Im Gegensatz zu Ihnen sehen wir tatsächlich eine Verantwortung des Staates, im Rahmen der vorhandenen Möglichkeiten in das Marktgeschehen einzugreifen, wenn das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht nicht mehr besteht. Es ist aus unserer Sicht sehr wohl Aufgabe des Staates, die Rahmenbedingungen für ein stabiles Preisniveau, einen hohen Beschäftigungsstand, ein außenwirtschaftliches Gleichgewicht und eine angemessene wirtschaftliche Entwicklung zu sorgen – das, was man gemeinhin als magisches Viereck der Wirtschaftspolitik bezeichnet. Das ist das, was wir als sinnvoll erachten.
Wir als Grüne sind der Auffassung, dass nicht neoliberales Gerede und Handeln à la FDP gepaart mit rücksichtsloser Klientelpolitik der CDU weiterführt, sondern eine Politik mit Augenmaß, welche die Interessen der Bevölkerung an angemessener staatlicher Aufgabenerledigung mit einer soliden Haushalts- und Finanzpolitik verbindet.
Ist es tatsächlich unmöglich, die Subventionen für die Steinkohle, den Verkehr, die Landwirtschaftskammer zu drosseln? Ist es tatsächlich unmöglich, auf neue Stellen in der Staatskanzlei zu verzichten? Mittlerweile haben Sie im Bereich Ihrer Ministerien und der Staatskanzlei hundert Stellen geschaffen. Das ist Ihre Politik. Sie versorgen Ihre eigenen Leute mit Stellen, und das alles mit äu
Herr Dr. Linssen, meine Damen und Herren von CDU und FDP, es ist doch ein durchsichtiges und peinliches Spielchen, das Sie hier aufführen. Sie sind weder die Retter der Staatsfinanzen, noch stellen Sie sich einer inhaltlichen Debatte über Konzepte für eine zukunftsfähige Haushalts- und Finanzpolitik.
Sollten Sie allerdings Interesse an einer sachlichen Auseinandersetzung haben, die unter anderem die Art der Ausgaben bewertet, die sich mit der Frage beschäftigt, was tatsächlich nachhaltige Investitionen sind und wie wir dafür sorgen können, dass von den heutigen Investitionen auch die zukünftigen Generationen profitieren, dass sie nicht nur mit deren Lasten zu tun haben, dann haben Sie uns auf Ihrer Seite.
Ich stelle jedoch fest, dass die FDP heute ihre neoliberale Propaganda herausbläst, die CDU hinterherdackelt – positiv verändert wird aber nichts. Dieses Spielchen machen wir nicht mit. Wir lehnen diesen Antrag ab, denn aus dem Gleichgewicht gekommen sind vor allem zwei, nämlich CDU und FDP.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Sagel. – Für die Landesregierung hat Finanzminister Dr. Linssen das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das war wieder einmal ein bunter Strauß, ein Potpourri von Neuauflagen Ihrer alten Reden. Das sind aber alles Versatzstücke, Herr Sagel. Zur Sache haben Sie eigentlich überhaupt nichts beigetragen.
Ich würde Ihnen raten, doch einmal nachzulesen, was in der rot-grünen Koalitionsvereinbarung von 1995 über Nachhaltigkeit steht, Herr Sagel. Damals haben Sie versprochen, Sie würden im Jahr 2000 eine Nettoneuverschuldung von null erreichen. Nun überlegen Sie doch einmal, was Sie bis 2005 hier angerichtet haben. Sie haben ein totales finanzielles Chaos angerichtet!
und alles zu monieren! Sie müssten doch erkennen, dass wir die von Ihnen in drei Jahren hintereinander aufgenommene Nettoneuverschuldung von 6,7, 6,8 und 6,7 Milliarden € – 3,5 Milliarden € über der Verfassungsgrenze –
Frau Brunn hat moniert, dass in dem Antrag vom Staatsbankrott gesprochen wird. Man kann es natürlich auch etwas freundlicher und höflicher ausdrücken. Aber was sind mehr als 1,4 Billionen € Schulden denn sonst? Gegenüber 1991 haben wir in allen öffentlichen Haushalten das Zweieinhalbfache an Schulden angehäuft. Das ist die Annäherung an den Staatsbankrott.
Sie können natürlich sagen, dass ein Staat nicht pleitegehen kann. Dann sagen Sie Ihren Kindern und Kindeskindern aber bitte auch gleichzeitig: Ihr müsst den ganzen Mist bezahlen. Wir leben auf eure Kosten. Wir betreiben Gegenwartskonsum, weil es uns so freundlich und so milde stimmt. Nach uns die Sintflut! – Diese Politik ist mit dieser Koalition nicht zu machen.
Wir haben 113 Milliarden € Schulden. Meine Damen und Herren, wir zahlen 4,7 Milliarden € Zinsen. Ich würde lieber wie die Bayern 4 Milliarden € von diesen 4,7 Milliarden € in die Investitionen stecken, anstatt sie immer zu den Banken zu tragen. – Das ist doch das, was wir hier vorgefunden haben!
(Beifall von CDU und FDP – Ilka Keller [CDU]: Herrn Sagel sei Dank! – Gegenruf von Rüdiger Sagel [GRÜNE])
Dieses Delta zwischen den 3,2 bis 3,3 Milliarden € der landeseigenen Investitionen und den 6,7 beziehungsweise 6,8 Milliarden €, die hier drei Jahre hintereinander an Neuverschuldung aufgenommen worden sind, bauen wir ab. Nach der Planung wird die Neuverschuldung Ende dieses Jahres 5,6 Milliarden € betragen. Das ist immer noch zu viel. Wir werden dieses Ziel aber unterschreiten; das kann ich Ihnen jetzt schon sagen. Im nächsten Jahr soll sie bei 4,3 Milliarden € liegen. Auch dieses Ziel werden wir unterschreiten. Das heißt, dass wir hier eine ganz gewaltige Konsolidierungsleistung erbringen.
