Protokoll der Sitzung vom 28.09.2006

Dritte und abschließende Anmerkung. Ich fände es gut, wenn dieses Annähern von Positionen, was in Berlin stattgefunden hat – ich will nur auf die Haltung verweisen, die Herr Glos dort in den letzten Tagen deutlich gemacht hat –, auch bei uns Einzug hält, wenn wir deutlich sehen, welche Entwicklungen es in anderen europäischen Ländern gegeben hat, die uns fast in eine Situation hineingebracht hätten, dass wir dort sehr isoliert gewesen wären.

Ich würde mich freuen, wenn wir dies bei den Beratungen, die demnächst, wenn der Landtag der Beschlussempfehlung folgt, im Hauptausschuss stattfinden werden, diskutieren.

Herr Kollege Kuschke, würden Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Witzel zulassen?

Sehr gerne.

Herr Kuschke, das ist sehr nett. Ich geben Ihnen auch meistens die Gelegenheit, wenn es Sie umgekehrt medienpolitisch dazu drängt.

Ich habe die Bitte, mir die Frage zu beantworten, ob die SPD-Bundestagsfraktion im Ergebnis der Drucksache der FDP-Bundestagsfraktion zustimmen wird, und ob ich zum Zweiten davon ausgehen darf, dass jede Initiative, die die SPDBundestagsfraktion mit Drucksache auf den Weg bringt, auch automatisch eine Mehrheit bei der SPD-Landtagsfraktion in Nordrhein-Westfalen hat.

Zu Punkt 1 kann ich nur den jetzigen Stand wiedergeben. Die Überweisung ist einstimmig erfolgt.

(Ralf Witzel [FDP]: Ja, die Überweisung!)

Moment, wir sind heute auch erst bei der Überweisung.

(Ralf Witzel [FDP]: Machen wir auch heute zusammen!)

Die Überweisung im Bundestag ist einstimmig erfolgt. Ich fände es natürlich sehr gut, wenn es bei den Beratungen im Bundestag ein einheitliches Vorgehen und ein einstimmiges Ergebnis geben würde – vielleicht nicht ein einstimmiges Ergebnis, denn für die PDS kann ich nicht die Hand ins Feuer legen und das will ich auch nicht –, soweit es die großen Fraktionen betrifft, dem möglicherweise auch Bündnis 90/Die Grünen und die FDP beitreten würden. Das muss man abwarten.

Ich kenne, weil er noch nicht ausformuliert ist, nicht den Text der Initiative der SPD-Bundestagsfraktion, aber ich mache Ihnen – Sie haben von zwei Punkten gesprochen – umgekehrt den Vorschlag: Wir treten dafür ein und sichern Ihnen zu, dass wir im Fachausschuss auf der Basis des Antrags, den wir eingebracht haben – das ist der Antrag der FDP-Bundestagsfraktion –, den Versuch unternehmen werden, einen gemeinsamen Antrag zusammenzubekommen; mit Ihnen – es liegt auf der Hand, dass Sie zustimmen werden –

und mit den anderen, die im Landtag vertreten sind. Dann wird es möglicherweise einen einstimmig beschlossenen Antrag geben.

Eine solche Situation haben wir hin und wieder. Wir streiten um den richtigen Weg. Innerhalb einer solchen Diskussion findet eine Annäherung statt. Da interessiert mich auch nicht mehr, wie die Entwicklung dahin gewesen ist und wer wann welche Positionen eingenommen hat. Das ist eine gute Entwicklung, das ist eine gute Diskussion. Lassen Sie uns so im Fachausschuss weitermachen. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der SPD)

Vielen Dank. – Nun antwortet für die CDU-Fraktion Herr Abgeordneter Dr. Berger.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kuschke, nicht nur Sie von der SPD-Fraktion lesen Anträge der Bundestagsfraktionen. Wir tun das auch. Ich habe mir zu Beginn die Frage gestellt, warum Sie nicht einen eigenen Antrag mit dem gleichen Inhalt und Sinn formuliert haben.

(Svenja Schulze [SPD]: Haben wir vorher schon!)

Ich konzediere Ihnen gerne eine hohe Medienkompetenz. Denn wenn man den Antrag betrachtet – Sie haben es erwähnt –, stellt sich ohne Mühe heraus, dass Sie mit dem Verfahren des Copyand-Pace bestens vertraut sind. Der vorgelegte Antrag ist eine 1:1-Kopie des FDP-Antrages.

(Svenja Schulze [SPD]: Haben wir doch schon gesagt!)

