Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Schäfer, für eine ehemalige Ministerin war das ein bisschen billig – ich sage das ganz offen. Das betrifft insbesondere die Attacken, die Sie gefahren haben, wenn Sie von 260 bis 300 Millionen € im letzten Jahr sprechen. – Sie wissen doch, dass dieses Mehr der letzten Jahre in dieses Jahr mitgenommen wird und dass diese Mittel und diese Lehrer in diesem Jahr wieder zur Verfügung stehen. Selbstverständlich!
Das gilt auch, wenn Sie zum Schluss Ihrer Ausführungen fordern: Bitte mehr Ganztag für alle Schulformen! – Frau Schäfer, Sie haben 39 Jahre Zeit gehabt.
Sie haben es nicht einmal für die Hauptschule geschafft, also für eine Schule, die es dringend nötig hatte. Ich finde es ganz abenteuerlich, dass Sie es jetzt für alle Schulformen einfordern, wenn Sie 39 Jahre lang Gelegenheit dazu hatten.
Meine Damen und Herren, wir sind stolz darauf, dass wir heute für den Bildungsbereich diesen Haushalt in der Form vorlegen können, vor allen Dingen angesichts der dramatischen finanziellen Situation, die Sie uns hinterlassen haben.
Das jetzt auf den Weg zu bringen, finde ich großartig. Gerade vor 14 Tagen – das will ich auch berichten – hatte ich ein Gespräch mit etwa 150 betroffenen Eltern und Schulleitern in Dortmund. Dort ist sicherlich nicht alles schwarz durchtränkt. Sie sagten dennoch deutlich: Wir finden es toll. Hier ist etwas in Bewegung. Die Situation an den Schulen hat sich wesentlich verbessert. Es ist wesentlich besser als noch vor einem Jahr.
Natürlich gibt es noch Defizite. Wir werden nicht in einem Jahr alles ändern können, was in 39 Jahren verursacht wurde.
Ich sage Ihnen: Ich bin der Schulministerin und der Koalition insgesamt sehr dankbar, dass der Schwerpunkt Bildung bei den Haushaltsberatungen oberste Priorität genießt.
Was war denn das Fazit nach 39 Jahren? Wenn laut Pisa fast 25 % der jungen Menschen nicht ausbildungsfähig sind, ist Arbeitslosigkeit vorprogrammiert. Das bedeutet für Tausende junger Menschen Perspektivlosigkeit. Hinzu kommt, dass in manchen Bereichen 20 % der Ausbildungsplätze mangels Ausbildungsfähigkeit nicht besetzt werden können. Das ist das Fazit nach so vielen Jahren Rot-Grün.
Wir werden für die vielen Betroffenen im globalen Wettbewerb nur eine Chance haben – wir werden die Löhne nicht weiter reduzieren können; für viele ist die Schmerzgrenze erreicht –, wenn wir unsere jungen Menschen besser qualifizieren. Dazu schafft dieser Haushalt die notwendigen Voraussetzungen.
Dazu einige wenige Fakten: 1.000 zusätzliche Lehrerstellen gegen Unterrichtsausfall, für Vertretungsaufgaben und individuelle Förderung. Wir schaffen 416 zusätzliche Planstellen für die offene Ganztagsschule im Primarbereich, und 1.000 Vorgriffsstellen verbleiben im System.
Frau Schäfer, fragen Sie doch einmal in Ihrem ehemaligen Hause nach, was bei den kw-Stellen, die Sie immer wieder erwähnen, geplant war! Man wird Ihnen sagen: Das war nur eine Alibierklärung. Nirgendwo war garantiert, dass diese Stellen im System bleiben sollten. Aber wir schaffen es jetzt, dass 1.000 Vorgriffstellen im System verbleiben.
