Protokoll der Sitzung vom 25.05.2007

(Lachen von Markus Töns [SPD])

Selbst da kann man kritisch nachfragen. Der letzte Bericht von Herrn Minister Breuer zum Stand der Euregios nimmt sich insgesamt und beim Thema Jugend insbesondere nämlich sehr bescheiden aus. Die in dem Bericht angekündigte Initiative zur Stärkung des bilingualen Unterrichts ist wirkungslos geblieben. Bezüglich des Einsatzes von Muttersprachlern zur Förderung des Fachunterrichts ist der niederländischen Sprache sieht das Ministerium keinen weiteren Handlungsbedarf.

Weiter heißt es im Bericht schlicht – ich zitiere –:

„Die von den Euregios vorgeschlagene Einrichtung eines Jugendwerkes zur Intensivierung des deutsch-niederländischen Jugendaustausches ist zurzeit nicht vorgesehen.“

An der Stelle sehe ich einen eklatanten Widerspruch zwischen dem, was Sie hier so schön aufschreiben, und dem, was Minister Breuer noch vor kurzem im Ausschuss in seinem Bericht vorgetragen hat. Sie hätten sich ein bisschen besser abstimmen sollen, damit es nicht peinlich wird für Sie, weil Sie die Jugendpolitik kaputtsparen, und für den Minister, weil er offenbar nicht weiß, was andere von ihm erwarten und wie es mit seinem Regierungsalltag aussieht.

Sollte man beim Bund nicht mehr Druck machen und eine Eigeninitiative im Bereich des Jugendaustauschs starten? Bei aller Kritik am kollektiven Nichts dieses Antrages, hat dieser Antrag dann ganz zum Schluss doch noch etwas Interessantes zu bieten. Sie wollen alle bestehenden Programme und Maßnahmen der politischen Bildung auf Landesebene verstärkt auf die nachhaltige Vermittlung des europäischen Gedankens ausrichten.

Das ist richtig, und das ist gut. Nur: Mit welchem Personal? Mit welchen Ressourcen? Und vor allen Dingen wie? Wie verträgt sich das mit anderen Anforderungen, die wir auch an die politische Bildung stellen? Vor allen Dingen, weil wir auch wissen, dass Sie im Bereich der Weiterbildungsarbeit entgegen der Versprechungen, die Sie hinsichtlich dieses Bereiches vor der Wahl gegeben haben, ganz massiv und drastisch gekürzt haben.

Wir diskutieren an anderer Stelle zu Recht interfraktionell darüber, dass die politische Bildung gestärkt werden muss, etwa um gegen den Rechtsradikalismus in diesem Land zu agieren. Wie sollen die das denn alles machen, ohne dass Sie sie entsprechend ausstatten?

Ich erläutere noch kurz, was wir für richtig halten. Leider haben wir für diese Diskussion nicht sehr viel Zeit. Auf der einen Seite stellen wir fest: Sie haben kein Konzept. Sie legen es nicht auf den Tisch. Was Sie machen, ist widersprüchlich. Der gute Wille verpufft in den leeren Phrasen dieses Antrages. Auf der anderen Seite ginge es aber auch anders. Dazu nenne ich gern ein paar Punkte als Alternative.

Handlungskonzepte zur Umsetzung könnten nämlich wie folgt aussehen: Legen Sie ein Kooperationsprogramm mit den Europe Direct Centern auf. Diese gehen für Sie in die Schulen und machen Vorschläge sowie Vorträge auf Informationsveranstaltungen vor Ort. Ändern Sie die Curricula – da ist die Schulministerin gefragt. Stärken Sie das Thema Europa vor allen Dingen über eine Integration in den Regelunterricht der Schulen, und lassen Sie nicht immer alles extra nebenher laufen. Setzen Sie sich auf EU-Ebene für eine Stärkung von Sokrates ein. Fördern Sie aktiver den deutsch-niederländischen Jugendaustausch.

(Vorsitz: Vizepräsident Oliver Keymis)

Natürlich stimmen wir der Überweisung zu. Ich schlage Ihnen vor, dass wir an einem interfraktionellen Antrag arbeiten. Aber eines kann ich direkt dazu sagen: Dieser Antrag muss deutlich, deutlich angereichert werden, damit diese bisherigen Nullsätze und unverbindlichen Absichtserklärungen Substanz erhalten. Daran arbeiten wir gerne mit, aber so ist dieser Antrag aus unserer Sicht nicht zustimmungsfähig. – Herzlichen Dank.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin Löhrmann. – Für die Landesregierung spricht Herr Minister Breuer.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist richtig, dass wir für den fortschreitenden europäischen Integrationsprozess die Rolle der Jugend in Europa von entscheidender Bedeutung sehen.

