Protokoll der Sitzung vom 15.11.2006

regieren, ist eine Bleiberechtslösung erreicht worden.

(Zuruf von Monika Düker [GRÜNE])

Das ist die Realität, an der wir arbeiten.

(Beifall von CDU und FDP)

Herr Minister, gestatten Sie eine …

Nein, ich gestatte jetzt keine Zwischenfrage.

(Ralf Jäger [SPD]: Feigling!)

Sie können nachher eine Zwischenfrage stellen. Ich werde zunächst auf das antworten, was Herr Rudolph vorgetragen hat. Das ist das Erste.

(Ralf Jäger [SPD]: Sie haben doch über- haupt keine Ahnung!)

Frau Düker hat eben gesagt, dass jetzt …

(Monika Düker [GRÜNE]: Welcher Minister war denn dann bei der Innenministerkonfe- renz?)

Frau Düker hat …

(Zuruf von Ralf Jäger [SPD])

Frau Düker hat eben vorgetragen: Wenn eine Bleiberechtslösung kommt …

(Ralf Jäger [SPD]: Ich denke, die Bleibe- rechtsregelung ist da, haben Sie eben ge- sagt!)

Das war ein Versprecher. Ich hoffe, dass sie am Wochenende kommt.

Frau Düker hat eben gesagt: Wenn eine Bleiberechtslösung kommt, hat das nichts mit der CDU zu tun.

(Widerspruch von Monika Düker [GRÜNE])

Ich frage mich nur, welcher Partei denn die Innenminister überhaupt angehören, die heute und morgen zusammensitzen? Sie gehören überwiegend Unionsländern an. Es ist ganz entscheidend, dass Bundesinnenminister Schäuble gestern durch seine Initiative dieses Thema so vorangebracht hat, dass es jetzt entscheidungsreif ist. Das sollten Sie der Ehrlichkeit halber anerkennen.

(Beifall von CDU und FDP)

Mit einer Partei hat es jedenfalls nichts zu tun, denn unter den 16 Innenministern gehört kein ein

ziger der grünen Partei an. Sie ist an dieser Lösung überhaupt nicht beteiligt.

(Beifall von CDU und FDP)

Nun hat Herr Rudolph in markigen Worten über Abschiebung gesprochen. Er hat gesagt: Das ist schäbig, das ist unanständig.

Ich darf Ihnen die Zahlen nennen, die Sie Innenminister Wolf gerade vorgehalten haben. Im Jahre 2005 gab es in Nordrhein-Westfalen 4.068 Abschiebungen. In der ersten Hälfte des Jahres 2005 hat noch Rot-Grün regiert. Im Jahre 2004 gab es 1.400 Abschiebungen mehr; das waren 5.490. Davor gab es 5.753 Abschiebungen. Die Zahl der Abschiebungen ist in dieser Zeit zurückgegangen. Der Innenminister, der abgeschoben hat, gehörte der SPD an. Das hätten Sie dazusagen sollen, wenn Sie Adjektive wie „unanständig“ oder „schäbig“ gebrauchen.

Zum Zweiten. Von der Bleiberechtsregelung sollen die Menschen erfasst sein, die hier gut integriert sind, die Deutsch sprechen, deren Kinder hier geboren sind, deren Familien integriert sind und die Arbeit haben. Das bedeutet: Wer davon nicht erfasst ist, wird dieses Land verlassen müssen. Das heißt nicht, dass es einen dauerhaften Abschiebestopp gibt. Straftäter beispielsweise werden auch weiterhin abgeschoben.

Die Bleiberechtsregelung wird von den 190.000 Menschen ca. bis zu 100.000 erfassen, in Nordrhein-Westfalen schätzungsweise bis zu 23.000. Alle anderen werden das Land auch in Zukunft verlassen müssen. Das ist die zweite Seite der Bleiberechtsregelung, die jetzt angestrebt wird.

Was hat der Bund gestern eigentlich vorgelegt? Der Bund hat eine Lösung in der Frage der Arbeitsaufnahme erreicht.

(Horst Engel [FDP]: Genau!)

Das war das letzte Problem, wo blockiert wurde. Hier war es wiederum ein Sozialdemokrat, nämlich Herr Müntefering, der bis in die letzten Stunden verhindert hat, dass man Menschen, denen man sagt „Ihr dürft nicht von den Sozialsystemen leben“, wenigstens erlaubt zu arbeiten. Das war das letzte Problem, das gestern glücklicherweise aus dem Weg geräumt worden ist.

