Protokoll der Sitzung vom 22.08.2007

Auf dem Weg zu einer tragfähigen Finanzpolitik, den wir seit 2006 beschreiten, haben wir bereits beachtliche Erfolge erzielt. Ich will nicht verschweigen, dass dafür nicht allein die Sparbemühungen verantwortlich sind. Parallel dazu haben sich die Steuereinnahmen erfreulich gut entwickelt. Diese Einnahmen unterstützen den Sanierungskurs zusätzlich. Da ist das Glück mit den Tüchtigen – so sagt jedenfalls das Sprichwort.

Wir haben bereits mit dem Haushalt 2006 die Nettoneuverschuldung auf 3,2 Milliarden € gesenkt. Im Vergleich zu den Jahren 2003 bis 2005 haben wir die Nettoneuverschuldung mehr als halbiert. Damit hat die Landesregierung im ersten Jahr ihrer vollen Regierungsverantwortung einen sogenannten Primärüberschuss von rund 1,4 Milliarden € erwirtschaftet.

Das heißt: Es ist bereits 2006 wieder gelungen, die laufenden Ausgaben – die Zinsausgaben herausgerechnet – aus den laufenden Einnahmen zu finanzieren. Ohne die Altlasten von SPD und RotGrün hätten wir damit schon im Jahr 2006 einen Überschuss aufweisen können. Nur die von unseren Vorgängern hinterlassenen Schulden zwangen und zwingen uns leider immer noch, den Kreditmarkt in Anspruch zu nehmen.

Das erste Etappenziel unseres Sanierungsplans für Nordrhein-Westfalen haben wir dann mit dem Haushalt 2007 erreicht.

(Beifall von der CDU)

Die Kreditverfassungsgrenze wird wieder eingehalten. Das ist kein Grund, sich zurückzulehnen. Wir haben den nächsten Schritt fest ins Auge gefasst, nämlich die Reduzierung der Nettoneuverschuldung auf null. Dazu müssen wir jetzt Kurs halten. Wir dürfen uns nicht durch die positive Entwicklung bei den Einnahmen beirren lassen.

Steigende Steuereinnahmen, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, sind erfreulich und hilfreich. Wir hoffen, dass die Konjunktur noch lange so gut läuft. Das ändert aber nichts an der Notwendigkeit zur weiteren Konsolidierung. Denn auch für 2008 müssen wir noch Schulden aufnehmen. Die Nettoneuverschuldung ist mit knapp 2 Milliarden € veranschlagt. Das ist immerhin der niedrigste Stand seit 1977, aber es ist eben noch nicht null. Deshalb müssen die Spendierhosen weiterhin im Schrank bleiben, und zwar in der allerletzten Ecke.

(Beifall von CDU und FDP)

Wir dürfen uns auch nicht alleine auf die derzeit scheinende Konjunktursonne verlassen. Es gibt

immer noch genügend strukturelle Haushaltsrisiken.

Dazu zählen zum einen die wachsenden Versorgungsausgaben. Sie sind eine Hypothek, die wir berücksichtigen müssen. In diesem Jahr 2007 beläuft sich die Zahl der versorgungsberechtigten Personen auf 153.000. Hierfür sind rund 4,5 Milliarden € an Versorgungsausgaben pro Jahr zu leisten. Für 2030 rechnen wir demgegenüber mit rund 240.000 Versorgungsempfängern. Die dafür prognostizierten Versorgungsausgaben liegen bei 7,1 Milliarden €, wobei ein Anstieg der Versorgungsbezüge aufgrund von Besoldungserhöhungen noch nicht einmal berücksichtigt ist.

Zum anderen bringt der aufgelaufene Schuldenberg ein erhebliches Zinsrisiko mit sich. Wir werden nicht darauf vertrauen, dass die Zinsen dauerhaft niedrig bleiben. Eine Zinserhöhung um durchschnittlich einen Prozentpunkt erhöht für den gesamten Schuldenbestand die Zinsausgaben um mehr als 1 Milliarde €. Auch für Zinssteigerungen müssen wir daher gewappnet sein.

Für eine dauerhaft tragfähige Haushalts- und Finanzpolitik müssen wir die eingeleitete Konsolidierung fortführen, und zwar quantitativ, aber vor allem auch qualitativ. Was heißt das? – Das heißt, unsere Ausgabenpolitik muss verstärkt qualitative Grundsätze einbeziehen. Selbstverständlich muss der Staat wie gewohnt seine Aufgaben weiterhin erfüllen. Es muss aber noch stärker auf den effizienten Mitteleinsatz geachtet werden. Das schließt Planbarkeit und eine mittelfristige Orientierung ein.

