Protokoll der Sitzung vom 14.06.2007

Es würde mich noch mehr freuen, wenn es uns gelänge, gemeinsam mit dem Landessportbund dafür zu werben, dass auch im Vereinssport bei der Anschaffung von Sportgeräten regelmäßig nach Möglichkeiten gesucht wird, um fair hergestellten Sportgeräten den Vorzug zu geben. Ich denke, eine solche gemeinsame Anstrengung würde sich lohnen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Becker. – Für die CDU-Fraktion hat jetzt Herr Kollege Müller das Wort.

(Zuruf von der CDU: Der Ball ist rund! Denk dran!)

Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! Der vorliegende Antrag der SPD geht sicher in die richtige Richtung.

Bei meiner Vorbereitung auf diese Rede konnte ich nicht wissen, dass Herr Kollege Becker erstmals davon gehört hat, dass acht von zehn Fußbällen in Kinderarbeit in Sialkot hergestellt werden. Das hat mich fast vom Stuhl gerissen; denn darüber ist im Vorfeld der Fußballweltmeisterschaft wochenlang berichtet worden.

Es ehrt Sie natürlich, dass Sie nicht jede Fernsehsendung sehen. Es ist aber auch ein Thema, welches zum weiteren Handeln der Landesregierung beigetragen hat. Vor der WM ist im Jahr 2006 ausführlich darüber berichtet worden.

Eines ist völlig klar: Von unserem Menschenverständnis her lehnen wir Produktherstellungen aus Kinderarbeit natürlich grundsätzlich ab. Insofern ist der Antrag der SPD in Ordnung.

Mittlerweile weiß ich auch, warum der Antrag heute gestellt wird. Ich frage mich allerdings, ob der Antrag wirklich sehr aktuell ist. Schon im letzten Jahr hat ein breites Bündnis aus zahlreichen Partnern – unter anderem Parlament, Landesregierung, Kirchen sowie Fußball- und Leichtathletikverband Westfalen – diesen Missstand genutzt,

um unter dem Motto „bringt faire Bälle ins Spiel“ auf die Idee des fairen Handelns aufmerksam zu machen, Herr Kollege Becker.

Auch der Landessportbund unterstützt die Kampagne „Fair Play – Fair Life“. Insoweit ist der Anlass für den Antrag der SPD zwar berechtigt, aber – wie bereits gesagt – nicht sonderlich aktuell. Jetzt weiß ich auch, warum er heute gestellt worden ist:

Diese Kampagne, die ich gerade beschrieben habe, hatte den Zweck, eine große Öffentlichkeit – insbesondere Kinder, Jugendliche, aber auch Erwachsene –, die sich bisher noch kaum mit dem fairen Handel auseinandergesetzt hatte, zu erreichen. Dabei wurde diese Idee auf zwei Wegen befördert: Bei zahlreichen Veranstaltungen – so unter anderem beim Landesfest „60 Jahre NRW“ im Landtag, in Ministerien und bei unserer Fußballveranstaltung im Landtag anlässlich der WM, bei entwicklungspolitischen Festen – kamen sogenannte faire Bälle zum Einsatz und dienten so selbst als Werbe- und Informationsträger.

Die mittlerweile übrigens sehr gute Qualität und der durchaus konkurrenzfähige Preis von 17 € sprachen eindeutig für diesen Kampagnenball. Außerdem wurde auch umfangreiches didaktisches Material erstellt und an die Schulen verteilt, um so sowohl Schüler und Lehrer als auch die Schulen selbst mit dem Thema zu befassen.

Unsere Überlegungen gingen auf: Diese Kampagne hat während ihrer Laufzeit immerhin 28 Kommunen veranlasst, Ratsbeschlüsse zu fassen, für ihre Schulen nur noch faire Bälle anzuschaffen. Diese Zahl ist sicherlich steigerbar. Wir sollten gemeinsam eine Steigerung anstreben.

Weiterhin hat die Veränderung des öffentlichen Käuferbewusstseins auch dazu geführt, dass die Privatwirtschaft ihre Produktionsbedingungen verändert hat. Ich habe hier die Namen einiger Firmen aufgeschrieben. Die Namen erwähne ich nicht. Es handelt sich dabei allerdings um die weltweit führenden Sportartikelhersteller, die ihre Bälle zunehmend unter Bedingungen, die den Arbeitsnormen der Weltarbeitsorganisation entsprechen, fabrizieren.

Fazit, Kolleginnen und Kollegen – insbesondere der SPD –: Der Antrag der SPD greift somit nur das auf, was die Landesregierung in Zusammenarbeit mit den in Ihrem Antrag beschriebenen Institutionen und weiteren Institutionen darüber hinaus bereits zu einem wichtigen Teil erfüllt hat. Wir werden Ideen, die den fairen Handel unterstützen und das Bewusstsein dafür in der Bevölkerung, bei den Konsumenten und anderen Entschei

dungsträgern, weiter schärfen, immer wohlwollend prüfen und so weit wie möglich unterstützen.

Abschließend möchte ich noch bemerken, dass wir über weitere Initiativen sicherlich auch aktualisiert im Sportausschuss noch ausführlich nachdenken sollten.

Kolleginnen und Kollegen, jetzt kommt die sitzungsfreie Zeit. Ich fordere Sie auf, viel Sport zu treiben und wenn möglich am besten natürlich mit fairen Sportgeräten.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Müller. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt der Kollege Groth das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Herr Müller, ich muss schon sagen: Ihre Aufforderung zum Sport ist Klasse. Aber wenn Sie dann noch dazu gesagt hätten, dass wir uns unsere Turnschuhe oder den Ball, mit dem wir spielen, genauer anschauen sollen und uns aufgefordert hätten, uns selber dazu zu verpflichten, bei uns selbst nachzugucken! Selbst das hätte aber nicht gereicht. Herr Müller, es reicht nicht, immer wieder zu sagen, die Konsumenten müssten alleine gucken. Wir sitzen hier im Parlament des Landes Nordrhein-Westfalen. Es geht, Herr Gott noch mal, hier auch darum, dass wir die Weichen dafür stellen, dass in unserem Land bei dem, was wir zu verantworten haben, in Schulen und über den Landessportbund in unseren Sportvereinen, nur noch fair gehandelte Produkte ohne Kinderarbeit zum Einsatz kommen, also nicht acht von zehn Bällen aus Kinderarbeit stammen.

Es kann doch nicht wahr sein! Sie können doch nicht einfach sagen, dass wir irgendwie etwas bereits machen, aber am Ende doch 80 % der Sportgeräte – Schuhe, Trikots und Bälle – aus Kinderarbeit kommen.

Darüber hinaus vermeiden Sie es noch zu sagen, dass wir das in Nordrhein-Westfalen mitverantworten. Nein, jetzt ist der Punkt gekommen zu sagen: Wir in Nordrhein-Westfalen sind nicht nur gegen Kinderarbeit beim Teppichknüpfen, wir sind auch nicht mehr bereit, Sportgeräte zu akzeptieren, die aus einer solchen Produktion kommen. Das habe ich in Ihrem Beitrag vermisst, Herr Müller. Das muss ich wirklich sagen.

(Beifall von Sylvia Löhrmann [GRÜNE])

Diese Aktionen haben Sie aus der rot-grünen Zeit geerbt. Das läuft – das muss ich Ihnen auch noch

ins Stammbuch schreiben – eben nicht gut. Denn sonst wären die Produktionszahlen schon ganz anders. Das Brett, das man bohren muss, ist sehr dick. Aber es geht auch nicht immer an zu sagen, dass es um die Verantwortung der einzelnen Schule geht.

Ich möchte, dass wir der Schulministerin als Parlament sagen: Meine liebe Schulministerin, Frau Sommer, wir erwarten als Parlament, dass das in den nordrhein-westfälischen Schulen sauber läuft, und zwar ohne Kinderarbeit. Dann gehen wir über alle Fraktionsgrenzen in den Beirat des Landessportbundes und sagen im Beirat des Präsidiums des Landessportbundes: Lieber Landessportbund, du gibst Zuschüsse für die Anschaffung von Sportgeräten in deinen Vereinen. Mach in den Vereinbarungen mit den Vereinen klar: Es wird kein Sportgerät mehr angeschafft, das aus Kinderarbeit kommt.

Es soll fair Gehandeltes sein. Wir müssen fair sein. Wenn wir hier und Heute in Sonntagsreden über die Globalisierung und über die Chancen reden – das tun Sie und ich übrigens immer sehr gerne, weil ich das auch als Chance begreife –, gibt es auch den Punkt bei der Globalisierung, wenn man gucken muss: Wo liegt unsere Verantwortung, und zwar nicht nur für die Menschen, die hier nicht mithalten können, sondern auch für die Menschen, die in der ganzen Welt für uns produzieren? Das gilt zum Beispiel für die Menschen in Sialkot. Herr Müller, diese Verantwortung haben Sie mit Ihrer Rede heute nicht übernommen. Sie sind darüber etwas süffisant nach dem Motto „Wir machen schon etwas“ hinweggegangen. „Irgendwie ist das alles schon auf dem Weg! Eigentlich könnte man auf den Antrag der SPD verzichten!“ – Herr Müller, ich sage es Ihnen und Herr Rasche, der bereits seine Notizen für den Redebeitrag gleich macht: Sie sind als Koalition gefragt in der Frage, ob es nur noch fair gehandelte Sachen gibt oder wir dabei bleiben und gehen lächelnd darüber hinweg, dass das in einer globalisierten Welt ebenso ist, sodass uns die Kinder in Pakistan oder in Indien egal sind.

Für die Grünen sage ich. Das war heute einmal ein guter Antrag der SPD. Das ist ein Antrag, der die Globalisierung ernst nimmt und sehr ernst das thematisiert, was unsere Verantwortung hier ist: Es ist nämlich unsere Verantwortung in diesem Hause das zu sagen, was wir wollen, und am Ende durchzusetzen.

Sie regieren hier in Nordrhein-Westfalen schon seit zwei Jahren. Ich erwarte von Ihnen, dass Sie Ihre Verantwortung übernehmen. Stattdessen tun Sie aber Folgendes, was ich Ihnen heute auch noch einmal ins Stammbuch schreiben möchte:

Sie bauen die Eine-Welt-Arbeit ab. Dort, wo wir mit unserer Eine-Welt-Arbeit darauf hinweisen könnten, wo die Verantwortung für uns in der Welt, die reich ist, für den anderen Teil der Welt liegt, der unter der Globalisierung mehr leidet als unsere Bevölkerung. Wo übernehmen wir die Verantwortung? Dort haben Sie gekürzt und gespart. Sie haben die Promotoren in der Eine-WeltArbeit gekürzt. Sie haben im Landeshaushalt praktisch keinen einzigen Euro mehr für diesen Bereich vorgesehen. Jetzt bekennen Sie noch nicht einmal bei einem solchen Antrag, es wären nur warme Worte gewesen. Sie hätten das dann umsetzen müssen. Darauf hätten wir geachtet.

Aber Sie hätten wenigstens in Ihrer Rede noch einmal sagen können: Wir übernehmen die Verantwortung für Nordrhein-Westfalen, wir werden im Sinne des Antrags der SPD handeln, und wir werden in unserem Kabinett darauf achten, dass bei der Schulministerin und bei anderen, die Verantwortung in den Institutionen NordrheinWestfalens haben, durchgesetzt wird, dass kein Sportgerät mehr in Nordrhein-Westfalen zu finden ist, das von Kindern produziert worden ist. Wir wollen nicht auf Kosten dieser armen Kinder, die nicht in die Schule gehen können, unsere billigen Sportgeräte einkaufen. – Herr Müller, das hätte ich erwartet.

Herr Rasche wird jetzt gleich hoffentlich in anderer Weise dazu Stellung nehmen. – Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Groth. – Für die FDP-Fraktion hat jetzt das Wort Herr Rasche.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Groth, Ihr Debattenbeitrag war einmal wieder geprägt von Unterstellungen, von sehr einseitigen Argumenten. Zielführend ist das nicht, lieber Herr Groth, deshalb zerreißen Sie gerade auch schon Ihren Zettel; das ist auch angebracht.

(Lachen von der CDU – Zuruf von Sylvia Löhrmann [GRÜNE] – Weitere Zurufe)

Meine Damen und Herren, meines Erachtens muss man in der heutigen Debatte zwei Aspekte getrennt voneinander beraten.

(Vorsitz: Präsidentin Regina van Dinther)

Erstens. Im Rahmen der letztjährigen FußballWeltmeisterschaft wurde die Kampagne „Fair Play

for Fair Life“ initiiert. Beteiligt waren eine Vielzahl von Organisationen – der Kollege hat es schon gesagt – wie der Westdeutsche Fußball- und Leichtathletikverband, die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen und die Evangelische Kirche. Beteiligt waren auch die drei fachlich zuständigen Ressorts der Landesregierung. Erhebliche Mittel für dieses Projekt wurden von der nordrhein-westfälischen Stiftung für Umwelt und Entwicklung bereitgestellt.

(Zuruf von Ewald Groth [GRÜNE])

Ziel, meine Damen und Herren, war es, die Öffentlichkeit im Rahmen der Fußball-WM für dieses Thema zu sensibilisieren. Dieses Ziel ist erfüllt.

(Zuruf von Sylvia Löhrmann [GRÜNE])

Zumindest haben die Initiatoren dieser Aktion gesagt: Wir haben unsere Ziele während der Fußball-WM erreicht.

Zweitens. Meine Damen und Herren, beim anderen Aspekt möchte ich das ganze Plenum gern einbinden: Gegen Kinderarbeit sind alle vier Fraktionen. Jemandem etwas zu unterstellen, Herr Groth, wie Sie das getan haben,

(Ewald Groth [GRÜNE]: Dann müssen Sie auch handeln, Herr Rasche!)

ist eine Unverschämtheit in Richtung CDU. Aber im Kern – darauf kommt es doch an – läuft der Antrag der SPD auf ein ganz anderes Ziel hinaus, nämlich dem Land und den Kommunen verbindliche Vorgaben für das Beschaffungswesen von Fußbällen und von anderen Sportartikeln zu machen, insbesondere mit Blick auf Sozial- und Umweltstandards.

(Ewald Groth [GRÜNE]: Und? Stimmen Sie zu?)

Die SPD mahnt in Abschnitt III des Antrags „eine menschenwürdige Produktion von in Deutschland angebotenen Produkten“ an. Meine Damen und Herren, wohin führt das denn? Wer bestimmt denn am Ende im Detail, was wirklich menschenwürdig ist? Bestimmt das die SPD-Fraktion? Wo wollen wir die Grenzen ziehen? Es geht doch nicht nur um den Bereich, der in diesem Antrag beschrieben ist; es geht doch am Ende um alle Bereiche.