Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie haben doch selbst gesagt, Schwerpunkt Ihrer Politik seien die Familien, die Kinder und die Bildung und einen Schwerpunkt bilde die Haushaltskonsolidierung. All das findet aber bei Schwarz-Gelb konkret nicht statt.
Fangen wir bei den Kindern an: Ihr „Jahr des Kindes“ ist vorbei. Zeit für eine Bilanz. Wie im Jahre 2006 fehlen den Kommunen auch im Jahr 2007 durch Ihre falschen Entscheidungen wieder sage und schreibe 160 Millionen € bei den Kindertagesstätten.
Bei den Kindertagesstätten sind 2006 und 2007 160 Millionen € gekürzt worden. Keine Kürzung nehmen Sie zurück. Die Folge: Landesweit steigen die Beiträge für die Kindertagesstätten. Viele Kommunen werden sogar gegen ihren Willen gezwungen, die Beiträge zu erhöhen.
Die Eltern müssen für die Politik von Rüttgers bezahlen. Die Beiträge zur offenen Ganztagsschule steigen ebenfalls. Die Lernmittelfreiheit haben Sie abgeschafft, und – ich sagte es schon – die benachteiligten Kinder kann man demnächst an den Schulbüchern erkennen. Herr Rüttgers macht die ursprüngliche Bedeutung des Wortes „Armutszeugnis“ zur Wirklichkeit in den Schulen unseres Landes. Das bleibt Ihr ganz persönliches Armutszeugnis.
Was ist mit der Betreuung der unter Dreijährigen? – Ihrem hehren Ziel, bis 2010 die Betreuungsquote der Jüngsten zu verzehnfachen, steht keine einzige Maßnahme im Haushalt gegenüber.
2006 war nicht das „Jahr der Kinder“. Nein, Herr Rüttgers, 2006 war für die Kinder in unserem Land ein verlorenes Jahr.
Kommen Sie mir bloß nicht – Herr Stahl hat das auch angesprochen – mit dem vielen Geld für die Schulen. Ja, gewiss: Sie geben laut Haushalt im Schulbereich 111 Millionen € mehr aus. Das hört sich nach einem schönen Plus an. Aber: Allein die Pensionen steigen um 123 Millionen € an. Ein Mehr für die Schülerinnen und Schüler, ein Mehr für Kinder und Jugendliche ist das nicht. Oder wollen Sie, Herr Ministerpräsident, ernsthaft die pensionierten Lehrerinnen und Lehrer als Aktiv
Meine Damen und Herren, von wegen, es gebe mehr Durchlässigkeit im Schulsystem. Wer einseitig die Schulzeiten am Gymnasium verkürzt kann doch nicht allen Ernstes glauben – alle Expertinnen und Experten haben das gesagt –, dass es für Real- und Hauptschülerinnen und -schüler leichter wird, ins Gymnasium aufzusteigen. Auch das ist nur der Versuch, an einer völlig überkommenen Ideologie festzuhalten.
Mit der strukturellen Abkopplung des Gymnasiums von den anderen Schulformen soll das gescheiterte dreigliedrige Schulsystem zementiert und stabilisiert werden – gegen jede Vernunft, gegen sämtliche Erkenntnisse der internationalen Bildungsforschung und gegen die erfolgreiche Praxis der Pisa-Gewinner.
Frau Kraft, ich bin froh, dass die SPD mit Ihnen in dieser Frage einen so entscheidenden Schritt nach vorn gemacht hat. Dazu spreche ich Ihnen ausdrücklich meinen Glückwunsch aus.
Herr Ministerpräsident, Ihr Schulgesetz zementiert die soziale Auslese. Ihr Schulgesetz zementiert die viel zu geringe Zahl von Abiturientinnen und Abiturienten. Ihr Schulgesetz zementiert die viel zu hohe Zahl von Schulversagern. Diese Schulpolitik ist borniert und blockiert die wirklich notwendigen Bildungsreformen in unserem Land.
Die Hochschulpolitik knüpft nahtlos daran an. Die Studiengebühren haben dazu geführt, dass die Zahl der Studienanfängerinnen und -anfänger zurückgegangen ist – auch mit der Konsequenz, dass für Hauptschülerinnen und Hauptschüler demnächst gar keine Ausbildungsplätze mehr da sind.
Meine Damen und Herren, das zeigt einmal mehr, dass Ihre Politik auf Kosten der sozial Schwachen geht.
Für den Landeshaushalt bringt das überhaupt nichts. Die geringere Neuverschuldung – ich kann mir nicht ersparen, Ihnen auch das zu sagen – verdanken Sie genau drei Punkten.
Erstens: der grünen Politik, die vor allem auf erneuerbare Energien, konsequenten Umweltschutz und innovative mittelstandsorientierte Wirtschaftspolitik gesetzt hat.
Zweitens: der Mehrwertsteuererhöhung, die der Ministerpräsident als stellvertretender Bundesvorsitzender im Rahmen des Koalitionsvertrages mit der SPD mit verhandelt und mit unterschrieben hat, also auch mit verantwortet, die er dann aber mit großer Geste aus populistischen Gründen im Bundesrat abgelehnt und gleichwohl die Mehreinnahmen im Haushalt eingestrichen hat. Das nenne ich konsistente, verantwortliche, erkennbare Politik.