Frau Schäfer, ich frage Sie und alle von Rot-Grün: Ist es nicht eine wirklich klasse Leistung, den Unterrichtsausfall nach nur anderthalb Jahren Regierungsverantwortung um 45 % reduziert zu haben und in dem immens wichtigen Grundschulbereich gar um 76 % auf 0,9 %? Das sollten Sie positiv anerkennen, Frau Schäfer.
serve schrittweise eingeführt. Für die Grundschulen wurden bereits 900 Stellen zusätzlich zur Einführung einer echten Stellenreserve zur Verfügung gestellt. Dazu wurden die flexiblen Mittel für den Vertretungsunterrichtung reduziert. Aber – hier gibt es endlich Verlässlichkeit – statt befristeter Verträge können nun dauerhafte Anstellungen geschaffen werden. Auch für die anderen Schulformen wird schrittweise eine echte Stellenreserve aufgebaut. Zum 1. August 2007 wird diese bei 2 % liegen.
Wir haben die Qualitätsoffensive an Hauptschulen ausgebaut. Das haben Sie jahrelang versäumt, und damit haben Sie die Hauptschule in diese miserable Situation gebracht. Gerade der Ganztag ist ein wichtiger Beitrag zur Entkoppelung des schulischen Erfolgs von der sozialen Herkunft. Bereits zum 1. August dieses Jahres haben wir 100 Ganztagshauptschulen und 23 öffentliche Ganztagsförderschulen in der Sekundarstufe I bewilligt. Wir werden weitere bewilligen. Die genaue Zahl wird in den nächsten Wochen festgestellt. Die große Nachfrage zeigt: Die Ganztagshauptschule ist ein echtes Erfolgsmodell. Hier haben wir über 600 zusätzliche Stellen zur Verfügung gestellt.
Außerdem haben wir – auch das ist wichtig und wird überall anerkannt – den Sozialindex für Schulen eingeführt. Damit Schulen in Stadtteilen mit besonderem Erneuerungsbedarf besser unterstützt werden können, haben wir einen Sozialindex entwickelt. Hiernach konnten wir den Grundschulen weitere 600 Stellen zielgenau zuweisen und den Hauptschulen 500 Stellen zusätzlich zur Verfügung geben.
Wir haben auch die Qualität der offenen Ganztagsschule verbessert und die Über-MittagBetreuung ausgebaut. Sie wissen, wir haben in einem ersten Schritt die Lehrerstellenanteile im Bereich der Offenen Ganztagsgrundschule verdoppelt. Im nächsten Jahr werden wir die Zahl der Plätze noch einmal steigern und dann ca. 160.000 Plätze erreicht haben. Das bedeutet einen Einsatz von 416 zusätzlichen Lehrerstellen. In dieser Legislaturperiode werden wir mehr als 200.000 Plätze in der offenen Ganztagsschule im Primarbereich schaffen. Dann haben fast zwei Drittel der Grundschulen ein entsprechendes Angebot.
Aber auch für andere Betreuungsangebote wie das Programm „13 plus“ werden wir zusätzlich Geld in die Hand nehmen. Im nächsten Jahr stocken wir um 900.000 € auf. Das gibt uns die Möglichkeit, mit Beginn des Schuljahres 2007/2008 bis zu 300 zusätzliche Betreuungsgruppen an Hauptschulen, Realschulen, Gymnasien und Förder
Letztlich werden wir auch jungen Lehrerinnen und Lehrern eine Zukunft geben. Wir haben mehr Referendare und Lehramtsanwärter zur Sicherung und Verbesserung der Unterrichtsversorgung eingestellt. Insgesamt sind im Jahre 2006 über 14.000 Ausbildungsplätze für den Vorbereitungsdienst zur Verfügung gestellt worden.
Fakt ist auch: Die schwarz-gelbe Koalition hat Wort gehalten und die Weichen neu gestellt. Es ist für alle erkennbar – unabhängig davon, wohin sie kommen –: Der Zug fährt im Jahr 2007 endlich mit Volldampf in eine neue Richtung. – Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Recker. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht Frau Abgeordnete Beer.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit dem Einzelplan 05 präsentieren die Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen eine moderne Variante der drei berühmten Affen: nichts hören, nichts sehen, nichts verstehen.
Sie nehmen gar nicht wahr, dass der Spruch vom modernsten Schulgesetz Deutschlands inzwischen zum Running Gag in den Schulen in NRW geworden ist.
