Protokoll der Sitzung vom 25.05.2007

Mit dem Gesetzentwurf der Regierungsfraktionen, der heute zur Abstimmung vorliegt, soll der Bürgerfunk in Nordrhein-Westfalen auf eine neue Grundlage gestellt werden, welche dieser gewandelten Medienlandschaft Rechnung trägt. Auch in dieser Medienwelt, Herr Eumann, kann es nicht alles so bleiben, wie es ist, nur weil man sich daran gewöhnt hat weil man sich eingerichtet hat. Nein, es ist falsch. Wir müssen mitgehen, meine Damen und Herren. Das macht dieser Gesetzentwurf deutlich.

(Zuruf von Rüdiger Sagel [GRÜNE])

Wir leben – das haben Sie, wie ich finde, klug zitiert – in der Zeit des vielzitierten „Web 2.0“. Das ist keineswegs nur ein Modewort der Internetbranche, das Angebot nutzergenerierter Inhalte nimmt rasant zu. Damit stehen heute Kommunikationswege zur Verfügung, die die weltweite Verbreitung von Inhalten so kostengünstig wie niemals zuvor ermöglichen. Gut gemachte Angebote erreichen schnell hohe Zugriffszahlen. Die Nutzer schätzen besonders die Möglichkeit der zeitunabhängigen Nutzung.

Der Teilhabegedanke, der Partizipationsgedanke, der bei der Einführung des Bürgerfunks eine wesentliche Rolle gespielt hat, muss erhalten bleiben. Er bezieht sich angesichts dieser Entwicklung aber nicht allein auf den Verbreitungsweg lokaler Hörfunk.

Herr Minister, entschuldigen Sie, wenn ich Sie unterbreche. Gestatten Sie …?

Ich möchte im Zusammenhang reden. Das können wir am Ende machen.

Okay, dann ist die Zwischenfrage von Herrn Eumann abgelehnt.

Zentrale Anliegen des Gesetzentwurfes sind Qualitätsorientierung und Medienkompetenz, meine Damen und Herren. Die Umstellung auf ein Finanzierungssystem, dass sich an den Qualitätskriterien orientiert, fördert gut

gemachtes und ansprechendes Radio und sollte zu noch interessanteren Beiträgen im Bürgerfunk führen.

Niemand bestreitet übrigens, dass es heute eine Vielzahl wirklich hochwertiger Beiträge im Bürgerfunk gibt; das bestreitet auch die CDU/FDPKoalition im Landtag nicht. Die Qualitätsoffensive soll jedoch zu einer deutlichen Anhebung dieses Gesamtniveaus führen. Damit finde ich diesen Gesetzentwurf einen richtigen Weg, um für mehr Akzeptanz des Bürgerfunks zu sorgen.

Natürlich verursachen die vorgesehenen Qualifizierungsmaßnahmen auch Kosten. Das neue Fördersystem soll es der LfM daher erlauben, Fördermittel flexibler als bisher für diese Zwecke einsetzen zu können. Mit dem Projekt „Radio in der Schule“ verbindet auch die Landesregierung die Hoffnung, der Förderung der Medienkompetenz von Schülerinnen und Schülern einen kräftigen Schub zu geben.

Im Rahmen der neuen Fördersystematik sollen diese Projekte vorrangig behandelt werden, und mit der Veranstaltergemeinschaft können zusätzlich zu den üblichen Sendestunden für diese Schulprojekte besondere Sendezeiten vereinbart werden. Es wäre fair gewesen, meine Damen und Herren von der Opposition, wenn Sie auch das hier deutlich angemerkt hätten.

(Beifall von der CDU)

Kein Zweifel: Die Medienwelt verändert sich rasant, und die Umstellungen für den Bürgerfunk sind erheblich. Deshalb gibt es Kritik, mit der man sich auseinandersetzen muss. Ein Gesetzentwurf, der eine Qualitätssteigerung im Bürgerfunk erreichen will, kann es zwangsläufig nicht jedem recht machen. Mit einem „Weiter wie bisher“ wird die Zukunftssicherung des Bürgerfunks nicht gelingen.

Dies gilt auch für die Verkürzung und die Verschiebung der Sendezeiten. Hierzu ist festzuhalten, dass bereits unter der geltenden Rechtslage – ich erinnere an eine entsprechende Debatte im Fachausschuss – in einer Vielzahl der Verbreitungsgebiete nicht länger als eine Stunde täglich Bürgerfunk gesendet wird. Auch der Sendebeginn liegt schon heute vielfach – auch darüber ist diskutiert worden – am späteren Abend. Das heißt, die gesetzlichen Änderungen führen also nicht immer zu einer tatsächlichen Änderung.

