Protokoll der Sitzung vom 21.12.2006

Meine Kollegin Marie-Luise Fasse hat zum Haushalt sehr detailliert ausgeführt, wo wir im Jahr 2007 hinwollen. Bei den Reden von Rot und Grün ist mir heute aufgefallen, dass sie ein gewisses Feindbild zu haben scheinen. Dieses Feindbild wird geprägt durch die Landwirte im Allgemeinen und die der Landwirtschaft nahestehenden Organisationen, wie zum Beispiel die Kammer, im Besonderen. Das wundert mich.

Bei Ihren Kürzungsvorschlägen überbieten Sie sich geradezu mit Kürzungen bei der Kammer, die Sie nicht sehr lieben. Gleichzeitig beklagen Sie relativ moderate Kürzungen bei Ihren Lieblingskindern wie der Verbraucherzentrale, der Umweltstiftung und den Biologischen Stationen.

Fazit ist: Ohne einen Regierungswechsel gäbe es schlichtweg die Kammer nicht mehr. Sie wollten

diese Kammer austrocknen, zerschlagen und in einen Landesbetrieb umwandeln.

(Beifall von CDU und FDP)

Das ist Gott sei Dank verhindert worden. Wir werden die Landwirtschaftskammer bei ihrem mehrere Jahre dauernden Sparprogramm unterstützen. Es gibt neue Strukturen. Die Kammer wird bis 2012 jedes Jahr 20 Millionen € sparen. Das werden wir aktiv unterstützen. Und wir werden auch von den Beschäftigten einiges verlangen.

Eines überrascht mich mit Blick auf die Diskussion der vergangenen Monate: Sie haben es im Bezug auf die Verwaltungsstrukturreform immer wieder geschafft, die Beschäftigten auf die Barrikaden zu bringen;

(Zuruf von der SPD: Das haben wir!)

sie haben hier demonstriert. Sie kritisieren unser Vorhaben in all Ihren Reden, zum Beispiel bei der Forstreform. Die Landwirtschaftskammer hat bis jetzt 237 Stellen abgebaut. Sie wird in den nächsten Jahren 280 weitere Stellen abbauen. Dazu höre ich kein einziges Wort der Anerkennung von dieser Seite des Hauses. Wie kommt das? Sind die in Ihren Augen nicht so viel wert? Ich verstehe das nicht.

Meine Damen und Herren, ein Wort zur Stiftung für Umwelt und Entwicklung, die Sie in den vergangen Minuten mehrfach angesprochen haben: Wir werden diese Stiftung neu aufstellen und versuchen, das Bild in der Öffentlichkeit wieder klarer zu machen. Dass die Stiftung zurzeit derart in der Diskussion steht, liegt auch daran – Herr Kollege Ellerbrock, Sie sind darauf eingegangen –, dass in der Vergangenheit so manches Projekt gefördert wurde, das gelinde gesagt „diskussionswürdig“ war. Ich möchte das nicht alles wiederholen.

Zu den biologischen Stationen! Wir stehen zum Erhalt der biologischen Stationen. Sie leisten eine gute Arbeit. Sie leisten ehrenamtliche Arbeit im Naturschutz und der Umweltbildung. Allerdings werden wir auch die biologischen Stationen nicht von Haushaltskürzungen freistellen können. Gerade im Jahr 2007 fallen die Kürzungen mit 4 % sehr moderat aus, wie Sie das in den vergangenen Beiträgen hören konnten.

(Svenja Schulze [SPD]: Sie streichen die so weit, dass die wegfallen! Das ist kein Erhalt!)

Meine Damen und Herren, wir wollen eine zukunftsorientierte Politik für den Umwelt- und Agrarbereich, die vor allen Dingen die landwirtschaftlich aktiven Betriebe in Nordrhein-Westfalen im Rahmen der uns zur Verfügung stehenden Haus

haltsmittel unterstützt. Wir möchten, dass die Landwirte in diesem Land ohne unsinnige Sonderauflagen wirtschaften können im Vergleich zu ihren Kollegen in den anderen Bundesländern und in Europa. Denn wir sind nach Bayern und Niedersachsen der drittstärkste Agrarstandort. Das wollen wir bleiben.

Das neuaufgelegte Programm für den ländlichen Raum zeigt, dass wir dort Unterstützung leisten, wo es nötig ist: in Grünlandgebieten, in benachteiligten Gebieten, überall dort, wo das Land brach fallen würde, gäbe es keine staatliche Unterstützung. Dort werden wir weiter etwas tun. Das spiegelt sich auch in den Haushaltsdaten wider.

