Nehmen Sie übrigens auch zur Kenntnis: Wir werden keine Strukturdebatte führen. Wir sorgen dafür, dass alle Schulen bessere Rahmenbedingungen bekommen. Das ist die Antwort, die wir unter anderem mit den 4.000 zusätzlichen Lehrerstellen geben.
Herr Abgeordneter, ich darf Sie kurz unterbrechen. Gestatten Sie eine Zwischenfrage der Frau Abgeordneten Schäfer?
Herr Recker, was sagen Sie vor dem Hintergrund dessen, dass Sie unsere schulpolitischen Überlegungen so stark kritisieren, dazu, dass es zwei CDU-Bürgermeister im Münsterland gibt, nämlich aus den Kommunen Horstmar und Schöppingen, die genau diese Schulform, für die wir uns gerade stark machen, einfordern und sagen, diese sei eine zukunftsorientierte Schulform, welche sie gerne in ihren Gemeinden einrichten würden? Wie beurteilen Sie denn das?
Angebot unterbreitet, mit dem wir die Möglichkeit für Hauptschule und Realschule unter einem Dach einräumen. Ich füge hinzu: Es kann nicht sein, dass wir bei sinkenden Schülerzahlen neue große Systeme einrichten und dadurch in der gesamten Region ganze Schulformen vernichten.
Frau Schäfer, nehmen Sie hier bitte zur Kenntnis, dass wir Ihre ehemalige Strukturdebatte, neue Gesamtschulen auf den Weg zu bringen, nicht erneut führen werden.
Das Problem Ihrer Gesamtschulen besteht doch darin, Frau Schäfer, dass es Oberstufen gibt, die oft einzügig sind. Und das ist unverantwortbar. So kann man junge Menschen nicht studierfähig machen.
Meine Damen und Herren, ich möchte in meiner Rede fortfahren. – Ich habe gerade ausgeführt, dass wir die individuelle Förderung als unser Kernthema betrachten. Wir haben hier vor einigen Wochen einen großen Kongress durchgeführt, zu dem innerhalb weniger Tage über 1.200 Anmeldungen eingegangen waren. Leider konnten viele nicht teilnehmen; wir mussten ihnen absagen.
Ich fand es hervorragend, wie an einem Samstag in den Ferien 1.200 Lehrer gesagt haben: Wir finden hier endlich Anerkennung. Wir finden hier Hilfe. – Es war eine ausgezeichnete Diskussion. Wir müssen den Hauptverantwortlichen, nämlich den Lehrerinnen und Lehrern, endlich wieder Hilfen geben und die Anerkennung zuteil werden lassen, die von Ihnen leider jahrelang nicht gewährt wurde. Das gilt übrigens auch für die Politik und in besonderem Maße für die Gesellschaft. Sie ken
nen den unseligen Spruch von damals von den „faulen Säcken“, meine Damen und Herren. Das hat niemandem geholfen. Wir wollen den Unterricht.
Wir begrüßen es – Frau Schäfer, das hätten Sie auch machen sollen –, dass Frau Sommer Menschen auszeichnet, die sich in besonderem Maße um Schule verdient gemacht haben. Denn Anerkennung erhöht die Motivation, und auch hier haben wir gehandelt.
Wir schaffen die Rahmenbedingungen. Wir schaffen mehr Lehrerstellen. Wir haben einen Sozialindex eingeführt, welcher ein hervorragendes Instrument ist. Damit können wir die Schulen zielgenau unterstützen.
Ein anderer Punkt, meine Damen und Herren: Wir wissen, dass unsere Schülerinnen und Schüler an den Hauptschulen eine besondere Unterstützung brauchen. Es ist mit eine der wichtigsten Entscheidungen, dass wir nun den Hauptschulen die Möglichkeit geben, sich als Ganztagsschulen einzubringen. Über 130 neue Ganztagshauptschulen in fast zwei Jahren sind eine Erfolgsgeschichte.
Es war unter pädagogischen und sozialen Gesichtspunkten ein unglaublicher und unverantwortlicher Vorgang, dass Sie gerade der am meisten belasteten Schulform, nämlich der Hauptschule, diese Möglichkeit nicht eröffnet haben.
Hätten Sie der Hauptschule diese Rahmenbedingungen gegeben, die wir ihr heute bieten, dann stände diese Schulform anders dar. Für diese Lage sind allein Sie und niemand anders verantwortlich, meine Damen und Herren.
