Protokoll der Sitzung vom 27.09.2006

Meine Damen, meine Herren, wenn Sie die Pflege der internationalen Beziehungen durch die Landesregierung seit dem Regierungswechsel verfolgen, werden Sie feststellen, dass wir an bestimmten Punkten auf Konsens nach außen angewiesen sind.

Ich will Ihnen das anhand einiger Beispiele deutlich machen. Ich erinnere daran, dass wir kurz nach dem Amtsantritt von Dr. Jürgen Rüttgers eine noch von seinem Vorgänger vorbereitete Niederland-Reise vorgefunden haben. Selbstverständlich war es richtig, Kontinuität an der Stelle fortzusetzen. Es gibt mittlerweile sehr viele Detailergebnisse, die von mehreren Ressorts beigetragen worden sind. Es ist wichtig, dass wir mit den Niederlanden als unserem Nachbarland eine sehr, sehr gute partnerschaftliche Beziehung weiterhin aufbauen.

Ich will ein weiteres Beispiel nennen. Das ist vielleicht noch viel aktueller, Frau Löhrmann. Ich nenne unsere sehr guten Beziehungen mit Regio

nen in Polen, mit der Region Schlesien. Am 1. September vergangenen Jahres war der Ministerpräsident in Polen und führte die vom Landtag einmütig getragene Zusammenarbeit mit diesem Land fort. Ich glaube, es ist wichtig, dass wir uns mit allen vier Fraktionen hinter diese Zusammenarbeit stellen.

Ich habe überhaupt kein Problem damit, zu sagen, was in den letzten Jahrzehnten an nordrheinwestfälischer und schlesischer Zusammenarbeit geleistet worden ist, wird von mir und von der neuen Landesregierung positiv begleitet. Es ist sehr wichtig, dass wir das machen. Die gute Zusammenarbeit zwischen den Regionen wird auf den großen nationalen Ebenen manchmal nicht so sehr betont.

Nehmen Sie Israel: Die Israelreise des Ministerpräsidenten im Mai knüpfte nahtlos an die Reisen der Mitglieder der alten Landesregierungen an.

(Zuruf von der SPD: Die Sie sehr kritisiert haben!)

Soweit ich das verfolgen kann, hat sie im Hauptausschuss den breiten Konsens aller Fraktionen gefunden. An der Stelle sollten wir kein Fass darüber aufmachen, wie man unterschiedlich mit Nuancen umgehen kann.

Ein Schwerpunkt ist es aber auch, Beziehungen zu den USA zu wahren. Das hat bei der alten Landesregierung nicht stattgefunden, obwohl die USA der größte Partner für Nordrhein-Westfalen sind. Bevor die schwarz-gelbe Koalition an die Regierung kam, haben fast ein Jahrzehnt lang keine Reisen von Ministerpräsidenten in die USA stattgefunden. Jürgen Rüttgers hat das mit viel Unterstützung im Februar nachgeholt. Ich halte das für wichtig.

Sie haben angesprochen, dass es nicht darauf ankommt, das Leitbild neu zu gestalten, sondern darauf, konkrete Schritte nachzuarbeiten. Das werden wir sicherlich in den zuständigen Ausschüssen machen.

Stichwort: Eine Welt. – Ich glaube, dass wir mit Minister Armin Laschet sehr gut aufgestellt sind. Auch zur Außenwirtschaftsförderung wird Christa Thoben neue Schritte in die Wege leiten und hat dies auch schon getan.

Ich freue mich auf die Debatten in den Ausschüssen. Der Hauptausschuss ist zwar federführend, aber ich finde es richtig, dass die Fachthemen auch in den entsprechenden anderen Ausschüssen mitberaten werden. Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit und freue mich auf die Debatte in den Ausschüssen.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Minister Breuer. – Liebe Kolleginnen und Kollegen, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Wir sind damit am Schluss der Beratung angelangt.

Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrags Drucksache 14/2587 an den Hauptausschuss – federführend –, an den Ausschuss für Wirtschaft, Mittelstand und Energie sowie an den Ausschuss für Generationen, Familie und Integration. Die abschließende Beratung und Abstimmung soll im federführenden Ausschuss in öffentlicher Sitzung erfolgen. Gibt es hierzu Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Das ist auch nicht der Fall. Ich sehe Zustimmung aller Fraktionen in diesem Hause für die Überweisungsempfehlung in der vorgetragenen Form.

Ich rufe auf:

9 Kein Kahlschlag in der Forstverwaltung

Antrag der Fraktion der SPD Drucksache 14/2584

Für die antragstellende Fraktion der SPD erteile ich Frau Kollegin Watermann-Krass das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Verunsicherung im Land ist groß. Manche glauben sogar, dass sie im wahrsten Sinne des Wortes im Wald stehen, wenn sie über die Forstreform in NRW reden.

