Nach meiner festen Überzeugung brauchen wir auch weiterhin in der Polizei klare Instrumente zur Steuerung. Wir müssen aber auch wissen, was steuert und was nur Arbeit macht. Wir brauchen keine ausufernden Datenfriedhöfe und Erfassungssysteme, die unnötige Doppelarbeit verursachen.
Bei über 2.000 erhobenen Kennzahlen muss man sich die Frage nach dem Sinn ernsthaft stellen. Ich habe bereits veranlasst, dass eine Überprüfung der Kennzahlen schon jetzt und nicht erst zum Ende dieses Jahres vorgenommen wird. Wir werden die zu erhebenden Daten strikt auf das
wirklich notwendige Maß reduzieren. Aus diesen und anderen Gründen ist die schnellstmögliche Verwirklichung des Prinzips der Einmalerfassung ein herausragendes Ziel.
Meine Damen und Herren der Opposition, die Stoßrichtung Ihrer Anträge ist offensichtlich. Ihnen geht es nicht mehr vorrangig um die Sache. Sie versuchen erneut erfolglos, einen Keil zwischen die Koalitionspartner der neuen Regierung zu treiben.
Zu dem Thema Strukturfragen hat Herr Kollege Engel hinreichend ausgeführt. Ihre Krokodilstränen nach zehn Jahren rot-grüner Regierung über eine nicht zustande gekommene Reform sind schon erstaunlich. Wenn man das alles ernst nähme, was Sie vorhin vorgetragen haben, können Sie sich im Hinblick auf Ihre eigene Regierungsarbeit nur ein katastrophales Armutszeugnis ausstellen.
Ich kann Ihnen versichern: FDP und CDU werden die große Aufgabe der Neuausrichtung der Polizei gemeinsam erfolgreich bewältigen. Denn das erwarten die Bürgerinnen und Bürger zu Recht von uns. Wir werden mehr Reformen umsetzen, als Sie es in den vergangenen Jahren auch nur andeutungsweise geschafft haben.
Ich würde mich freuen, wenn Sie sich hieran konstruktiv beteiligen und parteitaktisches Kalkül beiseite lassen würden. - Danke schön.
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Die vorliegenden Anträge der Oppositionsparteien SPD und Grüne werden der anspruchsvollen Aufgabe, die Polizei neu zu organisieren - und das zum Wohle der Bürgerinnen und Bürger -, nicht gerecht.
Das zeigen auch die Ausführungen, die gerade von Herrn Rudolph gemacht wurden. Dem Antrag, die polizeiliche Organisation zeitnah und unverzüglich durchzuführen, setzt er noch eins oben drauf und sagt, die polizeiliche Neustrukturierung wäre sofort und ohne großen Aufwand möglich. Herr Rudolph, ich muss Ihnen sagen: Da sind Sie fernab der Realität. Alle Organisationen innerhalb der Polizei waren bisher nicht sofort, geschweige denn ohne großen Aufwand möglich.
Angesichts der Ereignisse, die auf NordrheinWestfalen zukommen, ist es geradezu unverantwortlich, die Polizei und das Land mit einem Chaos von Neuorganisationen zu überziehen. Die Fußballweltmeisterschaft und der Weltjugendtag mit dem Papstbesuch erfordern eine voll funktionstüchtige Polizei, und Sie würden mit Ihrer sofortigen und unverzüglichen Neuorganisation die Handlungsfähigkeit der Polizei deutlich gefährden.
Ihr Antrag weist noch einen weiteren Mangel auf: Ihr Antrag zielt eindeutig nicht darauf ab, eine Lösung herbeizuführen. Sie wollen hier einen politischen Schaukampf inszenieren, der nicht von der Sache geprägt ist und nicht das Ziel hat, die Probleme im Land zu lösen.
Sie wollen - wie Herr Wolf, der Minister, es gerade gesagt hat - einen Keil zwischen die Regierungsfraktionen treiben.
In den Forderungen der Anträge von SPD und Grünen führen sie auch aus, dass sie den ScheuBericht als Grundlage für die Neuorganisation nehmen möchten. Der Scheu-Bericht enthält wirklich eine Menge an aussagekräftigen Informationen, die für eine Neuorganisation durchaus in die Praxis umgesetzt werden könnten.