Drittens haben Sie die Verbesserung im Haushalt Ihrem unverschämten und massiven Griff in den Geldbeutel der nordrhein-westfälischen Städte und Gemeinden zu verdanken.
Die gestern beschlossene Reform der Gemeindeordnung passt an dieser Stelle ins Bild. Der Demokratieabbau bei der Wahl ist das eine, die Entscheidung für wirtschaftliche Betätigung der Gemeinden aber das andere. Damit unterhöhlen Sie systematisch die kommunale Finanzsituation und die Daseinsvorsorge.
Auf diese Weise machen Sie auch ehrenamtliche Kommunalpolitik unattraktiv. Die Menschen werden unter diesen Entscheidungen leiden, meine Damen und Herren.
Ich zähle das noch einmal ganz konkret auf: Die Kürzung in den Tagesstätten müssen die Kommunen ausbaden. Der Landesjugendplan bleibt auch 2007 unter der gesetzlich festgeschriebenen Summe; auch das müssen die Kommunen ausbaden. Den Kommunen wird der Anteil an der Grunderwerbsteuer in Höhe von rund 165 Millionen € entzogen. Hinzu kommen drastische Kürzungen bei der Weiterbildung und den Ausgleichsmitteln für die Schülerbeförderung. Außerdem müssen die Kommunen mehr für die Krankenhausinvestitionen bezahlen. Allein das ist schon eine Summe von 102 Millionen €.
Volkswirtschaftlich betrachtet, ist eine solche Politik „linke Tasche, rechte Tasche“. Die Staatsverschuldung bleibt gleich.
Sie kürzen bei den Kommunen rund 500 Millionen €. Gleichzeitig nimmt der Finanzminister im Zusammenhang mit der Unternehmensteuerreform zur Finanzierung internationaler Großunternehmen sage und schreibe 700 Millionen € Mindereinnahmen für das Land in Kauf.
Herr Dr. Linssen, zu einem Geschäftsmann, der einerseits seinen Partnern kräftig in die Tasche greift und auf der anderen Seite großzügige Geschenke verteilt, fallen mir etliche Bezeichnungen ein. „Ehrlicher Kaufmann“ gehört nicht dazu.
Meine Damen und Herren, wir Grüne wissen: Oppositionspolitik erschöpft sich nicht in der Kritik an der Regierung; das reicht nicht. Darum legen wir immer wieder Konzepte für eine nachhaltige Politik auf allen entscheidenden Feldern auf den Tisch.
Fangen wir bei der Haushaltspolitik an. Wir sind die Oppositionsfraktion, die ein in sich stimmiges Gesamtkonzept mit vielen Einzelanträgen vorgelegt hat. Wir wollen rund 500 Millionen € umschichten, ohne die Nettoneuverschuldung auszuweiten. Wir achten darauf, dass die Folgekosten sinken.
Beispiel Verkehr: Wenn Sie neue Straßen bauen, werden die Erhaltungskosten für den Landeshaushalt immer höher. Wir fordern, stattdessen den Altbestand mit einem Sofortprogramm zu sanieren. Je länger Sie mit dieser Straßensanierung warten, umso teurer wird es.
Im Übrigen ist ein erfolgreicher, attraktiver ÖPNV die Garantie für die Lösung der Verkehrsprobleme auf Nordrhein-Westfalens Straßen, meine Damen und Herren.
Wir haben aufgezeigt, wo investiert und wo gespart werden muss. Sparen können wir beim Straßenneubau, bei der Landwirtschaftskammer und vor allem bei der Kohle. Auch angesichts der aktuellen Pressemeldungen bleiben wir als Grüne dabei: Statt sich angesichts der Endphase des Steinkohlepokers von unverschämten Nachforderungen der RAG irritieren zu lassen, könnte die Landesregierung aufgrund der gestiegenen Weltmarktpreise die Subventionen schon heute zurückführen. Dabei bleiben wir als Grüne.
Frau Kraft, wir wollen diese Landesregierung ablösen. Das wird uns aber nicht mit einer überkommenen Industriepolitik der Vergangenheit gelingen, sondern nur mit einer konsequenten Innovationsstrategie. Daher appelliere ich an Sie, nicht eine vernünftige Lösung in Bezug auf die Kohle zu blockieren. Dieses Thema muss vom Tisch – im Interesse der Bergleute, im Interesse des Ruhrgebietes und auch im Interesse der RAG.
Meine Damen und Herren, auch auf der Einnahmenseite könnten wir im Haushalt einiges bewegen. Mit zusätzlichen 350 Betriebsprüferinnen und Betriebsprüfern könnte das Land mindestens 240 Millionen € mehr einnehmen.
Die Gesundheit der Bevölkerung ist ein wichtiger Standortfaktor. Deshalb brauchen wir sauberes Wasser und gesunde Lebensmittel.