Wenn das Ihre Strategie bei zukünftigen Anträgen sein sollte: Ich weiß nicht, ob wir uns in diesem Haus mit solchen Manövern ernsthaft beschäftigen wollen.

(Zuruf von Annette Watermann-Krass [SPD])

Aber sei es drum. Dann gestatten Sie mir zumindest die Anmerkung: Würde man also die europäische Transparenzrichtlinie auf diesen Antrag anwenden, dann stünde dort als Urheber die FDPBundestagsfraktion. Damit hätten Sie vielleicht dem Anliegen der europäischen Richtlinie Genüge getan.

(Beifall von der FDP – Svenja Schulze [SPD]: Das haben wir doch gesagt! – Zuruf von der FDP: Transparenz! – Wolfram Kuschke [SPD]: Wollen Sie die Vaterschaft leugnen?)

Herr Kuschke, vielleicht noch zwei, drei Sätze inhaltlich, soweit wir es an dieser Stelle machen, ansonsten natürlich im Ausschuss.

Mit der europäischen Transparenzinitiative möchte die Kommission die berechtigten Erwartungen – Sie haben es auch angesprochen – der europäischen Bürger an eine rechenschaftspflichtige und dienstleistungsorientierte moderne Verwaltung umsetzen. Das vorliegende Grünbuch behandelt in diesem Zusammenhang drei Bereiche, die Lobbyarbeit, die Mindeststandards für Konsultationsverfahren und die Frage der Offenlegung von Informationen über Empfänger von EU-Geldern.

Bezüglich der Erteilung von Informationen über Empfänger von EU-Geldern bestehen EU-weit – das muss man im Zusammenhang mit dieser Debatte auch klar erwähnen – noch große Unterschiede im Umgang mit den zur Verfügung stehenden Informationen. So stellen beispielsweise im Bereich der gemeinsamen Agrarpolitik bislang elf Mitgliedstaaten Informationen über die Begünstigten zur Verfügung. Diese Informationen variieren aber in Bezug auf die Teilgenauigkeit und die Verfahren zur Bereitstellung erheblich.

Die Kommission weist zu Recht darauf hin, dass restriktivere Konzepte einiger Mitgliedstaaten – zum Beispiel der Bundesrepublik Deutschland, denn hier wird das ja restriktiv gehandhabt – auf nationalen Datenschutzvorschriften beruhen und durch entsprechende kulturelle Wahrnehmungen bestimmt sind. Das muss man im Zusammenhang mit dieser Debatte auch berücksichtigen. Eine umfassende Verpflichtung der Mitgliedstaaten, die ein einheitliches Vorgehen gegenüber allen Empfängern garantieren würde, bedarf daher nach Ansicht der Kommission eines in allen Mitgliedstaaten anwendbaren neuen Rechtsrahmens.

Ich plädiere für meine Fraktion ausdrücklich dafür, diesen Meinungsaustausch und die sorgfältige Auswertung der hieraus resultierenden Einschätzungen in jedem Fall abzuwarten, anstatt hier vorschnell Entscheidungen zu treffen. In der Vergangenheit hat sich ja bereits gezeigt, dass nicht alle Impulse aus Brüssel immer zielführend waren. Das wissen Sie aus Ihrer früheren Tätigkeit sicherlich sehr gut. Wahrscheinlich ist Ihnen auch klar – Sie machen das ja auch nicht zum ersten Mal –, dass eine sachliche und gründliche Erörterung des Konsultationsprozesses unabdingbar ist.

Damit Sie mich nicht falsch verstehen: Das Bemühen der Kommission um Transparenz ist insgesamt begrüßenswert. Die Thematik – ich habe es schon angedeutet – ist allerdings sehr facettenreich und kann nicht pauschal bewertet wer

den. Es gibt sehr viele plausible Einwände gegen die Offenlegung der Empfänger von EU-Mitteln, die alle in Ruhe einzeln analysiert werden müssen.

Ich nenne einmal einige Punkte. Schon der Bundesrat hat in seinem Beschluss zur europäischen Transparenzrichtlinie vom 7. Juli darauf hingewiesen, dass beispielsweise bei der Umsetzung der gemeinsamen Agrarpolitik bereits heute eine hinreichende Transparenz gewährleistet ist.

(Annette Watermann-Krass [SPD]: Aber nicht namentlich!)

Sowohl die allgemeingültigen Kriterien für die Beihilfenvergaben als auch deren nationale und subsektorale Verteilung seien grundsätzlich jedermann zugänglich. Jetzt komme ich auf Ihren Einwand, Frau Watermann-Krass. Die Veröffentlichung von Daten in anonymisierter und aggregierter Form reiche demnach aus. So weit der Bundesrat. Zudem müsse darauf geachtet werden, dass im privaten Sektor Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse hinreichend wettbewerblich geschützt werden, um nicht ungewollt eine Abschreckungswirkung herbeizuführen. So der Bundesrat.