Er geht aber von einer fatalen Fehleinschätzung aus. Scheu sieht in der externen Behördenstruktur einen wesentlichen Mangel, und er konzentriert sich mit seinen Vorschlägen fast ausschließlich darauf, die Anzahl der Behörden zu reduzieren und aus landratsgeführten Polizeibehörden polizeipräsidentengeführte Polizeibehörden zu machen. Dabei wird verkannt, dass die Qualität von Polizeiarbeit in keinem Fall von der Organisationsform abhängt. Das hat Scheu in seinem Bericht auf Seite 5 auch festgestellt.
Was wollen SPD und Grüne dann mit dem ScheuBericht erreichen? - Ich sage Ihnen: Der Schwerpunkt müsste eigentlich auf die Veränderung der Binnenstruktur gesetzt werden. Denn da gibt es eklatante Mängel, die auch Herr Kruse aufgeführt hat. Das ist die miserable Aufklärungsquote. Das ist die fehlende präventive Präsenz der Polizei auf der Straße. Das ist überbordende Bürokratie. Das sind aufgeblähte Führungs- und Verwaltungsstrukturen in den Polizeiinspektionen. All das wird von Scheu aber nur am Rande erwähnt.
Frau Düker, Sie haben zu Recht auf die Versuchsbehörden in Köln und Aachen hingewiesen. Sie wissen um das Problem der Binnenstruktur der Polizei. Deswegen hat der frühere Innenminister auch Aachen und Köln als Versuchsbehörden angeordnet, um neue und verbesserte Binnenstrukturen zu erproben.
Jetzt frage ich mich: Wenn das aus Sicht des früheren Innenministers und aus Sicht von Frau Düker so wichtig ist, warum haben sie dann Herrn Scheu und seiner Kommission keine Gelegenheit und keine Zeit gegeben, diese Ergebnisse mit einzuarbeiten? Anscheinend musste so viel politischer Druck ausgeübt werden, dass sich Herr Scheu in seinem Bericht - lesen Sie ihn durch! - auch darüber beklagt, dass er die Ergebnisse von Aachen und von Köln nicht mit einarbeiten durfte.
Ich sage Ihnen: So - mit Teillösungen, mit Teilvorschlägen, die kein rundes Ganzes sind -, können wir die Probleme des Landes und die Probleme der Bürgerinnen und Bürger mit der Polizei nicht lösen. Wir brauchen eine Polizeistrukturreform aus einem Guss.
Diese Strukturreform aus einem Guss hat der Minister skizziert. Sie kann nicht in einer Teillösung nur aufgrund von Scheu bestehen. Sie kann auch nicht in einer Teillösung nur aufgrund des Vorschlags vom Landkreistag bestehen. Und sie kann auch nicht als Teillösung nur aufgrund der Versuche in Köln und Aachen stattfinden.
Man muss die vorhandenen Erkenntnisse zusammenführen. Die neue Landesregierung aus CDU und FDP wird dafür stehen, diese Polizeireform aus einem Guss auf den Weg zu bringen.
Ich komme sofort zum Schluss. - Eine Umsetzung ist also nicht zeitnah, geschweige denn sofort und ohne großen Aufwand möglich. Umsetzen können wir eine Polizeireform erst ab 2007. Sie haben also als Opposition noch lange Zeit, sich einzuarbeiten. Genießen Sie die Zeit, und nutzen Sie sie zum Wohle des Landes! - Danke schön.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, als nächster Redner hat der Kollege Ralf Jäger für die SPD-Fraktion das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Kruse, vielen Dank für Ihre Anteilnahme und Ihre Sorge, wir könnten in der Oppositionsrolle noch nicht angekommen sein. Ich versichere Ihnen: Ich habe den Weg zu meinem Büro gefunden und auch den hier zum Rednerpult.
Wir haben es sogar geschafft, einen Antrag zu stellen. Ich weiß auch ganz genau: Dort sitzt die Opposition, und dort sitzt die Regierung.
