Protokoll der Sitzung vom 07.03.2007

Die Einrichtung einer unabhängigen Sportschiedsgerichtsbarkeit, wie sie von den Koalitionsfraktionen gefordert wird, und auch andere Dinge in Ihrem Antrag würden wir natürlich unterstützen, die finden wir gut. Aber Ihr Antrag ist ansonsten nicht weitgehend genug. Deshalb werden wir ihn trotz alledem ablehnen müssen. – Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Groth. – Für die Fraktion der FDP spricht der Kollege Rasche.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sport ist das Streben nach persönlichen Höchstleistungen, nach mannschaftlicher Geschlossenheit, das Streben nach Siegen und das Streben nach Medaillen. Auch jeder Hobbyläufer freut sich, wenn er seine Hausstrecke von Mal zu Mal schneller bewältigt.

Sport bedeutet ebenso Fairness, Verantwortungsbewusstsein, Chancengerechtigkeit und gerade auch Respekt vor den Mitsportlern. Sport begeistert, wie zum Beispiel die Weltmeisterschaften im Reiten, im Fußball und zuletzt im Handball gezeigt haben, die Massen.

Doping, meine Damen und Herren, unterhöhlt den Kerngedanken des Sports. Doping ist zutiefst unfair und stellt nicht zuletzt auch ein unkalkulierbares gesundheitliches Risiko für die Athleten dar. Doping erzeugt ein Klima des Misstrauens unter den Sportlern. Gerade aus Sicht der ehrlichen Sportler ist es unerträglich, dass sauber erbrachte hervorragende sportliche Leistungen zunehmend hinterfragt werden.

Genauso unerträglich ist es für einen ehrlichen und talentierten Sportler, wenn er beobachtet, wie in einigen Sportarten Konkurrenten mit offenkundig weniger Talent und spärlicher Trainingsleistung innerhalb kürzester Zeit immense Leistungssprünge machen.

Meine Damen und Herren, fraktionsübergreifend herrscht Einigkeit, dass der Kampf gegen Doping das wichtige Sport-Thema dieses Plenums ist. Uns trennt also nicht das Ob, sondern ausschließlich das Wie.

Die SPD, Herr Peschkes, ruft mal wieder nach einer gesetzlichen Regelung. Der Staat soll es regeln. Der Präsident des Bundesverfassungsgerichtes warnt aktuell mit Blick auf ein Anti-Doping

Gesetz vor einer Überforderung des Staates. Er macht in Gänze deutlich: Deutschland hat kein Gesetzesdefizit; allenfalls bestehe ein Vollzugsdefizit.

Meine Damen und Herren, wir sollten Gesetze auf den Weg bringen, die zielorientiert Probleme lösen. Das Anti-Doping-Gesetz, so wie es die SPD vorschlägt, erreicht das Gegenteil. Die Sanktionsmöglichkeiten der Sportverbände werden durch dieses Gesetz ausgehebelt. Denn die Sportverbände sind schneller und in der Regel auch konsequenter, wenn es darum geht, Dopingfälle zu verhandeln und zu sanktionieren. Der Dopingsünder ist also unmittelbar von einer Sperre oder ähnlichen Maßnahmen betroffen.

Wenn die staatliche Ebene nun ein paralleles Sanktionssystem, wie von der SPD gefordert, installiert, wird jedes Sportgericht warten, bis eine letztinstanzliche Entscheidung des ordentlichen Gerichts vorliegt. Und das, meine Damen und Herren, kann mächtig lange dauern. Außerdem darf es nicht sein, dass sich der organisierte Sport über ein Anti-Doping-Gesetz aus seiner ureigenen Verantwortung, nämlich der Bekämpfung des Dopings, verabschieden könnte.

Das in dem Entschließungsantrag von FDP und CDU dargestellte Maßnahmenpaket ist der richtige Weg, um den Kampf gegen Doping nachhaltig und hoffentlich auch erfolgreich zu bestreiten. Die Kernaussagen unseres Antrages werden sowohl von der Sportministerkonferenz als auch vom DOSB geteilt.

(Vorsitz: Vizepräsidentin Angela Freimuth)

Einzelne Bausteine des Maßnahmenpaketes sind unter anderem die Stärkung bestehender Strukturen wie der unabhängigen Sportgerichtsbarkeit und der NADA, die gezielte Verbesserung bestehender gesetzlicher Vorschriften, zum Beispiel des Arzneimittelgesetzes, bis hin zu Vorsorgemaßnahmen im Freizeit- und Jugendbereich.

