Protokoll der Sitzung vom 19.09.2007

Deshalb, meine Damen und Herren, steht für die Koalition der Erneuerung fest:

(Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Koalition der Unbelehrbaren!)

Wir werden KiBiz im feststehenden zeitlichen Fahrplan verabschieden. Wir werden selbstverständlich so, wie das bei jedem Gesetz ist, die Vorlage der Landesregierung parlamentarisch in allen Fraktionen prüfen. Sie werden Ihre Änderungsvorhaben diskutieren. Wir werden das selbstverständlich für uns auch tun. Das haben wir für viele andere Reformgesetze, die heute parlamentarisch zur Entscheidung stehen, auch getan.

Aber eines ist völlig klar: Der Finanzrahmen, das, was wir an dieser Stelle auf den Weg gebracht haben – in drei Jahren 220 Millionen € zusätzlich, ein Viertel mehr als das, was Sie zum Ende dieser Legislaturperiode hinterlassen haben –, bleibt.

(Wolfgang Jörg [SPD]: Das ist doch falsch, Herr, Witzel! – Britta Altenkamp [SPD]: Hof- fentlich kommen Sie gleich aus der Bütt mit der entsprechend langen Nase! – Wolfgang Jörg [SPD]: Das ist der Pinocchio der FDP!)

Dieser Finanzrahmen ist in der Tat der Ordnungsrahmen, mit dem wir alle Modellüberlegungen, die wir hier diskutieren, abdecken müssen. In keinem anderen Bundesland Deutschlands gibt es eine solche Entwicklung an zusätzlichen Investitionen in den Elementarbereich wie hier in NordrheinWestfalen. Und das ist auch gut so. – Vielen Dank.

(Beifall von der FDP – Wolfgang Jörg [SPD]: Klatschen die? Hat keiner gehört!)

Vielen Dank, Herr Kollege Witzel. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt Frau Kollegin Asch das Wort.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Das, was wir uns hier heute Morgen anhören müssen, ist schon ein Stück aus dem Tollhaus. „Chaostage in Düsseldorf“ wurde letzte Woche von einer Zeitung getitelt. Was wir heute erleben, sind Chaostage im Parlament. Bei den vielen Pirouetten, die Sie hier drehen, um sich aus der verfahrenen Situation

herauszureden, weiß man gar nicht genau, wo man anfangen soll.

Sie, Herr Minister Laschet, haben genug Zeit gehabt – mehr Zeit, als ein Neugeborenes braucht, um laufen zu lernen –, um dem Landtag ein anständig ausgehandeltes Gesetz vorzulegen. Wir fragen uns – die Presse fragt sich das übrigens auch, zum Beispiel die „WAZ“ von gestern –: Was haben Sie eigentlich in der ganzen Zeit getan, außer auf Integrationsgipfeln herumzuturnen?

(Oh-Rufe von der CDU)

Die Anhörung hat eindrücklich und überdeutlich gezeigt: Das, was Sie da vorgelegt haben, ist neben den bekannten Kritikpunkten, die hier noch einmal wiederholt wurden, ein undurchsichtiges, wirres Gesetz. Es ist für die Praxis vollkommen untauglich.

Wenn Sie hier wieder einmal anführen, Sie hätten eine Einrichtung gefunden, die jetzt 70.000 € mehr bekommt, dann zeigt das nur, dass die Berechnungsgrundlagen so kompliziert sind, dass im Moment kein Mensch sagen kann, wie viel tatsächlich in den Einrichtungen ankommt oder nicht ankommt.

(Minister Armin Laschet: Natürlich! Das kann ich überall sagen!)

Das ist nur ein Beweis dafür, dass das, was Sie an Grundlagen vorgelegt haben, für die Praxis untauglich ist.

(Beifall von den GRÜNEN)

Aber, Herr Minister Laschet, das hat ja Methode. Während Ihnen alle – die Sachverständigen, die Eltern, die Erzieherinnen; der Vorstand des Landkreistages hat es gestern bestätigt – sagen, es müsse deutliche Nachbesserungen beim KiBizEntwurf geben, halten Sie immer noch starr an Ihrem Gesetzentwurf fest. Sie gehören zu den Leuten, denen kein Mensch einen Gebrauchtwagen abkaufen würde.

(Beifall von den GRÜNEN)

Während alle sehen, dass dieses Auto einen Karosserieschaden hat, dass dieses Auto einen Motorschaden hat, reden Sie das Ding immer noch schön. Man muss sich schon langsam Sorgen machen, wie überhaupt Ihre Realitätswahrnehmung ist. Sie können die vielen Demonstranten, die in Düsseldorf auf der Straße waren, nicht als lauter ver.di-Funktionäre verunglimpfen. Schön wäre es ja, wenn ver.di so viele Funktionäre hätte.

(Beifall von den GRÜNEN – Prof. Dr. Gerd Bollermann [SPD]: Das ist das Problem der Wahrnehmungsstörung!)