Aber jetzt frage ich Sie einmal, Herr Kruse, nach den Einlassungen von Ihnen, von Ihrem Kollegen Lohn und auch vom neuen Innenminister Wolf - kein Konzept, nur Schwafeln, nur Prosa -: Glauben Sie, dass Sie tatsächlich in der Rolle einer Regierungsfraktion angekommen sind?
Wenn wir die von Ihnen beschriebene Prosa, die überhaupt nicht auf diesen Antrag eingeht, einmal weglassen, dann ist die Ausgangslage, Herr Kruse, ziemlich klar.
- Ja, die ist ziemlich klar: Die Kriminalität hat sich verändert. Das sollten Sie wahrgenommen haben. Es gibt neue Formen von Kriminalität. Es geht darum, dass sich - anders als früher - Kriminalität organisiert. Es gibt Kriminalitäts- und Straftatenformen, die es früher nie gab, zum Beispiel Betrug im Internet und Kreditkartenmissbrauch. Es gibt den Straftatbestand, dass Kindermissbrauch im Internet vertrieben wird.
Dagegen sinkt die Alltagskriminalität. Die Zahl der Einbrüche ist in den letzten Jahren deutlich zurückgegangen. Aber zugleich sinkt auch das Sicherheitsgefühl der Bürgerinnen und Bürger. - Das ist die Ausgangslage, vor der wir stehen.
Dieser Veränderung in der Kriminalität und der entsprechenden Veränderung des Sicherheitsbedürfnisses der Menschen in unserem Land steht eine Polizei mit 50 Behörden gegenüber, die sehr viel organisieren, die sehr viel verwalten, deren Organisation, deren Verwaltung und deren Aufbau 50 Jahre alt ist. Mein Kollege Karsten Rudolph hat die Situation gerade beschrieben: Da gibt es den Landkreis Olpe, der 200 Polizeibeamte bei 140.000 Einwohnern beschäftigt, dem Köln mit
Diese 50 Behörden kümmern sich alle mehr oder weniger um das Gleiche: um Prävention, Betrug, Terrorismusbekämpfung, Kindesmissbrauch, Kriminalität und Mord. Herr Krause, mit Verlaub: Diese Organisationsform, dieser Organisationsaufbau - nicht die Polizeibeamten und deren Qualifikation - stammen aus Zeiten, als das Telefon noch eine Wählscheibe hatte und mit Schreibmaschinen gearbeitet wurde. Das ist die Situation.
Das Problem liegt auf dem Tisch. Jetzt kommt dieser Landtag plötzlich in die sehr komfortable Situation, dass auch die Lösung klar ist: Eine von diesem Landtag eingerichtete überparteiliche, hoch kompetente Kommission unter Vorsitz des ehemaligen Landespolizeipräsidenten von Hessen, Herrn Scheu, hat diesem Landtag sehr klare Vorschläge unterbreitet, wie der Veränderung von Kriminalität und Sicherheitsbedürfnis der Menschen nachgekommen werden kann. Diese Vorschläge werden von den Fachleuten, von den Experten, von den Beschäftigten, von den Gewerkschaften, von der SPD, von den Grünen und wurden - bis vor wenigen Wochen - auch von der FDP getragen.
Das Erstaunliche ist: Diese Reform kostet kein zusätzliches Geld. Das Konzept sieht vor, dass wir diese vielen Behörden mit ihrer Allzuständigkeit zusammenfassen, um Straftaten besser und wirksamer bekämpfen zu können. Zugleich soll die Zahl der Beamten vor Ort erhöht und damit sichtbarer werden. Konkret geht es in den Reformvorschlägen darum, 2.100 Beamtinnen und Beamte, die bisher verwaltet und organisiert haben, dafür einsetzen zu können, dass sie Straftaten bekämpfen, ihnen vorbeugen und den Menschen vor Ort zur Verfügung stehen können. Zusammengefasst kann man sagen, dass diese Reform das Ziel hat: weniger Häuptlinge und mehr Indianer.
Bis vor wenigen Wochen gab es für diese Reformkonzepte eine breite parlamentarische Mehrheit. Da waren Sie in der Minderheit. Da stand die FDP getreu an unserer Seite - sozusagen an der Seite der besseren Argumente.