Wir wenden uns – anders als Rot-Grün das immer getan hat – gegen ein Übermaß an staatlicher Verwaltung und machen den Weg für einen schlanken Staat frei. Sie werden es auch weiterhin nicht schaffen, diesen praktikablen Weg zu zerreden. Pflegen Sie weiter Ihre Feindbilder! Hätscheln Sie Ihre Lieblingskinder! Wir werden unseren praktikablen Weg konsequent weitergehen. – Herzlichen Dank.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Ortgies. – Für die FDP-Fraktion hat noch einmal Herr Ellerbrock das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch in den Ausführungen von Frau Watermann-Krass ist der Minister noch einmal deutlich angegangen und in Frage gestellt worden. Eine Wortwahl wie „Täuschen“ finde ich nicht gut. Würden wir diese Wortwahl, die mit Inhalt gefüllt ist, auf die Regierungszeit von RotGrün anwenden, fände ich noch ganz andere Vokabeln. Derer habe ich mich auch in der letzten Legislaturperiode befleißigt, sie nicht zu verwenden. Das muss man hier noch einmal ganz deutlich sagen.

(Svenja Schulze [SPD]: Aha!)

Fantasie ist etwas, was sich manche gar nicht vorstellen können. So kann sich zum Beispiel RotGrün nicht vorstellen, dass auch der Umweltminister – wie andere Ministerien auch – in einer gesamtstaatlichen Verantwortung steht und deshalb im Umweltbereich wirkliche Einsparungen vorgenommen werden müssen. Als Umweltpolitiker beißt mich das auch. Das sage ich ganz klar. Aber in der gesamtstaatlichen Verantwortung, die dieses Haus zu tragen hat, ist das richtig. Das müssen wir machen.

Wenn wir es jetzt nicht schaffen, wieder zu einem geordneten Haushalt zu kommen, wann denn dann? Wollen wir denn weiterhin mit der Gelddruckmaschine arbeiten? Zum Glück ist inzwischen die Europäische Zentralbank davor. Das können wir nicht mehr machen. Ihr Weg, durch Schuldenmachen aktuell Probleme zu lösen und sie der nachfolgenden Generation aufzubürden, entspricht einem anderen Verständnis von Politik, Verantwortung und auch Nachhaltigkeit als meinem.

(Beifall von Reinhold Sendker [CDU])

Deutlich wurde eben – von Ihnen, Frau Watermann-Krass, glaube ich – kritisiert, dass die Biobauern jetzt weniger Geld bekommen. Das, was jetzt gemacht wird, ist richtig: Biobauern haben eine Nischenfunktion. Sie werden „gleichberechtigt“ behandelt. Das ist etwas ganz anderes. Das ist einfach vernünftig. Dazu stehen wir auch. An der Stelle unterscheiden wir uns auch. Das müssen wir den Zuschauerinnen und Zuschauern deutlich machen: Für uns ist der ländliche Raum nicht irgendwie eine Ökospielwiese, ein Restraum für die Verdichtungsgebiete. Nein, für uns ist – der Ausdruck kam auch schon einmal aus dem Wirtschaftsministerium von Frau Thoben – der ländliche Raum ein „Kulturlandschaftsraum“, ein eigenständiger Lebens-, Entwicklungs- und Wirtschaftsraum. Das unterscheidet uns grundsätzlich. Daraus sind Folgerungen zu ziehen.

Deswegen müssen wir erkennen, dass die Kulturlandschaftspflege durch den wirtschaftenden Menschen bei uns einen ganz anderen Stellenwert hat. Dabei geht es nicht um eine zwingende, ungeliebte Notwendigkeit, nein, dazu stehen wir, dazu sagen wir ja: Der ländliche Raum ist für Schwarz-Gelb ein eigenständiger Lebens-, Entwicklungs- und Wirtschaftsraum, das ist unser Kulturlandschaftsraum. Dazu stehen wir. Das muss man einmal ganz klar sagen.

(Beifall von FDP und CDU)

Frau Watermann-Krass ist noch einmal auf die Mobilisierung des Holzes eingegangen, die mit Schwierigkeiten verbunden sei. Ja, es gibt derzeit Schwierigkeiten. Wir könnten sinnvollerweise vielleicht mehr Holz aus dem Wald herausholen. Ich glaube aber nicht, dass das durch die Forstreform wesentlich beeinträchtigt wird. Auch dazu gibt es unterschiedliche Stellungnahmen in der Anhörung. Sie haben eine Stellungnahme genannt, ich kann eine andere nennen. Lassen wir das einmal beiseite.

Wir müssen einmal ein ganz anderes Problem angehen: Wenn das Cluster Holz ein so wichtiger

Wirtschaftszweig ist, wie wir ihn wohl gemeinsam auffassen, wir es aber auf absehbare Zeit nicht hinbekommen, aus wirtschaftlichen und auch ökologischen Gründen eine zusätzliche Holzmobilisierung gerade bei den Kleinstparzellen durchzuführen, müssen wir uns überlegen, ob wir nicht irgendwann einmal den mutigen Schritt hin zu einer Flurbereinigung im Wald gehen. Ich will das momentan nicht, aber wir müssen uns das überlegen. Auch das ist eine Alternative.

(Svenja Schulze [SPD]: Ach Gott!)

Das war im Bereich der Landwirtschaft völlig selbstverständlich. Warum scheuen wir uns davor, das in der Forstwirtschaft völlig außen vor zu lassen? Das sind Denktabus, die Sie haben. Diese Denktabus reißen wir ein. Das tut Ihnen weh. Das ist völlig klar.

