Protokoll der Sitzung vom 03.05.2007

Vor dem Hintergrund des verfassungsrechtlich gebotenen Sonn- und Feiertagsschutzes sind die ersten Feiertage höher einzuschätzen als die zweiten. Aus diesem Grund haben wir den Tausch vorgenommen.

Bei allen politisch Verantwortlichen ist in den vergangenen Wochen die Empörung der Bäcker, Konditoren und Floristen aufgeschlagen. Dies ist zu meiner Verwunderung nur in NordrheinWestfalen so massiv aufgetreten. Andere Bundes

länder mit gleichen Regelungen – genannt seien Baden-Württemberg, Sachsen und Thüringen – haben diese Erfahrung nicht machen dürfen.

Über die Gründe für die mediale Aufmerksamkeit kann man nur spekulieren. Lassen Sie es mich so formulieren: Die vielleicht mangelnde Kommunikation dieser neuen Regelung, die im Übrigen bereits Weihnachten Anwendung gefunden haben sollte, erklärt vermutlich vieles. Erstaunlich dabei ist, dass die Regelung, nach der betroffene Geschäfte seit November fünf Stunden öffnen dürfen, bei allen angekommen ist.

Zu meiner Einschätzung des vorgelegten Antrags: Jede Veränderung einer liebgewonnenen Regelung ist einer Kritik ausgesetzt. Das Verhalten von Unternehmern und Verbrauchern muss sich ein Stück anpassen. Das gilt für das gesamte Ladenöffnungsgesetz.

Ich kann Ihre Debattenbeiträge noch hören, die lauteten, jetzt gebe es im Einzelhandel Schichtdienste.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Gibt es!)

Andere haben acht Wochen nach Einführung des Gesetzes gesagt: Das Gesetz ist gescheitert. Der Einzelhandel hat nachts gar nicht geöffnet. – Was meinen Sie denn nun? Mit diesen Veränderungen müssen wir, glaube ich, ein Stück umgehen.

Was die schleichende Ausweitung betrifft: Ein wunderbares Argument! Haben Sie diese Beobachtung eigentlich einmal in den Jahren vorher gemacht, unter dem alten Ladenschlussgesetz?

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Nein!)

Darf ich Ihnen die Zahlen aus einer Reihe von Städten in Nordrhein-Westfalen vorlesen? Da hat es nirgendwo eine solche Debatte gegeben. Und darf ich Ihnen sagen, dass die Kirchenvertreter in der Konsensrunde in Köln den für dieses Jahr verabredeten Zahlen zugestimmt haben? Diese Situation ist durch das neue Gesetz überhaupt nicht geändert.

Lassen Sie mich einmal inhaltlich argumentieren: Es kann nicht sein, dass wir mit den Wünschen in Kreisen völlig anders umgehen als mit denen in riesigen Städten. Wir bekämen in Wattenscheid nie die Erlaubnis für ein Stadtfest – egal, für welches Stadtfest –, wenn schon das einen Sonntag für ganz Bochum verbrauchen würde. Das kennen Sie doch auch; das ist vor Ort so. Glauben Sie, jemand in Rodenkirchen würde beeinträchtigt oder gelockt, nach Kalk zu gehen, wenn die da ein Weinfest machen? Abenteuerliche Debatte!

(Zustimmung von der CDU)

Ich halte das für lebensfern. Wir haben an dem Recht nichts geändert. Es wird in Teilen des Landes auch in Anspruch genommen. Die Liste schicke ich Ihnen gerne zu.

Allerletzte Anmerkung! Das war ja der Knüller, als gesagt wurde – bei uns ist es auch angekommen –: Frau Thoben, Sie stehen das nicht durch, wenn im nächsten Jahr Pfingsten und Muttertag auf einen Tag fallen. – Doll!

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Wer hat das ge- sagt?)

An Ihnen ist vorbeigegangen, dass die Floristen den Muttertag 2008 längst verlegt haben. Die sind schneller als Sie und längst in der Wirklichkeit angekommen.

(Beifall von der CDU)

Vielen Dank, Frau Ministerin. – Als nächste Rednerin hat nun noch einmal die Kollegin Steffens das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Vielleicht sind die Floristen und Floristinnen, wenn sie den Muttertag verlegt haben, in der Lebensrealität angekommen. Aber Sie sind in der Realität noch immer nicht angekommen, sonst hätten Sie die Zuschriften der Floristen und Floristinnen und der anderen Betroffenen ernst genommen. Sie schreien immer: Man muss den Unternehmen entgegenkommen! – Jetzt gibt es den Appell der Unternehmen, die Öffnungsmöglichkeiten an zwei aufeinanderfolgenden Feiertagen zu tauschen. Ich weiß nicht, warum die jetzige Regelung für Sie ein solches Dogma ist und sie daran hindert, einfach einmal darüber nachzudenken und unternehmensfreundliche Politik zu machen. Das scheint für Sie an der Stelle unmöglich zu sein. Ich habe das Gefühl, Sie sind froh, dass Sie dieses Fass endlich zu haben, und haben Angst davor, es wieder aufzumachen.

