Die HIS-Studie, meine Damen und Herren, vom Januar 2007 stellt fest, dass die Studierbereitschaft und die Studienanfängerzahlen über einen längeren Zeitraum von Schwankungen gekennzeichnet sind.
Ein rückläufiger Trend ist seit 2004 erkennbar. In der Studie lese ich aber auch, bereits seit Anfang der 90er-Jahre werde beobachtet, dass sich nur ungefähr ein Drittel der Studienanfänger gut oder sehr gut auf das Studium vorbereitet fühlt. Das jedoch, meine Damen und Herren von der Opposition, müssen wir uns nicht auf unseren Deckel schreiben.
Wir haben bereits gehandelt. Direkt nach Amtsantritt haben Herr Minister Pinkwart und ich mit ersten Maßnahmen reagiert. Gemeinsam haben wir die bereits erwähnte Konzeption zur Verbesserung des Übergangs von der Schule zur Hochschule entwickelt. Frau Dr. Seidl, Sie haben eben auch darauf hingewiesen.
Ich möchte an dieser Stelle an Sie appellieren und Sie daran erinnern, dass diese Maßnahme und diese Konzeption noch nicht einmal ein Jahr alt sind. Vielleicht sollten wir uns an dieser Stelle einmal die Ruhe gönnen und sagen: Es muss erst einmal wirken. Denn diese Konzeption ist inhaltlich voller Anregungen, wenn ich allein an die Vorbereitung auf das Studium, an die Angebote der beiden Häuser und letztlich auch an die Einführungsphase in das Studium denke. Ich meine, es soll deutlich daran gearbeitet werden, dass wir diesen Übergang harmonisieren. Wir haben mit der Umsetzung jetzt begonnen. Deshalb bitte ich: Lassen Sie uns ein wenig Zeit, damit es umgesetzt werden kann.
Darüber hinaus haben wir Arbeitskreise eingerichtet, in denen unsere Konzeption regelmäßig fortgeführt wird. Wir haben mit „Studieren in Nordrhein-Westfalen“ ein gutes Informationsangebot im Internet, das sich gezielt an Schüler und an Studierende richtet.
Hochschulen haben Konzepte entwickelt, um zum Beispiel die Netzwerkbildung mit den Schulen in ihren Regionen zu stärken. Eine Übersicht über Projekte, bei denen Schulen und Hochschulen zusammenarbeiten, wird fortlaufend aktualisiert. Jede Universität und einige Fachhochschulen haben Schüleruniversitäten. Es gibt Schülerlabore, Angebote besonders in naturwissenschaftlichen Fachbereichen, Kooperationsnetzwerke und weitere zur Studienvorbereitung angelegte Angebote an Hochschulen in Nordrhein-Westfalen. Diese werden, soweit mir bekannt ist, intensiv genutzt. Einige habe ich kennengelernt. Die Motivation, an
diesen Maßnahmen teilzunehmen, ist für Schülerinnen und Schüler sehr hoch. Die Liste über diese Maßnahmen, die es im Land gibt, ist bald im Internet verfügbar.
Jede weiterführende Schule soll künftig einen Studien- und Berufswahlkoordinator bekommen. Schulen entscheiden bereits heute eigenverantwortlich über die Verwendung von Programmen zur Studien- und Berufswahlorientierung.
Es gibt – Herr Lindner hat eben deutlich darauf hingewiesen – die Initiative „Zukunft durch Innovation“ des Innovationsministeriums. Sie konzentriert sich bereits seit 2005 darauf, Schüler gezielt über naturwissenschaftliche, technische und ingenieurwissenschaftliche Studiengänge zu informieren. Mit der Reform der gymnasialen Oberstufe stärken wir nicht nur das wissenschaftspropädeutische Arbeiten, sondern vor allem auch, was uns sehr wichtig ist, die Allgemeinbildung.
Sehr geehrte Damen und Herren von der SPD, Sie haben uns einen Antrag vorgestellt und uns damit die wundervolle Gelegenheit gegeben, wieder über all die Angebote zu berichten, die unsere Landesregierung bereits initiiert hat. Herzlichen Dank dafür. – Danke schön.
