Offensichtlich ist die Ignoranz in dem Bereich sehr groß. Denn in den deutschen Großunternehmen ist der Frauenanteil in Führungspositionen 5 % gewesen. Im Jahre 2004 waren in den 100 größten deutschen Unternehmen nur vier Frauen in Vorstandspositionen.
Um das einmal aus der anonymen Masse herauszuholen: Wenn man sich einmal die DAX-30Unternehmen, also die Crème de la Crème der
deutschen Unternehmen, und die Besetzung der Aufsichtsräte ansieht, dann stellen Sie zum Beispiel bei den Autofirmen Folgendes fest: Bei BMW, DaimlerChrysler und Volkswagen sind null Frauen in den Aufsichtsräten. Auch in allen Firmen, die mit „deutsch“ beginnen, nämlich Deutsche Bank, Deutsche Börse, Deutsche Lufthansa, Deutsche Post, Deutsche Postbank, Deutsche Telekom, sind von den 38 Aufsichtsratsmitgliedern null Frauen, als ob es in Deutschland mit 80 Millionen Einwohnern nur Männer gäbe.
Die ernüchternde Bilanz insgesamt ist: Diese DAX-30-Unternehmen, die Crème de la Crème der deutschen Wirtschaft, haben 192 Vorstandsmitglieder, wovon – das mag man nicht glauben – 192 Männer sind, darunter nicht eine einzige Frau. Das ist die reale Bilanz in den ganz großen Unternehmen.
Bei den Aufsichtsräten ist diese Quote ein wenig besser. Dort sind immerhin 7,5 % der Mitglieder Frauen. Aber das kommt in der Regel über die Gewerkschaftsschiene. 80 % der Frauen kommen nicht aus den Unternehmen, sondern aufgrund der Diskussionen in den Gewerkschaften in die Aufsichtsräte, die zu Recht sagen, es müsse einen höheren Frauenanteil geben.
Wir haben uns einmal angesehen, wie es in anderen Ländern aussieht. Es ist ja bekannt, dass die Skandinavier in dieser Frage eine lange Tradition haben und weiter sind. Bei den ersten Quellenstudien hat mich schon überrascht, dass in Norwegen ein Gesetz den neuen Unternehmen an der Börse einen Anteil von 40 % Frauen in den Aufsichtsräten vorschreibt. Die Norweger haben in diesem Bereich eine 30-jährige Tradition. Wir wissen, dass dort ein 50-prozentiger Frauenanteil in den Regierungen Alltag ist, bis hin zum Regierungschef, was ja auf Bundesebene zum ersten Mal mit Frau Dr. Merkel nachvollzogen wurde. Bei denen ist das also Kultur. Auch im harten Wirtschaftsbereich ist es bei denen selbstverständlich.
Oft gibt es den Einwand: Warum kommen Sie mit einer Quote? Gute Frauen setzen sich doch auch so durch. – Das gilt sicherlich für viele gute Frauen, aber die Erfahrung aus diesem Prozess zeigt doch, dass es eine Mischung braucht aus Qualität fördern, Qualität zulassen und in den Bereichen, in denen einige wirklich nicht hören wollen, muss man auch über Quoten und Vereinbarungen Instrumente schaffen, mit denen ein höherer Frauenanteil erreicht werden kann.
Wir fordern in unserem Antrag, dass Aufsichtsräte deutscher Aktiengesellschaften bis 2010 zu 40 % mit Frauen besetzt sein müssen. Das ist eine aus dem norwegischen Gesetz abgeleitete Forderung. Wir wären durchaus kompromissbereit; ich sage das gerade in Richtung CDU und FDP. Wenn Sie 20 % und 2012 anbieten würden, dann wäre das durchaus eine Möglichkeit. Die Bitte ist nur, sich dem nicht völlig zu verschließen. Die offene Bilanz der Unternehmen zeigt uns doch, dass, wenn wir an der Stelle nicht ansetzen, über Appelle hinaus offensichtlich nichts zu erreichen ist. Deshalb ist ein Handeln, ähnlich wie es in Norwegen geschehen ist, der vernünftige Weg, nämlich eine Vereinbarung zu treffen und gleichzeitig ein Gesetz zu haben, sodass dann, wenn die Vereinbarung nicht greift, die Umsetzung mit dem Gesetz erzwungen werden kann. – Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir rangieren in Deutschland bei den Frauen in Führungspositionen tatsächlich nur im Mittelfeld. Damit – das wissen wir natürlich auch – können wir nicht zufrieden sein. Diese von Bündnis 90/Grünen so hoch gelobte Regelung in den skandinavischen Ländern ist dort allerdings – das muss man wissen – gegen den Willen der Privatwirtschaft durchgeführt, mit Zwang durchgesetzt worden
und zieht empfindliche Strafen nach sich, wenn man ihr zuwiderhandelt. Das geht sogar bis hin zur Streichung der Börsennotierung. Das ist schon sehr weitgehend.