Sie suchen sich jeweils das Passende aus. Sie werfen uns auf der einen Seite vor – Herr Sagel tut das permanent –, dass es ja noch schneller gehen könne. Auf der anderen Seite sagen Sie aber: Bitte gebt doch mehr Geld für die und die Positionen aus, weil es draußen so gut ankommt. – Nein, meine Damen und Herren, wir fahren einen ganz klaren Kurs und verletzen dabei nicht das Gebot der Gerechtigkeit, damit es in diesem Land fair und gerecht zugeht.
Wir müssen uns überlegen, wie wir die Nettoneuverschuldung und die Verschuldung insgesamt begrenzen. Dazu ist der von den Koalitionsfraktionen vorgelegte Antrag ein guter Weg, über den wir in Deutschland dringend diskutieren müssen. Ich habe mich sehr gefreut, dass während der gestrigen Kabinettsitzung – sonst plaudert man ja nicht aus Kabinettsitzungen; das kann ich Ihnen aber gerne sagen – auch der Kollege Faltlhauser erklärt hat: Wir können mit den keynesianischen Formulierungen, wie sie sich vor allen Dingen in den Art. 109 und 115 des Grundgesetzes finden, auf die Dauer nicht leben; denn sie sind im Grunde genommen eine Verlockung für einen jeden, der in der Politik tätig ist, in Zeiten, in denen es schwierig ist, das Geld flott auszugeben.
So haben wir es ja auch immer kräftig gemacht. Sie haben sich nur hingestellt – das haben Sie im Jahr 2004 ja auch gemacht –, von der Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts gesprochen und gesagt: Wir machen so weiter wie bisher.
Meine Damen und Herren, der Bund hat das in diesem Jahr 2006 auch gemacht. Sie wissen, dass es eine kurze Diskussion gab, als Herr Dr. Meister von der CDU/CSU-Bundestagsfraktion vorgeschlagen hat: Wir machen das nicht mit der Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts, sondern sagen, dass wir – so wie in Nordrhein-Westfalen – völlig überbordende Verschuldungsverhältnisse haben und objektiv keinen anderen Haushalt verabschieden können als einen, der die Verfassungsgrenze überschreitet.
Ihr wollte man doch nicht sagen: Liebe Leute, ihr habt das ganze Desaster mitverursacht. – Daher hat man zur Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts gegriffen und fröhlich weitergemacht.
Dass die Steuereinnahmen im Jahr 2006 jetzt so gut sind, dass wir in Berlin nun doch die Verfassungsgrenze einhalten können, ist schön. Meine Damen und Herren, vergessen Sie bei alledem aber bitte nicht Folgendes – das sage ich auch meinen Kolleginnen und Kollegen in Berlin immer wieder –: In dieser Legislaturperiode werden 54 Milliarden € Einmaleffekte, vor allen Dingen Privatisierungserlöse, in den Bundeshaushalt eingespeist. Das heißt, dass wir wieder das Erbe verfrühstücken, das wir unseren Kindern hinterlassen sollen, nur um diese Grenze einzuhalten.
Das ist keine strukturelle Gesundung. Wir in Nordrhein-Westfalen haben uns hingegen vorgenommen, den hiesigen Haushalt strukturell gesund zu machen.
Es muss auch in den höheren Etagen der Politik – dort fange ich schon bei den Großstädten an und nehme die Länder und den Bund hinzu – endlich das Bewusstsein einziehen: Du kannst auf die Dauer nicht mehr Geld ausgeben, als du einnimmst.
Wenn wir dieses Bewusstsein nicht bekommen, werden wir nie den Anforderungen gerecht werden, die auch die nachfolgende Generation an uns stellt.
(Rüdiger Sagel [GRÜNE]: Wo ist das Gleich- gewicht? – Ilka Keller [CDU]: Es ist schon da! – Rüdiger Sagel [GRÜNE]: Das sind doch alles nur Sprüche!)
Herr Sagel hat gesagt, wir hätten von einem immerwährenden Wachstum geträumt. Dann haben Sie uns gratuliert, dass wir von dieser Auffassung abgekommen sind. Lesen Sie doch einmal nach, was Kurt Biedenkopf 1980, 1981 und 1982 hier im Landtag dazu gesagt hat!
Lesen Sie auch ruhig nach, was ich immer gesagt habe. Natürlich wissen wir – davon haben wir früher auch gesprochen –, dass wir in einen Gleichgewichtspfad des Wachstums kommen.
Entschuldigung; er ist doch nicht deswegen abgemeiert worden. Reden Sie doch nicht einen solchen Unsinn!
Dass wir bei dem hohen Niveau natürlich nicht ewig weiter explodierendes Wachstum haben, ist doch klar. Wir freuen uns ja schon über 1, 1,5 und 2 %. Wir sind stolz auf die 2 %. So ist es im Moment doch.
Meine Damen und Herren, wenn Sie Keynes ernst nehmen, wird in schwierigen Zeiten Gas gegeben und in guten Zeiten hält man sich nicht zurück. Das ist das, was Sie auch in den guten Zeiten hier immer vorexerziert haben. Angeblich war das sozialer. Angeblich waren die Wünsche so. Angeblich war Ihre Klientel so, die Sie dann dauernd irgendwo belästigt hat. Sie haben auch in guten Zeiten das Geld mit vollen Händen zum Fenster hinausgeworfen.