Protokoll der Sitzung vom 29.03.2007

Sie haben viel an Vertrauen und an gutem Willen verspielt. Sie wissen, auch die sozialdemokratisch geführte Landesregierung hatte Probleme und Konflikte mit Gewerkschaften und Beschäftigten des öffentlichen Dienstes. Aber die Rasanz, mit der Sie in 22 Monaten das gesamte Porzellan zerdeppert haben, bis hin zu dem geplatzten Gipfel gestern, der im Innenministerium stattfinden sollte und bei dem Gewerkschaftsvorsitzende wieder auf einen beamteten Staatssekretär trafen, der keine politische Handlungsvollmacht hat, zeigt, wes Geistes Kind Sie eigentlich sind.

Ich wiederhole gerne noch einmal die Worte eines sozialdemokratischen Arbeitsministers, der als Letzter nach 39 Jahren wirklich behaupten kann, ein richtiger Arbeitsminister gewesen zu sein, nämlich Herr Schartau. Er hat gesagt: Wenn Sie den Beschäftigten wirklich etwas Gutes wollen, dann brauchen Sie die Mitbestimmungsrechte nicht abzubauen, und dann brauchen Sie für Ihre Maßnahmen im Grunde genommen auch kein PEM.

(Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Herr Rudolph. – Für die CDU-Fraktion hat Herr Klein das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn man sich die Einlassungen der Kollegen Sagel und Rudolph auf die anfängliche Frage von Frau Kollegin Walsken, wofür das denn alles gut sein soll, anschaut, erschließt sich einem das in der Tat nicht auf den ersten Blick, weil ja offenbar die Welt völlig in Ordnung ist. Offensichtlich hat NordrheinWestfalen überhaupt keine Probleme: nicht zu viel Personal und einen wunderbar soliden Haushalt. Sie haben ja schon alles gemacht. – Das haben wir mehr oder weniger Ihren Beschreibungen entnommen.

Aber Sie sehen doch selber: Das ist doch eine völlig unsinnige Beschreibung angesichts des Scherbenhaufens, den Sie uns hinterlassen haben!

(Beifall von der CDU – Zuruf von der SPD: Wieder die Nummer!)

Ganz abgesehen davon hat der Finanzminister eben gesagt: Ein entscheidender Punkt, die Motivation, ist die Haushaltssanierung.

(Rüdiger Sagel [GRÜNE]: 10 Millionen Mehrkosten!)

Dass das in einem gerade auf Personalkosten aufbauenden Gesamthaushalt nötig ist, ist keine neue Erkenntnis der neuen Koalition, sondern offensichtlich auch eine Erkenntnis der alten Landesregierung gewesen. Denn – insofern wäre es vielleicht gut, wirklich einmal zuzuhören, obwohl Sie es eigentlich wissen müssten – die kwVermerke in diesem Landeshaushalt sind schon von Ihrer, der früheren Landesregierung ausgebracht worden.

Das bedeutet doch: Es ist von Ihnen festgestellt worden, dass es in Nordrhein-Westfalen einen Personalüberhang gibt, der im Interesse des Landes und des Haushalts abzubauen ist. Danach haben Sie sich aber weitgehend mit dieser Feststellung begnügt und nicht weiter gehandelt. Sie haben kw-Stellen ausgebracht, aber passiert ist wenig. Wir müssen aber auch an dieser Stelle zu schnelleren Ergebnissen kommen, wenn wir etwas für die künftige Sanierung unseres Landeshaushalts tun wollen.

Ein zweiter Punkt, der neben der Haushaltssanierung wichtig wäre und den wir in Zukunft gemeinsam angehen sollten, ist, dass wir durchaus in der Lage sind, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dieses Landes mit dem Personaleinsatzmanagement Chancen zu bieten. PEM bedeutet auch Qualifizierungsmaßnahmen, Vermittlungsmaßnahmen, die es den Menschen erlauben, vielleicht noch viel befriedigendere Aufgaben in diesem Lande zu übernehmen. Es geht darum, mit vorhandenen Ressourcen das Optimale für dieses Land zu tun.

Wenn Sie sich die Zahlen in Berlin anschauen, sind 4.100 Beschäftigte über PEM aus ihren ursprünglichen Positionen ausgeschieden. 2.900 davon haben auf freien Behördenstellen andere Funktionen übernommen. Vorhandene Ressourcen nutzen, gemeinsam Kraftanstrengungen unternehmen, um den richtigen Job für die Mitarbeiter, die heute an einer Stelle sitzen und arbeiten, wo sie eigentlich nicht gebraucht werden – das ist etwas zutiefst Arbeitnehmerfreundliches.

(Gisela Walsken [SPD]: Och, nee!)

Ich würde mich freuen, wenn wir daran gemeinsam arbeiten könnten.