Wir nutzen heute die Plenarsitzung endlich dazu, um die parlamentarische Beteiligung in dieser wichtigen Entscheidung für NRW zu beginnen. Wir wissen, dass es einen Kabinettbeschluss gibt. Wir kennen die Informationen aus dem Pressegespräch von Herrn Uhlenberg. Das war es.

Was bislang eindeutig klar ist, nämlich dass Forstämter wegfallen, Personal abgebaut wird und Aufgaben neu verteilt oder aufgegeben werden sollen, steht unter der nicht näher definierten Vorgabe, dass der Landesbetrieb „Wald und Holz NRW“ wirtschaftlicher agieren soll.

Man kann denken, die Bediensteten der Forstbehörde sind einiges gewohnt. Aber die Art und Weise, wie die Beschäftigten hier vom Umbauprozess ausgeschlossen werden, ist neu.

(Zuruf von der SPD: Genau!)

Zur Erinnerung: Die Forstverwaltung in NRW befindet sich seit der letzten großen Reform im Jahr 1995 in einem ständigen Prozess des Wandels und des Personalabbaus.

Seit Anfang 2005 gibt es den Landesbetrieb Wald und Holz NRW als Einheitsforstverwaltung. Mit dieser neuen Organisationsstruktur wurden unternehmerisches Denken, Kundenorientierung, Bürgernähe und Wirtschaftlichkeit umgesetzt. Dies wurde von einer wirklich großen Motivation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter getragen. Dabei haben wir schon jetzt die wenigsten Forstleute pro Einwohner im Ländervergleich. Deshalb setzten alle Beteiligten – sowohl die Beschäftigten als auch die Waldbesitzer und Verbände – trotz des Regierungswechsels große Hoffnungen darauf, eine ausreichende Unterstützung bei ihrer Arbeit zu bekommen. Das Handeln dieser neuen Landesregierung führte aber nach und nach bei allen Beteiligten zu einem großen Vertrauensverlust.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Zunächst wurde der Etat im letzten Jahr um 5 Millionen € gekürzt. Dann wurde – anders als bei der Landwirtschaftskammer – ein Gutachten in Arbeit gegeben, das zum Ziel hatte, noch mehr Einsparmöglichkeiten aufzuzeigen.

Im Entwurf des Haushaltsbegleitgesetzes des letzten Jahres sollte Rat und Anleitung für Kommunen und private Waldbesitzer kostenpflichtig werden. Dies konnte erst nach massiven Einwänden im April dieses Jahres zurückgenommen werden.

Der Landesbetrieb war von Anfang an bereit, selbst seine Ideen einzubringen, wie die Wirtschaftlichkeit optimiert werden kann. Diese Vorschläge wurden vom Ministerium aber abgelehnt. Jetzt werden die Reformvorschläge vorgestellt. Sie kamen ohne Beteiligung des oberen Forstausschusses und ohne Votum des neu gegründeten Arbeitskreises von Herrn Schink zustande. Deshalb braucht es uns nicht zu wundern, dass dieser Reformvorschlag weder von den kommunalen Waldbesitzern noch vom Waldbauernverband in dieser Form akzeptiert wird.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Die Forstamtsgrenzen werden ohne Beteiligung der parlamentarischen Gremien festgesetzt. Die Stellen für die Forstämter werden aber schon zum gleichen Zeitpunkt ausgeschrieben. Der Personalrat ist bis heute noch nicht in den Reformprozess einbezogen worden. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der LÖBF sind bis heute noch nicht

beteiligt. So wird Vertrauen systematisch verspielt.

(Beifall von der SPD)

Im Einzelnen: Warum 15 Forstamtsbezirke? – Für uns ist nicht nachvollziehbar, nach welchen Kriterien die 15 Forstamtsgrenzen festgelegt wurden. Hier wurde nach Waldflächengröße und nicht nach deren räumlicher Verteilung aufgeteilt. Das ist nicht nachvollziehbar. Dies führt zu mehr Fahrtzeiten in den Forstamtsbezirken. Für Halbtagskräfte ist dies nicht mehr zu leisten. Als Beispiel für diese unüberlegte Flächenverteilung ist das Münsterland zu nennen. Dieser Forstamtsbezirk wird damit zum flächengrößten Bezirk mit den meisten Waldparzellen.