Noch einmal zur Stiftung für Umwelt und Entwicklung. Der Minister hat deutlich gesagt: Das wird auch Auswirkungen auf andere Stiftungen haben. Wir müssen uns nach einer Konsolidierung der Stiftung für Umwelt und Entwicklung, einer Neuaufstellung, einer anderen Zielrichtung, überlegen, wie wir dort weitermachen.

Der Entwicklungshilfeaspekt wird zum Beispiel durch eine zweite nordrhein-westfälische Stiftung – Entwicklung und Politik – gefördert. Wir fördern den gleichen Sachverhalt mit unterschiedlichen Stiftungen. Teile im Bereich der Stiftung für Umwelt und Entwicklung werden bereits von der NRW-Stiftung übernommen. Auch das muss man überlegen. Macht das Sinn? Wo kann das andernorts erledigt werden? Mir ist der Mantel, unter dem die Aufgabenerfüllung erfolgt, relativ egal. Wenn die Aufgabenerfüllung akzeptiert ist und wir sie für sinnvoll erachten, müssen wir das machen. Ob das nun „Nordrhein-Westfalen-Stiftung“, „Stiftung Entwicklung und Politik“ oder „Stiftung Umwelt und Entwicklung“ heißt, ist völlig egal, darüber lässt sich immer sprechen. Das muss man ganz deutlich sagen.

Noch einmal: Beim Ehrenamt sind wir dabei und wollen es akzeptieren und fördern. Nur muss man auch sehen, was in den Jahren von Rot-Grün – vor allen Dingen durch Grün, die Kollegen von Rot haben das in der Stiftung zähneknirschend und mit geballter Faust in der Tasche ertragen – alles finanziert worden ist.

Herr Remmel, ich rufe das noch einmal in Erinnerung – es ist eine andere Sache, aber das fiel mir gerade ein –: „Transfair“ – das ist der Kaffee, der fair gehandelt wird – hat in 2005 von der Stiftung für Umwelt und Entwicklung eine Absatzförderung in Höhe von 332.000 € bekommen. Damit wird un

tersucht, recherchiert, ob es Regionen oder Branchen gibt, in deren Kantinen häufiger als anderswo fair gehandelter Kaffee angeboten wird. Das Ziel ist eine Volksbeglückungsaktion. Man will den Kantinenbesuchern deutlich machen, dass man nur in diesen Kantinen richtigen Kaffee trinkt. Das ist eine Absatzförderung und nichts anderes.

Herr Kollege Ellerbrock, in der Zwischenzeit sind Wortmeldungen von Herrn Sagel und Herrn Priggen aufgelaufen. Wenn ich sie beide zulasse, verlängern wir die Redezeit beachtlich. Wollen Sie beide zulassen?

(Heiterkeit von CDU und FDP)

Jetzt bin ich in einer schwierigen Situation, Herr Präsident. Ihrem augenzwinkernden Charme kann ich eigentlich nicht erliegen, denn ich unterhalte mich mit den Kollegen immer diskussionsfreudig, werde das aber nun außerhalb erledigen und sage: Ich beende die Rede. – Danke schön.

(Beifall von FDP und CDU – Sigrid Beer [GRÜNE]: Unglaublich! Eine Beschwerde gegen diesen Präsidenten!)

Vielen Dank, Herr Kollege Ellerbrock. – Jetzt hat für die Grünen Herr Remmel das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Diese Beeinflussung der Debatte muss an anderer Stelle vielleicht noch einmal thematisiert werden. Das würde ich gerne zurückweisen wollen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Wir sind hier zum Debattieren. Die Debatte sollte im Mittelpunkt stehen und entsprechend befördert und zugelassen werden. – Das an dieser Stelle als allgemeine Anmerkung.

(Christian Lindner [FDP]: Sie haben doch auch gleich eine Weihnachtsfeier!)

Mich haben Äußerungen sowohl von Herrn Minister als auch von dem Kollegen Ellerbrock zur Klarstellung gereizt:

Erstens. Sie hören auch im zweiten Jahr nach dem Gewinn der Landtagswahl nicht auf – ja, Sie haben sie gewonnen –, ihn wie ein Mantra vor sich herzutragen. Es wird suggeriert, wir dürften keine Stellung zur Haushaltspolitik nehmen, weil wir in der Vergangenheit möglicherweise an der ein oder anderen Stelle eine falsche Haushaltspolitik betrieben haben. Wollen Sie uns verbieten,

uns in der Sache einzubringen? Wollen Sie uns verbieten, uns zu Sachen zu äußern und auch für Sachen zu kämpfen? Das ist unsere Aufgabe, und das werden wir uns von Ihnen nicht verbieten lassen.

(Zuruf von der SPD: Richtig!)

Ansonsten müssen Sie uns einmal erklären, wann unsere Bußzeit endlich abgelaufen ist. Das gehört dann auch zur Redlichkeit der Debatte.

(Rudolf Henke [CDU]: Sie müssen sich doch auch selber der Kritik stellen!)