(Prof. Dr. Gerd Bollermann [SPD]: Jetzt wird Herr Weisbrich Märchenerzähler! – Weitere Zurufe von der SPD)
Am 28. Januar hat eine Spitzenrunde in Berlin stattgefunden. Am Abend dieses Tages war klar, dass Herr Rüttgers keinem Datum 2018 zugestimmt hatte, denn es war das gleiche Papier, das immer wieder erarbeitet wurde. Da standen in Klammern die Zahlen 2014, 2016 und 2018.
„In Klammern“ bedeutet bei diesen Papieren: Noch keine Einigung erzielt. Daran konnte niemand einen Zweifel haben.
Wenn man die Sherpa-Papiere von Dezember an bis Anfang Januar verfolgt, dann kann man genauso keinen Zweifel daran haben, dass Nordrhein-Westfalen zu keinem Zeitpunkt einem Enddatum 2018 zugestimmt hat. Im Übrigen hat der Ministerpräsident immer erklärt: Alles gehört mit allem zusammen. Es muss ein Paket entschieden werden, keine Einzeldinge.
Am 29. Januar hat es ohne Beteiligung des Ministerpräsidenten eine Runde gegeben, an der – zugegebenermaßen – auch Frau Merkel teilgenommen hat, in der es aber darum ging, das Gesicht von Herrn Müntefering und von Frau Kraft zu retten.
Dieser Rettungsversuch hat so ausgesehen, dass Ende 2018 als Laufzeit in diesem Papier festgehalten wurde, dass keine Mitfinanzierung bei den Altlasten vorgesehen war und dass auch eine Revisionsklausel eindeutig zulasten der Steuerzahler in Nordrhein-Westfalen gegangen wäre. Nachdem dies ohne Beteiligung von Herr Rüttgers beschlossen wurde, hat er dagegen Widerspruch angemeldet.
Am nächsten Tag war die Kommunikationslage, da Ihre Partei das Papier weit gestreut hat, etwas diffus. Wir haben festgestellt, der Sockel ist vom Tisch. Das ist gut für Nordrhein-Westfalen und für die Steuerzahler unseres Landes.
Ferner haben wir gesagt, dass wir weiter darüber sprechen wollen, zu welchem Zeitpunkt ein sozialverträglicher Ausstieg möglich ist; ein solcher kann auch früher sein. Das war die Gefechtslage, und darüber verhandeln wir noch heute.
Aus Sicht des Landes war es nicht akzeptabel, diesen Einigungsvorschlag zu unterschreiben. Sie dürfen auch nicht vergessen, dass dieser Landtag mit der Mehrheit von CDU und FDP ein Haushaltsgesetz beschlossen hat, in dem steht, dass nur die Finanzierung eines Auslaufbergbaus von der Landesregierung abgeschlossen werden darf.
Das hat jeder gewusst und war auch in Berlin bekannt. Dies ist offensichtlich, um zwei Handelnden in der SPD Rückendeckung zu geben, unterschlagen worden.
Nachdem klar war, dass es keinen dauerhaften Bergbau geben wird, Frau Kraft, hätte ich eigentlich erwartet, dass Sie Größe zeigen und sagen: Von diesem Zeitpunkt an habe ich verloren, aber nun kenne ich keine Parteien mehr, sondern nur noch Nordrhein-Westfalen. Jetzt müssen wir gemeinsam dafür sorgen, dass die Konditionen für Nordrhein-Westfalen so günstig wie möglich ausfallen.
Die Situation ist, dass dann der Bergbau nach 150 Jahren zu Ende ist. Das ist so, als wenn ein lieber Verwandter verblichen ist. Dann geht es um
das Erbe. Bei uns am Niederrhein sagt man, wenn es um die Befindlichkeit der Parteien in einer solchen Situation geht: Hebben se schon gedeelt – haben sie schon geteilt -? Genau das ist die Situation. Jetzt muss geteilt werden zwischen Bund und Land. Das darf nicht zulasten des Landes geschehen. Hier muss Nordrhein-Westfalen angemessen berücksichtigt werden.
Das heißt, wenn die Koalition in Berlin meint, der Bergbau solle bis zum Jahr 2018 laufen, aber ein sozialverträglicher Ausstieg schon früher möglich wäre,
dann soll die Koalition in Berlin auch dafür sorgen, dass die Kosten für den Differenzzeitraum vom Bund alleine getragen werden. Darauf werden Jürgen Rüttgers und wir bestehen.
Das bedeutet weiter, wenn es um die Altlasten geht, dann kann es doch wirklich nicht so sein, wie es in dem ominösen Papier stand, dass der Erlös des Börsenganges nicht nur dafür reserviert wird, sondern dass der Erlös des Börsenganges mit eingesetzt wird, um den Bergbau bis zum Jahr 2018 zu finanzieren. Wo sind wir denn? Dann verlieren wir doch die ganze Substanz. Vor diesem Hintergrund kann man doch keinen Haftungsverbund auflösen.
Klar ist: Wenn Sie eine Revisionsklausel haben wollen, die in der Sache nicht sonderlich begründet ist, aber wir haben im Grunde genommen nichts gegen eine Revisionsklausel,
dann kann es nicht sein, wenn der Bund im Jahr 2012 entscheidet, dass es einen Sockelbergbau gibt, dass sich Nordrhein-Westfalen an der Finanzierung dieses Sockelbergbaus beteiligt. Auch das muss klar sein. Dann muss das derjenige zahlen, der meint, dass das notwendig ist.