Das Bundeskabinett hat heute einen Maßnahmenkatalog beschlossen, in dem auch Gesetzesänderungen enthalten sind. Mit dem von der SPDFraktion hier im Landtag geforderten Anti-DopingGesetz hat jedoch dieser Maßnahmenkatalog überhaupt nichts zu tun. Das ist eine völlig andere Baustelle. In Berlin sind Gesetzesänderungen vorgesehen. Sie wollen ein völlig neues AntiDoping-Gesetz, Herr Peschkes.

Herr Groth, vielleicht könnten Sie kurz Ihre Unterhaltung unterbrechen.

(Beifall von Ralf Witzel [FDP])

Sie beklagen, dass es hier im Plenum keine gemeinsame Vorgehensweise, keinen gemeinsamen Antrag gegen Doping gibt. Wenn man einen gemeinsamen Antrag stellt, muss es zumindest im elementaren Bereich auch eine gemeinsame Ausgangsposition geben. Dann muss man die Frage beantworten: Wollen wir ein Anti-DopingGesetz oder wollen wir es nicht? – Ihr Vorgänger als sportpolitischer Sprecher, Michael Vesper, stellt sich glasklar auf und sagt: Kein Anti-DopingGesetz! – Sie selber sagen: Wir lehnen den Antrag der SPD ab. – CDU und FDP sagen auch: Wir brauchen sehr wohl Gesetzesänderungen, aber kein Anti-Doping-Gesetz. – Aber gleichzeitig stellen Sie sich, Herr Groth, hier an das Rednerpult und beklagen, dass ein gemeinsamer Antrag an der Koalition gescheitert sei.

Wenn sich hier einer hätte bewegen müssen, Herr Groth, war es die SPD. Sie hätte ein Stück weit von ihrer Forderung nach einem Anti-DopingGesetz zurücktreten müssen, und zwar in unserem und auch in Ihrem Sinne; zumindest haben Sie eben so argumentiert.

(Ewald Groth [GRÜNE]: Ihr wolltet nicht!)

Herr Groth, der Beweis Ihrer Argumentation ist, dass Sie gleich den Antrag der SPD ablehnen.

Meine Damen und Herren, wir sollten an dem gemeinsamen Ziel aller vier Fraktionen, der Bekämpfung des Dopings, festhalten, auch wenn wir heute auf unterschiedlichen Strecken dieses Ziel erreichen wollen. – Vielen Dank.

(Beifall von der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Rasche. – Als Nächster spricht für die Landesregierung Herr Minister Dr. Wolf.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ein Tagesordnungspunkt, in dem weitgehende Einigkeit in der Analyse und auch in der Zielsetzung herrscht – wir alle lehnen Doping als Gesundheitsgefährdung und als Wettbewerbsverzerrung ab, und wir wollen natürlich auch, dass es möglichst sauberen Sport gibt.

Ich wundere mich angesichts dessen, dass der erste Redner es bei diesem Sachverhalt immer noch schafft, Streit zu säen. Sie wissen doch ganz genau, Herr Abgeordneter Peschkes, dass die Sportministerkonferenz, in der auch Sportminister Ihrer Couleur vertreten sind, gemeinsam den Kampf gegen das Doping führt und wir die Beschlüsse dort alle einvernehmlich fassen. Da gibt

es überhaupt keinen Streit und keinen Widerstand.

Es gibt nur bei Ihnen einen Punkt, den Sie vor sich hertragen wie eine Monstranz, und das ist die Bestrafung der Athleten.

(Hans-Theodor Peschkes [SPD]: Sie haben nicht zugehört!)

An dieser Stelle scheiden sich die Geister, weil wir fest glauben, dass das nicht der richtige Weg ist. Dabei gibt es in Bezug auf das, was gegen Handel und bandenmäßige Betätigung in Rede steht, überhaupt keine Diskussion. Die Frage ist: Wie steht es hier um die Strafbarkeit der Athleten? Dazu sagen wir: Das ist der falsche Weg.

Im Übrigen glauben wir Seit an Seit mit den Sportverbänden, dass an der Stelle der Weg über die Sportgerichtsbarkeit richtig ist. Das ist auch der Weg, den die Koalitionsfraktionen hier beschrieben haben. Ich glaube, da bedarf es keiner weiteren Erläuterung. Wir werden uns da nicht einig werden. Bei allen anderen Fragen, wie wir der Seuche Doping Herr werden können, gibt es aus meiner Sicht eine breite Übereinstimmung.

