Protokoll der Sitzung vom 09.03.2007

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte zunächst einmal die Gelegenheit nutzen, von Düsseldorf aus ein herzliches Wort an unsere Bundeskanzlerin zu richten. Sie hat beim Gipfel das Thema Klimapolitik so stark in den Vordergrund gerückt, wie es noch niemand vor ihr getan hat.

(Beifall von der CDU)

Stellen Sie sich einmal vor, meine sehr verehrten Damen und Herren, Bundeskanzler Schröder hätte das Thema Klimagipfel vor zwei oder drei Jahren schon so in den Mittelpunkt der Politik auf europäischer Ebene gestellt, wie es die Bundeskanzlerin in den letzten Tagen und Wochen getan hat. Dann wären wir in der Tat noch ein Stück weiter.

Noch einmal einen herzlichen Dank an Angela Merkel für diesen engagierten Einsatz für den Klimaschutz! Gerade mit dem politischen Gewicht, das die deutsche Bundeskanzlerin mit diesem Thema verbindet, werden wir mit diesem Thema ein Stück weiterkommen.

(Beifall von Werner Jostmeier [CDU])

Ich bin immer irritiert, wenn die Opposition zum Klimaschutz in Nordrhein-Westfalen redet. Schaue ich mir die Ergebnisse der vergangenen Jahre an, frage ich mich, ob sie sich wirklich dafür eignen, dass Sie sich immer wieder als Lehrmeister aufspielen. Solche Ergebnisse gibt es auch aus Ihrer Regierungstätigkeit nicht. Während Ihrer politischen Verantwortung ist der CO2-Ausstoß in den letzten Jahren in Nordrhein-Westfalen nur um 1 % gesenkt worden. In den vergangenen Jahren hat es minimale Fortschritte gegeben.

Diese Debatte wird auf einige wenige Bereiche verengt. Jeder sucht sich gerade das heraus, was offensichtlich in seine Argumentationskette passt.

Aber es lohnt sich immer wieder einmal, das eine oder andere Papier zu lesen.

Ich möchte noch einmal aus dem Papier „Konzept Energieforschung NRW“ der Wirtschaftsministerin zitieren;

(Beifall von Marie-Luise Fasse [CDU])

es geht um die unterschiedlichen Energietechnologien in Nordrhein-Westfalen, die auf diesem Weg mitgenommen werden sollen:

„Dabei zielt die Forschung insbesondere darauf, Energieeffizienz in den verschiedenen Energietechnologien und -systemen zu steigern und insgesamt den Energieverbrauch zu senken. Schwerpunkte werden sein: innovative CO2-arme Kraftwerkstechnik (fossil und nukle- ar), intelligente Netztechnik,“

Herr Abgeordneter Priggen, was Sie gefordert haben –

„Speichertechnologien,“

(Beifall von Holger Ellerbrock [FDP])

„Biomasse sowie Kraftstoffe und Antriebe der Zukunft, Brennstoffzelle und CO2-arme Wasserstofferzeugung, Solarenergie sowie die Extraktion von klimarelevanten Gasen aus der Atmosphäre. Dazu zählt auch die technologische Weiterentwicklung von Einspartechnologien und von weiteren erneuerbaren Energien, die insbesondere im Gebäudesektor zügig in die Umsetzung überführt werden müssen.“

Was die Debattenredner eingefordert hatten, wird bei diesem Konzept der Landesregierung umgesetzt.

Auf einen letzten Punkt, auf den das Umweltministerium stolz ist, möchte ich noch hinweisen: In der Regierungszeit dieser Landesregierung ist zum ersten Mal in Nordrhein-Westfalen ein Biomasseaktionsplan politisch auf den Weg gebracht worden.

(Beifall von CDU und FDP)

In der Vergangenheit hat es hier und da die Förderung von einzelnen Biomassekraftanlagen gegeben, aber es hat kein geschlossenes Konzept gegeben. Deswegen ist es gut, dass mit den anderen drei Punkten unseres Energieplans in Nordrhein-Westfalen gerade das Thema Biomasseplan in Nordrhein-Westfalen die Unterstützung der Landesregierung erfährt. Nordrhein-Westfalen ist anders aufgestellt als andere Bundesländer, weil es ein Flächenland ist. Aber es ist eben auch das Energieland Nummer eins. Deswegen werden die

prozentualen Anteile in Nordrhein-Westfalen nie mit Bayern, Niedersachsen oder Baden-Württemberg zu vergleichen sein.

Der Biomasseaktionsplan in Nordrhein-Westfalen führt vor dem Hintergrund, dass wir heute schon Flächenkonkurrenzen haben, dazu, dass wir bei diesem Thema weiterkommen. Für die Unterstützung möchte ich mich auch bei den Koalitionsfraktionen sehr herzlich bedanken.

