Herr Kuschke, wir sollten hier darüber reden, wie Mittel korrekt verwendet werden. Sie haben die Fachhochschule Gelsenkirchen angesprochen. Ich wäre da an Ihrer Stelle sehr schamhaft. Schließlich haben Sie diese Dinge seit 2001 in Regierungsverantwortung begleiten müssen, aber eine Kontrolle ist letzten Endes nicht erfolgt. Das Ergebnis heute der neuen Landesregierung anzulasten, ist schon ein Bubenstück, das Sie hier abliefern wollen.
Das wird Ihnen aber nicht gelingen, denn Sie tragen die Verantwortung für eine falsche Mittelvergabe.
Sie haben dem Ruhrgebiet im Übrigen einen Bärendienst erwiesen und diejenigen, die den Skandal verursacht haben, allemal. Das wird noch in einer gehörigen Art und Weise auf Sie zurückfallen, meine Damen und Herren.
Raum, die flächenbezogenen Prämien in die ländliche Struktur wandern, ist ein Gesetz, das klar und auch logisch ist. Dass die industrielle Förderung mehr ins Ruhrgebiet gegangen ist, ist auch eine Logik, die sich jedem erschließt. Allerdings kann ich mir, lieber Herr Kuschke, nicht erklären, warum Sie diese Aktuelle Stunde beantragt haben. Ich kann die gravierende Notwendigkeit für diese Thematik heute nicht erkennen. Da wir sie nun durchführen, lassen Sie uns über das reden, was im Ruhrgebiet passiert ist:
War das, was die alte Landesregierung im Ruhrgebiet auf den Weg gebracht hat, erfolgreich? War der Mitteleinsatz im Ruhrgebiet so, dass er das Ruhrgebiet nach vorne gebracht hat?
Wenn wir jetzt neue Förderwege beschreiten, weil die alten nicht effektiv genug waren, dann sind wir auf einem guten Weg. Wenn wir mit der neuen Landesregierung den Wettbewerb und nur noch Vorhaben fördern wollen, die sich im Wettbewerb bewährt haben, die tragfähig sind, die der Region dienen, dann kommen wir weg von Entscheidungen à la CentrO. Die Entscheidung dort hat nur Oberhausen gedient, aber die Nachbarschaft geschädigt. Dann kommen wir weg von Dingen wie HDO, die sich zum Schluss als reine Geldvernichtungsmaschine erwiesen und nicht einen Arbeitsplatz in die Region gebracht haben, Frau Kraft. Dass Sie dazu noch amüsant lächeln können, zeigt wiederum, wie wenig Sie sich Ihrer Verantwortung bewusst sind.
Sie haben im Übrigen eine Vergangenheit. Die Opposition hatte die Verantwortung für diese Region und hat sie nicht gut genug nach vorne gebracht. Wir werden uns um das Ruhrgebiet kümmern und mit der Hilfe der Landesregierung in Nordrhein-Westfalen erfolgreich machen.
Im Übrigen, werte Frau Kraft, habe ich ein Zitat von Oberbürgermeister Baranowski im Kopf, der sagt, die Sozialdemokratie hätte seit den 70erJahren Erfahrungen mit dem Strukturwandel und mit Förderungen im Ruhrgebiet. Das aus dem Bereich Gelsenkirchen zu hören ist unter Betrachtung der Geschehnisse um die Fachhochschule Gelsenkirchen eine Farce.
Ihre Aufregung in Ehren! Ich wäre an Ihrer Stelle auch aufgeregt, wenn es um die Fachhochschule ging; denn Ihre Verantwortung wird noch klar zur Sprache kommen, Frau Kraft.
Ich glaube, dass die Landesregierung auf einem guten Weg ist. Die Standortpolitik wird für ganz Nordrhein-Westfalen durchgeführt. Alle Regionen Nordrhein-Westfalens werden ihre Chancen bekommen. Die Landesregierung wird sie dabei unterstützen und begleiten.
Es wird Aufgabe der Landesregierung sein, sicherzustellen, dass insbesondere die Kommunen in der Haushaltssicherung, im Nothaushaltsrecht die Chance haben, sich am Wettbewerb zu beteiligen, Herr Kuschke. Sie wird dies gewährleisten. Darauf können Sie sich verlassen, so wie sich die Menschen in Nordrhein-Westfalen auf diese Landesregierung verlassen können. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Kuschke, ich sage ausdrücklich: Ich war gespannt auf Ihren Beitrag. Aber abgesehen von den poetischen und märchenhaften Anfängen hat er mich nicht mehr überzeugt als die Begründung Ihres Antrags selbst. So werden wir in der Diskussion nicht weiterkommen.
Unser Job im Parlament bei der Vergabe von Steuermitteln – dazu zählen natürlich in hohem Maße auch die EU-Mittel, die ja auch von anderen Ländern erwirtschaftet worden sind – muss es doch sein, sie nach nachvollziehbaren Kriterien zu vergeben. Das ist die erste Pflicht, die wir als Abgeordnete haben.
Die zweite Pflicht ist, dass wir sie transparent und nach den gemeinhin bekannten Spielregeln auch des Landesrechnungshofes und der EUKommission zu verteilen haben. Ich bin etwas überrascht, wie schnell Sie damit fertig sind. Was unsere Einschätzung zum Skandal der Fachhochschule Gelsenkirchen angeht, sind wir noch lange nicht am Ende der Aufklärung, sondern gerade einmal am Anfang.
