Protokoll der Sitzung vom 14.09.2006

Ich darf an der Stelle schon versprechen, dass ich mir das als Vorbild nehmen werde. Ich möchte ganz offen sagen: Ich werde für die nächste Sitzung einen Antrag vorbereiten, wonach ich gerne die Stiftungssatzung der RAG zum geplanten Börsengang hätte.

(Beifall von den GRÜNEN)

Herr Müller hat uns im Wirtschaftsausschuss großzügig mitgeteilt, wir dürften sie haben, sie liege beim Land. Wir haben mehrfach darum gebeten, sie zu erhalten, weil sie wichtig ist. Ich kündige also an, ich mache das nach dem Muster der SPD und bringe einen solchen Antrag in die nächste Plenarsitzung ein. Das scheint mir ganz erfolgversprechend zu sein. Das dazu.

Ich will einige Anmerkungen inhaltlicher Art zum Positionspapier machen. Herr Kollege Weisbrich, es ist schon interessant. Wir haben nur ganz kurz Zeit und können nicht tief darauf eingehen. Aber zwei oder drei Punkte möchte ich nennen. Auf Seite 2 des Antrags wird die Diversifizierung der Importquellen angekündigt. Ich will ganz kurz aus dem Text zitieren:

... ist es insgesamt wichtig, die verbleibende Importabhängigkeit verlässlich zu halten, unter anderem durch langfristige Importverträge, möglichst breite Streuung auf verschiedene Importländer und Importeure sowie zum Beispiel Ausbau von Speichermöglichkeiten, Bau neuer Druckleitungen zwischen Deutschland und den Produzenten im Gasbereich.

Es besteht für mich eine gewisse Diskrepanz zwischen dem, was wir diskutieren, und dem, was Ihre Landesregierung macht. Herr Weisbrich, ich erinnere mich, dass wir einen Antrag zu der Frage der LNG-Terminals in Deutschland eingebracht haben. Dazu kam die launige Bemerkung, wir seien kein Küstenland.

(Ministerin Christa Thoben: Ja!)

Dass wir kein Küstenland sind, weiß ich. – Dann sind wir nach Holland gefahren. Die Niederländer haben uns über ihre Strategie berichtet, wie sie mit LNG-Terminals umgehen. Die konkrete Frage

für ein Industrieland wie NRW lautet: Wenn ich eine Verbreiterung der Importmöglichkeiten bei Gas haben will, wo ja der Markt am allerschlechtesten ist, welche Strategie habe ich dafür?

Ich verstehe nicht, dass diese Landesregierung sagt, wir sind für alle Länder in der Atomdebatte federführend, und es spielt für dieses Land keine Rolle. Das war der Anspruch. Das war auch die Ursache dafür, warum die SPD mit diesem Antrag kam. Die Mitteilung lautete: Diese Landesregierung thematisiert es federführend für die Länder. – Auf Nachfrage wurde dann ergänzt: Weil wir keinen eigenen Reaktor mehr haben, sind wir frei und können das machen. Aber dort, wo wir eigene Interessen haben, wie zum Beispiel das Interesse, zusätzliche Gasliefermöglichkeiten zu bekommen – wir kennen die Klage der Unternehmen, dass sie uns nicht mit ihrem Gas beliefern können –, handeln wir nicht.

Auch wenn wir keine Küste haben, könnten wir dort federführend für alle Länder eine Position dazu formulieren, wie wir zusätzliche Importeure bekommen, die Gas liefern. Die Eon selbst wird das nicht tun. Die Eon ist so stark mit der früheren Sowjetunion verbandelt und hat so starke Lieferbeziehungen zu Russland, dass sie kein Interesse daran hat, Gas aus anderen Ländern in die Bundesrepublik und nach NRW zu bringen. Ich würde erwarten, dass eine Landesregierung im Interesse des Industriestandortes federführend tätig ist. Das tut sie ganz klar nicht. Die Fraktionen haben das abgelehnt.

Ich habe noch zwei Minuten und will einen zweiten Punkt ansprechen: die Frage der Steigerung der Energieeffizienz. Wir haben darüber diskutiert. Wir haben keinen Dissens. Wir müssten Gebäudesanierungen machen. Uns wurde gesagt, NRW sei ganz vorne. Wenn man genau hinsieht, liegt NRW auch bei den aktuellen Programmen weit hinter Bayern und Baden-Württemberg.

