Protokoll der Sitzung vom 07.03.2007

Wenn das so war, dann müssen wir da noch einmal genauer nachhaken.

(Beifall von GRÜNEN und SPD – Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Da haben Sie den Mi- nister ganz schön in die Bredouille gebracht!)

Ja, vielleicht muss das unter den Geschäftsführern noch einmal näher erörtert werden.

(Minister Armin Laschet: Lächerlich!)

Interessant fand ich auch die Sprachverwirrung, die hier darüber herrschte, was wir denn jetzt überhaupt für ein Modell bekommen. Das war schon spannend. Herr Minister Laschet sagt: Es ist keine Kopfpauschale. Die CDU-Fraktion hat in einer Presseerklärung in der letzten Woche formuliert: Wir haben eine Kopfpauschale, eine kindbezogene Pauschale. Eben ging es auch wieder wild durcheinander. Das finde ich interessant. Das

ist für mich auch ein Beweis dafür, wie kompliziert im Grunde das ist, was Sie hier in Ihren Eckpunkten vorgelegt haben.

Das stärkt nur die These: Sie haben damit keine Vereinfachung des Finanzierungssystems erreicht, sondern Sie haben eine Verkomplizierung erreicht, und Sie produzieren mit dem, was Sie hier planen und was Sie vorgelegt haben, mehr Bürokratie.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Interessant ist – damit ist das Argument, es sei eine Kopfpauschale, auch widerlegt –, wie die Zweijährigen jeweils eingruppiert werden. Für diese wird nämlich, wenn sie sich in der Gruppe der Null- bis Dreijährigen befinden, eine ganz andere Pauschale angesetzt, als wenn sie eine Kindergartengruppe, die Kinder von zwei Jahren bis zum Schuleintritt umfasst, besuchen.

Jetzt komme ich zu Ihrem Argument, Herr Lindner, bezogen auf meine Kritik daran, dass zukünftig die Zweijährigen in dieser großen Kindergartengruppe mitbetreut werden und ihnen dort keine angemessene Förderung zukommen wird, weil sie zum großen Teil noch Wickelkinder sind – das wissen wir und alle, die mit Kindern Erfahrungen haben – und weil ihre Sprachkompetenz noch nicht so ausgeprägt ist, dass sie sich immer sprachlich mitteilen können. Das heißt, diese Kleinen haben einen ganz besonderen Betreuungsbedarf.

Wenn Sie mir jetzt entgegenhalten, es habe doch im Landesjugendamt Köln einen entsprechenden Modellversuch gegeben, kann ich Ihnen nur erwidern: Natürlich ist es einen Versuch wert, so etwas einmal auszuprobieren. Aber die vorliegenden Ergebnisse sind nicht befriedigend und veranlassen uns nicht zu der Einschätzung, wir könnten zukünftig alle Zweijährigen in dieser Standardkindergartengruppe mit betreuen. Das ist mitnichten so.

(Beifall von den GRÜNEN)

Das andere Argument, das hier auch aufgeführt wurde, war: Es gab ja auch unter Rot-Grün schon einmal diesen Vorschlag einer Kopfpauschale. Das wurde ja schon einmal in Erwägung gezogen. – Das Interessante daran ist, dass Rot-Grün es hier parlamentarisch abgelehnt hat. Das ist der umgekehrte Prozess zu dem gewesen, was sich jetzt hier vollzieht. Sie nicken das ab, was aus dem Ministerium kommt. Wir haben das damals – ich war nicht dabei, aber meine Vorgänger – kritisch bewertet und entschieden, dass ein solches Modell

für uns nicht infrage kommt. Es wurde von uns abgelehnt. Das ist der große Unterschied.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Es bleibt dabei: Dieses Gesetz, diese Eckpunkte, die hier vorgelegt werden, sind keine, die die Standards in den Kindergärten verbessern. Die dringend notwendige Verbesserung der Standards findet nicht statt, im Gegenteil. Die Standards werden heruntergefahren. Das haben wir eben deutlich gemacht.

Das Zweite ist: Es wird mehr Bürokratie geben. Es ist keine Vereinfachung des Finanzierungssystems.

Das Dritte ist: Dieses Gesetz wird dazu führen, dass die Elternbeiträge weiter ansteigen werden.