Berlin macht das vor. Ich wünsche mir – deswegen wird gehandelt –, dass wir nicht erst zu einem so katastrophal späten Zeitpunkt wie Berlin anfangen zu handeln, sondern jetzt. Das bedeutet aber nicht, dass das Vorgehen in Berlin falsch wäre. Deswegen ist es richtig zu schauen – das haben Sie gar nicht weiter kommentiert –, was sogar ein rot-roter Senat in Berlin an Beschlüssen fasst und umsetzt. Das müsste Ihnen doch zu denken geben.

Das ist für uns eine Markierungslinie, aber gleichzeitig lernen wir natürlich auch aus Fehlern, die dort passieren. Deswegen ist es richtig, einen viel flexibleren Ansatz zu wählen und noch mehr Ressortverantwortung zu behalten, als das in Berlin der Fall ist, damit wir mit entsprechenden Anreizen die Möglichkeit haben, die Probleme, die wir angehen müssen, vor Ort anzugehen.

Es wäre richtig, in den nächsten Wochen und Monaten über Details zu sprechen. Wir müssen im Einzelnen darüber reden, wie die Entwicklungsmöglichkeiten für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dieses Landes wirklich optimal genutzt werden können, und zwar nicht nur mit allen Fraktionen hier im Hause, sondern gerade auch mit den Vertreterinnen und Vertretern unserer Beschäftigten. Nur dann erreichen wir eine wirklich befriedigende Arbeitsatmosphäre für viele in diesem Lande.

Und – das möchte ich zum Abschluss sagen – wir setzen damit auch die dringend notwendige finanzielle Sanierung dieses Landes gerade im Interesse der künftigen Generationen erfolgreich fort. Denn Generationengerechtigkeit und Haushaltspolitik sind die sozialen Schlüsselthemen der Gegenwart. Wir stellen uns diesen Herausforderungen, selbst wenn im Einzelfall schwierige Entscheidungen getroffen werden müssen. Wir müssen aus diesem Grunde hier an dieser Stelle weitermachen.

Ich lade Sie ein, sich aktiv zu beteiligen, und fordere Sie auf, sich nicht in diese Ecke zu stellen: Wir sind gegen alles, nur weil diese Regierung es vorschlägt. – Machen Sie mit! Partizipieren Sie an diesem weiteren Diskussions- und Entscheidungsprozess und sorgen Sie dafür, dass wir gemeinsam auf der Basis dieses Gesetzentwurfs das Beste für unser Land erreichen!

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Klein. – Jetzt hat noch einmal der Finanzminister ums Wort gebeten.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zwei Punkte aus Ihren Ausführungen, Herr Kollege Rudolph, möchte ich aufgreifen und versuchen, aus unserer Sicht darzustellen.

Erstens haben Sie gefragt, wie sich die Ausführungen des Kollegen Weisbrich, der von 34.000 Leuten, also 10 %, gesprochen hat, mit den 12.000 verträgt, von denen ich gesprochen habe. Der Kollege Weisbrich hat die Ergebnisse der Hartmann-Kommission, die Ihnen sicherlich geläufig sind, vorgetragen. Diese Kommission sagte damals: Ihr habt eine Fluktuation von 2 % pro Jahr; bei fünf Jahren einer Legislaturperiode sind das 10 %. 10 % von 340.000 Stellen sind 34.000. Das ist die natürliche Fluktuation.

Wir haben das insofern geändert, als wir nur von 1,5 % Fluktuation ausgegangen sind. Wir mussten nämlich den Hochschulbereich – dieser ist ja auch verselbstständigt worden – und weitere Bereiche herausnehmen. Dafür wurden wir von Ihnen zum Teil gescholten; Sie haben uns vorgeworfen, dass wir so kein Personal abbauen könnten. Sie wissen, dass wir die Bereiche Finanzen, Schule, Hochschule, Justiz und Polizei herausgenommen haben. Das sind rund 290.000 Stellen; also bleiben nicht mehr viele übrig. Das ist die Differenz, die es hier aufzuklären gilt.

Die 12.000 kw-Vermerke sind da, und ich sage Ihnen: Wir rechnen damit, dass wir im Laufe der nächsten Jahre weitere 3.000 bis 4.000 kwVermerke im Rahmen der Umorganisation der Landesverwaltung zusätzlich bekommen werden. Um diese Zahlen geht es; hier ist also relativ schnell Klarheit zu schaffen.

Ich will den zweiten Punkt gerne aufgreifen; dieser betrifft die Mitbestimmung. Wir ändern das Landespersonalvertretungsgesetz nicht wegen PEM, sondern weil wir auch in diesem Bereich schneller werden wollen. Darüber wird eine separate Diskussion geführt.

Ich habe hier vorgetragen: Die einzige Ausnahme, die wir machen, betrifft im Grunde genommen die Abordnung vom PEM an eine andere Behörde für die Dauer von drei bis zwölf Monaten. Falls Sie es nicht polemisch artikulieren wollen, werden Sie den Hintergrund dafür schnell nachvollziehen können: Wenn es Krankheitsfälle gibt – Dauerkranke – und schnell Leute abgeordnet werden

müssen, dann kann man nicht das langwierige Verfahren laufen lassen.

