Protokoll der Sitzung vom 08.02.2007

(Beifall von CDU und FDP – Lachen und Wi- derspruch von der SPD)

Hätten wir das getan, was Sie gefordert haben, Frau Kraft, dann wäre das Land mit 740 Millionen € mehr belastet worden.

(Beifall von CDU und FDP – Zurufe von der SPD – Minister Karl-Josef Laumann: So ist das!)

Alleine für die Produktionsbeihilfen hätten wir 468 Millionen € zu zahlen. Es wäre besser gewesen, Sie hätten auf Peer Steinbrück gehört. Stattdessen haben Sie die Bergleute und ihre Familien verunsichert. Das war nicht in Ordnung.

(Lebhafter Beifall von CDU und FDP – Leb- hafter Widerspruch von der SPD – Heike Gebhard [SPD]: So schreiben Sie Ihre eige- nen Geschichtsbücher!)

Werte Kolleginnen und Kollegen, der Kohlebergbau hat unser Land in den vergangenen Jahrzehnten und Jahrhunderten geprägt wie keine andere Wirtschaftsbranche. Es ist kaum mehr als eine Generation her,

(Zurufe von der SPD – Glocke)

da sind im Ruhrgebiet jeden Tag noch Hunderttausende Menschen eingefahren. Mitte der 50erJahre gab es im Steinkohlenbergbau noch über 600.000 Beschäftigte.

Es waren nicht zuletzt diese Kumpel, die nicht nur das Ruhrgebiet und Nordrhein-Westfalen, sondern ganz Deutschland wieder aufgebaut haben. Sie haben die Grundlage für das Wirtschaftswunder mit geschaffen.

(Beifall von CDU und FDP sowie Sylvia Löhrmann [GRÜNE])

Landtag

08.02.2007 Nordrhein-Westfalen

Plenarprotokoll 14/53

Ich danke im Namen der Landesregierung all den Menschen, die in der Vergangenheit unter und über Tage für dieses Land Großes geleistet haben, und ich danke all denjenigen, die das heute noch tun.

(Beifall von CDU und FDP sowie Sylvia Löhrmann und Johannes Remmel [GRÜNE])

Sie haben harte Arbeit geleistet, und darauf können Sie stolz sein.

(Beifall von CDU und FDP sowie Sylvia Löhrmann [GRÜNE])

Anfang der 60er-Jahre begann das Zechensterben. Über eine halbe Million Arbeitsplätze sind in den vergangenen Jahrzehnten weggefallen. Es war deshalb richtig, durch den Strukturwandel den Verlust von Arbeitsplätzen abzufangen und so soziale Brüche zu vermeiden. Das ist die historische Leistung meiner Vorgänger.

Die Zukunft der Metropole Ruhr, die Zukunft Nordrhein-Westfalens liegt aber nicht in der Kohleförderung, sondern die Zukunft in NordrheinWestfalen hat einen Namen: Innovation!

(Beifall von CDU und FDP)

Mit den Beschlüssen von gestern haben wir in Nordrhein-Westfalen eine große Chance. Es geht jetzt darum, ein neues Kapitel unserer Landesgeschichte aufzuschlagen. Wir können in eine neue Phase der Industrie- und Wirtschaftsgeschichte unseres Landes eintreten. Wir waren schon einmal das Zentrum der industriellen Revolution. Wir werden auch diese neue meistern.

(Beifall von CDU und FDP)

Ich werbe heute darum, dass wir diese Chance gemeinsam ergreifen und gemeinsam gestalten. Wir wollen für jeden Einzelnen in unserem Land neue Chancen eröffnen. Gemeinsam können wir das schaffen. Wir Rheinländer, wir Westfalen und Lipper wissen: Gemeinsam sind wir stark!

(Beifall von CDU und FDP – Zurufe von der SPD: Oh!)

Entscheidende Weichen für diesen Neuanfang wurden in den letzten 20 Monaten bereits gestellt. Damit meine ich die Rückführung der Nettoneuverschuldung um 4 Milliarden €, mit der wir unseren Kindern eine Last von den Schultern nehmen.

(Beifall von CDU und FDP)

Damit meine ich den Ausbau der Angebote in der Kinderbetreuung. Schon hier beginnt die Förderung aller Talente und die Chance zum sozialen Aufstieg.

(Beifall von CDU und FDP)

Damit meine ich unsere Schulreform, den Abbau des Unterrichtsausfalls, die Schaffung zusätzlicher Lehrerstellen und den Ausbau der Ganztagsschulen.

(Beifall von CDU und FDP)

Damit meine ich unsere Hochschulreform und nicht zuletzt die zahlreichen Maßnahmen zum Abbau von wachstumshemmender Bürokratie.

