Dass Sie in Ihrer schauspielerischen Leistung, Herr Ministerpräsident, zwar gerne den Sozialreformer geben, nehmen die Menschen in diesem Land ja hoffentlich richtig wahr. Das zeigen uns ja die Umfragen vom WDR. Ihr wahres Gesicht zeigen Sie doch wieder darin, dass der Kollege Wüst auf die geniale Idee gekommen ist, Herrn Ackermann zu einer Diskussion einzuladen.
Herr Wüst, da zeigen Sie doch, dass die neoliberale Politik in Ihrer Partei immer noch auf dem Vormarsch ist und dass sie nur zugekleistert ist. Das zeigt doch diese Maßnahme ganz deutlich.
Der Gegenwind aus der eigenen Partei müsste Ihnen doch sagen, dass Sie da auf dem falschen Weg sind. Haben Sie denn die Veränderungen in der Gesellschaft nicht mitbekommen, Herr Wüst?
Meine Damen und Herren von der CDU und von der FDP, dass Ihr Familienbild von gestern ist, zeigt sich auch in Ihren Plänen für die Novellierung des Gesetzes über die Kindertagesstätten. Sie planen offensichtlich eine Veränderung der Finanzierungsregeln, die darauf hinausläuft, dass die klassische Kindergartengruppe zwischen acht und 13 Uhr gestärkt wird.
Ganztagsangebote, flexible Angebote für Berufstätige und Alleinerziehende werden dagegen für die Träger – die Finanzierung schieben Sie nämlich auf die wieder ab – unattraktiv und teuer. Die Eltern werden das mit höheren Gebühren bezahlen müssen. So wird die Ganztagsbetreuung im Kindergartenalter zu einem Privileg der Besserverdienenden. Gerade solche Familien, die sich nicht aussuchen können, ob beide Elternteile arbeiten gehen wollen, sondern bei denen es beide müssen, weil sie auf die Einkünfte angewiesen sind, gerade diese Familien – und auf die passen wir bei der SPD auf – werden von solcher Politik negativ belastet. Das ist der falsche Weg für dieses Land, Herr Minister Laschet.
Interessant ist ja die Diskussion um das GTK. Der Kollege Lindner hat sich ja dankenswerterweise schon sehr deutlich dazu geäußert, dass Sie dazu dann auch – auch wenn Sie es so machen – einen höheren Landeszuschuss benötigen. Er redet von 950 Millionen € im Jahr 2008. Ich habe allerdings den Eindruck, Herr Kollege Lindner, Sie müssen da beim Kollegen Stahl noch ein bisschen Überzeugungsarbeit leisten. Denn der hat Ihnen, wenn ich das richtig gelesen habe, gesagt, das wären Profilierungsversuche. Und noch besser: Er hat Ihnen ins Stammbuch geschrieben, bei der FDP – Herr Kollege Papke, hören Sie zu – seien einige – ich zitiere – nicht ganz so seriös, wie ich das gerne hätte.
Meine Damen und Herren, Herr Ministerpräsident, Sie erheben verbal den Anspruch – das hören wir dauernd –, dieses Land zu erneuern. Leider werden Sie diesem Anspruch nicht gerecht.
Sie verändern dieses Land; das ist unbestritten. Aber allzu oft ist es eine Veränderung zum Schlechteren.
An dieser Stelle kann ich es Ihnen nicht ersparen, auf die Auswirkungen des Schulgesetzes, die wir alle jetzt spüren, zu sprechen zu kommen: auf die Einschränkung der Freiheit der Schulwahl und auf das Wegwischen des Elternrechts. In diesen Tagen haben die Eltern der Schülerinnen und Schüler in den vierten Klassen die Nachricht bekommen, auf welche Schule ihr Kind gehen wird.
Am Samstag habe ich in meiner Rede gesagt und sage es heute bewusst noch einmal: Ich war geschockt über einen Beitrag im „Kölner StadtAnzeiger“.
Der Titel war: „Ich kann nachts nicht mehr so gut schlafen.“ Das sagt die neunjährige Nina in diesem Bericht. Es geht um ihren Wechsel auf eine weiterführende Schule.
Wenn dieses Schulgesetz dazu führt, dass Neunjährige sagen, sie könnten nachts nicht mehr gut schlafen, Herr Ministerpräsident,
Aber Sie haben wahrscheinlich keinen Freundeskreis, der sich über verschiedene Schichten erstreckt. Aber das ist auch egal.
Auf der Geburtstagsfeier ist mir das erste Mal ein Elternpaar begegnet, das zugegeben hat, für ihr Kind schon in der zweiten Klasse Nachhilfe zu bezahlen, weil es Angst davor hat, das Kind könnte den Übergang auf das Gymnasium nicht schaffen.
Auch das zeigt, dass diese Schulpolitik falsch ist und in die falsche Richtung führt, meine Damen und Herren.
(Lachen und Zurufe von CDU und FDP – Ralf Jäger [SPD]: Und Sie lachen noch dar- über! – Weitere Zurufe)
Es gibt das Abitur nach zwölf Jahren. Kinder, die heute auf die Haupt- und Realschulen gehen – deshalb wissen die Eltern, wie schwierig und wichtig diese Entscheidung ist –, werden erleben, dass der Übergang zum Gymnasium zukünftig versperrt ist. Wir wissen doch: Dadurch, dass Sie das Abitur nach zwölf Jahren an den Gymnasien anders organisiert haben, passen diese Schullaufbahnen gar nicht mehr beim Übergang auf das Gymnasium. Statt das System durchlässig zu machen, um allen Kindern alle Chancen zu geben, wie wir das wollen, schaffen Sie neue unüberwindbare Hürden.
Das ist Bildungspolitik der 50er-Jahre! Sie geben die Antworten von vorgestern auf die Probleme von heute und morgen.
Unsere Schulen müssen den Anforderungen der Zeit gerecht werden. Sie müssen die Schülerinnen und Schüler in die Lage versetzen, alle Fähigkeiten einzubringen und zu nutzen. Wir dürfen uns nicht – ich hoffe, wir sind dabei einer Meinung – damit abfinden, dass die soziale Herkunft bestimmt, welche Entwicklungsmöglichkeiten Kinder in unserem Land haben.
Niemand von uns darf das zulassen. Ich betone ausdrücklich, dass dieses Ziel nicht erreicht ist. Diese Feststellung beziehe ich ausdrücklich auf unsere Regierungszeit.