Darüber hinaus müssen wir alle bestehenden Ausgaben auf den Prüfstand stellen. Wir müssen prüfen, ob die Ausgaben effizient eingesetzt und die damit verfolgten Ziele überhaupt noch aktuell sind. Wir setzen dabei auf neue Instrumente der Haushaltssteuerung:

Das Landesamt für Personaleinsatzmanagement hat gerade im Juli seine Arbeit aufgenommen. Wir wollen damit kw-Stellen – sogenannte künftig wegfallende Stellen – schneller abbauen. Die Interessenabfrage zur Inanspruchnahme der Anreizsysteme ist bei den Beschäftigten auf große Resonanz gestoßen. Das zeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Die im Haushalt 2008 bislang eingeplante Senkung der Stellenzahl berücksichtigt dies noch nicht. Das werden wir im Rahmen der Ergänzungsvorlage zum Haushalt 2008 umsetzen.

Unser Projektbüro Haushaltskonsolidierung hat in einer ersten Welle in Zusammenarbeit mit allen Ressorts der Landesregierung 46 strukturverän

dernde Projekte identifiziert. Im Rahmen der Gesamtsteuerung durch das Projektbüro sollen gerade die Ziele einer qualitativen Konsolidierung damit unterstützt werden.

Meine Damen und Herren, durch die umfassende Verwaltungsmodernisierung, die wir seit 2005 auf den Weg gebracht haben, straffen wir Strukturen, bauen Doppelzuständigkeiten ab und machen Verwaltungsabläufe noch moderner und effizienter.

Alle diese Maßnahmen gehören zur Gesamtstrategie unserer Haushaltskonsolidierung. Sie werden dazu beitragen, die Nettoneuverschuldung auf Null zu reduzieren. Dieses Ziel haben wir fest ins Auge gefasst, auch wenn in der mittelfristigen Finanzplanung für 2011 immer noch eine Neuverschuldung von 800 Millionen € ausgewiesen ist. Dass dem so ist, liegt nicht am mangelnden Konsolidierungswillen der Landesregierung, sondern am desaströsen Zustand der Landesfinanzen, den wir 2005 vorgefunden haben.

(Beifall von CDU und FDP)

Es kommt hinzu:

Erstens gibt es kurzfristig nicht veränderbare Ausgaben wie zum Beispiel die Subventionierung des Steinkohlebergbaus. Bis 2019 werden wir für den sozialverträglichen Ausstieg über 3,9 Milliarden € aufwenden müssen, und das, obwohl durch den Ausstieg selbst und unsere Verhandlungserfolge in Berlin wichtige Entscheidungen für die Zukunft unseres Landes getroffen worden sind. Sie entlasten den Landeshaushalt mittel- und langfristig erheblich.

Zweitens investieren wir zur Modernisierung unseres Landes verstärkt in zukunftsträchtige Aufgabenschwerpunkte. Das macht unser Land wettbewerbsfähiger. Diese Aufgabe ist von der Vorgängerregierung viel zu lange verschlafen worden.

(Beifall von CDU und FDP)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Konsolidierung ist machbar. Die ersten Erfolge sind erkennbar, und sie können sich sehen lassen.

Lassen Sie mich nach den Ausführungen zu den Grundsätzen unserer Haushalts- und Finanzpolitik nun zum Haushaltsentwurf für das Jahr 2008 im Einzelnen Folgendes bemerken:

Der Landeshaushalt für das kommende Jahr sieht Gesamtausgaben in Höhe von 50,8 Milliarden € vor. Gegenüber 2007 steigen die Ausgaben um 1,5 %. Zur Finanzierung des Haushalts ist eine

Nettoneuverschuldung von 1,99 Milliarden € vorgesehen. Gegenüber dem Vorjahr reduziert sich die Nettoneuverschuldung um 15 %.

Die Steuereinnahmen sind in 2008 mit 41,1 Milliarden € eingeplant. Hierbei sind die Auswirkungen der Unternehmensteuerreform in Höhe von rund 800 Millionen € bereits berücksichtigt. Das ist viel, aber es ist gut angelegtes Geld, weil es eine Investition in den Wirtschaftsstandort Deutschland ist. Die übrigen Einnahmen, meine Damen und Herren, belaufen sich auf 7,5 Milliarden €.

Für Investitionen sind im Haushalt 4,7 Milliarden € veranschlagt. Zum Vorjahr ist dies eine Steigerung um 3,2 %. Die Investitionsquote beträgt damit 9,2 %. Das ist immer noch viel zu wenig; ich glaube, das wissen wir alle.

Für Zinsen werden wir im Jahr 2008 voraussichtlich 4,8 Milliarden € bezahlen müssen. Die Zinslastquote beträgt 9,5 % und die Zinssteuerquote 11,8 %.

Für Personalausgaben, meine Damen und Herren, sind 19,3 Milliarden € etatisiert – ohne Hochschulen und Kliniken. Die Personalkosten verringern sich gegenüber dem Vorjahr um 1,8 %. Die Personalausgabenquote liegt somit bei 38,1 %. Sie wissen, dass das immer ein wichtiges Indiz ist, weil ich bei früheren Finanzministern gelernt habe, dass man die 40 % nie überschreiten darf – obwohl das natürlich früher in den Zeiten Ihrer Regierung permanent passiert ist. Die Personalsteuerquote liegt bei 47 %. Bei beiden Quoten erreichen wir damit den niedrigsten Wert seit zehn Jahren.

