Protokoll der Sitzung vom 14.09.2006

Ich möchte weiterhin gern im Zusammenhang vortragen.

(Zuruf von Sigrid Beer [GRÜNE])

Deshalb werden wir uns auch um das Problem der Schulabbrecher kümmern. Leistung muss zukünftig das Entscheidende sein, was die schulische Entwicklung junger Menschen bestimmt, nicht die soziale Herkunft. Deshalb: mehr Sprachförderung in jungen Jahren für bessere Chancen! Mehr Stunden im Unterricht für individuelle Förderung! Ein verbindlicherer Übergang, der auf Leistung setzt! Leistung als Kriterium für weitere Entwicklungschancen – und nicht so sehr der Elternhaushintergrund!

(Das Ende der Redezeit wird angezeigt.)

Mit dieser Aufstellung mit dem neuen Schulgesetz sind wir als Koalition der Erneuerung auf dem Weg zum modernsten Bildungswesen in Deutschland, damit wir uns von Ihren Abstiegsplätzen entfernen. Das werden wir beherzt in den nächsten Jahren umsetzen. – Vielen Dank.

(Beifall von CDU und FDP – Sigrid Beer [GRÜNE]: Das glauben doch nur Sie, Herr Witzel, und sonst keiner in diesem Hause!)

Vielen Dank, Herr Kollege Witzel. – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Es haben auch fast alle Fraktionen ihre Redezeit ausgeschöpft.

Wir kommen zur Abstimmung über die Überweisungsempfehlung des Ältestenrates. Er empfiehlt die Überweisung des Antrags Drucksache 14/2417 einschließlich des Entschließungsantrags Drucksache 14/2545 an den Innenausschuss – federführend – sowie an den Ausschuss für Generationen, Familie und Integration. Die abschließende Beratung und Abstimmung soll dann im federführenden Ausschuss in öffentlicher Sitzung erfolgen. Sind Sie mit dieser Überweisungsempfehlung einverstanden? – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Damit ist

mit Zustimmung aller vier Fraktionen die Überweisungsempfehlung so angenommen.

Ich rufe auf:

4 Landtag werden Atompläne der Landesregierung vorenthalten

Antrag der Fraktion der SPD Drucksache 14/2483

Ich eröffne die Beratung und erteile für die antragstellende Fraktion der SPD dem Kollegen Römer das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Kolleginnen und Kollegen! Frau Ministerin Thoben hat inzwischen zwar auf unseren Druck hin, nämlich wegen des Antrages, den Fraktionsvorsitzenden das Positionspapier der Bundesländer, um das es offensichtlich geht, zur Verfügung gestellt. Aber wegen der Bedeutung dieser Angelegenheit will ich einige Bemerkungen dazu machen.

Erstens. Ministerin Thoben geht zum wiederholten Mal mit ihren energiepolitischen Plänen in die Öffentlichkeit, ohne vorher das Parlament zu informieren.

(Beifall von der SPD)

Zweitens. Die Ministerin will sich ganz offensichtlich an die Spitze einer Bewegung zur Wiederbelebung der Atomenergie in Deutschland stellen. Statt den politisch vereinbarten und im Übrigen auch vertraglich festgelegten Ausstieg fortzusetzen, ihn in Nordrhein-Westfalen energiepolitisch zu begleiten, plant sie anscheinend den Wiedereinstieg in die Atomenergie. Deshalb will ich einiges in Erinnerung rufen.

Am 22. März dieses Jahres hat die SPD-Fraktion einige Tage vor dem Energiegipfel der Bundeskanzlerin am 3. April 2006 einen Antrag mit dem Titel: „Energiegipfel der Bundesregierung unterstützen, nachhaltige Energieversorgung Deutschlands und Nordrhein-Westfalens sichern“ in das Parlament eingebracht. In der Plenardebatte zu diesem Antrag am 6. April hat Ministerin Thoben zwei Aussagen gemacht.

Erstens hat sie dargestellt, dass sie am Energiegipfel teilgenommen und dort die Interessen von Nordrhein-Westfalen vertreten habe.