Insofern können wir sagen: Das ist keine gute Vorlage, sondern das wird zu weniger Qualität im Elementarbereich führen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Asch. – Für die FDP-Fraktion hat noch einmal Herr Lindner um das Wort gebeten. Bitte schön.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich muss einiges kurz klarstellen, und zwar, damit Frau Asch nicht bei den Geschäftsführern petzen gehen muss, als Erstes: Selbstverständlich habe ich doch genauso wie Sie etwa im Internet die Diskussion verfolgen können. Aber im Unterschied zu Ihnen habe ich nicht jeden bekritzelten Zettel, der bei Armin Laschet vom Schreibtisch gefallen ist, im Land herumgefaxt, sondern ich habe ihm lieber einen Brief geschrieben, wie aus unserer Sicht vielleicht noch ein weiterer Gesprächspunkt in der Gruppe gefunden werden kann.

Zum Zweiten, die Zweijährigen: Dieser Modellversuch, den beide Landschaftsverbände im Benehmen mit dem damaligen Ministerium für Schule, Jugend und Kinder auf den Weg gebracht haben, ist ja nicht erst gestern eingeleitet worden, sondern datiert aus dem Februar 2005. Da gibt es Praxiserkenntnisse, die wir jetzt in das Land übertragen können. Die besagen: Vier bis sechs Zweijährige in einer Gruppe von insgesamt 20 Kindern bei zwei Fachkräften ist auch pädagogisch vertretbar. Das zeigen nicht zuletzt die schon sehr viel älteren Erfahrungen aus Baden-Württemberg zu diesem Thema.

Wenn ich das hier heute bilanziere, dann stelle ich fest, dass Sie – das ist Ihr gutes Recht – an un

terschiedlichen Stellen versuchen, an diesem Gesetz Punkte zu identifizieren, die vielleicht noch weiteren Anlass zur Vervollkommnung geben oder die Sie komplett ablehnen. Das ist Ihr gutes Recht. Das muss auch so sein.

Ich will für meine Fraktion bekennen, dass natürlich noch manches möglich wäre, wenn wir es finanzieren könnten. Ich will genauso klar sagen, dass wir selbstverständlich, wenn sich in der Praxis Veränderungsbedarf zeigt, dann an dem neuen Gesetz vielleicht irgendwann einmal eine Korrektur anbringen müssen. Deshalb die Revisionsklausel 2011, die aus dem Grunde eingeführt worden ist.

Aus meiner Sicht ist nicht nachvollziehbar, dass Sie sogar in der Lage sind, sich daran hochzuziehen, dass wir möglicherweise eine Position nicht haben umsetzen können und wollen, weil sie sich bei der Detailprüfung als nicht richtig herausgestellt hat. Wollen Sie im Umkehrschluss, dass man das, was man zuerst als Ausgangshypothese hat, bis ans Ende des Verfahrens wider besseres Wissen durchhalten muss? – Das kann nun sicherlich kein politischer Weg sein. Deshalb: Auf der Strecke muss Veränderung möglich sein.

In diesem Fall haben wir die Position der Vorgängerregierung, die wir auch im Haus angetroffen haben, im Moderationsprozess verlassen und haben die Subjektfinanzierung, die kindbezogene Finanzierung, mit einer Objektfinanzierung verbunden zu dem, was ich zu einem früheren Zeitpunkt einmal eine kindorientierte Objektförderung genannt habe. Ich glaube, damit werden wir gut fahren. Ich freue mich jedenfalls auf dieses parlamentarische Beratungsverfahren. – Vielen Dank.

(Beifall von FDP und CDU)

Vielen Dank, Herr Lindner. – Jetzt hat für die CDU-Fraktion noch einmal die Frau Abgeordnete Kastner das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich am Schluss der Debatte noch auf vier Punkte eingehen:

Es geht erstens, Herr Jörg, um das Thema BerlinReise. Sie haben es so dargestellt, als seien wir in einer Einrichtung gewesen und hätten ihr sozusagen den Heiligenschein verliehen. Ich bin durchaus mit gemischten Gefühlen aus dieser Einrichtung gegangen; deshalb möchte ich das hier darstellen, damit es keine falschen Vorstellungen gibt.

(Vorsitz: Vizepräsident Oliver Keymis)

Natürlich ist uns allen bei den Gesprächen mit dem Berliner Abgeordnetenhaus sozusagen die Faust in der Tasche aufgegangen, als uns erklärt wurde, dass mit unseren Länderbeiträgen das letzte Kindergartenjahr freigestellt werden konnte. Das war der eine Punkt.

