Niemand von uns darf das zulassen. Ich betone ausdrücklich, dass dieses Ziel nicht erreicht ist. Diese Feststellung beziehe ich ausdrücklich auf unsere Regierungszeit.
Über viele Jahre ist es gelungen, voranzukommen, meine Damen und Herren. Dafür bin ich auch ein Beispiel.
Während der Regierungsverantwortung der SPD ist der Anteil von Arbeiterkindern an den Abiturienten und Studenten zunächst kontinuierlich gestiegen. Auch andere Benachteiligungen haben wir abbauen können. Wir haben manches geändert; im Übrigen geschah das damals auch gegen viele Widerstände aus Ihren Reihen.
Manche, die heute soziale Selektion beklagen, haben uns damals erklärt, die Begabungen seien in der Gesellschaft eben unterschiedlich verteilt. Wir sollten aufhören, Gleichmacherei zu betreiben.
Aber ich sage klar: Wir haben auf die gesellschaftlichen Veränderungen der vergangenen Jahre und auf die neuen Problemlagen nicht rechtzeitig reagiert. Wir haben auch nicht konsequent genug reagiert. Das war ein Fehler. Dafür übernehmen wir unseren Teil der Verantwortung.
Aber gerade weil das so ist, engagieren wir uns in dieser Frage umso energischer. Wir lassen nicht locker, zu einer Verbesserung der Situation zu kommen. Für mich ist das Kernthema sozialer Gerechtigkeit, allen Kindern alle Chancen zu geben.
Wir laden alle anderen Fraktionen im Landtag ganz ausdrücklich dazu ein, mit uns in einen Wettstreit um die besten Konzepte einzutreten. Ich glaube zutiefst, dass wir zumindest in diesem Punkt die gleichen Ziele haben: Wir wollen, dass alle Schülerinnen und Schüler gefordert und gefördert werden, so gut es geht. Wir sind uns auch einig in der Analyse, welche Probleme es auf diesem Weg gibt.
Aber wir müssen leider feststellen, dass Sie mit dem Schulgesetz auf die Probleme von heute mit den Konzepten von gestern reagiert haben.
Machen Sie nicht den Fehler, Herr Ministerpräsident, das Thema kurzerhand für tabu zu erklären. Machen Sie nicht den Fehler, jetzt mit alten Schulkämpfen zu drohen. Wir alle müssen gemeinsam neue Antworten auf neue Probleme finden. Das müssen wir gemeinsam aus den vergangenen Jahren lernen. Keiner darf sich in schulpolitischen Schützengräben festsetzen. Denkblockaden und Denkverbote können wir uns auf diesem Weg nicht leisten. Ideologie darf unser Handeln nicht bestimmen.
Darum ist es fatal, Herr Ministerpräsident, sich jeder Diskussion über grundlegende Veränderungen zu verweigern.
Für uns ist völlig klar: Das zentrale Problem, das zwangsläufig zu sozialer Selektion führt, ist die frühe Trennung der Bildungsgänge.
Dagegen hilft nur, länger gemeinsam zu lernen. Das sagt uns die Wissenschaft. Das beweist uns der Blick ins Ausland zu den Pisa-Ländern, die erfolgreich sind. Deshalb haben wir uns entschieden, diesen Weg zu gehen. Wir setzen auf die Gemeinschaftsschule. In der fünften und sechsten Klasse müssen die Kinder zusammenbleiben. Danach können Hauptschul-, Realschul- und Gymnasialklassen angeboten werden, aber auch integrierte Modelle – alle unter einem Dach, mit einer Schülerschaft und einem Kollegium. Das ermöglicht es dann wirklich, Aufstiege zu vereinfachen.
Wir müssen weg von diesem Abschulsystem in unserem Land. Der Aufstieg muss wieder möglich werden. Da geht es um Chancen für unsere Kinder, aber auch um Chancen für unser Land, meine Damen und Herren.
Das ist übrigens auch die richtige Antwort auf die Probleme, die wir gerade in ländlichen Gebieten durch den Rückgang der Schülerzahlen haben. Darauf haben Sie noch keine Antwort. Das Landesamt für Datenverarbeitung und Statistik hat einen dramatischen Rückgang an den Hauptschulen festgestellt. Gerade in den kleinen Kommunen führt das doch zu den größten Problemen.
Wollen Sie keine wohnortnahe Versorgung mehr bei den weiterführenden Schulen? Sie wissen doch: Über 50 Gemeinden haben nur noch eine Hauptschule. Und Sie wissen, dass diese Hauptschulen nicht zu halten sein werden. Da können Sie noch fünf Qualitätsoffensiven starten: Es wird nicht gelingen.