Mit Ihrem Verwirrspiel, was Sie mit den 150 Millionen € machen, geht es weiter. Sie können diesen Betrag im Haushalt nicht nachweisen. Nirgendwo findet sich die Zahl 819 Millionen € als Sockel, auf den Sie angeblich 150 Millionen € draufpacken. Alle geschönten Grafiken, die Sie vorlegen, zeigen nicht, was sich wirklich hinter den Haushaltszahlen verbirgt. Auch das ist ein Verwirrspiel, das Ihnen jetzt niemand mehr abnimmt.

Kommen wir zu Ihrem Lieblingsthema: den Elternbeiträgen. Sie sollten es endlich lassen, Herr Laschet, wie Sie es in „Westpol“ jetzt schon wieder gemacht haben, zu sagen, die Elternbeiträge würden nicht erhöht. Es sind 122 Jugendamtsbezirke – das haben Sie mir selber auf meine Kleine Anfrage geschrieben –, und es wird durch KiBiz weitergehen.

(Minister Armin Laschet: Das hat doch mit KiBiz nichts zu tun!)

Die bisherigen Elternbeiträge gingen von der Regelöffnungszeit von 35 Wochenstunden aus.

(Wolfgang Jörg [SPD]: Das ist ein Guss!)

Mit KiBiz werden die Eltern aber eine Staffelung nach den drei Öffnungszeiten vornehmen müssen. Dann wird es in allen Jugendamtsbezirken neue Satzungen geben müssen.

(Zuruf von Britta Altenkamp [SPD])

Und überall dort, wo die Eltern 45 Stunden buchen, werden dann höhere Beiträge fällig. Das ist die Realität! Da hilft Ihnen alles Schönreden nichts.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Unser Fazit ist: Herr Laschet, Sie können es einfach nicht. Das war der erste Gesetzentwurf, den Sie dem Parlament in Ihrer politischen Laufbahn vorgelegt haben, und Sie haben dabei vollkommen versagt.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Sie haben es sogar geschafft, dass Befürworter der Kopfpauschale Ihren Gesetzentwurf für ausgemachten Blödsinn halten; wir haben das in der Anhörung gehört. Aber Sie wollen das jetzt mit aller Gewalt durchziehen. Das haben wir gerade wieder gesehen.

Meine Damen und Herren, jetzt wenden wir uns dem sogenannten Koalitionspartner – man fragt

sich ja, ob das nicht eher der Koalitionsfeind ist – zu. Der Koalitionspartner ist nicht wirklich hilfreich, um aus der Ecke herauszukommen, in die Sie sich hineinmanövriert haben. Es ist schon dreist, wie sich Herr Lindner als Mitglied einer Regierungsfraktion öffentlich als Opposition geriert. Was Sie hier machen, Herr Lindner, ist ja nicht anderes. Man könnte – wie Sie das eben mit der SPD gemacht haben – für die FDP schöne Abkürzungen finden: Fies, dreist, platt – das steht für FDP.

(Beifall von GRÜNEN und SPD – Zuruf von Christian Lindner [FDP])

Wir müssen einmal betrachten, welches Spiel Sie spielen: Sie zwingen die CDU-Fraktion, alle Kröten zu schlucken – LPVG, GO –, die ihr zu Hause um die Ohren gehauen werden, wofür sie zu Hause Prügel bekommt – und Sie gehen hin und holen sich bei den Kindern und Jugendlichen den Applaus der Öffentlichkeit ab. Das ist nicht fair. Das ist keine schöne Arbeitsteilung.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Aber die Leidensfähigkeit der CDU scheint unbegrenzt zu sein; das haben wir eben wieder gehört.

Herr Lindner, Ihre Shownummer, die Sie in der letzten Woche abgezogen haben, nimmt Ihnen keiner ab. Den Applaus der Öffentlichkeit, auf den Sie gehofft hatten, haben Sie bei den Demonstrationen und bei den Kundgebungen nicht bekommen.

Frau Kollegin, kommen Sie bitte zum Schluss.

Sie kam zu spät, sie war zu populistisch und zu anbiedernd an den Protest und wurde zu schnell zurückgenommen, als dass Ihnen das irgendjemand ernsthaft abgenommen hätte.

(Beifall von den GRÜNEN – Christian Lind- ner [FDP]: Haben Sie mir eigentlich eben zugehört, Frau Asch?)

Meine Damen und Herren, es ist auch nicht mit Schönheitskorrekturen an diesem Gesetzentwurf getan. Ich kann Sie nur auffordern: Nehmen Sie dieses Kuckucksei, das Sie den Kindern, den Trägern und den Kommunen ins Nest gelegt haben, schnellstens wieder zurück!

(Beifall von den GRÜNEN)

Oder, um die Protestierer vom Wochenende zu zitieren: Herr Laschet, lasch et sein!

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Asch. – Als nächster Redner hat der fraktionslose Abgeordnete Sagel das Wort.

(Christian Lindner [FDP]: Müssen wir diesen Linksausleger auch noch ertragen?)

Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Präsident! Herr Laschet, Ihr Systemwechsel geht leider in die falsche Richtung.

(Zuruf von der CDU: Ihrer auch!)