Protokoll der Sitzung vom 07.02.2007

WDR: „Zwischen den Fronten“. Und „Bild“: „Amok Rütte“. Also: Mit diesem Medienecho für den Ministerpräsidenten

(Zuruf von der SPD: Schön!)

könnte ich als Vertreter der Opposition ja noch gut leben. Unerträglich ist aber, dass er die Verhandlungsposition für Nordrhein-Westfalen, für unser Land, ohne Not nahezu völlig ruiniert hat.

(Beifall von der SPD)

Das ist das Schlimme in diesem Prozess.

Wir fordern die Landesregierung darum nochmals auf:

(Dietmar Brockes [FDP]: Sie schmeißen wei- ter Geld raus!)

Erstens. Am 29. Januar hat die Große Koalition einen wegweisenden Kompromiss unter Führung der Bundeskanzlerin erzielt. Geben Sie endlich den untauglichen Versuch auf, diesen politischen Kompromiss nachverhandeln zu wollen! Er gilt ohne Abstriche.

(Beifall von der SPD)

Zweitens. Entlassen Sie die Bergleute und die gesamte RAG AG endlich aus der Geiselhaft für Ihre politisch motivierten Ausstiegspläne!

(Beifall von der SPD)

Drittens. Lassen Sie uns gemeinsam in Berlin für die Lösung der Altlasten, Ewigkeits- und Haftungsfragen im Interesse des Landes NordrheinWestfalen eintreten!

(Beifall von der SPD)

In diesem Sinne, meine Damen und Herren – vor allen Dingen von den Regierungsfraktionen –: Glück auf! Denn ein Glückauf hat unser Land wahrlich verdient.

(Anhaltender Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Römer. – Für die Fraktion der CDU steht bereits der Abgeordnete Weisbrich am Rednerpult bereit. Bitte schön.

Herr Kollege Römer, die schlimmste Form der Unwahrheit ist die Wahrheit mäßig entstellt. Sie sind ein Meister in der Kunst der Entstellung der Wahrheit.

(Beifall von CDU und FDP – Heike Gebhard [SPD]: Das können Sie nicht nachweisen!)

Sie wollten die Berichterstattung der Landesregierung heute verschieben. Das Motiv liegt doch auf der Hand. Sie haben gesagt, dass der Termin beantragt worden sei, damit die Landesregierung und Herr Rüttgers ihre Wunden lecken können. Tatsache ist: Der Termin ist beantragt worden, um offenzulegen, was zum Schaden der Mitarbeiter und des Landes in den letzten Wochen und Monaten in diesem Poker um die RAG abgelaufen ist.

(Beifall von CDU und FDP – Ralf Jäger [SPD]: Unglaublich! Das ist Legendenbil- dung!)

Der subventionierte Steinkohlebergbau, Kollege Römer, ist energiepolitisch unsinnig.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Nie!)

Das bestätigt Ihnen jeder neutrale Wirtschaftswissenschaftler. Er ist auf Dauer nicht finanzierbar; auch das ist mittlerweile völlig klar.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Was ist mit der Wertschöpfung, Herr Kollege?)

Das ist keine Wertschöpfung, das ist objektiv so.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Was ist damit? – Zurufe von der SPD: Blödsinn ist das!)

Was wollen wir mit einem Sockelbergbau, der gerade einmal 1,5 % zusätzliche Energiesicherheit bedeutet? – Das sind auf den Jahresverlauf gerechnet vielleicht vier bis fünf Tage von 365 Tagen. Das ist doch wirklich energiepolitisch unsinnig.

Die Koalition in Nordrhein-Westfalen – CDU und FDP – ist sich darüber von Anfang an einig gewesen. Bereits im September haben diese Einschätzungen dann auch die IG BCE, die RAG und Herr Steinbrück für die SPD übernommen.

(Ralf Jäger [SPD]: Das ist ja völliger Quatsch, Herr Weisbrich! Lügen haben kurze Beine! – Zuruf von der SPD: Das ist gelo- gen!)

Denn Ende September haben wir uns in Berlin bereits auf Eckpunkte für ein Ende des Sockelbergbaus verständigt. Ende September war bereits einvernehmlich, dass der Ausstieg sozialverträglich, ohne betriebsbedingte Kündigungen erfolgen sollte. Einvernehmlich war auch, dass der weiße Bereich der RAG eine vernünftige Entwicklungschance haben muss, die er unabhängig vom Börsengang nur dann hat, wenn die Mitfinanzierung der Verluste im Bergbau aufhört. Der weiße Bereich wird aufgefressen und innerlich ausgezerrt durch die Zahllast für den Bergbau. Das muss ein Ende haben, wenn dieser Teil des Unternehmens auch für die Mitarbeiter Zukunft haben soll. Darüber bestand Einvernehmen.