Ebenfalls schwer nachvollziehbar sind die Festlegungen der jeweiligen Standorte der regionalen Forstämter. Zum Teil liegen die Ämter sehr dezentral in Gebieten mit dem geringsten Waldbestand und damit völlig kundenfern. Ich nenne nur den Forstamtsbezirk Siebengebirge mit dem Amt in Minden oder den Bezirk Rhein-Maas mit dem Amt Nettersheim. Gummersbach erhält ganz neu ein Forstamt. Im Gegenzug werden die bestehenden drei Einrichtungen geschlossen.

Zweitens. Wie wollen Sie das gesamte Aufgabenspektrum des Landesbetriebs aufrechterhalten, wenn in diesem Umfang Personal eingespart werden soll? 148 Beschäftigte werden in die „Initiative Pro Wald“ aufgenommen und nicht mehr vom Landesbetrieb finanziert. Die Beschäftigten von der LÖBF sind dabei noch nicht einmal eingerechnet. Sie sollen wichtige Aufgaben für den Wald und die Holzwirtschaft in NRW erledigen. Dazu gehört beispielsweise die Mobilisierung von Holzreserven. Forsteinrichtungen sollen übernommen werden. Führungen vor Ort sollen gemacht werden, Umweltbildung, Forschung und Tourismusförderung.

Vorgabe ist, dass dieser ganze Bereich sich wirtschaftlich rechnen muss und bis zum Jahr 2010 auf 70 Mitarbeiter verringert werden soll. Da ist doch klar, dass diese eben genannten Aufgaben nach dem Prinzip der Kostendeckung für die Kunden nicht mehr bezahlbar sind und auch nicht mehr nachgefragt werden können. Die IPW wird in Konkurrenz des Landesbetriebs stehen. Oder die Beschäftigten finden sich nach kurzer Zeit im Personalentwicklungsmanagement wieder und stehen für ganz andere Aufgaben zur Verfügung. Das ist ein Beispiel mehr für das Motto „so wenig Staat wie nötig“.

Drittens. Sie wissen doch, wo in NRW große Holzreserven liegen. Diese finden sich auf den Flä

chen der kleinen Waldbesitzer. Wie wollen Sie diese Reserven mobilisieren, wenn es keinen Ansprechpartner vor Ort mehr gibt? Sie untergraben so Ihren eigenen Anspruch, die Wirtschaftlichkeit des Waldes stärken zu wollen. Der gesamte Holzbereich macht einen Umsatz von rund 33,2 Milliarden € im Land aus, mit 257.000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigten, die indirekt oder direkt von diesem Wirtschaftszweig abhängen. Holz zur Energieerzeugung erlebt zurzeit eine starke Nachfrage, und zwar in einem Ausmaß, dass der Rohstoff Holz mittlerweile knapp wird.

Viertens. Der Wald ist mehr als ein Wirtschaftsfaktor.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Er kann nicht nur unter dem Aspekt der ökonomischen Verwertbarkeit betrachtet und bewirtschaftet werden. Deshalb schreibt das Landesforstgesetz ja eine Gleichrangigkeit von Nutz-, Schutz- und Erholungsfunktion vor. Gerade weil die Förster und Försterinnen noch vor Ort sind, können sie eine nachhaltige und naturnahe Waldwirtschaft voranbringen und genießen zugleich das Vertrauen der Waldbesitzer. Dieses Vertrauen wird durch den geplanten Umbau verspielt, und die unbezahlbare Ortskenntnis der Beschäftigten geht verloren.

(Beifall von der SPD)

Zum Schluss: Stellen Sie uns doch einmal dar, wie hoch wirklich die Einsparungen sein werden. Denn diese Reform kostet aufgrund der ganzen Verlagerungen auch eine Menge Geld. Binden Sie die Menschen in diesen Prozess mit ein. Sprechen Sie mit den Waldbesitzern, Verbänden und Ehrenamtlichen. Aber sprechen Sie vor allem mit den Beschäftigten in den Forstbehörden. Beteiligen Sie endlich den Fachausschuss, den Oberen Forstausschuss, und lassen Sie diese Fachleute mit entscheiden.

Denn eine Kahlschlagspolitik, wie sie mit dieser Reform vorgesehen ist, wird den Menschen und dem Wald nicht gerecht und schwächt den Wirtschaftsstandort NRW. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der SPD)

Frau Kollegin, gestatten Sie noch eine Zwischenfrage der Abgeordneten Keller?

Bitte sehr, Frau Keller.

Ist Ihnen bekannt, dass die Revierförster erhalten bleiben? Sie haben das ja gerade alles infrage gestellt und gesagt, dass das vorhandene Wissen verloren gehe. Deshalb stelle ich Ihnen diese Frage.