Sind Sie der Meinung, dass wir uns das gerade am Wirtschaftsstandort Nordrhein-Westfalen leisten können?
Vor allen Dingen: Können wir das überhaupt verfassungskonform in Deutschland einführen? – Das ist die Frage. Wir wollen das nicht und glauben auch nicht, dass wir diese Kriterien verfassungsgemäß umsetzen könnten.
Man stelle sich vor, was passieren würde, wenn Sie die Aufsichtsräte zwingen würden, sich neu zu sortieren. Dann gäbe es ein unheimliches Durcheinander und Diskussionen für Wochen und Monate, auch ein Chaos in den Wirtschaftsbetrieben, und Sie würden sie an ihrem unternehmerischen Handeln hindern. Das ist eine Sache, die die Wirtschaftsunternehmen letztlich in Gefahr bringen könnte.
Schönen Dank, Frau Milz. Vor dem Hintergrund, den Sie gerade schildern, frage ich Sie, wieso Sie sich als CDUFraktion, obwohl Sie lange auf freiwillige Verfahren gesetzt haben, letztlich doch für eine Quote und ein Quorum entschieden haben.
Ja, sicherlich. Ein Quorum ist aber immer noch etwas anderes als eine Quote. In der Partei entscheide ich letztlich in einem geschlossenen Kreis, was ich tue. Es ist aber etwas ganz anderes, wenn ich damit die Wirtschaft belaste, von deren Einnahmen, die dort erwirtschaftet werden, wir alle letztlich leben müssen. Es ist also schon ein Unterschied, wenn wir das in den Parteien tun.
Wir müssen daran denken, dass es in den nächsten fünf Jahren sicherlich in 350.000 Unternehmen in Deutschland zu Nachfolgen kommen wird. Das sind die Fälle, in denen sich Frauen aufgefordert fühlen sollten zuzugreifen, und dann auch zeigen müssen, dass sie Führungsverantwortung haben wollen. Das sind frei werdende Positionen, für die man sich bemühen kann, wenn man das
Wir wissen, dass junge Frauen zum Teil besser qualifiziert sind als Männer. Das heißt, es muss doch möglich sein, dass sich das bei den Unternehmensnachfolgen ergibt und dass sich Frauen auf Positionen in den Gremien durchsetzen.
Darüber hinaus müssen wir das Klima in der Gesellschaft dafür schaffen, dass Frauen auch anerkannt werden, wenn sie dann dort sitzen oder wenn sie sich für Selbstständigkeit entscheiden. Es ist nicht immer so, dass diese Frauen insgesamt gesellschaftliche Unterstützung erfahren. Politik ist dann gefragt, wenn es um die Rahmenbedingungen geht.
In dieser Woche haben wir schon über Kinderbetreuung, über Plätze für die Kleinen, über verlässliche Ganztagsangebote in Grundschulen usw. gesprochen. Bei vielen Vorhaben, die die Landesregierung in diesen Bereichen auf den Weg bringt, sind Sie als Opposition wiederum dagegen. Das wollen Sie dann alles nicht. In dem Fall entgegne ich: Man sollte dann auch ehrlich bleiben.
Außerdem müssen wir den Mädels und jungen Frauen manchmal sagen: Das, was ihr studiert, sind nicht die karriererelevanten Berufsfelder. – Auch da kann Politik bestimmt nichts mit Zwang erreichen. Das, was die jungen Frauen studieren wollen, ist eine Entscheidung, die selbst treffen.