(Beifall von CDU und FDP)

Ich bedanke mich bei Herrn Minister Uhlenberg. – Wir sind am Schluss der Debatte. Es liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor.

Wir kommen zur Abstimmung. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrags Drucksache 14/3845 einschließlich des Entschließungsantrags Drucksache 14/3932 an den Ausschuss für Wirtschaft, Mittelstand und Energie – federführend – sowie an den Ausschuss für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz sowie auch an den Ausschuss für Bauen und Verkehr. Die abschließende Beratung und Abstimmung ist im federführenden Ausschuss in öffentlicher Sitzung vorgesehen. Wer stimmt dieser Überweisungsempfehlung zu? – Wer ist dagegen? – Damit ist die Überweisung einstimmig angenommen worden.

Wir kommen zu Tagesordnungspunkt

4 Wirksame Klimaschutzmaßnahmen im Straßenverkehr ergreifen!

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 14/3848

Ich eröffne die Beratung und erteile für die antragstellende Fraktion Herrn Abgeordneten Remmel das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir hatten uns schon so etwas gedacht. Klimaschutz ist eben nicht nur die Energiepolitik. Klimaschutz in Nordrhein-Westfalen muss sehr breit angelegt sein. Deshalb darf man wesentliche Bereiche – das sagen uns jedenfalls die entsprechenden Studien – nicht vernachlässigen. Dazu gehört selbstverständlich die Frage danach, wie wir uns ernähren – die Landwirtschaft – und auch der

Verkehr. Deshalb haben wir diesen Antrag eingebracht.

Immerhin sagen die Statistiken und die Gutachter, dass der Verkehr insgesamt mit gut 20 % zur CO2-Belastung beiträgt. Das sind im Übrigen mit Abweichungen auch die Zahlen, die für NordrheinWestfalen gelten. Es gibt Rahmendaten, die uns dazu bringen müssen, darüber zu diskutieren: Die CO2-Belastung durch die Energieproduktion, durch die Industrie aber auch durch die Immobilien sinkt im europäischen Maßstab tendenziell. Aber die CO2-Belastung durch den Verkehr steigt. Wir müssen aufpassen – das ist unsere Diskussionsgrundlage –, dass die Reduktionspotenziale, die in anderen Bereichen erzielt werden können, nicht durch den Zuwachs im Verkehrsbereich aufgefressen werden.

(Beifall von den GRÜNEN)

Diese Zahlen lassen sich auch in NordrheinWestfalen fortschreiben; sie sind nicht neu. Meine Damen und Herren, es gab schon im Jahr 2000 eine Diskussion auf der Grundlage des Berichts der Enquetekommission. Diese Tendenzen sind absehbar. In der Tat stößt der Automobilverkehr weniger Schadstoffe aus. Die Autos sind in dieser Beziehung besser geworden. Aber der CO2Ausstoß nimmt zu, weil der Verkehr zunimmt. In den nächsten zehn Jahren wird der Güterverkehr – und insbesondere der Transitverkehr – in Nordrhein-Westfalen um gut 30 % zunehmen. Daran wird die Dimension deutlich, in der wir handeln müssen.

Meine Damen und Herren, an dieser Stelle müssen alle handeln: die Menschen mit ihrem Mobilitätsverhalten, die Politikerinnen und Politiker, der Landtag, der Bundestag durch Rahmensetzung und selbstverständlich auch die Automobilwirtschaft. Es ist richtig, dass Renate Künast hier provoziert hat, indem sie sagte: Kauft bei Toyota. – Im Übrigen ist sie indirekt vom Bundespräsidenten geadelt worden, der der Automobilwirtschaft nämlich massive Versäumnisse vorwirft; die Selbstverpflichtungen sind nicht eingehalten worden.

Kollege Priggen hat eben schon erwähnt, dass die Automobilindustrie lange auf das Prämiumsegment gesetzt hat. Heute Morgen ging noch eine Werbung von BMW durch’s Radio, dass am Samstag Dienstwagentag ist. – Meine Damen und Herren, angesichts der gegenwärtigen Klimadebatte ist solche Werbung eigentlich ein Hohn.

Das sagen wir nicht nur, weil wir uns mit der Automobilindustrie auseinandersetzen wollen, sondern weil es konkrete Anforderungen an den

Standort Nordrhein-Westfalen gibt. Wer Klimapolitik beim Verkehr und bei der Automobilwirtschaft betreiben will, muss Standortpolitik aus wohlverstandenem Eigeninteresse betreiben.

