Leider ist der Standort Gelsenkirchen durch die Vorgänge um das Inkubator-Zentrum EmscherLippe in eine öffentliche Schieflage geraten. Deshalb unterstützen wir die Bemühungen der Landesregierung, die Vorgänge lückenlos aufzuklären und die Verantwortlichen in Hochschule, Wirtschaft und last, not least Politik zur Rechenschaft zu ziehen.
Die gestrige Sondersitzung hat gezeigt, dass die jetzt verantwortlichen Ministerien dabei sind, Licht in die Affäre zu bringen, die bereits im Jahr 2001 ihren Anfang nahm.
Der Versuch der Opposition, die Verantwortlichkeiten der früheren Landesregierung für eklatante Verstöße gegen das Vergaberecht und eine ordnungsgemäße Mittelverteilung zu leugnen oder zu schmälern, sind durchsichtig und laufen ins Leere.
Erstens: Stichwort Strukturhilfegesetz. Bei der Genehmigung des Förderantrages wurden die Vorgaben dieses Gesetzes nicht genügend beachtet. Schwerwiegende Fehler wurden begangen, wie der Landesrechnungshof festgestellt hat. Diese Vorschriften hätten aber aufgrund der Höhe der Förderung von 5,1 Millionen € vom damaligen Wissenschaftsministerium unbedingt beachtet werden müssen. Es geschah jedoch nicht. Es ist völlig unverständlich, dass die damaligen Verantwortlichen, Staatssekretäre und Minister/-innen, nicht darauf gedrungen haben bzw. nicht zumindest eine genaue Prüfung angeordnet haben. Diese Personen haben ja Namen. Ich nenne nur drei: Kraft, Krebs, Schartau.
(Prof. Dr. Gerd Bollermann [SPD]: Das ist ei- ne Unterstellung, Herr Kollege! Das haben Sie gestern auch schon zurücknehmen müs- sen!)
Zweitens. Von Anfang an wusste man aufgrund einer Machbarkeitsstudie, dass vor allem der Standort Gelsenkirchen für ein solches Unternehmen hinterfragt wurde. Dann gab es einfach eine zweite Machbarkeitsstudie. Da wurde die ganze Sache etwas schöner dargestellt. Alles zulasten des Steuerzahlers!
Drittens. Es ist völlig unverständlich, dass es eine pauschale Zuweisung gab – keine Zuwendung –, die dem Inkubator-Zentrum selbst zur Verfügung gestellt wurde. Bei einer Höhe von 5,1 Millionen €! Das waren früher 10 Millionen DM. Das muss man sich einmal vorstellen! Die Verantwortung wurde einfach aus der Hand gegeben.
Was hat die Politik, die Landesregierung dazu getrieben? Die schnelle Schlagzeile, ein Leuchtturm mehr, ohne alles sorgfältig geprüft zu haben! Wir haben das an dieser Stelle auch schon oftmals deutlich gemacht.
Viertens: Stichwort Beirat. Durch den Beirat waren von Anfang an die damaligen Ministerien für Wissenschaft, Wirtschaft und Finanzen in die Projekte des Zentrums mit eingebunden. Man muss davon ausgehen – das wissen Sie auch –, dass die Ministerien zumindest ab April 2004 über die internen Schwierigkeiten zwischen FH und Inkubator
Zentrum informiert waren. Warum wurde nicht damals schon gehandelt? Schwingen Sie sich jetzt nicht zum Richter über die letzten zwei Jahre auf – dazu komme ich gleich noch –, sondern legen Sie den Fokus Ihrer Ermittlungen auf das, was Sie zu verantworten haben!
Alles in allem, meine Damen und Herren, ergibt sich also das Bild, dass dieses Inkubator-Zentrum in Gelsenkirchen ein Leuchtturmprojekt war, ein Schlagzeilengeber ohne Rücksicht auf Verluste – sprichwörtlich Verluste, die wir jetzt haben – und unter Missachtung von Sorgfalt und Kontrolle. Das haben wir gestern deutlich gemacht; das ist auch in der Presse wiedergegeben worden. Auf Biegen und Brechen sollte das durchgesetzt werden. Das 12-Punkte-Programm von Minister Clement hat dieses Zentrum ja auch gewürdigt; es sollte also zügig vorangetrieben werden. Jetzt wissen wir, was Sie unter „zügig“ verstehen.
Ich fasse zusammen: Mit der alten Förderkulisse aus Schlagzeilen, Leuchttürmen und Durchwinken ist es seit der letzten Landtagswahl vorbei. Das neue Hochschulrecht und die neue Förderkultur des Wettbewerbs, angefangen mit der neuen Landesregierung, lassen solche Entwicklungen Gott sei Dank nicht mehr zu.
Wir sind sicher, meine Damen und Herren, dass der Landesrechungshof und die beteiligten Ressorts sowie die ermittelnden Behörden alles tun werden, um eine weitere Aufklärung über diese zwielichtigen Vorgänge zu Zeiten einer untergegangenen Regierung zu erlangen. – Herzlichen Dank.
(Beifall von CDU und FDP – Carina Gödecke [SPD]: Das ist keine besondere Leistung, sondern Ihre verdammte Pflicht und Schul- digkeit!)
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die „Rheinische Post“ schrieb heute als Charakterisierung der gestrigen Sitzung, die CDU-Fraktion sei narkotisiert gewe
Ich weiß nicht, wie man es schaffen kann, in einer Fünfminutenrede mindestens fünfmal den Begriff „Leuchtturm“ zu benutzen.
Herr Kollege Kuhmichel, darf ich einmal ganz kurz daran erinnern, dass dieser Inkubator ein zentrales Projekt für den Strukturwandel in der Emscher-Lippe-Region war? Er war kein rot-grünes Projekt, sondern – wenn Sie nicht narkotisiert wären, würden Sie das wissen – ein regionales Projekt.
Wenn Sie Namen nennen, dann machen wir es doch ganz einfach. Wer war denn an diesem regionalen Projekt besonders interessiert? Der damalige Oberbürgermeister Wittke, der Landrat des Kreises Recklinghausen (CDU) und der Regierungspräsident von Münster (CDU)!
Wir hatten gestern eine Sitzung des Haushaltskontrollausschusses. Die war recht heftig, dauerte sehr lange, war aber auch sehr nötig. Wir haben verabredet, dass wir nach der Osterpause am 24. April 2007 sofort weitermachen und uns weiter damit befassen werden. Wir werden auch noch ein paar schriftliche Fragen dazu stellen. Ich frage mich, ob dieser Eilantrag, den wir jetzt hier beraten, damit nicht eigentlich gegenstandslos geworden ist.
Gestern sind viele Fragen offen geblieben. Die werden wir noch klären. Auch die zwei wichtigsten Fragen sind noch immer nicht geklärt: Warum wurde auf die warnenden Hinweise auf Unregelmäßigkeiten bei der Inkubator GmbH so spät reagiert? Wurde alles Erforderliche getan, um Schaden vom Land abzuwenden und um die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen?
Wir wissen – da hat Herr Staatssekretär Baganz völlig Recht –: Natürlich hat es da ein hohes Maß an krimineller Energie gegeben. Aber als sie vom Landesrechnungshof entdeckt worden war, hätte man sofort etwas tun müssen. Denn sobald so etwas ans Tageslicht kommt, muss unverzüglich reagiert werden. Genau das ist aber nicht passiert.