Als Letztes möchte ich auf den rechtlichen Aspekt hinweisen. Bei der Betrachtung einer Quote frage ich mich immer, wo die Diskriminierung der Männer anfängt, so blöd das auch klingen mag. Wo fängt das an, wo hört das auf? – Ich könnte mir auch noch andere Punkte ausdenken, wo ich eine Quote brauche, zum Beispiel bei Nationalitäten oder bei Alt und Jung oder vielleicht auch noch bei behinderten und nichtbehinderten Menschen. Ich warne davor, ein Fass aufzumachen. Aus diesem Grunde lehnen wir das Vorhaben heute ab. – Schönen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen greift unserer Meinung nach ein ganz wichtiges Thema auf: die Beteili
gung von Frauen in den Aufsichtsräten der börsennotierten Unternehmen. Herr Priggen wies bereits auf die Zahlen hin. Sie sind erschreckend. Nur 19 der 129 weiblichen Aufsichtsräte kommen von der Unternehmerseite und 110 Frauen sitzen dank der geltenden Mitbestimmungsrechte auf der Arbeitnehmerbank. Auch das ist deutlich zu wenig; denn das ist ein Prozentsatz von 3 % auf der Anteilseignerseite und 20 % auf der Arbeitnehmerseite. Das ist unbefriedigend. Das sehen wir gemeinsam so. Das haben Sie auch gesagt, Frau Milz. Wir müssen das verbessern. Frauen wollen in diesen Bereichen der Wirtschaft Teilhabe. Im 21. Jahrhundert ist es nicht mehr hinnehmbar, dass Deutschland hier nur im Mittelfeld liegt.
Wie in vielen Fällen der Frauenpolitik sind Norwegen bzw. die skandinavischen Länder durchaus Vorbild. Das kam nicht von allein, meine Damen und Herren. Der Durchbruch gelang vor sicherlich gut 20 Jahren, als nämlich die Sozialdemokratin Gro Harlem Brundtland doppelt so viele Frauen in die Regierung berief wie in der zuvor abgewählten. Der Frauenanteil erhöhte sich auf einen Schlag von 22 % auf 44 %. Dieses Vorbild zog; diese Entwicklung war nicht mehr aufzuhalten.
Ähnlich verlief die Entwicklung im norwegischen Parlament, wo der Frauenanteil seit dem Jahre 1985 niemals mehr unter immerhin 35 % fiel. Seit den 70er-Jahren hatten die Sozialistische Linkspartei und die Liberale Partei Frauenquoten eingeführt und damit wichtige Signale gegeben und Erfolge erzielt.
Auch im öffentlichen Dienst in Norwegen kamen Frauen mit aktiver Frauenförderung schnell weiter. Aber Untersuchungen in den 90er-Jahren zeigten, dass Frauenanteile in der Politik und in Unternehmensführungen deutlich auseinanderklafften. Darum hat man geprüft, was man machen kann, und hat gesehen, dass Frauen an den Hochschulen die Fächer Recht und Wirtschaft in ausreichender Zahl, nämlich mehr als Männer, belegten und auch gut abschlossen. Es war also keine Frage der Qualifizierung der Frauen. Es war auch keine Frage der Erwerbsbeteiligung in Norwegen; denn sie war ja hoch. Darum wurde die Idee der Quote als Ultima Ratio, also äußerstes Mittel für die private Wirtschaft angesehen und angenommen. Es wurde allmählich auch salonfähig, selbst bei den zunächst dies ablehnenden Konservativen, die es dann mitgetragen haben.
Als trotz aller Bemühungen im Jahr 2002 der Frauenanteil in Norwegen in den Verwaltungsräten privater Aktiengesellschaften bloß knapp 9 % betrug, wurde das Gesetz vom damaligen Minister Ansgar Gabrielsen auf den Weg gebracht. An die
sem norwegischen Kollegen, eher Ihrer politischen Couleur – das war nun wirklich ein Konservativer –, könnte sich unsere Wirtschaftsministerin Frau Thoben, die ich nicht sehe, ein Beispiel nehmen.
Nicht nur Norwegen, sondern auch andere skandinavische Länder sind uns voraus. Selbst in der Schweiz wird heute über gesetzliche Regelungen diskutiert.
Ich spüre eine Einigkeit darin, dass uns der momentane Zustand unbefriedigend erscheint und dass wir hier etwas machen müssen. Allein der Weg dorthin bleibt wohl die strittige Frage, Frau Milz.