(Beifall von den GRÜNEN)

Denn die Automobilfirmen – zumindest die deutschen – geben derzeit den falschen Takt vor. Die Zulieferer geraten automatisch ins Stolpern. Wir brauchen einen anderen Takt, weil die Automobilzuliefererindustrie in Nordrhein-Westfalen besonders stark ist. Wenn man davon ausgeht, dass Massenprodukte weiterhin nötig sein werden, muss man in einem breiten Segment dafür sorgen, dass klima- und umweltfreundliche Autos produziert werden. Das ist auch für den Standort Nordrhein-Westfalen Zukunftsmusik.

Nordrhein-Westfalen braucht aus Eigeninteresse eine abgerundete CO2-Verkehrspolitik. Wir haben den Verdacht, meine Damen und Herren, dass die Bundesebene und insbesondere die Bundesminister den Vorschlag der CO2-Steuer gemacht haben, weil sie wissen, dass die Verkehrspolitik im Zentrum der Debatte steht. Wir brauchen allerdings ein umfassendes Konzept, das den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs nicht außen vor lässt. Statt die Regionalisierungsmittel zu kürzen, brauchen wir einen Ausbau. Ein solch umfassendes Konzept muss auch die klimaschädlichen Subventionen ins Auge fassen: das Dienstwagenprivileg, die Bevorzugung der Dieselfahrzeuge, selbstredend den Luftverkehr und natürlich auch den Agrardiesel.

Eine solche umfassende Strategie muss – das sagen jedenfalls die Zahlen des Umweltbundesamtes eindeutig – auch eine Maßnahme wie das Tempolimit ins Auge fassen, das mittlerweile von der Mehrheit der Bevölkerung befürwortet wird. 30 % der CO2-Emissionen des Verkehrs sollen nach den Zahlen des Umweltbundesamtes einzusparen sein. Natürlich brauchen wir auch eine CO2-Steuer, die sich an der Grundlage orientiert, dass diejenigen, die viel CO2 produzieren, weil sie mehr Kraftstoff verbrauchen, mehr belastet werden, um eine soziale Ausgewogenheit bei der Unterklasse hinzubekommen.

Wir brauchen also eine umfassende Strategie und keine Reflexe, wie sie meiner Meinung nach auch ein bisschen durch die Bundesregierung provoziert worden sind. Nachdem man für die Baustelle Partikelfilter über einen quälenden, langen und zerrenden Prozess halbwegs eine Lösung hinbekommen hat, wurde direkt ein neues Thema in den Käfig geworfen, und das Gezerre ging von vorne los.

Gerade in Nordrhein-Westfalen ist deutlich geworden, dass Sie in dieser Diskussion entschieden unentschieden sind: Der Umweltminister befürwortet einen solchen Weg, die Wirtschaftsministerin ist dagegen, und der Finanzminister duckt sich gleich weg.

Meine Damen und Herren, das ist nicht das, was wir an konzeptioneller Politik im Bereich Klimaschutz und Verkehr in Nordrhein-Westfalen brauchen, und deshalb ist es richtig und wichtig, dass wir hier und in den Ausschüssen darüber diskutieren. Unser Antrag sollte dazu einen Beitrag leisten. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Remmel. – Für die CDU-Fraktion hat der Abgeordnete Burkert das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Antrag von Bündnis 90/Die Grünen „Wirksame Klimaschutzmaßnahmen im Straßenverkehr ergreifen! … Der Bundestag wolle beschließen …“ Entschuldigung, ich habe jetzt die Bundestagsdrucksache 16/4429 vorliegen, obwohl wir hier eigentlich über den Antrag von Bündnis 90/Die Grünen in Drucksache 14/3848 debattieren wollen. Es stellt sich also die Frage, wer von welchem Antrag abgeschrieben hat: Entweder hat sich die Landtags- oder die Bundestagsfraktion nicht die Mühe gemacht, eigene Gedanken in den Antrag einzubringen.

Aber wie schon in der Landtagsdrucksache 14/284 hat sich Bündnis 90/ Die Grünen die deutsche Automobilindustrie zum Feindbild auserkoren. Erst pries man uns ein chinesisches Fahrzeug als das Nonplusultra im Umweltschutz an. Heute sind es die Japaner und Koreaner.

Für einen Vergleich des CO2-Ausstoßes zwischen den europäischen und den eben genannten Autos darf ich Ihnen die Ergebnisse einer Untersuchung des VDA für das Jahr 2002 nennen: Danach können die europäischen Automobilhersteller einen Rückgang auf 165 g/km, die japanischen einen Rückgang auf 174 g/km und die koreanischen einen Rückgang auf 183 g/km CO2 für ihre Autoflotten verzeichnen. Damit liegen die deutschen Automobilhersteller beim CO2-Ausstoß und somit auch beim Kraftstoffverbrauch deutlich vor den Kollegen aus Japan und Korea.

Das Bestreben der Europäischen Union, forciert von unserer Bundeskanzlerin Angela Merkel, bis zum Jahr 2012 die CO2-Emissionen der europäi