Am 25. Mai 2005 hat die NRW.BANK einen ersten Warnhinweis an das Wirtschaftsministerium gegeben. Geschehen ist offensichtlich nichts. Dann
hat es 2006 während der Prüfung mündliche Hinweise des Landesrechnungshofes gegeben. Wieder keine Reaktion! Deshalb wendete sich der Rechnungshof am 18. Oktober 2006 schriftlich an das Wirtschaftsministerium. Er schrieb wörtlich – ich zitiere –:
„Der Landesrechnungshof sieht dringenden Handlungsbedarf und bittet das Ministerium, dafür Sorge zu tragen, dass die mit der Abwicklung der Zuwendung zu erfüllenden Aufgaben unverzüglich wahrgenommen werden, insbesondere keine unberechtigten Auszahlungen mehr erfolgen, die ausstehenden Verwendungsnachweisprüfungen nachgeholt und die erforderlichen Konsequenzen gezogen werden.“
Wurde jetzt endlich durchgegriffen? Nein. Seit gestern wissen wir: Es wurde sogar weiter Geld gezahlt, zuerst in bar und dann im Wege der Aufrechnung mit Gegenforderungen. Schlimmer noch: Das Wirtschaftsministerium hat es nicht für nötig gehalten, die anderen betroffenen Ressorts überhaupt zu informieren.
Der Wissenschaftsminister, der gleich wohl antworten wird, hat nach eigenen Angaben erst am 28. Dezember 2006 von dem Sachverhalt Kenntnis erhalten. Bei ihm lagen weitere Förderanträge aus dem Umfeld des Inkubators in Millionenhöhe vor. Geklärt werden muss, ob Auszahlungen an die Betrüger hätten verhindert werden können, wenn die Landesregierung ihre Arbeit im Kern besser koordiniert hätte.
Der Landesrechnungshof hat Konsequenzen gefordert. Wie sollen die gezogen werden, wenn die Informationen im Wirtschaftsministerium einfach liegen bleiben? Auch der Finanzminister und der Innenminister wurden nicht informiert, wie wir gestern erfahren haben – der Innenminister offensichtlich bis heute nicht. Dabei hat er die zuständige Dienstaufsicht über den Regierungspräsidenten in Münster; er muss über mögliche disziplinarrechtliche Schritte entscheiden.
In der abschließenden Würdigung des Landesrechnungshofes steht ausdrücklich, dass die beiden Stellen, die versagt haben, die Fachhochschule Gelsenkirchen und die Bezirksregierung Münster sind. Wenn das kein Hinweis für einen Innenminister ist, einmal darüber nachzudenken, was in Münster passiert ist! Ich verstehe das nicht.
Der Landesrechnungshof hat Konsequenzen gefordert. Wie sollen die gezogen werden, wenn die Informationen im Wirtschaftsministerium liegen bleiben?
Staatssekretär Baganz hat gestern versucht zu erklären, warum er sein Haushaltsprojekt Inkubator bis Februar positiv beurteilt hat. Die Begründung von ihm war, er habe erst jetzt genauer hingeschaut. Gab der Brief des Landesrechnungshofes vom 18. Oktober 2006 denn keinen hinreichenden Anlass dazu? Mussten erst vier Beteiligte verhaftet werden, damit sich die Landesregierung ernsthaft mit dieser Sache beschäftigt?
Jetzt versuchen Sie, dieses Projekt als von vornherein zum Scheitern verurteilt darzustellen, wie Herr Kollege Kuhmichel es gerade getan hat. Die Antwort dazu habe ich Ihnen am Anfang meiner Rede gegeben.
Sie blicken nur deshalb so weit zurück, weil Sie von aktuellen Fehlern ablenken wollen. Die sind gestern in der vierstündigen Sitzung des Haushaltskontrollausschusses sehr deutlich geworden. Bis Ende Februar hat die Landesregierung an der Inkubator GmbH festgehalten. Der neue Geschäftsführer war in Ihren Augen Garant einer ordnungsgemäßen Geschäftsführung, obwohl der Landesrechnungshof schon im Oktober in seinem Bericht auf die Rolle des Geschäftsführers im Geflecht um den Inkubator hingewiesen hatte. Bis heute verlangen Sie nicht die Abberufung des Geschäftsführers, noch nicht einmal seine Beurlaubung.
Das Wissenschaftsministerium, das jetzt über den Staatskommissar direkten Zugriff auf die Inkubator GmbH hätte, will sich erst einmal – Zitat von gestern – über die Sach- und Rechtslage informieren. – Wann hören Sie endlich auf, herumzulavieren? Wann handeln Sie endlich?