Die im Antrag der Koalitionsfraktionen „Europa für junge Menschen erfahrbar machen – die europäische Jugend von Europa stärker begeistern“ bei

spielhaft genannten Punkte, spiegeln einerseits unsere Ausführungen und Aufforderungen wider, die wir in den letzten Wochen und Monaten ausgetauscht haben. Andererseits, meine Damen und Herren, werden aber auch die Bedürfnisse und die Erwartungen von jungen Menschen selbst sehr aufschlussreich beschrieben. Dieser Herausforderung stellen wir uns vor allem mit den europabezogenen Bildungselementen in Schulen, Hochschulen und anderen Bildungseinrichtungen.

Frau Löhrmann, was Sie zum Schluss in drei, vier Punkten vorgetragen haben, können wir im Ausschuss gerne noch einmal vertiefen. Sie wissen sehr gut, dass wir in den letzten Wochen sehr viel weitergekommen sind, als Sie das eben in Ihrem Beitrag formuliert haben.

Ausdrücklich unterstützen wir die jugendpolitischen Aktivitäten der Europäischen Union und die Entschließungen zu den Themen Bildung, lebenslanges Lernen, Mobilität, Beschäftigung, soziale Integration und vor allen Dingen auch Kampf gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit. Konkret gibt es in Nordrhein-Westfalen zahlreiche Angebote und Maßnahmen, die den Mehrwert Europas für junge Menschen erfahrbar machen sollen.

Neben meinem eigenen Haus sind es vor allen Dingen – ich finde, sehr erfolgreich – das MGFFI, MSW und das MIWFT, die sich in diesen Prozess einbringen. Dies geschieht unter anderem mit Beteiligungsprojekten und -strukturen für Kinder und Jugendliche wie dem strukturierten Dialog, dem – neben der Methode der offenen Kollidierung – neuen Instrument innerhalb der europäischen Jugendpolitik.

Ein weiterer Schwerpunkt ist die Begegnung zwischen jungen Menschen. So geht NordrheinWestfalen mit etwa 2.500 Schulpartnerschaften zwischen Schulen in NRW und dem europäischen Ausland weit über den Rahmen der europäischen Programme hinaus. Ich finde, das sollten wir an dieser Stelle auch noch einmal deutlich machen und nicht unter Wert verkaufen, was die vielen engagierten Schülerinnen und Schüler zu Wege bringen.

(Beifall von der FDP)

Wichtig ist auch, mit den Partnern aus der Schule und aus der außerschulischen Jugend- und Erwachsenenbildung über die Weiterentwicklung der europapolitischen Bildung zu sprechen. Dabei geht es im Wesentlichen um die Unterstützung junger Menschen, die ihre praktischen Europaerfahrungen in die europapolitische Debatte einbringen können und sollen.

Sie, meine Damen und Herren, haben eben auch kritisiert, dass es eine Zurückhaltung zu den organisierten Jugendwerken gebe. Die ist nun einmal vorhanden. Wenn wir die Bedenken der Jugendorganisationen zu organisierten Jugendwerken nicht ernst nehmen, dann können wir das auch nicht von oben drüberstülpen. Es muss mit Leben gefüllt werden. Das hat nichts damit zu tun, dass wir dem Gedanken von niederländischem oder nordrhein-westfälischem Jugendaustausch oder Jugendarbeit nicht nahe genug stehen, sondern es hat damit etwas zu tun, dass mittlerweile andere Institutionsmöglichkeiten vorhanden sind und wir über Jugendzusammenarbeit heute anders reden, als das noch vor wenigen Jahren oder Jahrzehnten der Fall war.

Als effektiv ist es erachtet worden, dass wir anlässlich des Europaprojekttages im Januar 2007 für Tagesseminare für Lehrerinnen und Lehrer gesorgt haben. Das ist wichtig. Es ist richtig, Frau Löhrmann, dass die Schulministerin dafür zuständig ist. Aber ich glaube, dass sich auch der Hauptausschuss und diejenigen, die sich europapolitisch engagieren, damit beschäftigen können. Das ist im Zusammenhang zu sehen.

(Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Gern!)

Daraus entstand auch – ich finde, dass ist nicht zu kritisieren – die allen Lehrkräften in NordrheinWestfalen zugänglich gemachte Handreichung „Erlebnisraum Europa“. Darin finden sich Methoden, Inhalte und Materialien, die zum Einsatz im Unterricht bestimmt sind. Es ist ganz klug, dass die Schulministerin das so gemacht hat.

Nicht nur die Schülerinnen und Schüler sind ein Thema. Ein anderer Ansatz ist die Ausbildung junger Erwachsener zu Europaprofis, den Juniorenteams NRWs. Diese jungen Menschen bringen Schulen, anderen Bildungseinrichtungen und Jugendorganisationen den Prozess der europäischen Integration und die Auswirkungen auf unsere Lebenswelt näher.