Um ihre wohnortnahen Schulstandorte zu erhalten – einige von Ihnen sind da schlauer –, haben jetzt die CDU-Bürgermeister von Horstmar und Schöppingen beantragt, einen Modellversuch einzuleiten, der genau unserem Modell entspricht. Das ist ideologiefreie, sachorientierte Politik.
Frau Ministerin, oder wollen Sie demnächst 50 Modellversuche in diesem Land starten? Das kann doch nicht der richtige Weg sein.
Sie machen den Fehler – das finde ich auch fatal –, dass Sie Bildung auf Schule verengen. Bildung beginnt weit vorher, und sie endet in dieser Gesellschaft praktisch nie. Vom Kindergarten über Schule, Ausbildung und Studium bis zum Bereich Fort- und Weiterbildung müssen wir ein offenes Bildungsangebot garantieren. Wir müssen auch hier allen alle Chancen geben.
Es geht um das Recht des Menschen auf gleichberechtigten Zugang zur Bildung und auch darum, dass es die Gesellschaft schafft, alle Potenziale und Fähigkeiten wirklich zu nutzen, quasi abzurufen, die die jungen Menschen mitbringen. Wenn wir dabei scheitern, dann können wir im internationalen Wettbewerb nicht bestehen. Darum ist es völlig falsch, zu diesem Zeitpunkt bei der Weiterbildung zu sparen, meine Damen und Herren.
Sie haben zwar nach den wütenden Protesten von den riesigen Kürzungsschritten einiges zurückgeholt, aber Sie wissen doch, dass das, was Sie in diesem Bereich draufgelegt haben, zu wenig ist. Die Deckung über den Europäischen Sozialfonds wird doch nicht funktionieren, dass wissen Sie doch auch.
Ich war am Wochenende in Ostwestfalen. Gucken Sie sich einmal an, wie die Volkshochschulen jetzt zugemacht werden, weil die Strukturen nicht mit Projektmitteln erhalten werden können! Das ist der Kern des Problems.
Zu einer zukunftsgerichteten Politik, meine Damen und Herren, gehört auch eine verantwortungsvolle Energiepolitik. Wir setzen als SPD weiter auf die heimischen Energieträger: Braunkohle, Steinkohle und erneuerbare Energien. Wir haben als rot-grüne Koalition schon vor Jahren eine ökologische Industriepolitik eingeleitet.
Um es noch einmal klar zu sagen, damit der Punkt hier auch angesprochen wird: Die Position der SPD zur Zukunft der Steinkohle hat sich seit dem Wochenende nicht verändert. Wir haben die deutliche Mehrheit der Menschen hier im Land auf unserer Seite.
Diese Menschen haben begriffen, was energiepolitische Sicherheit wert ist. Um es noch einmal deutlich zu sagen: RAG-Börsengang und Steinkohlesockel passen gut zusammen. Beides ist gut für NRW.
Auch die Alternativen in diesem Prozess sind völlig klar: Die CDU hat auf ihrem Parteitag in Dresden den Ausstieg bis spätestens 2015 beschlossen. Die FDP will bis 2010 alle Zechen schließen. Beides bedeutet Massenentlassungen. Das ist mit uns nicht zu machen, meine Damen und Herren!
Dann setzt Kollege Stahl noch einen drauf: Kollege Stahl pocht jetzt neuerdings auf einen Ausstieg ohne Revisionsklausel. Das muss doch jedem die Augen öffnen. Die schwarz-gelbe Regierung ist kein verlässlicher Verhandlungspartner für die Kohle!
Der Orkan Kyrill hat uns mit seiner zerstörerischen Wucht noch einmal vor Augen geführt: Energie- und Klimaschutzpolitik ist die zentrale Herausforderung der Zukunft. Entscheidend ist, dass wir den Anteil der regenerativen Energien deutlich steigern und den Energieverbrauch durch neue Techniken, durch sparsameres Verhalten deutlich senken. Beide Ziele hat die frühere Landesregierung von SPD und Grünen in den vergangenen Jahren mit Nachdruck erfolgt.
Diese Befürchtung habe ich deshalb, weil ich mich bei der Landesinitiative Zukunftsenergien ein wenig auskenne. Da wird das Programm „Rationelle Energieverwendung und Nutzung unerschöpflicher Energiequellen“, kurz REN genannt, am 30. Januar 2006 als herausragendes Förderprogramm bezeichnet, mit dem das Land – ich zitiere – „entscheidende Impulse für den Strukturwandel, besonders für neue Arbeitsplätze setzt.“
Auf den Internetseiten der Bezirksregierung Arnsberg heißt es unter der Überschrift „17 Jahre REN-Programm in NRW, die Erfolgsstory“: