Zweitens. Sie sind gegen den Kohle-Benchmark, wie ihn die Bundesregierung vorschlägt. Die Bundesregierung hat gestern gesagt, Sie wolle bei dieser Regelung bleiben: 365 g für Gas und ein einheitlicher Wert für Stein- und Braunkohle.
Aus unserer Sicht ist auch das zu viel. Man sollte einen Benchmark für alle Energieträger machen, und dann soll die Industrie entscheiden, welchen Energieträger sie nimmt.
Aber dass Sie an der Stelle der Bundesregierung in den Rücken fallen, indem Sie die anderen Länder anführen und wir jetzt in ein Vermittlungsverfahren müssen, ist aus meiner Sicht ein Fehler. Dazu sollten Sie Stellung nehmen. – Danke schön.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die SPD-Fraktion hat beantragt, dass wir uns die Perspektiven und die Strategien im Kampf gegen den Klimawandel noch einmal anhand des Umweltberichts ansehen.
Die Landesregierung hat letzte Woche Mittwoch, wie es die europäische Umweltinformationsrichtlinie übrigens verlangt, den Bericht mit den Daten zum Zustand der Umwelt in Nordrhein-Westfalen dargelegt. Das ist auch gut so, denn die Daten zeigen eines ganz eindeutig, nämlich die Erfolge der SPD-geführten Landesregierungen von Nordrhein-Westfalen.
Die Umweltinformationsrichtlinie verlangt aber auch, dass Sie Maßnahmen und Handlungsschwerpunkte darlegen. Das steht ausdrücklich in dieser Umweltinformationsrichtlinie. Da sage ich Ihnen eindeutig: Das tun Sie mit diesem Bericht nicht.
Dieser Bericht zeigt, dass Sie wieder einmal kein Konzept haben, keine Strategie haben, wie Sie in der Umweltpolitik mit dem Klimawandel umgehen wollen. Er zeigt auch, dass wir mit Ihrer Regierung in Nordrhein-Westfalen um Jahre zurückfallen. Hier wird Zeit verschwendet, die wir eigentlich überhaupt nicht mehr haben.
(Zurufe von der CDU: Oh! – Minister Eckhard Uhlenberg: Sie sind ein Lichtblick in der Umweltpolitik!)
Sie sind gleich dran, Herr Minister. Halten Sie sich noch ein bisschen zurück. Ich weiß, dass Sie das aufregt.
Der Bericht arbeitet mit Indikatoren. Die sind in der Umweltministerkonferenz vereinbart worden. Von diesen 24 Indikatoren haben jetzt noch fünf eine rote Ampel. Das ist ein Kennzeichen dafür, dass man sich da noch einmal besonders anstrengen müsste. Die Landesregierung müsste also tätig werden, sie müsste Konzepte vorlegen und sagen, wie man von dieser roten Ampel wegkommt. Aber man findet bei Ihnen kein Konzept zum Schutz der Arten, kein Konzept gegen die Nitratbelastung des Grundwassers, kein Konzept für die Naturschutzflächen. Da findet man bei Ihnen gar nichts, obwohl Sie diese eindeutigen Hinweise haben.
Und bei einem so aktuellen Thema wie dem Klimawandel – Herr Priggen hat das schon ausgeführt – haben Sie überhaupt keine Antworten. Das wundert mich auch nicht, denn Sie arbeiten hier mit völlig veralteten Daten. Ihr Bericht nennt 24 Indikatoren; der Bericht trägt das Datum 2006. Mehr als die Hälfte der Daten ist älter als aus dem Jahr 2004, also mehr als zweieinhalb Jahre alt. Acht Datensätze sind mehr als dreieinhalb Jahre alt. Sie schrecken bei einem Indikator, nämlich bei dem für gefährdete Arten, noch nicht einmal davor
Meine Damen und Herren, da wundert mich gar nichts mehr. Wenn Sie auf einer solchen Datenbasis arbeiten, dann wundert mich nicht, dass Ihre Politik mit Volldampf zurück in die Vergangenheit geht.
Man kann sich ja fragen: Warum machen Sie das so? Können Sie es einfach nicht besser? Sind es handwerkliche Fehler im Ministerium, weil alle frustriert sind, da sie vielleicht bald in das PEM kommen?
Dann gucken Sie einmal Ihre eigenen Pläne an! – Oder haben Sie einfach keine aktuelleren Daten? Das kann ja auch sein. Dazu kann ich Ihnen sagen: Sie haben uns hier vor zwei Monaten schon einmal aktuellere Daten vorgelegt, nämlich im Waldzustandsbericht. Auch im Energiebereich gibt es viel aktuellere Daten, als Sie sie im Umweltbericht dokumentieren. Darauf wird mein Kollege André Stinka noch eingehen.
Ich glaube, die wirkliche Motivation ist, dass Sie sich davor fürchten, der Öffentlichkeit wirklich aktuelle Daten vorzulegen, die eine Bilanz der SPDgeführten Regierung wären. Dann würde in den nächsten Jahren nämlich auffallen, dass nichts weiter passiert, dass es nur noch rückwärts geht. Das wollen Sie der Öffentlichkeit aber nicht transparent machen.
Wenn das so ist, dann sollten Sie wenigstens ehrlich sein und den Bericht nicht „Umweltbericht 2006“ nennen, sondern „Umweltbericht Jahrtausendwende“. Das trifft es genauer.
Mein zweites Argument ist: Sie haben gar keine eigenen Konzepte. Auch das will ich Ihnen genauer darlegen. Der Bericht zeigt sehr schön auf, was die SPD-geführte Regierung gemacht hat. Sie schreiben sehr genau, dass wir es zwischen 1996 und 2004 geschafft haben, die Stromerzeugung aus regenerativen Energien zu versechsfachen, dass diese jetzt bei über 4 Milliarden Kilowattstunden liegt. – Wir wissen, das reicht nicht aus. Es gibt weitaus engagiertere Ziele. Die Landesregierung sieht das aber nicht ein. Sie produziert dazu nur heiße Luft.
Wir haben also eine ganze Menge vorgelegt. Jetzt müssten Sie eigentlich aktiv werden. Aber was machen Sie? Sie haben die Chuzpe, sich auf Willy Brandt zu beziehen und zu sagen, der Himmel über der Ruhr müsse wieder blau werden. Mit Ihrer konkreten Politik sorgen Sie aber dafür, dass wir weit hinter das zurückfallen, was Willy Brandt einmal für unser Land erreicht hat.
Lesen Sie einmal Ihren Bericht, Seite 121 ff. Das kann ich sehr empfehlen. Da steht nämlich, was die SPD-geführte Regierung gemacht hat. Wir haben 1992 als erstes Bundesland einen Klimabericht vorgelegt. Wir haben 1994 und 1999 Umsetzungsberichte geschrieben. Wir haben 2001 ein umfangreiches Klimaschutzkonzept unterbreitet. Und wir haben noch im März 2005 den letzten Umsetzungsbericht vorgelegt.
(Dietmar Brockes [FDP]: Was sagen Sie denn zur Braunkohle? – Gegenruf von Han- nelore Kraft [SPD]: Das kommt nachher!)
Seitdem gab es überhaupt nichts mehr. Sie haben nichts entwickelt, Sie haben keine Konzepte, Sie haben keine Strategien.
Meine Damen und Herren, wir waren in Nordrhein-Westfalen im Umwelt- und Naturschutz auf einem guten Weg. Die Bundesregierung gibt uns jetzt ehrgeizige Ziele vor. Aber in dieser Landesregierung gibt es leider niemanden, der dafür zuständig ist. Wir haben niemanden für Umweltpolitik, wir haben niemanden für Klimaschutzpolitik.
Herr Uhlenberg, es reicht nicht, ab und zu eine Pressekonferenz zu machen und täglich einen Landwirt vor Ort zu besuchen.
Es wird Ihnen auch nichts nutzen, wie man jetzt in der „taz“ lesen kann, in Ihrem Ministerbüro und in der Pressestelle die Mitarbeiterzahlt von zehn auf 26 zu vergrößern. Auch das wird nichts nutzen. Den Menschen fällt auf, dass Sie keine Konzepte haben.
Sie hatten 39 Jahre in der Opposition und zwei Jahre in der Regierung Zeit, etwas zu entwickeln – und immer noch ist bei Ihnen nichts zu sehen. Es ist ganz klar: keine Konzepte, keine Strategie, veraltete Daten. So kommt man hier nicht vorwärts. Sie sind ohne Perspektive und ohne Strategie. – Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bevor ich im Einzelnen auf den Antrag der Fraktion der SPD zur heutigen Aktuellen Stunde eingehe, muss ich leider feststellen, dass die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes unter der jahrzehntelangen Regierungsverantwortung der SPD niemals so umfassend über die Umwelt und die Umweltpolitik informiert wurden, Frau Schulze.
Durch den am 6. Juni vorgelegten Umweltbericht 2006 hat die Landesregierung die Anforderungen des seit Ende März in Nordrhein-Westfalen geltenden Umweltinformationsgesetzes – ich finde, in bemerkenswert kurzer Zeit – erfüllt.