Zweitens hat sie wörtlich zugesagt – ich zitiere –:

„Seien Sie versichert: Wir werden zwischendurch selbstverständlich auch immer wieder den Landtag und den Ausschuss informieren.“

Ich habe zwei Kleine Anfragen stellen müssen, um herauszubekommen, dass Ministerin Thoben auf dem Energiegipfel keinesfalls die Interessen von Nordrhein-Westfalen vertreten hat. Sie konnte das gar nicht, denn sie war keine offizielle Teilnehmerin, sondern nur als Beobachterin für die CDU/CSU-regierten Bundesländer zugelassen.

(Dietmar Brockes [FDP]: Das hat sie doch gesagt!)

In der Antwort auf meine Kleine Anfrage hat die Landesregierung mir erstens mitgeteilt: Die energiepolitischen Positionen der Landesregierung seien ja bekannt. Kernaussagen finde man in der Koalitionsvereinbarung und in der Regierungserklärung vom Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers vom 13. Juli 2005, und die Positionen würden auch in den Sitzungen des Landtags und seiner Ausschüsse immer wieder dargelegt.

Ich erlaube mir einen Hinweis dazu: Ich finde weder im Koalitionsvertrag noch in der Regierungserklärung des Ministerpräsidenten, dass ausgeführt worden sei, dass NRW in vorderster Front für einen Wiedereinstieg in die Atomenergie werben würde.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Zweitens wurde mir mitgeteilt, die Landesregierung stehe in einem permanenten energiepolitischen Dialog mit der Bundesregierung. Der Bundesregierung würde deshalb auch kein Eckpunktepapier zugeleitet.

Und drittens: Das Land Nordrhein-Westfalen vertrete die Länder gemeinsam mit dem Land Mecklenburg-Vorpommern in der Arbeitsgruppe „Nationale Aspekte der Energiepolitik“.

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, am 21. August 2006 gab es eine Presseberichterstattung, wonach „Focus online“ ein internes Papier der CDU/CSU-geführten Bundesländer vorliege. Laut „ddp“ vom 21. August bestätigte ein Sprecher von Frau Thoben, dass neun unionsregierte Bundesländer eine Abkehr vom Atomausstieg verlangten. Weiterhin wurde bestätigt, dass NRW die Federführung bei der Erstellung eines solchen Papiers hatte.

Da bleiben einige Fragen offen, denn Ende Juni gab es noch kein Positionspapier der Landesregierung. Im August lesen wir davon in der Zeitung. Trifft es zu, Frau Thoben, dass NRW die Federführung bei der Erarbeitung dieses Papiers hatte?

Ich füge hinzu: Es sind zwar jetzt die Fraktionsvorsitzenden von Ihnen mit diesem Papier bedacht worden. Ich werde allerdings gerne der Präsidentin dieses Papier als Kopie übergeben, damit alle Abgeordneten im Landtag dieses Papier bekommen.

Mir ist wichtig, in dem Zusammenhang auf zwei Aspekte hinzuweisen.

Erstens wüsste ich gerne, ob das Länderpapier die offizielle Auffassung der Landesregierung darstellt. Entspricht die Länderposition zur Wiederbelebung der Atomenergie, zum Wiedereinstieg in die Atomenergie auch der Auffassung des Ministerpräsidenten?

Zweitens: Beabsichtigt die Landesregierung, das Parlament bei dieser wichtigen Frage zukünftig angemessen zu unterrichten und zu beteiligen?

Das würde ich doch gerne wissen. – Vielen Dank fürs Zuhören.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Römer. – Als nächster Redner hat für die Fraktion der CDU der Kollege Weisbrich das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Kollege Römer, wenn es etwas gibt, was flüssiger ist als Wasser, dann ist es dieser Antrag, denn er ist total überflüssig.