Herr Kollege Römer, Sie haben gesagt, Ihnen kam es darauf an, dass die Tür nicht verschlossen, sondern nur angelehnt ist, dass sie also offen bleibt. Das ist ein wunderschönes Bild. Nach vielen Gesprächen mit Bergleuten – Sie werden es nicht glauben, aber auch ich spreche mit Bergleuten; ich fahre gelegentlich in eine Grube ein, um zu schauen, was dort los ist – weiß ich:
Die Bergleute hassen am meisten, dass ihnen permanent Versprechungen gemacht werden, die hinterher nicht eingehalten werden.
(Beifall von CDU und FDP – Rainer Schmelt- zer [SPD]: Genau, das Versprechen des Mi- nisterpräsidenten, dass es sozialverträglich wird, ist nichts wert! Das ist der Punkt!)
Herr Römer, wenn Sie meinen, man könne die Kaufkraft im Lande steigern, indem man subventionierte Unternehmen laufen lässt, dann frage ich mich, warum wir nicht auch die Handyproduktion, die Textilproduktion und die Bauwirtschaft subventionieren. Warum subventionieren wir ausschließlich den Bergbau?
(Rainer Schmeltzer [SPD]: Nur den Berg- bau? Was ist mit der Landwirtschaft? Sie gehen mit Scheuklappen durch diese Welt!)
Wenn Subventionen so ertragreich für das Land und den Steuerzahler sind, dann lassen Sie uns doch alle subventionieren. Hier merken Sie, dass das ziemlicher Unsinn ist.
Wir wollen eine rasche Lösung. Wir wollen, dass der weiße Bereich der RAG eine gute Zukunft hat. Wir wollen aber nicht, dass der Steuerzahler weiterhin Geld in ein Loch ohne Boden schüttet und dass die Bergleute länger belogen werden. Wir wollen eine gute Zukunft für die RAG und für dieses Land. Ich glaube, Jürgen Rüttgers ist Manns genug, das in Berlin zu erreichen. – Danke schön.
Vielen Dank, Herr Kollege Weisbrich. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht jetzt der Abgeordnete Priggen.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Wir erleben heute den ersten Teil einer in gewisser Weise historischen Debatte, denn wenn es heute eine entsprechende Einigung in Berlin und morgen eine Regierungserklärung dazu gibt, dann ist die Debatte in Nordrhein-Westfalen, in Düsseldorf, im Landtag hierzu natürlich ein Stück weit historisch, wenn nach 800 Jahren Bergbau im Aachener Revier und rund 200 Jahren Bergbaugeschichte im Ruhrgebiet dieses Kapitel beendet wird.
Ich finde es nicht verwunderlich, dass wir mit gewissen Turbulenzen diskutieren und dass es draußen eine Demonstration gegeben hat, denn die Vorstellung, dass man diese Endphase ohne eine gewisse politisch profilierte Auseinandersetzung hinbekommen hätte, für die die verschiedenen Teilnehmer ihre Interessenlage haben, wäre zum Teil außerhalb der Realität gewesen. Insofern kann ich sagen, dass Frau Kraft die Steilvorlage nutzt, die ihr das Kommunikationsdesaster auf der CDU-Seite bietet.
Das ist für mich nachvollziehbar. Insofern kann man das alles niedriger hängen. Ich bin aber der sachlichen Überzeugung, dass die Notbremse, die der Ministerpräsident im Interesse NordrheinWestfalens gezogen hat, notwendig war.
Diesbezüglich stimme ich mit Herrn Römer überhaupt nicht überein. Es geht doch nicht um plus oder minus zwei Jahre. Wenn es eine 200-jährige Bergbaugeschichte gibt und wenn man sich die Genese ansieht, dann kann sich zwar jeder auf eine Position begeben, aber es kommt nicht auf plus oder minus zwei Jahre an. Es geht um insgesamt 40 Milliarden €, die der Restbergbau in der aktiven Zeit kostet und die notwendig sind, um dann die Schäden zu beheben. Diese 40 Milliarden € müssen zwischen Bund und im Wesentlichen dem Land Nordrhein-Westfalen verteilt werden, weil sich das Saarland zwar des Öfteren äußert, aber nie das Portemonnaie aufmacht, um relevante Beiträge zu zahlen.
Die Verteilung von 40 Milliarden € kann natürlich zu erheblichen Einbußen und erheblichen Verlusten des Landes führen. Dass sich die Berliner an der Stelle einen schlanken Fuß machen, ihre koalitionsinterne Einigung auf ein Datum verkünden und damit das Problem los sind, ist aus deren Sicht nachzuvollziehen. Ihr Kommunikationsdesaster liegt in gewisser Weise darin, dass Sie nicht sofort gerufen haben: Das kann nicht sein! – Denn nicht die Jahreszahl ist entscheidend, sondern das Gesamtpaket und hier vor allen Dingen die Aufteilung der Finanzierung.
Diese Finanzierung ist für Nordrhein-Westfalen außerordentlich riskant. Das Risiko liegt in Details. Ich bin sehr skeptisch. Ich schaue mir nachher gerne die Videoberichterstattung an, lese heute alle Tickermeldungen, aber bevor wir die Detailregelung nicht schwarz auf weiß haben, rate ich al