Wir kommen zur Abstimmung über die Empfehlung des Ältestenrats, den Antrag Drucksache 14/4009 an den Ausschuss für Innovation, Wissenschaft, Forschung und Technologie – federführend – sowie an den Ausschuss für Schule und Weiterbildung zu überweisen. Die abschließende Beratung und Abstimmung soll in öffentlicher Sitzung im federführenden Ausschuss erfolgen. Möchten Sie dieser Überweisungsempfehlung zustimmen? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Damit ist das mit Zustimmung aller Fraktionen so beschlossen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich eröffne die Beratung und erteile für eine der vier antragstellenden Fraktionen Kollegin von Boeselager das Wort.
Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Wir haben hier erst vor einigen Monaten – im September 2006 – auf Initiative der Koalitionsfraktionen einen interfraktionellen Entschließungsantrag zu dieser Thematik auf den Weg gebracht, der deutlich gemacht hat: Für Nordrhein-Westfalen ist es nicht hinnehmbar, Geist und Buchstaben des Berlin/Bonn-Gesetzes infrage zu stellen. – Genau das versuchen die Haushaltspolitiker auf Bundesebene immer wieder. Aber das macht für uns keinen Sinn.
Das Berlin/Bonn-Gesetz, das am 26. April 1994 festgeschrieben wurde, hat für die Region einen riesigen Umbruch bedeutet, den sie versucht hat, mit ganzer Kraft aufzuarbeiten. Das Ganze wieder infrage zu stellen und über 10.000 Arbeitsplätze verlagern zu wollen ist eine Katastrophe für die Region. Bonn hat sich als Europastadt etabliert; die UNO ist dort mit vielen Standorten vertreten. Es wäre sinnlos, diese Region erneut zu schwächen.
Hinzu kommt, dass der Bundesrechnungshof schon 2001 deutlich gemacht hat, eine Verlagerung der restlichen Ministerien würde über 5 Milliarden € an Kosten verursachen – und das bei der jetzigen Haushaltssituation des Bundes. Wir alle wissen: Wenn man damit anfängt, wird es nicht bei 5 Milliarden € bleiben, sondern es werden wesentlich mehr Kosten entstehen.
Die gegenwärtige faire Arbeitsteilung macht sehr viel Sinn. Man muss endlich damit aufhören, ständig zu beklagen, es werde hin- und hergereist. Das stimmt ja gar nicht. Die modernen Kommunikationsmöglichkeiten machen es in der Regel möglich, die Arbeitsfelder abzuklären, ohne hin- und herzureisen.
Die IHK Bonn hat vor Kurzem eine Studie entwickelt, aus der ganz klar hervorgeht, dass über 15.000 Menschen nach Berlin übersiedeln müssten, wenn sie ihren Arbeitsplatz langfristig behalten wollen. Über 15.000 Menschen müssten die Region verlassen – ein Kaufkraftverlust von über 220 Millionen €. Außerdem würden riesige Büroflächen leer stehen. Damit würde weder Berlin geholfen noch der Region Bonn ein Dienst erwie
Ich erinnere noch einmal daran, dass die Entscheidung damals am 20. Juni 1991 mit knapper Mehrheit getroffen und diese faire Arbeitsteilung stets hervorgehoben wurde. Ich bin sehr dankbar, dass wir uns mit diesem Antrag parteiübergreifend klar positionieren und in Richtung Berlin deutlich sagen: Es reicht! Haltet inne! Lasst es so, wie es jetzt ist; denn es macht Sinn!
Letztendlich akzeptiert auch der Steuerzahler nicht, dass wieder Unsummen ausgegeben werden sollen. Außerdem sieht der Bürger keinen Sinn in einem Umzug.
