Liebe Kolleginnen und Kollegen, bei der Suche nach verlässlichen Partnern brauchen wir für die Eltern einen Rechtsanspruch, weil wir nicht wollen, dass die Eltern weiterhin auf Wohlwollen von Verwandten angewiesen sind, dass sie die Betreuung ihrer Kinder privat mit den damit verbundenen Risiken bei der Qualität und der Finanzierung organisieren müssen. Wir brauchen einen Rechtsanspruch, der deutlich macht: Eltern haben einen verlässlichen Partner in der Betreuung ihrer Kinder. Und das ist die Kita.
Wir fordern diesen Rechtsanspruch ein, weil dieser Rechtsanspruch auch Chancengleichheit bedeutet: einmal für die Eltern, die wissen, sie brau
chen sich neben den beruflich immer stärker werdenden Sorgen nicht noch zusätzlich um die Betreuung ihrer Kinder zu sorgen, sondern das ist geregelt – sie haben einen Rechtsanspruch –, und es bedeutet auch Chancengleichheit für die Kinder.
Wir haben es bei den Sprachstandserhebungen gemerkt und wissen, dass es nicht nur da zutrifft: Es gibt erhebliche Probleme bei den Kindern, nicht nur in der Sprache, auch in der sozialen Kompetenz, in der emotionalen Kompetenz. Wir müssen versuchen, diesen Problemen früher zu begegnen. Die Familien – Frau Kraft hat darauf hingewiesen –, leider häufig sozial schwächere Familien, können diese Probleme alleine nicht lösen. Deshalb brauchen Sie vernünftige Angebote.
Wir als Staat müssen ihnen helfen, müssen ihnen im heutigen Alltag helfen. Denn wenn die Kinder in die Schule oder in die Lehre kommen, dann ist es zu spät. Dann müssen wir mit riesigen Kosten Reparaturbetriebe aufrecht erhalten. Dabei wäre es hier an dieser Stelle richtig investiert. Je früher wir die Möglichkeiten anbieten, desto besser ist das für die Entwicklung der Kinder. Wir wollen auch keine Zwangsbeglückung, sondern wir wollen versuchen, den Eltern faire Angebote zu machen. Herr Laschet, ich bin ganz sicher: Wenn wir einen Rechtsanspruch und eine Beitragsfreiheit einführen, wird sich das auch volkswirtschaftlich …
Richtig, zweierlei! Wenn wir aber beides machen würden, würde sich das auch volkswirtschaftlich langfristig für unser Land, für NordrheinWestfalen positiv auswirken. Lassen Sie uns in die Diskussion einsteigen! Machen Sie das mit uns zusammen! An diesem Punkt wären wir bei Ihnen. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In dieser Aktuellen Stunde fühle ich mich an einen alten Römer erinnert, der jede seiner Reden schloss mit dem Motto: Ceterum censeo Carthaginem esse delendam.
Ich kann das gerne übersetzen: Er schloss jede Rede damit, indem er sagte, er sei der Meinung, Karthago müsse zerstört werden.
Wir führen hier Aktuelle Stunden wieder und wieder immer um dieselben Themen. Ich darf daran erinnern, dass wir über den Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz bereits am 7. März 2007 gesprochen haben. Das ist gerade zehn Wochen her. Das war in einer Aktuellen Stunde, wobei Ihre Anträge abgelehnt worden waren. Sie glauben, Sie könnten sie dann immer wieder vorbringen, und damit würden sie besser. Das ist der eine Punkt.
Wenn Sie diese Aktuelle Stunde darüber hinaus beantragt haben, weil Sie glauben, Sie könnten in die Koalition einen Keil treiben, dann irren Sie sich. Herr Lindner hat es deutlich gemacht, Herr Minister Laschet auch: Wir sind zwei Parteien, die jeweils ihre eigene Diskussion führen. Wir werden diese Diskussion miteinander führen und zu einem guten Ende bringen. Wir sind nicht Rot-Grün. Ich erinnere an die Zeiten, als in diesem Land sechs oder acht Wochen keine Politik betrieben wurde und am Ende ein „Düsseldorfer Signal“ herauskam.
Die SPD und die Grünen entdecken das Thema Familienpolitik. Sie möchten dabei nicht an die Vergangenheit erinnert werden. Das zeigt sich immer wieder. Herr Lindner hat vorhin schon auf Herrn Schröder hingewiesen. Ich darf noch einmal darauf hinweisen, dass Sie wirklich Zeit genug hatten, wenigstens Ansätze einer anderen Familienpolitik darzustellen.