(Beifall von CDU und FDP)

Es gibt keine Atompläne der Landesregierung. Das im Antrag erwähnte Papier ist ein Positionspapier aller Bundesländer zur Vorbereitung des nationalen Energiegipfels am 9. Oktober. Auf der Grundlage von Leitfragen der Bundesregierung – nicht der Landesregierung – befasst sich dieses Papier mit der Versorgungssicherheit, mit der Modernisierung der Stromversorgung, mit wettbewerbsfähigen Strom- und Gaspreisen, mit der Wärmeversorgung der Zukunft, mit Aspekten von Energie und Verkehr, mit den deutschen Chancen bei der Entwicklung von Brennstoffzellen und Wasserstofftechnologie sowie mit dem Klimaschutz.

Das ist überhaupt kein Geheimnis. Das weiß jeder, der sich nur halbwegs für die Thematik interessiert. Vor allem aber ist das kein Sachverhalt, über den die Landesregierung dem Landtag von sich aus berichten müsste. Ich hätte erleben wollen, was uns Herr Clement oder Herr Steinbrück

erzählt hätten, wenn wir gesagt hätten, sie sollten aus Diskussionen auf Kommissionsebene, auf Bundesebene dem Landtag gegenüber Rechenschaft ablegen oder berichten. Sie wären diejenigen gewesen, die am lautesten geschrien hätten: Igitt, das kommt doch überhaupt nicht in Frage!

Im Übrigen stelle ich fest: Das Papier, das Sie so vehement fordern und von dem Sie behaupten, es sei Ihnen erst unter Druck ausgehändigt worden, liegt Ihnen vor. Es wurde nicht erst auf Druck ausgehändigt. Ich habe es zufällig mitbekommen. Sobald Sie den Wunsch geäußert hatten, hat Ihnen die Ministerin das Papier zur Verfügung gestellt. Es handelte sich in dem Fall aber auch eher um eine Holschuld als um eine Bringschuld. Die Holschuld haben Sie erfüllt. Die Ministerin hat Ihnen das Papier ohne Weiteres gegeben. Niemandem wurde etwas vorenthalten. Alle anderen Fraktionen haben das Papier auch. Damit geht Ihr Antrag völlig ins Leere.

Für das, was Sie hier betreiben, haben die Schwaben ein sehr zutreffendes Wort, Herr Kollege. Sie bezeichnen das als „Gschäftlhuberei“. Sie stehlen dem Landtag Zeit für nichts und wieder nichts; denn sie wollen in fünf Minuten doch wohl nicht die Gesamtproblematik der Versorgungssicherheit oder der Atomwirtschaft – Wiedereinstieg, Ausstieg, Laufzeitverlängerung – diskutieren. Ich glaube, dass Sie das selbst nicht beabsichtigen.

Ich kann Ihnen deshalb nur einen einzigen Ratschlag geben: Ersparen Sie sich und uns das Vortragen abgegriffener Plattitüden. Ziehen Sie Ihren Antrag zurück. – Wenn Sie an dieser Stelle etwas zu Ihrer Positionierung zur Atomenergie sagen wollten, dann hätten Sie dem staunenden Publikum doch einfach erklären können, wie Ihr ExEnergieexperte Horstmann in kürzester Zeit vom Saulus zum Paulus werden und als Kernkraftfresser ausgerechnet beim Atomkonzern EnBW anheuern konnte.

(Beifall von CDU und FDP)

Ich glaube, das ist nach dem Motto gelaufen: Erst kommt das Fressen, dann die Moral. So wollen wir keine Politik machen. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von CDU und FDP – Zuruf von der CDU: Sehr richtig!)

Vielen Dank, Herr Kollege Weisbrich. – Als nächster Redner hat für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Herr Kollege Priggen das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Herr Weisbrich, ich kann die negative Einschätzung dieses SPD-Antrags ehrlich gesagt nicht teilen. Ich halte ihn für einen geschickten Schachzug. Man kann es nicht anders sagen, als dass der Antrag möglicherweise der bisher erfolgreichste Antrag der SPD-Fraktion in dieser Legislaturperiode war. Er wurde vollständig umgesetzt, bevor er je behandelt werden konnte.

Ich darf an der Stelle schon versprechen, dass ich mir das als Vorbild nehmen werde. Ich möchte ganz offen sagen: Ich werde für die nächste Sitzung einen Antrag vorbereiten, wonach ich gerne die Stiftungssatzung der RAG zum geplanten Börsengang hätte.