Vielen Dank, Frau Kollegin von Boeselager. – Als nächste Rednerin hat die Kollegin Hendricks für die Fraktion der SPD das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der vorliegende Antrag ist ein wichtiger Antrag für den Standort Bonn, in dem wir alle Aussagen unterstützen. Er ist allerdings auch ein wichtiger Antrag für den Standort Nordrhein-Westfalen, in dem fast ein Viertel der Bevölkerung Deutschlands lebt.
Es ist richtig und gut, dass mit diesem Antrag hier über die Grenzen der Fraktionen und Parteien hinweg noch einmal die Absicht bekräftigt wird, dass es bei den gesetzlichen Regelungen des Bonn/Berlin-Gesetzes bleiben muss. Es ist auch richtig und gut, dass das Land NordrheinWestfalen der bundesweiten Diskussion um einen endgültigen Gesamtumzug der Bundesministerien nach Berlin mit einer Stimme entgegentritt und sich somit auf der Grundlage vernünftiger Sachargumente für den Standort Bonn ausspricht.
Es ist bezeichnend für den Stil der Befürworter des Umzugs der in Bonn verbliebenen Ministerin nach Berlin, dass sie ihre Forderung noch vor der Fertigstellung der von ihnen selbst eingeforderten Gutachten erneut thematisieren. Es ist in Ordnung, die Frage des Regierungsstandorts aufzuwerfen. Es ist allerdings nicht richtig, diese Frage vor Erstellung des Gutachtens zu beantworten. Es geht nämlich vielen Umzugsbefürwortern weniger um die Fakten, sondern vielmehr um eine zentralistische Republik.
Vom Grundsatz her sind wir aber keine zentralistische Republik. Wir sind ein föderales Land, in dem jede Region ihre Schwerpunkte setzt. Und gerade Nordrhein-Westfalen hat gar keinen Grund, sich ins Abseits stellen zu lassen. Im besten Fall ist die erneute Umzugsforderung Ausdruck einer einseitigen Berlin-Fixierung, an der unser Land Nordrhein-Westfalen kein Interesse haben kann.
Der bundesweiten Öffentlichkeit muss deutlich gemacht werden, dass auch der Staat Rücksicht gegenüber den Familien der über 10.000 betroffenen Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen nehmen muss. Diese, meine Damen und Herren, wären von einem Umzug nach Berlin unmittelbar betroffen. Sie haben sich auf das mehrfach wiederholte Versprechen des Bundestages, dass die Arbeitsplätze in Bonn sicher seien, verlassen. Hiervon hängen übrigens auch die beruflichen Perspektiven der Ehegatten und der Kinder ab.
Nun müssen diese Menschen erneut erleben, wie gegen Fakten wieder mit ihrer Zukunft fahrlässig umgegangen wird. Auf die Fakten weist auch der vorliegende Antrag nochmals hin. Bundesrechnungshof und Bundesbauministerium haben übereinstimmend mehrfach ermittelt, dass die jährlichen Finanzierungskosten von mindestens 5 Milliarden € für einen Umzug nach Berlin wesentlich höher ausfallen würden als die Kosten für die Beibehaltung der jetzigen Aufgabenteilung. – Im Übrigen sinken aufgrund von Optimierungen die Kosten für die Beibehaltung jährlich.
Nebenbei bemerkt: Der Umzug nach Berlin wurde nicht zuletzt damit begründet, dass damit jahrzehntelange Versprechen eingelöst wurden. Er wurde nur dadurch mehrheitsfähig, dass dabei der Bonner Region Zusagen gemacht wurden. Offenbar schwinden die Bindungswirkungen von Versprechen inzwischen umso mehr, je jünger diese Versprechen sind.
Der bundesdeutschen Öffentlichkeit muss ferner deutlich gemacht werden, dass die Auswirkungen eines derartigen Komplettumzuges nach Berlin auch für die Unternehmen in der Region wahnsinnige Auswirkungen hätten.