Sie haben die Regierung vor eineinhalb Jahren übernommen. Ich habe Verständnis dafür, dass einige Monate Eingewöhnungszeit benötigt werden. Jetzt sind aber eineinhalb Jahre herum. Jetzt müssen konkrete Vorschläge kommen, wie wir da eine Vorreiterrolle übernehmen können. Wir sind das Land mit der höchsten Besiedlungsdichte, wenn ich an das Ruhrgebiet denke, aber wir liegen an dieser Stelle nicht vorne, sondern hinten.

Lassen Sie mich einen dritten Punkt nennen, der mir wichtig ist. In dem Positionspapier, welches uns zur Verfügung gestellt wurde, steht, dass der Ausbau der erneuerbaren Energien als selbsttragender Ausbau gemacht werden soll. Ich hatte

aus meiner Tätigkeit im Agrarausschuss immer eine gewisse Affinität zum Kollegen Uhlenberg, weil ich dachte, im Bereich Biomasse müssten viele Gemeinsamkeiten sein, wir müssten etwas tun können, was auch angesichts der Absatzschwierigkeiten für die Landwirte hilfreich ist. Ich lese nun im „Landwirtschaftlichen Wochenblatt“, was ich noch ab und zu bekomme, von Ihrer Veranstaltung. Ich zitiere:

„Die Landesregierung verfolgt mit Sorge, dass immer mehr Biogasanlagen zwischen Eifel und Weser geplant und gebaut werden. Ob man den Bau der Anlagen einschränken soll, auch mit Blick auf die Rohstoffversorgung und die Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion, darüber ‚denken wir nach, entschieden ist aber noch nichts’, so Dr. Heinz Baues, Gruppenleiter Energiewirtschaft im Wirtschaftsministerium.“

Zur Windkraft haben wir Ihre unsinnigen Attacken und Ihre Zerstörung der Hoffnungen und der Erwartungen von Firmen, die damit ihr Geld verdienen, herauf und hinunter diskutiert. Bei der Photovoltaik wissen wir um die Probleme. Bei der Biomasse haben wir gedacht, man kann etwas machen. Und dazu kommen jetzt solche Aussagen!

Statt irgendeine positive Perspektive in dem Bereich zu entwickeln, bringen Sie NordrheinWestfalen im Ländervergleich in eine absolute Bremserposition. Natürlich geht der Zug in allen Ländern ab. Vor kurzem noch hat der Chefvolkswirt der Deutschen Bank gesagt: Wer heute noch gegen erneuerbare Energien anrennt und sich negativ dazu äußert, der ist nicht ganz vernünftig unterwegs.

(Beifall von den GRÜNEN)

Sie tun dies an jeder Stelle und liefern uns nichts Positives.

NRW stattdessen zum Vorreiter in der Frage des Wiedereinstiegs in Atompolitik zu machen ist ein Kurs, der mit Landesinteressen nicht zu begründen und nicht nachzuvollziehen ist.

Wir sollten uns die Zeit nehmen und intensiver darüber diskutieren. Insofern fand ich den Antrag gelungen. Wenn er denn jetzt erledigt ist, ist er erledigt, aber er ist ein schönes Beispiel dafür, wie wir arbeiten können. – Herzlichen Dank.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Priggen. – Als nächster Redner hat für die Fraktion der FDP der Kollege Brockes das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist schon bemerkenswert, womit die SPD den Landtag befasst. Wie tief ist eigentlich das Niveau, wenn die SPD hier solche Anträge stellt? Kein fachlicher Beitrag zur Energiepolitik, keine inhaltliche Auseinandersetzung mit den Positionen der Landesregierung zur Kernenergie, sondern die schlichte Aufforderung, ein Positionspapier zur Verfügung zu stellen, über das in der Presse bereits ausführlich berichtet wurde!

Dafür, Herr Kollege Römer, hätte es nun wirklich nicht eines Antrages bedurft. So wie ich die Wirtschaftsministerin kenne, hätte dafür ein einfacher Anruf gereicht.