Ich bin gespannt, wie Sie sich nachher zu unserem entsprechenden Eilantrag verhalten, meine Damen und Herren.
Schwarz-Weiß-Malerei hilft nicht, Herr Hovenjürgen, und Schlechtreden hilft auch nicht. Es ist nicht alles neu und es nicht alles verkehrt gewesen. Sie werden auch nicht alles richtig machen. Lassen Sie uns bitte im Interesse der Regionen versuchen, an einem Strang zu ziehen; denn hierbei kommt es unseres Erachtens nicht so sehr auf die Farbenlehre an.
Wir brauchen aus unserer Sicht, was die Verteilung der EU-Mittel angeht, einen Dreiklang: faire Chance/fairer Wettbewerb, Solidarität – die nennen CDU und FDP nicht – und Ansporn für nachhaltige Entwicklung. Diese drei Kriterien, dieser Dreiklang muss doch für uns die Maßgabe sein, das Land NRW insgesamt aufzustellen.
Wenn wir zu einer breiten Akzeptanz der Mittelverwendung kommen wollen – das sage ich als Kind des Ruhrgebiets, das jetzt im Bergischen Land lebt –, dann müssen wir aufhören, die Regionen gegeneinander auszuspielen und Neid und Missgunst zu schüren.
Der Antrag der SPD, Herr Kuschke – ich kann Ihnen das nicht ersparen –, ist der Versuch, sich als Ruhrgebietspartei zu profilieren. Ich möchte ausdrücklich sagen: Das ist aus unserer Sicht ein untauglicher Versuch,
weil Sie, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, das Lied vom Ruhrgebiet als einer Region voller Schwächen und Defizite singen. Sie zeichnen die Konturen eines Ruhrgebiets, das sich hinter anderen Regionen verstecken muss
und im Wettbewerb mit anderen Regionen nicht bestehen kann. Das ist nicht das Ruhrgebiet, wie ich es im Jahr 2007 erlebe,
Sie haben Gott sei Dank nicht mit allem Schluss gemacht, setzen die Ruhr-Triennale und andere Förderprogramme fort. Das Ruhrgebiet im Jahr
2007 – darauf bin ich stolz – ist eine dynamische Region, eine selbstbewusste Region, die sich mit anderen Regionen nicht nur messen kann, sondern auch messen will.
Insofern stimme ich ausdrücklich den Wirtschaftsförderern aus der Region zu. Sie sagen nämlich: Das Ruhrgebiet braucht keine Krückstöcke in Form von Vorabreservierungen von Mitteln oder in Form von wettbewerblichen Sonderregelungen. Im Gegenteil: Für die Region ist es letztlich von Vorteil, sich künftig zum Beispiel mit der Region Aachen vergleichen zu können.
Dieses alte und neue Selbstbewusstsein zu stützen und so der Region einen zusätzlichen Aufbruchimpuls zu geben, das ist es, was das Ruhrgebiet von der Politik dieses Hauses zu Recht erwartet. Genau das, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, leisten Sie mit Ihrem Vorstoß heute leider nicht.
Sie wollen Anwälte des Ruhrgebiets sein, im Ergebnis aber schießen Sie Ihrem Mandanten mit Ihrem Auftreten einmal mehr ins Knie.
Dabei gibt es genug offene Baustellen in Verbindung mit den EU-Strukturmitteln, an denen das Ruhrgebiet wie auch andere Regionen in Nordrhein-Westfalen die konstruktive Unterstützung seitens des Landes und der Fraktionen hier im Hause benötigt. Die regionalen Akteure wollen wissen, wie sie sich auf die zukünftigen wettbewerblichen Vergaben vorbereiten können, wie sie sich diesbezüglich organisatorisch aufstellen sollen, wie sie Kooperationen mit benachbarten Regionen organisieren und wie bzw. auf welchen Feldern sie gute Ideen für gute Projekte entwickeln können.
Meine Damen und Herren, diese breite Unterstützung des Landes ist auch deshalb so wichtig, weil in der Förderperiode 2007 bis 2013 mehr Strukturfördermittel zur Verfügung stehen als jemals zuvor: inklusive nationaler Kofinanzierung allein an Mitteln für regionale Entwicklung knapp 2,6 Milliarden €.
Angesichts dieser Wahnsinnssumme – wann haben wir schon so viel Geld zu verteilen? – geht es nicht darum, möglichst viele Mittel vorab für eine bestimmte Region zu reservieren, sondern darum, die Projekte zu definieren und qualitätssichernd zu entwickeln, die das Land und seine Regionen auf dem Weg in die Wissensgesellschaft wirklich voranbringen.
Es geht darum, dafür Sorge zu tragen, dass Kommunen mit Haushaltssicherungskonzept bzw. Nothaushalt nicht von der Strukturförderung ausgeschlossen werden – darauf haben die Kollegen der SPD zu Recht hingewiesen –, etwa weil sie den kommunalen Eigenanteil nicht darstellen können.
Wir Grüne sagen dazu: Projekte, die einen besonderen Beitrag zur Bewältigung des Strukturwandels leisten oder aufgrund ihres besonderen Innovationspotenzials Best-Practice-Charakter haben, dürfen nicht an einer formalistischen, restriktiven Aufsichtspolitik von Land und Bezirksregierung scheitern. Gerade Städte und Gemeinden mit Haushaltsnöten brauchen Investitionsspielräume und Flexibilität.