(Beifall von CDU und FDP)

Zur Kommunalfinanzierung wird mein Kollege, Herr Innenminister Dr. Wolf, später im Rahmen des Gemeindefinanzierungsgesetzes weitere Ausführungen machen. Daher belasse ich es an dieser Stelle nur bei einigen Haushaltszahlen:

Die an die Kommunen verteilbare Finanzausgleichsmasse wird für 2008 mit 7,3 Milliarden € angesetzt. Dies ist gegenüber dem Vorjahr eine Steigerung von 9,7 %. Insgesamt werden den Kommunen aus dem Landeshaushalt rund 13,7 Milliarden € zur Verfügung gestellt. Das entspricht einem Anteil am Landeshaushalt von immerhin fast 27 %.

Sicherlich muss man zur Beurteilung der Finanzsituation der Kommunen die Entwicklung der anderen kommunalen Finanzierungsquellen mit betrachten. So wie das Land profitieren auch die Kommunen von der positiven Steuerentwicklung. Landesweit hat sich das Gewerbesteueraufkom

men erfreulich entwickelt. So beläuft sich das IstAufkommen der Gewerbesteuer im ersten Halbjahr 2007 brutto auf 4,9 Milliarden €. Das ist gegenüber 4,6 Milliarden € im ersten Halbjahr des Vorjahres eine Steigerung von über 8 %. Beim Gemeindeanteil an der Einkommensteuer 2007 rechnen wir mit 5,8 Milliarden €. Das sind rund 600 Millionen € mehr als 2006.

Wie in den Vorjahren, meine Damen und Herren, konzentrieren wir uns auch im nächsten Jahr auf die Finanzierung von Zukunftsaufgaben. Kinder, Jugend, Familie und Bildung spielen für die Zukunft unserer Gesellschaft und damit für das künftige Wohl unseres Landes eine entscheidende Rolle. Am 1. August 2008 tritt das Gesetz zur frühen Bildung und Förderung von Kindern – das KiBiz – in Kraft. Mit ihm wird die Finanzierung von Tageseinrichtungen, der Tagespflege, der Sprachförderung und der Familienzentren neu ausgerichtet.

Insgesamt stehen im Jahr 2008 für frühkindliche Bildung 969 Millionen € zur Verfügung.

(Beifall von CDU und FDP)

Allein aus dem Vergleich der Haushaltszahlen ergibt sich schon ein Plus von mehr als 10 % gegenüber 2007. Zu berücksichtigen ist aber, dass es zudem strukturelle Veränderungen durch das KiBiz gibt. Es kommt zu einem Wechsel der Förderstruktur und zur Umwandlung bisher freiwilliger Landesförderungen, nämlich Sprachunterricht und Familienzentren, in gesetzliche Leistungsansprüche. Bezieht man diese Veränderungen in die Berechnung ein, so zeigt sich, dass die Steigerung in einem Jahr im Bereich von 150 Millionen € liegt, meine Damen und Herren.

(Beifall von der CDU)

Für den Aktionsplan „Frühe Förderung von Kindern“ sind weitere 13,4 Millionen € vorgesehen. Damit werden besondere Maßnahmen bis zum Inkrafttreten von KiBiz finanziert.

(Beifall von CDU und FDP)

Der Kinder- und Jugendförderplan wird um 100.000 € auf 75,2 Millionen € aufgestockt. Für die Förderung der Familienhilfe stehen in 2008 rund 22 Millionen € und für die Einrichtungen der Familienbildung 14,8 Millionen € zur Verfügung. Das Sonderprogramm „Jugend und soziale Brennpunkte“ wird wie im Jahr 2007 mit 4,5 Millionen € fortgeführt.

Meine Damen und Herren, die Landesregierung hat bislang mehr als 3.000 zusätzliche Stellen ge

gen Unterrichtsausfall eingerichtet. Mit dem Haushalt 2008 wird diese Zahl um 500 ansteigen.

(Beifall von CDU und FDP)

Die Zahl der Lehrerstellen für die offene Ganztagsschule wird zum 1. August 2008 um 190 auf dann 1.551 erhöht. Mehr Lehrerinnen und Lehrer können sich damit aktiv in die Nachmittagsangebote einbringen. Die enge Zusammenarbeit von Schule, Kinder- und Jugendhilfe, Kultur, Sport und anderen Partnern wird dadurch weiter gestärkt.

(Beifall von der CDU)

Die offene Ganztagsschule im Primarbereich wird weiter ausgebaut. Für das Schuljahr 2007/2008 wurden 48.800 neue zusätzliche Plätze genehmigt. Die Mittel werden für das Schuljahr 2008/2009 um 47,8 Millionen € erhöht. Damit stehen insgesamt 187,7 Millionen € zur Verfügung.