Dann haben wir eine Einrichtung erlebt, bei der selbst Frau Asch gesagt hat, sie würde ihre Kinder nicht dorthin schicken – nicht, weil die Leiterin nicht engagiert war, ganz im Gegenteil: Wir haben eine engagierte, gute Leitung kennengelernt, aber wir haben dort einen kargen und düsteren Kindergarten kennengelernt, was vielleicht auf nicht genügend Sachmittel schließen lässt, weil er so gering ausgestattet worden ist.

(Zuruf von Andrea Asch [GRÜNE])

Der Kindergarten war keinesfalls heimelig. Ich kann Frau Asch nur zustimmen: Ich hätte meine Kinder auch nicht dorthin geschickt.

(Zuruf von Wolfgang Jörg [SPD])

Uns ist dort sehr deutlich gesagt worden: Es gibt im Berliner Kindergartengesetz keinerlei Verfügungs- und Verwaltungszeiten. Das haben wir hier aber in den neuen Eckpunkten eingearbeitet. Insofern kann ich Ihre Kritik an den Eckpunkten überhaupt nicht verstehen.

Ich sage Ihnen noch etwas – deshalb kann ich überhaupt nicht nachvollziehen, Herr Jörg, dass Sie als SPD-Mitglied das so toll fanden –: Die Leiterin dieses Kindergartens hat eindeutig als ihr großes Ziel definiert, dass sie zu einem privaten Träger geht. Wir haben sehr wohl nachgefragt, was dieser private Träger für sie bedeutet. Sie hat gesagt: Das heißt für mich, ich entlasse erst einmal alle außer der Stellvertreterin. Dann stelle ich sie zu geringeren Stundenlöhnen und zu geringeren Zeiten wieder ein. – Das ist für mich ein Punkt, bei dem man sehr gut überlegen muss, ob man so mit Menschen umgehen kann, wenn man eine Einrichtung führt.

(Zuruf von der SPD: Das ist doch Ihre Philo- sophie!)

Ich muss zweitens beim Thema „Qualität in unseren Kindertageseinrichtungen“ einhaken. Ich kann nur sagen: Was wir in dieser kurzen Zeit der Regierung an zusätzlichen Qualitätspunkten in die Kindergärten und in die Kindertagesstätten gegeben haben – ich nenne die Stichwörter Familienzentren und Sprachförderung –

(Beifall von Walter Kern [CDU])

kann sich sehen lassen. Mir ist heute gesagt worden, dass die AWO in ihren Kindergärten keine Sprachstandsfeststellungen zulässt; das müssen wir dringend prüfen.

(Beifall von der CDU)

Drittens. Hier tauchte das Thema Tagespflege auf. Dabei ging es auf einmal um einen Stundenlohn. Meine Damen und Herren von den Oppositionsparteien, Sie haben die Eckpunkte offensichtlich nicht richtig verstanden. Bei dem Geld, das für die Tagespflege ausgegeben wird, handelt es sich nicht um eine Entlohnung der Tagesmütter oder Tagesväter, sondern dieses Geld kann für Fortbildung und weitere Absicherung – auch Versicherungsleistungen – benutzt werden. Damit wird die Tagespflege als eine qualifizierte Kindertagesbetreuung in unserem Land anerkannt. Sie ist eine mögliche Einrichtung neben den institutionellen Einrichtungen der Tagesbetreuung für Kinder.

Als Letztes liegt mir am Herzen zu sagen: Ich bin sehr verwundert, meine Damen und Herren von der Opposition, wie Sie über diese Trägergespräche reden und wie Sie zu den Trägern stehen. Ich wundere mich sehr, weil Sie mit der Kritik daran, dass diese Träger in diesen Moderationsprozess einbezogen worden sind, immer wieder verbinden, dass diese Träger nicht für ihre Einrichtungen sprechen und dass sie damit nicht für Kinder sprechen.

(Beifall von Walter Kern [CDU])

Ich unterstelle diesen Trägern, dass sie kinderfreundlich und dem Kindeswohl verhaftet sind und dass sie damit sehr wohl für ihre Einrichtungen und damit auch für eine Fortentwicklung der Einrichtungen sprechen. Denn auch sie werden von Eltern ausgewählt. Wenn sie das nicht ordentlich machen, kann es nicht richtig sein.

(Zuruf von Frank Sichau [SPD])

Ich möchte mich an dieser Stelle noch einmal auch für unsere Fraktion ganz herzlich nicht nur beim Ministerium, sondern auch bei den Trägern bedanken, die sich in diesen Prozess haben einbinden lassen. Ich denke, das war keine Selbstverständlichkeit.