Wir wollen es auch schaffen, dass die Quote der sitzenbleibenden Schülerinnen und Schüler ohne Qualitätsverlust halbiert wird. Ich muss in diesem Punkt der Kultusministerkonferenz zustimmen, die sagt: Wir wollen nicht, dass Noten schöngerechnet werden. Wir wollen nicht, dass Leistungsanforderungen gesenkt werden. Wir wollen ein hohes Niveau und jedem Schüler die Förderung zukommen lassen, die seiner Begabung gemäß ist.
Darum war es richtig, meine Damen und Herren, bereits in diesem Jahr mit Sprachstandsprüfungen zu beginnen. Wir haben vor fünf, sechs Jahren von dieser Stelle aus gefordert, dass jeder Schüler, der in die Schule kommt, die deutsche Sprache beherrschen muss. Dafür wurden wir von Ihnen damals als ausländerfeindlich bezeichnet, meine Damen und Herren. Aber endlich haben Sie es kapiert.
Das gilt auch für andere Bereiche wie zum Beispiel zentrale Abschlussprüfungen. Ich erinnere an die letzte Schulausschusssitzung. Sie haben das dort als im Grunde genommen richtiges Moment qualifiziert. Meine Damen und Herren, damals war das für Sie noch Teufelswerk, meine Damen und Herren. Sie hätten es zehn Jahre lang machen können. Wir haben es gefordert, Sie haben es abgelehnt.
Wir haben mit dem Zentralabitur und den zentralen Abschlussprüfungen den genau richtigen Weg eingeschlagen. Die Schulabgängerzahlen zeigen, dass wir uns speziell dem Thema der Förderung von Jungen widmen müssen. Es kann nicht sein, dass es schon über Jahre hinweg immer mehr Jungen gibt, die keinen Schulabschluss erreichen. Dieses Thema werden wir in den nächsten Wochen speziell in Angriff nehmen.
Die Daten belegen, dass es bereits seit 2006 eine Trendwende gibt. Die Kurve der Schülerinnen und Schüler ohne Schulabschluss beginnt Gott sei Dank leicht zu sinken. Wir alle sind uns einig: Unsere Kinder und Jugendlichen sind unsere Zukunft. Ihnen sind wir verpflichtet. Sie müssen wir unterstützen. Jeder Schüler und jede Schülerin ohne Abschluss ist einer/eine zu viel, meine Damen und Herren. Darum dürfen wir an der Stelle nicht sparen. Tatsache ist: Jeder Euro, den wir in die frühe Förderung einbringen, multipliziert sich mit dem Faktor 4. Jede Reparatur ist wesentlich teurer. Darum liegt an genau dieser Stelle unser Schwerpunkt.
Die neue Koalition unterstützt die Landesregierung bei ihrer schweren Arbeit. Wir sind stolz darauf, endlich ein Schulgesetz zu haben, das die individuellen Bedürfnisse und Ansprüche von Schülerinnen und Schülern in den Fokus nimmt. Wir wollen keine Beliebigkeit, sondern wir wollen Verbindlichkeit und Leistung.
Meine Damen und Herren, wer fordert, der muss auch fördern. Wer fördern will, muss dazu in die Lage versetzt werden. Für uns steht fest: Jeder Schüler hat einen Anspruch darauf, gefördert zu werden. Fest steht auch: Förderung beginnt nicht erst in der Schule, sondern schon im Elternhaus.
Darum brauchen wir einen großen gesellschaftlichen Konsens darüber, dass Bildung und Leistung etwas Positives sind. Dann erst übrigens sind wir auf gleicher Augenhöhe mit Finnland oder anderen PISA-Siegern.
Vielen Dank, Herr Kollege Recker. – Für die zweite antragstellende Fraktion, die FDP, erhält Frau Pieper-von Heiden das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Knapp zwei Jahre nach dem Regierungswechsel können wir eine stolze Zwischenbilanz unserer bisherigen Arbeit ziehen. Die Bildungschancen von Kindern und Jugendlichen werden durch die von der Landesregierung ergriffenen Maßnahmen mess- und sichtbar gesteigert. Unter der rot-grünen Vorgängerregierung hatte sich der Anteil Jugendlicher ohne Schulabschluss im langfristigen Trend innerhalb von knapp neun Jahren um 1 % nach oben bewegt und war zwischen 1996 und 2005 von 5,9 % auf 6,9 % angestiegen. Erfreulicherweise zeichnet sich nun eine Trendwende ab. Die Anzahl der Schülerinnen und Schüler mit Schulabschlüssen wird allmählich größer.