Das Papier ist ja mittlerweile allen zugegangen; Ihr Antrag hat sich somit erledigt. Ich habe erfahren, dass Sie ihn nach der Debatte wohl zurückziehen wollen. Das hätten Sie eigentlich schon vorher machen können.

(Beifall von FDP und CDU)

Meine Damen und Herren, ich möchte aber trotzdem die Gelegenheit nutzen, um auf die inhaltlichen Aussagen des Papiers zu sprechen zu kommen, das uns allen vorliegt.

Ich nenne einige Punkte aus dem Positionspapier. Darin steht unter anderem:

Sie setzt auf einen breiten, diversifizierten und ausgewogenen Energiemix, der alle Energieträger einschließt.

Das hört sich meines Erachtens nicht verkehrt an.

Die vorzeitige Stilllegung der sicheren Kernkraftwerke in Deutschland läuft auf eine irreversible Schädigung des Standorts Deutschland hinaus, was wegen der Wirkung für Wettbewerbsfähigkeit, Wirtschaftswachstum und Beschäftigung abgewendet werden muss.

Herr Kollege Römer, was sagen Sie dazu? Hier geht es um Arbeitsplätze in unserem Land! Dazu hätte ich jetzt gerne einmal Ihre Position gehört.

Ich zitiere weiter:

Ein Ersatz von Strom aus Kernenergie durch Stromimporte bedeutet den Verlust von Wertschöpfung und Arbeitsplätzen in Deutschland.

Was sagt denn die Sozialdemokratie dazu?

Ein gleichwertiger Ersatz der Kernenergie durch erneuerbare Energien ist auf absehbare Zeit nicht möglich.

Zu dieser werde ich gleich noch ein Zitat eines Sozialdemokraten anfügen, der diese noch einmal bekräftigt.

Oder die Aussage:

Die Lücke bei der Kernenergie schafft zwangsläufig höhere Abhängigkeiten bei den fossilen Energieträgern Gas und/oder Kohle. Dies schwächt die Sicherheit der deutschen Energieversorgung, wird den CO2-Ausstoß massiv ansteigen lassen und damit die Klimaproblematik verschärfen.

Auch da, lieber Kollege Priggen, fehlt mir die Position der Grünen; denn das bekommen wir laut Experten nicht über die erneuerbaren Energien geregelt.

Meine Damen und Herren, all diese Punkte werden nicht nur seitens der Union vorgelegt, sondern werden auch durch die Sozialdemokratie unterstützt. Ich möchte an dieser Stelle Herrn Clement aus der „Welt am Sonntag“ vom 3. September zitieren:

„Und schließlich ist Fritz Vahrenholt … zuzustimmen, wenn er davor warnt, ‚bei allgemein steigenden Kosten den billigsten Energieträger abzustellen.’ Richtig! Dass wir ausgerechnet jetzt die Laufzeit unserer Atomanlagen verkürzen sollen, während andere – etwa die Niederländer – sie verlängern, das begreife, wer will. Im Interesse unseres Landes ist es nicht!“

(Beifall von der FDP)

Jawohl, Sie haben Recht, Herr Clement!

Ich könnte jetzt Herrn Utz Claassen zitieren, den Vorstandsvorsitzenden des Energiekonzerns EnBW. Man nennt ihn ja auch einen „Frog“. „Frog“ steht für „Friends of Gerhard“, also des ehemaligen Bundeskanzlers.

Herr Claassen sagt:

Ich setze auf eine Modifizierung des Energiekonsenses. Im Sinne der Umwelt und im Sinne der Kunden wäre es dringend wünschenswert, über eine Verlängerung der Laufzeiten der Atomkraftwerke nachzudenken. Übrigens: Gerade, die, die den Kernenergiekonsens wollten und wollen, sind nach meinem Empfinden gut beraten, an einer Modifizierung mitzuwirken, um ihn zukunftsfähig zu machen.

Herr Kollege Römer, dazu hätte ich gerne einmal Ihre Position vernommen. Und nicht nur Ihre Position! Ganz besonders hätte mich natürlich interessiert, was der ehemalige Energieminister dieses Landes und auch noch Mitglied dieses Hohen