(Hannelore Kraft [SPD]: Nein!)

Aber natürlich, Frau Kraft.

(Hannelore Kraft [SPD]: Dann lesen Sie die Presseberichte der IG BCE! – Ralf Jäger [SPD]: Mit wem haben Sie gesprochen? Sa- gen Sie es doch einmal!)

Offen war zu diesem Zeitpunkt das Enddatum. Es war nicht klar, ob 2012, 2014, 2016 oder 2018.

(Hannelore Kraft [SPD]: Das ist doch alles Unsinn! Der Ausstieg war klar! – Ralf Jäger [SPD]: Ohne jede Sachkenntnis sind Sie!)

Offen waren das Volumen der Altlasten und die Finanzierung der Altlasten. Da ist Schritt für Schritt eine Klärung in sogenannten SherpaRunden auf der Fachebene erfolgt. Wenn man diese Papiere durchliest, dann kann man das ganz genau verfolgen. Da gibt es überhaupt kein Vertun.

Wir waren bis Anfang Dezember auf einem guten Weg, um alle diese Fragen einvernehmlich zu lösen. Dann passierte Folgendes: Herr Dieckmann trat zurück, und plötzlich war Frau Kraft Aspirantin auf den Landesvorsitz, und es begann eine Profilierungskampagne ohne Ende.

(Beifall von CDU und FDP)

Das war praktisch ein Rückschritt in die ideologische Steinzeit, ein Zurück zum Energiesicherheitssockel, der schon längst überholt war, und zum Erhalt von 12.000 Arbeitsplätzen für den Bergbau.

(Britta Altenkamp [SPD]: So stellt sich der kleine Christian die Politik vor! – Ralf Jäger [SPD]: Für wie viele? Das ist Zwergenintelli- genz!)

Frau Kraft, ich frage jetzt einmal allen Ernstes – ich habe Verständnis dafür, dass man sich für Mitarbeiter einsetzt –: Mit welcher moralischen Berechtigung fordern Sie Milliarden an Subventionen für 12.000 Bergbaumitarbeiter, während wir in der Zeit der Wiedervereinigung in kürzester Frist in den neuen Bundesländern in dem Braunkohlebereich auch mit Mitwirkung der IG BCE 100.000 ostdeutsche Bergleute ohne Netz und doppelten Boden abgewickelt haben.

(Hannelore Kraft [SPD]: Wissen Sie, dass wir noch 34.000 haben und nicht 12.000? Nicht mal bei den Zahlen haben Sie Recht!)

Mit welcher Berechtigung fordern Sie diese Subventionen für eine so kleine Zahl von Menschen,

(Ralf Jäger [SPD]: Herr Weisbrich, von wel- chem Thema haben Sie eigentlich Ahnung?)

wenn 500.000 Bauarbeiter einfach so entlassen worden sind und die gleiche Zahl in der Textilindustrie? – Die moralische Rechtfertigung dafür kann ich nicht nachvollziehen; eine sachliche Rechtfertigung gibt es in keiner Weise.

(Britta Altenkamp [SPD]: Sie können morali- sche Rechtfertigung grundsätzlich nicht nachvollziehen!)

Wissen Sie, worum es ging? – Es ging Ihnen darum, sich persönlich zu profilieren und das Biotop, das bisher im Ruhrgebiet so schön funktioniert hat, unbeeinträchtigt zu erhalten.

(Beifall von CDU und FDP – Zurufe von der SPD: Unverschämtheit! – Ralf Jäger [SPD]: Eine absolute Unverschämtheit!)

Diese Aktion, meine Damen und Herren, hat uns ungefähr zwei Monate Zeitverlust eingebracht. Zwei Tage nach der Wahl von Frau Kraft zur Landesvorsitzenden, war die Bundes-SPD wieder bereit, vom roten Sockel herunterzusteigen. Dann wurde nach einer Ausgleichsmöglichkeit gesucht. Diese Ausgleichsmöglichkeit wäre in der Endphase, wenn sich der Ministerpräsident nicht gewehrt und aufgepasst hätte, eindeutig zulasten des Landes Nordrhein-Westfalen gegangen.

(Lachen von der SPD – Zurufe von der SPD: Nicht zu fassen!)

Das lässt sich doch alles leicht nachvollziehen und dokumentarisch belegen.