14/2063, über die wir jetzt diskutiert haben, an den Ausschuss für Innovation, Wissenschaft, Forschung und Technologie – federführend – sowie an den Ausschuss für Schule und Weiterbildung – mitberatend. Wer diesem Überweisungsvorschlag zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Ist jemand dagegen? – Enthaltungen? – Dann ist das einstimmig so beschlossen.

Wir kommen zweitens zu dem Antrag der Fraktion der SPD. Der Ältestenrat empfiehlt auch hier die Überweisung des Antrages Drucksache 14/2095 an den Ausschuss für Innovation, Wissenschaft, Forschung und Technologie – federführend – sowie an den Ausschuss für Schule und Weiterbildung – mitberatend. Die abschließende Beratung und Abstimmung soll im federführenden Ausschuss in öffentlicher Sitzung erfolgen. Wer diesem Verfahrensvorschlag zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Gibt es Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Dann ist das auch einstimmig so beschlossen.

Wir kommen zu:

5 Qualität im Maßregelvollzug erhalten und die Infrastruktur bedarfsgerecht weiterentwickeln

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 14/2104

Ich eröffne die Beratung.

Es gibt Wortmeldungen. Frau Steffens hat für die antragstellende Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort. Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte vorab klarstellen: Maßregelvollzug ist für mich und meine Fraktion kein Streitthema, und Maßregelvollzug ist auch eigentlich ein Thema – so, wie wir es in der Vergangenheit versucht haben, zu handhaben – für fraktionsübergreifende Konsense.

Ich halte es für wichtig, weil wir in NordrheinWestfalen in der Vergangenheit erfahren haben, was Zündeln an dem Thema bedeutet. Wir haben Sargumzüge und Fackelmärsche in einzelnen Kommunen erlebt. Wir haben eine Stimmung erlebt, die sich gegen den notwendigen Maßregelvollzug, gegen die betroffenen Menschen, gegen die Beschäftigten gerichtet hat. Eine solche Stimmung möchte ich in Nordrhein-Westfalen nie wieder erleben.

Wir haben jetzt eine Debatte über das Thema Maßregelvollzug bekommen, und zwar wegen der im Raum stehenden geplanten Kürzungen im Maßregelvollzug aufgrund von Überlegungen, die aber noch keine Beschlusskraft haben. Das, was wir als Fraktion der Debatte bisher entnommen haben, ist: Es geht um Kürzungen, um einige

Punkte, aber nicht um ein allumfassendes Konzept des Maßregelvollzugs.

Ich glaube, dass wir das Thema, wenn es in der Debatte ist, dann auch umfassend diskutieren müssen. Deswegen plädieren wir dafür, das Thema mit allen Facetten auf die Tagesordnung zu nehmen.

Wir haben damals erlebt, als wir in der letzten Legislaturperiode versucht haben, Entscheidungen zu den neuen Standorte zu treffen und neue Standorte auf den Weg zu bringen, wie lange eine solche Standortauswahl und eine Planungsphase dauert. Denn die Standorte, die wir in der letzten Legislaturperiode auf den Weg gebracht haben, sind noch lange nicht alle in Betrieb. Das heißt: Das, was wir jetzt bei der prognostizierten Weiterentwicklung und bei den prognostizierten zusätzlichen Bedarfen brauchen, ist auch eine zukünftige Bedarfsplanung. Wir müssen schauen: Wie ist denn die realistische Entwicklung? Wie viel Weiterentwicklung haben wir? Wie hoch ist die Zunahmen der Maßregelvollzugspatienten und patientinnen?

Dementsprechend müssen wir auch jetzt schon in eine neue, eine weitere Standortauswahl kommen. Denn wenn man die Prognosen der Zunahme im Maßregelvollzug betrachtet, ist festzustellen, dass wir in wenigen Jahren schon wieder 1.000 Plätze zu wenig haben werden. Also: Wir brauchen die Debatte jetzt. Denn wenn wir wissen, die Standorte der letzten Legislaturperiode gehen erst in dieser Legislaturperiode an den Start, dann heißt das: Alles, was wir jetzt planen, geht erst nach 2010 an den Start. Deswegen lautet unser Appell: Jetzt wirklich heute für morgen planen.

Der zweite wichtige Punkt, den wir mit auf den Tisch bringen müssen, ist mit Sicherheit die demographische Entwicklung. Wir haben bei längeren Verweildauern im Maßregelvollzug mit älter werdenden Patientinnen und Patienten auch eine neue Klientel. Darüber werden wir diskutieren und gemeinsam mit den Trägern des Maßregelvollzugs Entscheidungen treffen müssen, wie wir mit dem demographischen Faktor umgehen werden und was wir speziell für die älteren Maßregelvollzugspatienten machen und an zusätzlichen Maßnahmen ergreifen müssen.

Wir müssen aber auch über den Personalbedarf reden. Wir haben damals immer in den Debatten von Hermann-Josef Arentz und auch von Rudolf Henke die Diskussion und die Forderung: Wir brauchen mehr Geld für Personal, wir brauchen andere Personalbemessungsrichtlinien, wir brau

chen mehr Personal, weil mehr Personal mehr Sicherheit bedeutet. Wir haben die Debatten in der Vergangenheit alle geführt. Ich habe extra noch einmal die alten Protokolle durchgelesen, wer dort was gefordert hat.

Wir werden auch jetzt darüber sprechen müssen, wie viel Personal wir wirklich brauchen und wie viel Personal man auch gemeinsam, im Konsens mit den Landschaftsverbänden, einsparen kann – nicht gegen die Träger, die dieses umsetzen müssen, nicht gegen die Beschäftigten, sondern: Was können wir wo im Konsens mit den Beschäftigten umsetzen? – Ich glaube, nur dann kommen wir zu einer Lösung.

Diese Konsensforderung mit den Trägern war auch eine Forderung der CDU-Fraktion in der letzten Legislaturperiode. Diese Forderung wurde immer wieder als Bedingung gestellt, um ein Konzept für neue Standorte mitzutragen. Deswegen finde ich es wichtig, das jetzt aufzugreifen, genau so wie wir es in der letzten Legislaturperiode getan haben, dass man einen gemeinsamen Weg findet.

Jeder Weg, der gegen die Beschäftigten oder gegen die Anwohner und Anwohnerinnen geht, ist ein Weg, der wieder mit dem Feuer spielt. Das ist wieder ein Weg der Fackelmärsche. Das ist wieder ein Weg der Sargprozessionen. Den Weg – das habe ich eingangs beschrieben – möchten wir als Fraktion der Grünen nicht gehen.

(Beifall von den GRÜNEN)