Sie haben schon häufig Prof. Volpers zitiert. Sie sollten ihn bitte komplett zitieren. Der in unserer Diskussion häufig zitierte Prof. Volpers äußerte sich auch in der Anhörung zum Landesmedienge

setz. Dort sagte er: Die Sendezeitverschiebung könnte sich sogar als Chance für den Bürgerfunk darstellen, wenn die Bürgerfunker auf ihrem Sendeplatz ihr eigenes Programm gestalten können.

(Beifall von der FDP)

Dem steht der Gesetzentwurf ausdrücklich nicht im Wege. Auch mit der Kürzung der Sendezeit werde man leben können, so der Sachverständige.

Dessen ungeachtet haben die Regierungsfraktionen mit ihrem Änderungsantrag wesentliche Änderungen aus der umfassenden Anhörung im Hauptausschuss aufgenommen. Zum einen wurden die Übergangsvorschriften eingebaut, welche die Auswirkungen der Systemumstellung deutlich abfedern. Zum anderen wird die LfM genügend Zeit zum Erlass der erforderlichen Satzungen und zum Aufbau der entsprechenden Strukturen haben, und die Förderung der Bürgerfunkbeiträge soll dementsprechend bis zum Ende des Jahres auf der Grundlage der geltenden Fördersatzung fortgesetzt werden.

Auch bedarf es eines gewissen Zeitraums, bis die Qualifizierungsangebote entwickelt sind und in der Praxis tatsächlich greifen. Daher kann die LfM in Ausnahmefällen sogar bis Mitte 2008 auf das Vorliegen der Qualifikationsvoraussetzungen verzichten. Aber danach müssen diese Bereiche wirklich einen höheren qualitativen Anspruch erfüllen.

Ferner wird bei der Verpflichtung zum Gebrauch der deutschen Sprache klargestellt, dass etwa die Entflechtung fremdsprachiger Zitate oder die Gestaltung zweisprachiger Beiträge zulässig ist, solange die Verständlichkeit für deutschsprachige Zuhörer gewährleistet ist.

Die Landesregierung hält es abschließend für sinnvoll, dass die Bürgerfunkbeiträge von einem Großteil von der Bevölkerung verstanden werden können, was bei rein fremdsprachlichen Beiträgen nicht gewährleistet ist. Daneben ist die Regelung auch im Hinblick auf die Kontrollausübung durch die Veranstaltergemeinschaften erforderlich.

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Eumann?

Herr Eumann hat noch Redezeit und somit die Möglichkeit, noch etwas dazu zu sagen. Ich würde dann erwidern. Das ist wohl das elegantere Verfahren.

Ich möchte für die Landesregierung noch einmal deutlich machen, dass wir das, was hier vorgetragen wurde, begrüßen. Die von mir dargestellten Justierungen am Gesetzentwurf bekräftigen die Notwendigkeit der Systemumstellung. Ich sage deutlich: Wenn sich Lokalfunk oder Bürgerfunk nicht den Veränderungen von morgen stellt und wenn wir es nicht schaffen, einen wirklichen Qualitätsanspruch als Strukturprinzip in diesem Gesetzentwurf durchzusetzen, werden wir in Zukunft ganz andere Fragen zu beantworten haben.

Dieser Gesetzentwurf bedeutet also nichts anderes als mehr Qualität für den entsprechenden Rundfunk in Nordrhein-Westfalen. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Minister. – Weitere Wortmeldungen liegen mir, wenn ich in die Runde schaue, nicht vor. Damit sind wir am Schluss der Beratung.

Wir kommen zur Abstimmung. Ich lasse erstens abstimmen über die Beschlussempfehlung des Hauptausschusses Drucksache 14/4336, den Gesetzentwurf in der Fassung der Beschlüsse des Ausschusses anzunehmen. Wer dieser Beschlussempfehlung folgen möchte, bitte ich, die Hand zu heben. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Damit ist diese Beschlussempfehlung mit den Stimmen der Fraktionen CDU und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen SPD und Bündnis 90/Die Grünen angenommen und der Gesetzentwurf Drucksache 14/3447 in zweiter Lesung verabschiedet.

Ich lasse zweitens über den Entschließungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 14/4312 abstimmen. Wer diesem Entschließungsantrag zustimmen möchte, bitte ich, die Hand zu heben. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Damit ist der Entschließungsantrag mit den Stimmen der Fraktionen der CDU und der FDP gegen die Stimmen der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen abgelehnt.

Ich rufe auf:

4 Europa für junge Menschen erfahrbar machen – die europäische Jugend für Europa stärker begeistern

Antrag der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP Drucksache 14/3844

Ich eröffne die Beratung und erteile für die antragstellende Fraktion dem schon nach vorne eilenden Kollegen Dr. Berger das Wort. Bitte schön, Herr Dr. Berger.

