Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nach diesem Feuerwerk der Kritik will ich mich darin versuchen, das Ganze wieder auf eine sachliche und inhaltlich positive Ebene zu bringen.
Zunächst darf ich Herrn Minister danken, dass er schon heute eine Unterrichtung des Landtags vorgenommen hat. Wie Sie alle wissen – das ist hier mehrfach dargestellt worden –, sind wir noch nicht am Schluss des Verfahrens, sondern am Ende des ersten Schrittes; der zweite folgt erst noch. Deshalb möchte ich nach dem ersten Schritt eine ganz andere Bilanz vortragen:
Es ist gut, dass wir diesen Schritt gewagt haben. Seit diesem Schritt, eine generelle Sprachstandsfeststellung für alle Kinder im Alter von vier Jahren im Land Nordrhein-Westfalen durchzuführen, ist die Opposition bemüht, diesen Schritt in vielen Sitzungen, zum Beispiel des Arbeitskreises oder der Ausschüsse, kleinzureden.
Meine Damen und Herren, kein anderes Bundesland – Herr Minister hat es auch so vorgetragen – hat diesen Schritt bisher gewagt, eine verlässliche und verpflichtende Sprachstandsfeststellung herbeizuführen, damit Förderung passieren kann.
Es geht nicht darum, ein wildes Testverfahren auf den Weg zu bringen, sondern es geht darum, Kinder zu fördern. Das hat sehr viel mit unserem Anspruch zu tun, mehr Chancengerechtigkeit für jedes Kind in diesem Land herbeizuführen. Das hat auch etwas damit zu tun, dass wir aus den PISA-Erfahrungen gelernt haben, dass es nicht vom Elternhaus abhängen kann, ob ein Kind Bildungserfolge hat oder nicht. Es ist gut, dass wir diesen Schritt gewagt haben.
Zweitens möchte ich mich bei allen bedanken, die diesen schnellen Start, von dem wir mehrfach gehört haben, mitgetragen haben. Ich fange mit den Städten, Gemeinden und Kreisen an. Frau Hendricks hat schon erwähnt, dass es von dort durchaus Bedenken gab.
Entschuldigung, das haben wir natürlich gehört, aber wir wissen auch, dass sich der Städte- und Gemeindebund und der Städtetag auf dieses erste Verfahren eingelassen haben mit der Sicherheit, dass wir dieses Verfahren evaluieren und schauen werden, wie es im nächsten Jahr laufen wird.
Ich darf mich bei den Erzieherinnen, Erziehern und bei den Lehrern bedanken. Sie alle haben in kurzer Zeit pädagogisches Neuland betreten und natürlich Erfahrungen gesammelt.
Ich weiß, dass mir eine Erzieherin Folgendes gesagt hat: Beim dritten Durchgang mit vier Kindern wusste ich, dass ich am besten mit der Quasselstrippe anfange.
Denn dann kamen die anderen hinterher und haben sich nicht verweigert zu reden, sondern haben bei dem Spiel mitgemacht.
Wir haben auch die Erfahrung gemacht, dass es dem Verfahren gutgetan hat, wenn die Zusammenarbeit zwischen Kindergärten und Schulen gut organisiert war und wenn sie lief. Das war auch für die Kinder gut, und das hat sich auch bestätigt.
Drittens. Wir haben im Moment eine größere Zahl von Kindern als wir erwartet hatten; ich beziehe mit auf den Wert von 25 %, der von der KMK angedeutet worden ist. Aber ich führe das zu einem
großen Teil darauf zurück, dass ein Sicherheitsfaktor eingebaut worden ist und dass viele Erzieherinnen gesagt haben: Bevor wir einem Kind Förderung versagen, geben wir es in den zweiten Test.
Wir haben auch schon im Schulausschuss darüber gesprochen, was der Worst Case ist. Was passiert schlimmstenfalls? Schlimmstenfalls bekommen die Kinder eine zusätzliche Förderung. Ich kann nicht sagen, dass das schädlich ist.
Sorge machen mir die Eltern, die sich vielleicht aufgrund verschiedener Kommunikationsverhalten unterschiedlicher Beteiligter in diesem Haus darauf verständigt haben, dass der Sprachstandsfeststellungstest der erste Schritt zum Abitur sei.
Ich kann nur sagen: In den Kindergärten, in denen das als ganz normales Vormittagsprogramm gehandhabt wurde, ist so etwas nicht vorgekommen. Sie können mir nicht vorwerfen, ich spräche nicht aus Erfahrung. Denn ich habe einen Enkel, dem man mitgeteilt hat, dass am nächsten Morgen Sprachtest sei. In dem Kindergarten ist das wunderbar gelaufen. Es hat keine Aufregung bei den Eltern gegeben. Genauso war es in vielen anderen Kindergärten. In einigen war es natürlich auch anders. Das wird ein Punkt sein, über den wir uns bei der Evaluierung unterhalten müssen.