(Beifall von CDU und FDP – Sören Link [SPD]: 10 % weniger Studenten!)

Erste Erfolge geben uns Recht: Der Aufschwung ist da und hat den Arbeitsmarkt erreicht. Die hohe Arbeitslosigkeit in einigen Teilen des Ruhrgebiets, werte Kolleginnen und Kollegen, bleibt aber eine ökonomische und soziale Herausforderung, der wir uns mit aller Kraft widmen müssen.

(Beifall von CDU und FDP)

Es gilt insbesondere, den Mittelstand, das Handwerk und Innovationen im Ruhrgebiet zu stärken. Wir brauchen mehr Firmengründungen gerade auch in technologieintensiven Bereichen. Zusätzliche Herausforderungen ergeben sich aus dem demografischen Wandel und der Integration von Mitbürgern mit Zuwanderungsgeschichte. Antworten auf diese Herausforderungen hat die Landesregierung vorgelegt. Ich möchte sie gemeinsam mit allen Verantwortlichen im Ruhrgebiet umsetzen. Auf sie wird es entscheidend ankommen.

Deshalb habe ich auch die Städte und Kreise im Ruhrgebiet besucht und viele Gespräche geführt. Wir werden in Kürze die neue „Initiative Zukunft Ruhr“ vorstellen.

(Beifall von CDU und FDP)

Das Ruhrgebiet, die Metropole Ruhr, kann mehr Wachstum, neue Arbeitsplätze und mehr Kreativität nur aus sich selbst heraus entwickeln. Die Basis dafür ist da.

Lassen Sie mich Ihnen drei Beispiele nennen: Die zweite Gründerwelle im Ruhrgebiet erschließt völlig neue Märkte. Die Podcast-University ist ein Internetportal, das Wissen im Format von MP3Dateien bereitstellt.

Neue Märkte entstehen auch an technologischen Schnittstellen gerade im Ruhrgebiet. Davon zeugt unter anderem – das ist wirklich nur ein Beispiel – der Cityhopper, ein solargetriebenes Fahrrad mit unterstützendem Elektroantrieb. Aber auch traditionelle Technologien werden intensiv weiterentwickelt. So arbeitet – das ist in der augenblicklichen

Umweltdebatte wichtig – im Industriepark Dorsten/Marl eine Firma an einem Ökoauto, das nur 1,5 l verbrauchen soll.

Werte Kolleginnen und Kollegen, die Landesregierung steht den Menschen im Ruhrgebiet auf diesem Weg zu mehr Dynamik, Wachstum und Kreativität als verlässlicher Partner zur Seite.

(Beifall von CDU und FDP – Lachen von der SPD)

Mit der „Initiative Zukunft Ruhr“ werden wir die Maßnahmen der Landesregierung effizient und zukunftsweisend bündelnd. Die neue Politik für die Metropole Ruhr der Landesregierung beinhaltet folgende Punkte:

Erstens: Das Land hilft der Region künftig noch stärker, sich als Metropolregion mit gemeinsamen Interessen und Zielen zu verstehen und zu präsentieren. Es geht um den regionalen Mehrwert, der zukünftig Voraussetzung für Förderungen ist.

Deshalb gibt die Landesregierung der Region zum Beispiel die Zuständigkeit für ihre eigene Raumplanung zurück. Einen entsprechenden Gesetzentwurf hat das Landeskabinett bereits verabschiedet.

Deshalb unterstützt das Land den Aufbau einer gemeinsamen Wirtschaftsförderung. Die Landesregierung begrüßt es ausdrücklich, dass sich Oberhausen, Mülheim, Essen, Bochum, Gelsenkirchen und Herne inzwischen zur „Planungsgemeinschaft Städteregion Ruhr“ zusammengefunden haben.

Zweitens: Wir wollen mit der neuen Metropolenpolitik Innovationen und Gründer besonders unterstützen. Dazu dient die zukünftige Strukturförderung von Land und Europäischer Union. Das Gießkannenprinzip hat ausgedient, meine Damen und Herren.

(Beifall von CDU und FDP)

In den nächsten fünf Jahren stehen insgesamt 4 Milliarden € zur Verfügung. Dafür werden wir auch die Mittel nutzen, die mittelfristig durch den Ausstieg aus der subventionierten Steinkohle frei werden.

Besonders wichtig ist es der Landesregierung, dass gerade in der Metropole Ruhr neue Forschungseinrichtungen entstehen. Ein neues Institut für Werkstoffforschung an der Universität Bochum wird in Zusammenarbeit mit ThyssenKrupp entstehen. Das Land wird sich daran mit 12 Millionen € beteiligen.