Ich erspare Ihnen heute auch nicht die Erinnerung an eine Diskussion, die wir 1998 in diesem Lande geführt haben. Im Jahr 1998 ging es um eine Novelle des GTK. Dabei ging es nicht um Verbesserungen, sondern um die Reduzierung von Finanzen in Höhe von 440 Millionen DM. In jedem Haushalt wurden durch die Veränderung des GTK – durch Veränderung der Personalstrukturen wohlgemerkt –
und durch die Kündigung von vielen Erzieherinnen, die alle vor der Tür des Landtags standen, jährlich 61 Millionen DM im Etat eingespart. Das neue KiBiz wird genau das Gegenteil hervorbringen. Wir werden mehr Erzieherinnen benötigen.
Bei der Diskussion des Jahres 1998 ging es um eine pädagogische Reduzierung des Kindergartenangebots. Das wollen wir einmal festhalten. Es ging um die Änderung von Personalstrukturen, an denen die Kindergärten heute noch leiden.
Das neue KiBiz ist fachkraftunterlegt und wird mehr Erzieherinnen in die Kindergärten bringen und eine höhere Fachkraftquote haben als bisher.
Lassen Sie mich nun zum Thema Ihrer Aktuellen Stunde, zum Rechtsanspruch für Kinder, kommen. Wir haben vorhin etwas von Visionen und Fiktionen gehört. Ich kann nur sagen: NordrheinWestfalen redet nicht, Nordrhein-Westfalen handelt.
Beim Rechtsanspruch wird Eltern suggeriert: Ihr könnt zum Gericht gehen, wie es jetzt beim Rechtsanspruch bei über Dreijährigen der Fall ist, dann bekommt ihr einen Kindergartenplatz. – Was nützt uns ein solcher Rechtanspruch? Wenn wir dann bei 40 % sind, ist das für mich kein Rechtsanspruch.
Ich meine, wir sollten fair und ehrlich mit den Eltern umgehen und sagen: Ihr habt einen Anspruch auf einen Platz, und den können wir euch auch bieten. – Das werden wir mit dem neuen KiBiz tun. Deshalb sind die Berliner Beschlüsse nicht hinderlich, sondern eher förderlich. Wir werden in Nordrhein-Westfalen unseren Weg gehen.
Eines vermisse ich auch, Frau Altenkamp. Ich richte es einmal generell an die SPD. Frau Altenkamp, vielleicht hören Sie mir einen Moment zu. Ich hatte gestern „Landtag intern“ in der Hand. Ich vermisse Ihre aktuellen Vorschläge, wie Sie das alles umsetzen wollen. Sie schreiben unter anderem:
„Ich habe während der Diskussion um die offene Ganztagsschule miterlebt, wie dringend notwendig es ist, den Blick darauf zu erhalten, was eigentlich finanziell machbar ist.“
(Hannelore Kraft [SPD]: In jedem Haushalts- verfahren, Frau Kastner! In jedem! Sie müs- sen einmal hineinschauen!)
(Widerspruch von der SPD – Britta Alten- kamp [SPD]: Das könnte daran liegen, dass wir nie Diskussionen in Fachausschüssen führen, da von Ihnen nie Anträge vorliegen!)
Lassen Sie mich noch zwei Sätze zum Betreuungsgeld sagen. Frau Löhrmann, ich bin entsetzt darüber, dass Sie das Ehegattensplitting im Prinzip nicht begriffen haben. Das ist eine völlige Verdrehung dessen, was mit dem Ehegattensplitting erreicht und getan wird. Und wenn Sie über Wahlfreiheit reden und dann gleichzeitig dafür sorgen wollen, dass Frauen möglichst früh wieder in den Beruf gehen, finde ich das äußerst schwierig.
Ja, das möchten wir auch. Deshalb ist das Betreuungsgeld und die Diskussion darüber vielleicht ein Ansatz dazu.
Sie führen uns so häufig die Finnen vor Augen, wenn es um PISA geht. Schauen Sie einmal in die skandinavischen Länder und beurteilen Sie, ob Kinder Schaden dadurch erleiden, dass Eltern ein Betreuungsgeld bekommen!
Im Übrigen finde ich es geradezu entsetzlich, von Heimprämien und Herdprämien zu sprechen. Wir bleiben bei dem alten Stand, den ich schon vor ein paar Wochen bekrittelt habe, dass wir nämlich Frauen aufeinander hetzen. Das kann es eigentlich nicht sein.
Wir sollten Wahlfreiheit schaffen, indem wir viele Betreuungsplätze schaffen, aber auch die Familien stärken, die sich für einen anderen Weg entscheiden. Ich sehe dort nicht nur die finanzschwachen Familien im Mittelpunkt. Ich glaube, das größere Problem sind die Familien mittleren Einkommens, die wirklich alles zahlen müssen. Diese verlieren wir vollkommen aus dem Blick.