Die Koalition der Beteuerung und Fehlsteuerung verpasst mit diesem Haushalt eine weitere Chance, sich von längst überholten Schulkonzepten zu verabschieden, nicht mehr in Vergangenheit zu investieren, sondern ein Bildungssystem zu gestalten, das auch wirklich zukunftstauglich ist. Sie führen eine reaktionäre Bildungspolitik vor; denn Reaktion meint den Rückschritt auf vorhergehende Zustände und deren Fixierung gegen Fortschritt. Nirgends wird das deutlicher als an den Stellen, an denen davon gesprochen wird, dass die Schulen entlastet werden und individueller fördern können, weil Kinder im Alter von neun – demnächst acht – Jahren einer Schulform zugewiesen werden.
Ihr Integrationsplan – das sage ich sehr deutlich, Herr Palmen, auch auf Ihre Anmerkungen in meinem Rücken hin – ist keinen Pfifferling wert, wenn Sie die benachteiligenden Lernmilieus zulassen und Schülerinnen und Schülern mit schwierigen Lernausgangslagen und Zuwanderungsgeschichte ihren Platz in der Hauptschule zuweisen und diese Schulform künstlich am Leben erhalten,
damit sich Realschule und Gymnasium nicht um den Anspruch individueller Förderung für alle Kinder kümmern müssen.
Frau Ministerin, entlarvend ist Ihre frisch eingetroffene Antwort auf meine Kleine Anfrage zu den Übergangsquoten an die Hauptschulen des Landes in diesem Jahr. Sie wollen die Karten nicht auf den Tisch legen und nennen die direkten Übergangsquoten aus den Grundschulen lieber gar nicht. Stattdessen schreiben Sie: Die tatsächliche Schülerzahl liegt aber wegen der Seiteneinsteiger und Wiederholer vielfach höher. – So heißt das jetzt im schwarz-gelben Schönsprech: Seiteneinsteiger.
Das sind und bleiben die Abgeschulten, die mit Versagenserlebnissen Beschämten und Belasteten, die durch die hierarchisch gegliederten Schulformen Heruntergereichten und die Sitzenbleiber. Die Hauptschule ist keine Wunschschule – weder von Schülerinnen und Schülern noch von Eltern. Sie wird zum Sammelbecken derer, die sonst nirgends willkommen sind.
Die Landesregierung stellt mit einem Einzelbeispiel für eine Dortmunder Ganztagshauptschule dar, wie sich die Lerngruppen auffüllen. Nur noch 14 Kinder sind aus der Grundschule direkt gekommen. Dazu kommen – ich zitiere aus der Antwort auf die Kleine Anfrage – neun neue Ausländer, sieben lernbehinderte Schüler und ein Wiederholer der Hauptschule. Es ist eine Zumutung, was Sie den Hauptschulen als Auffangbecken im gegliederten Schulsystem aufbürden und was Sie den Lehrkräften und den Kindern antun.
Der Ministerpräsident kann sein rotes soziales Kostüm getrost ausziehen. Er ist nicht der liebe Bildungsweihnachtsmann, sondern der Knecht Ruprecht, der die Kinder in Schulform-Schubladen steckt, die vor allem ein Beleg für das soziale und auch das ethnische Sortieren und damit das Ausgrenzen von Kindern sind.
Meine Damen und Herren, die Debatte um die Lebenslügen der CDU bleibt ein dauerndes Sommermärchen; denn auch die Ministerin kann sich nicht von der Systemlüge verabschieden. Im Gegenteil: Sie wird munter fortgeschrieben; denn in diesem Haushaltsplan werden die Prioritäten deutlich schulformbezogen gesetzt.
Die Gymnasien dürfen sich über ein Plus von 1.363 Stellen freuen. Dabei gehen beileibe nicht alle Stellen auf das Konto wachsender Schülerinnen- und Schülerzahlen, sondern sind einer gegenüber den übrigen Schulform deutlich größeren Verbesserung der Schüler-Lehrer-Relation geschuldet. Dazu kommen die hohen Quoten der Stellen für Laufbahnwechsler und die attraktivere Besoldung.