Meine Damen und Herren, was ist bei der Sprachförderung der Unterschied zu früher, zur alten rotgrünen Landesregierung? Wir wollen, dass jedes Kind – wenn nötig – Sprachförderung bekommt. Wie war es früher? Früher war es ein Glücksfall, wenn ein Kind Sprachförderung bekam. Es musste aus einer Gruppe mit vielen Migrantenkindern und aus einem bestimmten Stadtteil kommen, in dem es überhaupt Sprachförderung gab. Wir haben das jetzt verpflichtend für jedes Kind eingeführt.
Für jedes Kind werden wir dafür – Herr Minister erwähnte das schon – sicheres Geld im Haushalt einsetzen, nämlich 340 €. Frau Hendricks hat ausgerechnet, dass das nur 6 € seien, aber im Vergleich zu gar nichts ist das wenigstens etwas. Ich weiß, dass sich viele Kommunen beispielsweise wie Bonn genauso angesprochen fühlen und sagen: Wir tun etwas dazu.
Förderung von Kindern ist keine Aufgabe, die sich dem Land allein stellt, sondern Förderung von Kindern muss auf allen Ebenen passieren; wir werden das morgen an bestimmten Stellen noch einmal wiederholen.
Deshalb empfinden wir am heutigen Tag bei dieser Zwischenbilanz erstens einmal eine große Freude über das bisher Erreichte, insbesondere darüber, dass es geglückt ist, alle Kinder zu erreichen. Das ist auch nicht selbstverständlich. Wir haben über das komplizierte Verfahren genügend geredet.
Ich wünsche mir Gelassenheit bei allen Beteiligten: bei Eltern, bei Lehrern und Erziehern, aber auch bei uns selber. Ich freue mich auf die Auswertung, die wir – wir haben uns auf eine Anhörung im Ausschuss verständigt – im Herbst vornehmen werden.
Es trifft zu, was in der „Neuen Ruhrzeitung/Neuen Rheinzeitung“ am 24.04.2007 Theo Schumacher in seinem Kommentar über die Sprachstandsfeststellung gesagt hat: „Doch vergessen wir nicht: es ist eine Premiere. Alternativen dazu gibt es nicht.“
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sprache ist der Schlüssel zur Welt. Sprache eröffnet Kommunikation und damit Teilhabe. Ohne eine gute Beherrschung der deutschen Sprache ist ein erfolgreicher Bildungsabschluss nicht zu erreichen, und das hat negative Konsequenzen für die beruflichen Perspektiven.
Eine solche grundsätzliche Aussage teilen wir alle. Um gar keinen Zweifel aufkommen zu lassen, meine Damen und Herren: Sprachstandserhebungen bei Vierjährigen sind richtig und wichtig. Sie wurden bereits gemeinsam von allen Fraktionen in der Integrationsoffensive im Jahr 2001 im Landtag beschlossen.
Damals wie heute liegen die Probleme eher auf der Umsetzungsebene. Wie und wo sollen die Sprachfähigkeit der Kinder erhoben und der Förderbedarf festgestellt werden? Unter Rot-Grün wurde diese Sprachstandserhebung im Rahmen
der Schuleingangsuntersuchung zeitlich vorgezogen und durch die Gesundheitsämter durchgeführt. Im Anschluss erfolgte eine verpflichtende halbjährige Förderung zusätzlich zu den ohnehin laufenden Zehn-Monats-Maßnahmen in den Kindergärten.
Das sage ich, Herr Laschet, um der Mär, RotGrün habe auf diesem Feld nichts getan, die Fakten entgegenzusetzen.
Rot-Grün hat damals 7,5 Millionen für diese Förderung im Haushalt zur Verfügung gestellt. Da können Sie nicht sagen, Rot-Grün habe in diesem Bereich nichts gemacht.
Das war uns Grüne im Vergleich zu den Beschlüssen der Integrationsoffensive 2001 immer noch zu wenig. Wir Grünen stellen das durchaus selbstkritisch fest.
Allerdings, meine Damen und Herren, stellen wir auch fest, dass die damalige Umstellung und Ausweitung der Sprachförderung mit einer Verdreifachung dieser Fördermittel absolut reibungslos funktioniert hat. Das ist genau das Gegenteil von dem, was heute passiert.