Bei der Offenlegung der Empfänger von Subventionsmitteln besteht zudem die Gefahr einer emotionalen und populistischen Diskussion. Fraglich ist der Informationsgewinn durch die Veröffentlichung von Empfängerlisten.

Herr Abgeordneter Berger, würden Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Kuschke zulassen?

Ja, selbstverständlich.

Herr Kollege, wären Sie denn bereit, folgenden Weg mitzugehen? Punkt 1 – Sie haben es ja gerade noch einmal unterstrichen –: die grundsätzliche Unterstützung des Vorhabens Transparenzinitiative. Punkt 2: Überlegungen, was man an gemeinsamen Regelungen für die Europäische Union braucht. Punkt 3: Prüfung, ob es möglicherweise besondere kulturelle Aspekte gibt, die zu berücksichtigen sind. Beim letzten Punkt bin ich ein bisschen unsicher. Ich weiß nicht, ob das so ist. Aber man kann es auf jeden Fall prüfen. Wäre das nicht eine gemeinsame Vorstellung?

Herr Kuschke, ich habe gerade schon ausgeführt, dass wir das Thema an sich für berechtigt halten und im Ausschuss selbstverständlich über weitere Schritte beraten

können. Das ist überhaupt keine Frage. Sie wissen auch, dass in Brüssel auf ein Grünbuch ein Konsultationsprozess folgt und danach meistens ein Weißbuch und eine Verordnung, und schließlich entsteht eine Richtlinie. An diesem Prozess sind wir auf Länderebene automatisch beteiligt, zumindest später im Verfahren der Umsetzung. Insofern kann ich bestätigen, dass wir ohnehin automatisch in diesen Prozess hineingeraten werden. Ich möchte nur darauf hinweisen, dass es übereilt wäre, an dieser Stelle im vorauseilenden Gehorsam beispielsweise neue Bürokratie aufzubauen.

Noch ein Argument – das ist eigentlich auch ein zentrales Argument –: Welchen Informationsgewinn haben Sie, wenn Sie von der Präsenz großer Lebensmittelkonzerne im oberen Drittel der dänischen und britischen Listen wissen? Welchen Schluss ziehen Sie daraus? Was tun Sie mit dieser Information? Das ist ein ganz wichtiger Punkt, der in dieser Debatte auch nicht ausgeblendet werden kann.

Ich gebe zu bedenken, dass die Veröffentlichung von Mittelempfängern zu einer unguten Konkurrenzsituation unter den Zuwendungsempfängern führen und gleichzeitig einer von der Kommission nicht intendierten Neiddiskussion Vorschub leisten könnte. Auch das gehört zu den Prozessen, die im Zusammenhang mit kulturell gewachsenen Vorgehensweisen diskutiert werden müssen. Da gibt es, wie gesagt – wir haben es gerade in der Breite andiskutiert –, sicherlich mehr Aspekte zu berücksichtigen. Es genügt nicht, einfach nur zu rufen: Transparenz, hurra!

Sie sehen also: Die Thematik hat viele Schattierungen. Die gründliche Debatte tut not. Wir werden sie auch führen. Ich freue mich darauf, dass wir das im Ausschuss machen. Wie gesagt: Die Verfahren, die aus Brüssel ohnehin im Zuge einer möglichen Richtlinie oder Verordnung – wir wissen ja noch nicht, wo es langgehen wird – auf uns zukommen, werden diese Beratungen, die wir dann führen, ohnehin erzwingen. In diesem Sinne bedanke ich mich für Ihre Aufmerksamkeit und freue mich auf die weiteren Beratungen.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank. – Wir setzen die Debatte fort mit einem Beitrag von Johannes Remmel, Abgeordneter der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In dieser Frage, Herr Berger, waren Sie gerade ein klassisches Beispiel

dafür, wie schwierig es doch ist, einen Pudding an die Wand zu nageln.

(Beifall von den GRÜNEN)

Das Ganze ist ja heute schon nach dem Motto „Und täglich grüßt das Murmeltier“ die dritte oder vierte Wiederholung dieser Debatte.

(Heiterkeit von der SPD)

Wenn wir dann einen konkreten Antrag zu den Agrarsubventionen stellen, dann heißt es: Nein, das würde einen Bereich diskriminieren. Wir wollen das für alle Bereiche.