Von der Behörde selber bzw. vom Ressort ins PEM haben wir Mitwirkung vorgesehen. Dazu haben wir in der Verbändeanhörung fast keine kontroversen Aussagen seitens der Gewerkschaften gehört. Denn sie wissen genau – das wissen Sie ja auch –, dass vorher, nämlich bei den Fragen Sozialauswahl und Kriterien, wer überhaupt dafür zuständig ist, die Mitbestimmung selbstverständlich stattfindet. Und dann ist der zweite Akt, die Abordnung ins PEM, einer Mitwirkung unterzogen. Insofern glaube ich nicht, dass es diesbezüglich große Diskussionen geben wird.

Die Dauer von drei bis zwölf Monaten wird sicherlich zu Diskussionen führen; darüber muss man selbstverständlich auch reden. Der rot-rote Senat von Berlin hat es so gemacht, und wir haben uns erlaubt, das Gleiche hier vorzusehen.

Seitdem wir den Ressorts und den nachgeordneten Behörden Informationen zukommen lassen, hat sich die Diskussion über dieses Thema unglaublich beruhigt; das werden Sie selber festgestellt haben. Vor allen Dingen gilt dies, seit die fluktuationsbeschleunigenden Elemente bekannt sind. Denn dadurch wurde der Druck von den Jüngeren, die befürchteten, aufgrund der Sozialauswahl schneller ins PEM zu kommen, in weitem Maße genommen.

Es wird Ihnen also kaum gelingen, auf diesem Feld ein Thema aufzumachen, das Sie ja dringend suchen. Ich weiß, dass Sie händeringend dahinterher sind.

Ich glaube, dass diese Regierung diesen Gesetzentwurf so gut geplant hat, dass wir die jetzt stattfindende Anhörung sehr gut bewältigen werden. Sowohl die Ressorts als auch der Ministerpräsident – das sei auch noch einmal gesagt, Herr Rudolph –, also die gesamte Landesregierung, stellen sich ihrer Verantwortung. All die Maßnahmen, die wir bisher getroffen haben, dienen dem weiteren Wohlergehen Nordrhein-Westfalens, dem wir uns verpflichtet fühlen.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Minister. – Liebe Kolleginnen und Kollegen, da die Landesregierung ihre Redezeit beachtlich überschritten hat, steht den Fraktionen weitere Redezeit zu. Möchte sich noch jemand äußern? – Bitte schön, Frau Abgeordnete Howe.

(Inge Howe [SPD] geht zum Rednerpult.)

Es ist ein weiter Weg.

(Inge Howe [SPD]: Ja, es ist ein weiter Weg! – Gisela Walsken [SPD]: Das Parlament ist groß, Herr Präsident! – Gegenruf von Dr. Jens Petersen [CDU]: Wir könnten es auf der linken Seite verkleinern!)

Vielen Dank, Herr Präsident! Ich habe eigentlich nur eine Frage an den Finanzminister. Herr Minister Linssen, Sie sagten eben, es sei alles so unkritisch, und die Szene habe sich beruhigt. Ich frage Sie daher: Warum erreichen den Petitionsausschuss so viele Eingaben, in denen sich Beschäftigte aus allen betroffenen Behörden gegen das PEM und gegen die Mitbestimmungsveränderungen wehren?

(Beifall von der SPD – Gisela Walsken [SPD]: Die Frage wollen wir beantwortet ha- ben!)

Herr Finanzminister.

Auch diese Frage beantworte ich sehr gerne. – Sie sollten auf die Daten der Eingaben schauen. Ich bleibe dabei, dass sich die ganze Diskussion unglaublich beruhigt hat, seitdem jeder das Gesetz lesen kann und weiß, was wirklich geplant ist. Es waren vorher sehr viele Gerüchte in Umlauf, die zum Teil von bestimmter Seite geschürt wurden.

Schauen Sie sich die Daten an. Gucken Sie sich an, was das PEM und was das LPVG betrifft! Ich bleibe bei der Meinung, die ich hier geäußert habe.

(Vereinzelt Beifall von der CDU – Gisela Walsken [SPD]: Dafür ernten Sie nicht ein- mal Applaus!)

Vielen Dank, Herr Finanzminister. – Meine Damen und Herren, ich sehe keine weiteren Wortmeldungen. Ich schließe damit die Beratung.

Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Gesetzentwurfs Drucksache 14/3975 an den Haushalts- und Finanzausschuss – federführend –, an den Unterausschuss „Personal“ des Haushalts- und Finanzausschusses, den Innenausschuss sowie den Ausschuss für Kommunalpolitik und Verwaltungsstrukturreform. Wer ist mit dieser Überweisung einverstanden? – Wer ist dagegen? – Stimmenthaltungen? – Das ist einstimmig so beschlossen.

Ich rufe auf:

8 Eltern wollen mehr Gesamtschulen

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 14/4022

Für die antragstellende Fraktion erteile ich der Abgeordneten Frau Beer das Wort.