Vielen Dank, Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der europäische Gedanke lebt von den Menschen, die ihn tragen, pflegen und sich mit Europa identifizieren …

(Unruhe – Glocke)

Wenn Sie den Raum verlassen, wäre ich Ihnen dankbar, wenn Sie das mit etwas mehr Ruhe und Disziplin tun könnten. – Bitte schön, Herr Kollege Berger.

… und natürlich auch mit der Politik in diesem Hause, die ein wichtiger Bestandteil von europäischen Prozessen ist. Die Zukunft Europas liegt daher vor allem in der Hand von Kindern und Jugendlichen als Trägern der Zukunft. Damit diese ein festes Fundament für das Projekt Europa bleiben, wollen wir die Beteiligung junger Menschen am europäischen Politikprozess unterstützen und fördern.

(Beifall von der CDU)

Die Europäische Union steht wie kein zweites Politikmodell für die friedliche Wiedervereinigung des europäischen Kontinents, für Freiheit, für wirtschaftliche Prosperität und sozialen Fortschritt. Allerdings ist Europa wie ein Haus, das ausgebaut und verschönert werden muss und an dem noch viel konstruktive Arbeit verrichtet werden muss, um das Haus zukunftsgerecht auszugestalten. Junge Menschen sind die benötigten Handwerker, die gewonnen werden müssen, um das Gesamtwerk Europa zu vollenden.

Mit ca. 75 Millionen Menschen stellen junge Europäerinnen und Europäer im Alter von 15 bis 25 eine große gesellschaftliche Gruppe dar, die für die Vorstellungen und Ziele des europäischen Projekts nachhaltiger gewonnen werden muss. Damit dies gelingt, müssen junge Menschen die Möglichkeit bekommen, den Mehrwert der europäischen Politik für ihr Alltagsleben zu erkennen. Zentral für dieses Verständnis ist natürlich auch die Chance der Einbringung in aktuelle politische Themen und Entscheidungsprozesse.

Es ist unbestritten, dass der fortschreitende Prozess der europäischen Integration weitreichende Auswirkungen auf die Bildungs-, Berufs- und Lebensverläufe junger Menschen hat. Die Europäische Union eröffnet in diesen Bereichen Gestal

tungschancen, die mittlerweile – das ist der erste Problembereich, der anzusprechen ist – als Selbstverständlichkeiten wahrgenommen und nicht weiter hinterfragt werden. Dabei wären noch vor wenigen Jahrzehnten beispielsweise die friedliche Vereinigung des europäischen Kontinents, eine gemeinsame Währung und offene Grenzen innerhalb der Europäischen Union kaum vorstellbar gewesen.

Auch die fortschreitende europäische Angleichung von Studienabschlüssen im Rahmen des Bologna-Prozesses oder aber die durch den Binnenmarkt ermöglichte Arbeitsaufnahme in anderen EU-Mitgliedstaaten waren nicht abzusehen. Jugendprogramme auf europäischer Ebene, Europaschulen, Schulpartnerschaften und Europastudiengänge bieten auch den Jugendlichen in Nordrhein-Westfalen vielfältige Handlungsmöglichkeiten.

Dennoch kommt eine Untersuchung des Münchener Centrums für angewandte Politikforschung zu dem Ergebnis, dass sich nur 2 % der europäischen Jugendlichen gut über die EU informiert fühlen. 54 % der jungen Menschen geben hingegen an, nur ein wenig über die EU zu wissen, während 17 % aussagen, keinerlei Kenntnisse über die EU zu haben.

Diesem Trend wollen wir mit unserem Antrag entgegenwirken. Meine Fraktion ist der Auffassung, dass Nordrhein-Westfalen als größter europäischer Region und bevölkerungsreichstem deutschen Bundesland in diesem Themenkomplex eine Vorreiterrolle zukommt, um den jungen Menschen die konkreten Vorteile der EU zu vermitteln. Aus unserer Sicht stellen sich dabei verschiedene Handlungsschwerpunkte:

Erstens. Die Rahmenbedingungen für Mitwirkungsmöglichkeiten junger Menschen im europäischen Politikprozess müssen grundlegend verbessert werden. Der Internetauftritt der Landesregierung kann ein gutes und richtungweisendes Beispiel sein.

(Zuruf von Sylvia Löhrmann [GRÜNE])

Das ist im Zusammenhang mit der EURatspräsidentschaft aktuell erfolgt, Frau Löhrmann. Das war ein neues Projekt. Ich denke, es ist sicherlich lohnend, diese Wege zu gehen.

Zweitens. Die Bemühungen der Europäischen Union zur besseren europapolitischen Partizipation junger Menschen müssen bestmöglich begleitet werden. Besonderes Augenmerk sollte dabei auf die umfassende Information bereits bestehender Angebote und Mitwirkungsmöglichkeiten gelegt