Ich kenne nicht die Debatten im Innenausschuss. Aber Frau Kollegin Düker hat hier ja eben dargestellt, dass sie sich im Innenausschuss zu einer solchen Regelung kritisch geäußert hat.

(Monika Düker [GRÜNE]: Ja, das stimmt!)

Wenn dem so ist, muss ich das kritisieren. Sie können Menschen nicht abverlangen, dass sie nicht von Sozialhilfe leben sollen, wenn Sie ihnen gleichzeitig verbieten, dass sie in diesem Land legale Arbeit aufnehmen.

(Beifall von CDU und FDP)

Sie wissen, dass unser Innenminister durch seinen Vorstoß zu Beginn des Jahres die bundesdeutsche Debatte wieder ganz entscheidend angestoßen hat. Deshalb war es auch nicht fair, wie Sie das hier eben abgetan haben. Es gab Stillstand in dieser Frage, es gab keine Bewegung in dieser Frage. Innenminister Wolf hat mit seinem Vorschlag, der möglicherweise schon in der Schublade eines Vorgängerministers lag – das will ich gar nicht bestreiten –, die Debatte bundesweit wieder angestoßen.

Im Aktionsplan der Landesregierung zur Integration war die Forderung nach einem Bleiberecht ebenfalls eine ganz entscheidende. Wir sehen dabei zwei Aspekte: Der eine Aspekt ist der humanitäre; über den haben wir heute sehr viel gesprochen. Der andere Aspekt liegt im Interesse unserer immer älter werdenden Gesellschaft. Es macht überhaupt keinen Sinn, gut ausgebildete Kinder, die kurz vor dem Abitur stehen, die Deutsch sprechen, die perfekt integriert sind, in ein Land abzuschieben, das sie gar nicht kennen.

(Christian Lindner [FDP]: Nach Bayern!)

Sie sind hier willkommen. Das ist das Signal, das die Lösung, die wir nun anstreben, ausstrahlt.

Das Land Nordrhein-Westfalen wird mit dem, was die Innenminister in diesen Stunden überlegen, den Vorstoß unterstützen, der gestern zu einer Einigung geführt hat.

Man kann in der Frage, ob die Arbeitsaufnahme vor oder nach der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis erfolgen sollte, unterschiedlicher Meinung sein. Für die Überlegung, innerhalb einer Frist von neun Monaten eine Arbeit aufzunehmen, gibt es genauso viele gute Gründe wie für das, was der Bundesinnenminister jetzt vorschlägt.

Ich denke, dass unser Innenminister auf eine Lösung hinarbeitet, wonach die, die nicht auf Dauer von den Sozialsystemen leben, sondern hier arbeiten wollen – die Menschen wollen es ja, sie wollen ihr Brot selbst verdienen und ihre Familien ernähren –, eine Perspektive in diesem Land bekommen. Das ist Integrationspolitik, wie wir sie verstehen. Deshalb wird ein Ergebnis in dieser Woche am Ende weder mit SPD noch mit Grünen verbunden sein, sondern mit dem, was wir aus Nordrhein-Westfalen angestoßen haben.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Minister Laschet. – Zu einer Kurzintervention hat jetzt für die SPD-Fraktion der Abgeordnete Peschkes das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es war eine sachliche Debatte. Deswegen verstehe ich nicht, Herr Minister Laschet, dass Sie punktuell noch diese Schärfe hineingebracht haben.

(Minister Armin Laschet: Das Wort „schäbig“ ist nicht sachlich, Herr Kollege!)

Das löst unser Problem nun wirklich nicht.

Herr Biesenbach, zu Ihrem Beitrag möchte ich nur sagen: Auch ich hätte mir gewünscht, dass wir schon ein Stück weiter wären. Wir diskutieren das jetzt wirklich sehr lange und sind noch immer da, wo wir schon vor einiger Zeit waren, und vergessen darüber hinaus, dass es hier um das Schicksal von Menschen geht.

Immer wieder höre ich: Wir stehen vor einer Einigung. – Und immer wieder höre ich, dass sich auf der Innenministerkonferenz CDU-Minister leider nicht einigen können. Gerade habe ich von Ihnen gehört: Wir stehen vor einer Einigung. – Sie sagten: vielleicht am Ende dieser Woche. – Ich glaube das nicht, Herr Laschet, wenn ich lese, was gestern Abend bei „Spiegel Online“ über den Ticker ging:

„‚Ist denn der Schäuble von allen guten Geistern verlassen?’, empört man sich im Umfeld eines CDU-geführten Innenministeriums.“

Herr Beckstein sagt:

„Das Konzept Schäuble-Müntefering halte ich so für nicht diskutabel.“