(Beifall von den GRÜNEN)

An Sie, Herr Brockes: Wir haben nicht beantragt, diesen Gesetzentwurf an den Ausschuss für Frauenpolitik zu überweisen, weil Sie als Koalitionsfraktion gesagt haben, Sie würden ihm nicht zustimmen. Ich höre schon wieder Frau Piepervon Heiden, die sagt: Wie schrecklich, wenn noch ein Entwurf an den Ausschuss für Frauenpolitik überwiesen wird. Das ist so überflüssig. Bitte nicht schon wieder eine Anhörung! – Deswegen sind wir einmal Ihrer Fraktion entgegengekommen und haben entschieden: Wenn Sie den Antrag sowie

so ablehnen werden, dann werden wir ihn erst einmal nicht im Frauenausschuss beraten. Wenn Sie uns entgegenkommen und erklären, Sie seien gerne bereit, ernsthaft über diesen Gesetzentwurf zu diskutieren, werden wir uns natürlich im Ausschuss für Frauenpolitik damit befassen. Da brauchen sie sich keine Sorgen zu machen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Noch etwas: Sie werfen uns hier Scheinheiligkeit vor. Das einzig Scheinheilige, was ich in der letzten Zeit erlebt habe, ist, dass die FDP versucht, sich als soziale Partei zu outen.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Aber dass wir einen Gesetzentwurf, der mittlerweile in Kraft getreten ist, der in diesem Land Lebensrealität geworden ist – so falsch ich den noch heute finde –, auf seine Anwendbarkeit in Unternehmen und im Einzelhandel prüfen, das hat nichts mit Scheinheiligkeit zu tun, sondern das hat mit einem Praxistest und mit einer Praxisüberprüfung eines theoretischen Gesetzes, das hier beschlossen worden ist, zu tun. Und das ist vollkommen normal.

Auch Sie werden Ihr Regierungshandeln in der Lebensrealität überprüfen müssen. Aber das scheinen Sie noch nicht begriffen zu haben. Das zeigt: Sie sind noch nicht regierungsfähig. Es wird noch ein bisschen dauern bei Ihnen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Steffens. – Jetzt hat noch einmal der Kollege Schmeltzer das Wort.

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Frau Thoben, ich weiß nicht, wo Sie Ihre Weisheiten hernehmen. Oben auf der Tribüne sitzt der Präsident des Landesverbandes der Floristen. Der verneint vehement, dass der Muttertag von den Floristen verlegt wird. Wo Sie Ihre Weisheiten, Ihre Lebensnähe hernehmen, ist mir ein Rätsel! Das war eine Unwahrheit. Da oben wird es verneint. Und das ist für mich ausschlaggebend.

(Beifall von der SPD)

In Kürze nur Folgendes: Sie haben so schön einige Bundesländer genannt. Ich nenne auch einmal welche: Mecklenburg-Vorpommern: geöffnet, Schleswig-Holstein: geöffnet, Hamburg: geöffnet, Niedersachsen: geöffnet, Bremen: geöffnet, Hessen: geöffnet, Bayern: geöffnet, Rheinland-Pfalz: geöffnet, Saarland: geöffnet, Sachsen-Anhalt: ge

öffnet; Berlin hat es versäumt, wird das Gesetz ändern und auch öffnen. – So viel zum Vergleich mit Ihren Bundesländern!

Wir wollen keine Liberalisierung in dem Sinne, Herr Brockes, wie Sie sie wollen, nämlich weitere 15 Stunden Öffnungszeit. Wir wollen 15 Stunden tauschen. Lebensnah, wirklichkeitsnah muss das an diesen Feiertagen wieder werden.

(Beifall von Barbara Steffens [GRÜNE])

Nach der Vita von Herrn Sternberg hat er seine letzten Brötchen 1974 gebacken. Wann er die letzten Blumen für seine Frau gekauft hat, ist mir ein Rätsel. Frische sind es anscheinend nicht gewesen.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Schmeltzer. – Meine sehr verehrten Damen und Herren, weitere Wortmeldungen habe ich zu diesem Tagesordnungspunkt nicht, sodass wir für heute am Schluss der Beratung sind.

(Unruhe)

Und überwiegend habe ich das Wort. – Ich lasse über die Überweisungsempfehlung des Ältestenrates abstimmen, nämlich den Gesetzentwurf Drucksache 14/4209 an den Ausschuss für Wirtschaft, Mittelstand und Energie, an den Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales sowie an den Hauptausschuss zu überweisen. Wenn Sie dieser Überweisungsempfehlung zustimmen, dann bitte ich um Ihr Handzeichen. – Gegenstimmen! – Stimmenthaltungen? – Damit ist diese Überweisungsempfehlung angenommen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir kommen damit zu Tagesordnungspunkt

14 Kein Wettbewerb ohne Spielregeln: Rahmenbedingungen für die Entwicklung von Familienzentren klarstellen!

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 14/3175

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Generationen, Familie und Integration Drucksache 14/4218

Ich eröffne die Beratung mit dem Hinweis, dass der Antrag gemäß § 79 Abs. 2 Buchstabe b vom Plenum an den Ausschuss für Generationen, Fa

milie und Integration federführend überwiesen wurde mit der Bestimmung, dass eine Beratung und Abstimmung nach der Vorlage der Beschlussempfehlung im Plenum erfolgt. Die Beschlussempfehlung und der Bericht des Ausschusses für Generationen, Familie und Integration liegen Ihnen als Drucksache 14/4218 vor.

Nun erteile ich der Kollegin Düker in Vertretung der Kollegin Asch, die noch gemeldet ist, das Wort für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Bitte schön.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zu später Stunde will ich es kurz machen. Der Antrag war lange im Verfahren und hat sich einfach aufgrund der Zeit dadurch auch zum großen Teil in den Forderungen überholt. Trotzdem würden wir heute gerne abstimmen lassen, weil wir an den politischen Feststellungen, der Kritik am Verfahren wie auch an den Rahmenbedingungen zur Etablierung von Familienzentren in NRW, festhalten und sie auch aufrechterhalten.

Zum Verfahren sagen wir noch einmal ganz klar, dass es nicht sein kann, dass man so etwas im Frühjahr 2006 ankündigt, aber erst ein Jahr später die Aufgaben für die Kommunen definiert, damit sie planen können.

(Beifall von den GRÜNEN)