Dann kamen die Grünen und sagten: Wir wissen es zwar nicht so genau, aber vielleicht fordern wir auch noch einen neuen Straftatbestand, so ein bisschen Sportbetrug. Das ist natürlich spannend. Das heißt, Sie wollen dann, wenn es um Geld geht, einen Sportbetrugstatbestand greifen lassen, was im Umkehrschluss bedeutet: Wenn kleine Kinder um die Wette laufen, wo es nicht um Geld geht, kann auch ruhig gedopt werden.

(Lebhafter Widerspruch von Ewald Groth [GRÜNE])

Ja, aber das ist doch der typische Fall eines nicht durchdachten Vorschlages. Die Beseitigung von Sportbetrug werden Sie damit nicht hinbekommen. Das haben auch viele vor Ihnen schon erkannt. Sie leider noch nicht. Deswegen sollten Sie sich von diesem Vorschlag schnell verabschieden. Er ist genauso untauglich wie die Besitzstrafbarkeit beim Athleten. Das sagen Ihnen alle, die sich juristisch mit dem Thema auseinandergesetzt haben. Wir glauben, der Weg, der bisher gegangen worden ist, ist richtig.

Wir haben uns hier in Nordrhein-Westfalen auf das beschränkt, was wir selber tun können. Strafrechtsänderungen werden im Übrigen von der Bundesseite verabschiedet und nicht vom Landtag. Da ist zunächst einmal die Initiative auf Bundesebene gefordert. Wir werden dann, wenn entsprechende Vorschläge vorliegen, diese zu bewerten haben. Bis dahin legen wir aber nicht die

Hände in den Schoß, sondern wir tun all das, was wir mit den Sportverbänden und auch mit den Dopingkontrolleuren tun können, um diese Dinge auszurotten.

Es ist doch völlig klar, dass Sie durch keine noch so scharfe Strafnorm und keine noch so scharfe Kontrolle die hundertprozentige Sicherheit hinbekommen, dass so etwas nicht passiert. Das gibt es in keinem Bereich der Regelmissachtung; und deswegen auch beim Doping nicht.

Dass wir besser werden wollen, dass wir besser werden müssen, haben wir stets gemeinsam betont. Ich meine, der Weg der Gemeinsamkeit lohnt sich auch in der Zukunft. – Vielen Dank.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Minister. – Als nächster Redner hat für die Fraktion der SPD der Kollege Becker das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Mit meiner Kandidatur für den Landtag und mit meiner Wahl in den Landtag habe ich viele Hoffnungen und Träume verknüpft; das gebe ich ehrlich zu. Aber eines habe ich mir wirklich nicht vorstellen können: dass ich als Sozialdemokrat hier einmal stehen werde und eine Bundesratsinitiative der Bayerischen Staatsregierung verteidigen muss.

(Zustimmung und Heiterkeit von Hans- Theodor Peschkes [SPD])

Ich habe mir bei aller Fantasie nicht vorstellen können, hier einmal zu stehen und auf die Kolleginnen und Kollegen vor allem der CDU wie auf ein lahmes Pferd einreden zu müssen, damit sie die Politik ihrer bayerischen Schwesterpartei unterstützen.

(Beifall von der SPD)

Insofern zeigt die Beratung dieses Tagesordnungspunktes einmal mehr: Man lernt nie aus. Bei dieser Landesregierung und den sie tragenden Fraktionen ist wirklich nichts unvorstellbar.

(Beifall von der SPD)

Nun könnte es mir aufgrund der aktuellen Entwicklung in Berlin auch egal sein, ob Sie die Initiative Ihrer bayerischen Kollegen unterstützen oder nicht; denn die Große Koalition hat ja einen Kompromiss im Kampf gegen Doping gefunden: Die Besitzstrafbarkeit von Dopingmitteln wird eingeführt.

Aber, meine Damen und Herren von der Regierungsfraktion – und vor allen Dingen lieber Herr Müller –, es geht auch um die Glaubwürdigkeit der Politik. Es geht auch darum, den Fensterreden vom Sonntag am Montag oder besser am Mittwoch Taten folgen zu lassen.

(Beifall von der SPD)

Sie, Herr Müller, haben es mit Ihrer Forderung nach einem Anti-Doping-Gesetz bis in den Videotext des Westdeutschen Rundfunks geschafft. Vielleicht haben Sie es auch woandershin geschafft, aber ich habe es im Videotext gelesen. Das war im Sommer, als die Dopingskandale bei der Tour de France die Schlagzeilen und die Diskussion bestimmten.