Frau von Boeselager hat eben auf die vorliegende Umfrage der IHK hingewiesen, aus der hervorgeht, wie viele Arbeitsplätze in der Region gefährdet wären. Es wären 16.000 Arbeitsplätze. Die Unternehmen sagen ganz deutlich, dass sie im Falle eines Komplettumzuges bei Einstellungen, bei Investitionen und bei ihrer Produktpalette ihr Verhalten ändern würden. Das kann sich diese
Der Kaufkraftverlust in dieser Region wird von der IHK zurzeit mit 220 Millionen € beziffert. Die Einzelhandelsverluste werden auf 60 Millionen € geschätzt.
Wir haben einen weiteren Aspekt dieses Umzuges zu beachten: Wenn der Umzug stattfinden würde, wäre auch die Sicherheit des Standorts des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung nicht mehr gewährleistet. Dadurch würde die Sicherheit des UN-Standorts Bonn ins Wanken geraten, und damit wäre der UN-Standort in Nordrhein-Westfalen gefährdet. Es kann also nur im Interesse von Nordrhein-Westfalen sein, das Nord-Süd-Dialogzentrum in Bonn zu erhalten und sich gemeinsam weiterhin dafür einzusetzen, dass die Aufgabenteilung zwischen Bonn und Berlin so bleibt, wie sie zurzeit geregelt ist.
Ich möchte daran erinnern, dass CDU und SPD im Koalitionsvertrag 2005 eine deutliche Aussage dahin gehend treffen, sich an das Bonn/BerlinGesetz zu halten. Auch hiervon sollten wir nicht abrücken; wir sollten die Einhaltung dieser Aussage stattdessen einfordern.
Es wird uns nur gelingen, den Standort Bonn dauerhaft als UN-Standort zu etablieren, wenn wir hier mit einer Stimme sprechen. Ich bin froh, dass wir diese eine Stimme heute in Nordrhein-Westfalen deutlich formulieren, und ich hoffe, dass wir auf diese Art und Weise den Standort Bonn auch im Bonn/Berlin-Gesetz dauerhaft verankern können. Denn wir würden dem Land NordrheinWestfalen sonst deutlich schaden.
Vielen Dank, Frau Kollegin Hendricks. – Als nächster Redner hat nun der Kollege Becker für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal möchte ich für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Landtag von NRW ganz deutlich festhalten: Ich schließe mich ausdrücklich dem an, was die beiden Vorrednerinnen gesagt haben. Wir sind sehr froh, dass es heute erneut zu einem gemeinsamen Beschluss, zu einem gemeinsamen Antrag kommt.
Die Tatsache, dass es nach so kurzer Zeit erneut zu einem solchen gemeinsamen Beschluss kommen muss, zeigt aber auch, wie weit sich Teile
des Bundestages von dem entfernt haben, was nach der Vereinigung der beiden deutschen Staaten mit einer knappen Mehrheit beschlossen wurde. Dieser Beschluss wurde übrigens in einer Zeit gefasst, in der die Grünen im Westen der Republik nicht im Parlament vertreten waren. Wahrscheinlich wäre es anders ausgegangen, wenn wir damals im Bundestag vertreten gewesen wären.
Was damals im Bundestag beschlossen wurde, wurde nur vor dem Hintergrund beschlossen, dass sich sowohl Kohl und Schäuble als auch Genscher und Brandt für den Umzug nach Berlin eingesetzt haben. Es geschah aber auch, weil diejenigen, die Bedenken hatten, dass die föderale Struktur unseres Staates verletzt wird und es sich eben nicht um eine wirtschaftlich vernünftige Entscheidung handelt, durch das beruhigt worden sind, was unter dem Begriff der „fairen Arbeitsteilung“ lief. Zur „fairen Arbeitsteilung“ gehört der heutige Stand. Es ist nicht nur eine faire, sondern auch eine vernünftige Arbeitsteilung.
Im Jahr 2001 gab es Debatten über einen Bericht des Bundesrechnungshofs. Er hat ganz deutlich nachgewiesen, dass ein – gegebenenfalls kreditfinanzierter und damit mit Zinsen zu bezahlender – Umzug deutlich teurer ist als das, was heute als Pendlerkosten zwischen Berlin und Bonn gebrandmarkt wird.