Schließlich will ich nur erwähnen, dass wir die Schulen mit unserem Konzept der Europaschulen für das Thema Europa sensibler machen müssen. In diesem Zusammenhang wird die Landesregierung die Zahl der Europaschulen deutlich erhöhen. Sie wissen auch, dass wir bisher kein klares Anforderungsprofil an eine Europaschule gehabt haben. Das wollen wir durch ein Zertifizierungsverfahren ändern, das die Landesregierung am 8. Mai 2007 auf den Weg gebracht hat.

Herr Töns, es ist nicht alles schlecht. Deshalb will ich abschließend in diesem Zusammenhang auch die von uns anlässlich der deutschen Ratspräsi

dentschaft online gestellte Internetseite noch einmal ansprechen. Ich glaube, es ist klug, dass wir solch ein Internetangebot – übrigens als einziges Bundesland – auf den Weg gebracht haben. Ich habe keinen Zweifel daran, dass das von allen vier Fraktionen getragen wird.

Man fragt sich immer: Ist es richtig, dass wir ein zusätzliches Internetangebot für junge Menschen auf den Weg bringen? – Wenn 250.000 junge Leute mehr als acht Minuten – die Millionen Klicks, die man schnell zusammen hat, einmal außen vorgelassen – auf diesen Internetseiten, die meiner Meinung nach jugendgerecht sind, verbringen, dann sollten wir diesen Weg der neuen Medien und der Ansprache der Jugendlichen gemeinsam gehen.

Ich freue mich auf die Debatte im Hauptausschuss und bedanke mich für die Beratung.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Minister Breuer. – Wir sind damit am Ende der Beratung zum Tagesordnungspunkt 4. Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen.

Wir kommen zur Abstimmung. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrags in der Drucksache 14/3844 an den Hauptausschuss – federführend – sowie an den Ausschuss für Generationen, Familie und Integration. Die abschließende Beratung und Abstimmung soll im federführenden Ausschuss in öffentlicher Sitzung erfolgen. Wer ist für diese Überweisung? – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Einstimmig ist diese Überweisung angenommen.

Wir kommen zu Tagesordnungspunkt

5 Quote für Aufsichtsratsgremien börsennotierter Unternehmen einführen!

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 14/3173 –Neudruck

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Mittelstand und Energie Drucksache 14/4190

Entschließungsantrag der Fraktion der SPD Drucksache 14/3924

Der Antrag wurde gemäß § 79 Abs. 2 Ziffer b unserer Geschäftsordnung vom Plenum an den Ausschuss für Wirtschaft, Mittelstand und Energie –

federführend – überwiesen mit der Bestimmung, dass eine Beratung und Abstimmung erst nach Vorlage einer Beschlussempfehlung erfolgt.

Ich eröffne die Beratung und erteile Herrn Abgeordneten Priggen das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Kern dieses Antrages ist die Einführung einer Quote für Aufsichtsratsgremien börsennotierter Unternehmen. Der eine oder andere mag nun denken: Jetzt kommen die Grünen auch noch mit solch einem Antrag. Was soll das? Die Wirtschaft ist doch wenigstens ein Bereich, der in den Spitzengremien noch relativ sicher vor Frauenquoten ist.

(Heiterkeit)

Lassen Sie mich Folgendes insbesondere an diejenigen richten, die Väter von Töchtern sind; das ist ja dann vielleicht nachvollziehbarer.

Es gibt seit mehreren Jahrzehnten in den europäischen Ländern das unterschiedliche Bemühen, eine gleichberechtigte Teilhabe von Männern und Frauen in allen gesellschaftlichen Bereichen zu erreichen. Wir alle sind ja in einer Reihe von Bereichen erfolgreich. Ich glaube, das Ziel kann nur gemeinsam erreicht werden. In einigen Bereichen sind wir erfolgreich, aber es gibt auch Bereiche, die sich diesem Gedanken, der ja auch im Grundgesetz steht, völlig verschließen. Einer der Bereiche, in dem es offensichtlich völlig an Verständnis für eine gleichberechtigte Teilhabe von Männern und Frauen und dafür mangelt, dass die Potenziale an Intelligenz, an wirtschaftlicher Schöpfungskraft usw. bei Männern und Frauen gleichmäßig verteilt sind und es nur intelligent ist, sie zu gleichen Teilen zu nutzen, ist der Bereich der großen Aufsichtsräte vor allem in den ganz großen Firmen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Deswegen macht es ab und zu Sinn, über Landesgrenzen zu blicken, um festzustellen, wie das in anderen Ländern aussieht.

Offensichtlich ist die Ignoranz in dem Bereich sehr groß. Denn in den deutschen Großunternehmen ist der Frauenanteil in Führungspositionen 5 % gewesen. Im Jahre 2004 waren in den 100 größten deutschen Unternehmen nur vier Frauen in Vorstandspositionen.