Protokoll der Sitzung vom 14.09.2005

Ich überlege, ob ich noch einen drauflege, aber es ist die Sache nicht wert.

Sie haben nichts verbessert bei der Studierendenquote. Sie haben nichts verbessert bei der Studiendauer, bei den Pro-Kopf-Ausgaben für die Studierenden. Sie haben nichts verbessert, sondern nur verschlechtert. Dies gilt auch für den Abbau des Investitionsstau an unseren Hochschulen, der mittlerweile auf 13 Milliarden € geschätzt wird.

Überall belegt Nordrhein-Westfalen leider Gottes hintere Plätze, und das haben Sie sich ins Stammbuch zu schreiben - Sie und Ihre Partei und Ihre Koalition aus Rot-Grün!

(Beifall von CDU und FDP)

Und Sie haben sich an den Arbeiterkindern versündigt.

(Lachen von der SPD)

Sie haben sich versündigt an den Kindern aus bildungsfernen Schichten.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Wer lässt BAföG- Bezieher Gebühren bezahlen?)

Kein Land - bis auf Bremen - steht so schlecht da, was die soziale Durchdringung in den Schulen und Hochschulen angeht. Sie haben 39 Jahre regiert. Sie sind mit dem Versprechen angetreten, Arbeitkindern den Zugang zur Hochschule zu verschaffen,

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Das kann doch nicht wahr sein!)

und Sie sind krass gescheitert.

(Beifall von der CDU - Rainer Schmeltzer [SPD]: Hoffentlich ist die Märchenstunde bald vorbei!)

Hier auf die Tränendrüse zu drücken geht nicht auf!

(Beifall von der CDU - Rainer Schmeltzer [SPD]: Absoluter Quatsch!)

Und das Schöne ist: Die Menschen draußen wissen das. Sie wissen und erleben es. Die Menschen lassen sich durch Ihre Aussagen nicht in Watte packen.

Ein Letztes zu den Studienbeiträgen. Ich kann Ihnen Zitate von Karl Marx bis Steinbrück liefern, die sich alle dafür aussprechen:

(Heiterkeit von der CDU)

Es geht nicht anders: Ohne Studiengebühren bleibt das Versprechen, Studienbedingungen zu

verbessern - dies ist dringend nötig an unseren Hochschulen -, ein leeres Versprechen oder sogar eine Lüge.

Es bleibt bei den Grundsätzen: Niemand muss auf ein Studium verzichten. Wir brauchen mehr Studierende.

(Hannelore Kraft [SPD]: Ja, in der Tat!)

Es gibt keine unzumutbare Belastung für Studierende. Hinsichtlich Ihrer Zwischenrufe sage ich Ihnen, Frau Kollegin Kraft: 10.000 € maximale Belastung aus BAföG und Studiengebühren sind der Gegenwert eines Kleinstwagens, und den kann man nun wirklich für eine qualifizierte Ausbildung einsetzen, wenn man zwei Jahre nach dem Studium ein Gutverdiener mit mehr als 32.000 € Gehalt pro Jahr ist. Dann kann man das wirklich zurückzahlen, und das ist auch zumutbar.

(Beifall von Manfred Kuhmichel [CDU])

Bei uns gibt es im Gegensatz zu Ihnen schließlich auch eine Gegenleistung. Sie zocken ab, wir investieren! Genau das ist der Unterschied.

(Beifall von CDU und FDP)

Wir setzen auf die Urteilskraft der Menschen in unserem Bundesland, in unserem NordrheinWestfalen. Wir wissen und setzen darauf, dass sie am kommenden Sonntag so entscheiden werden, wie wir es erwarten: Es zählt nämlich Ehrlichkeit vor falschen Versprechungen, mit denen Sie hier hausieren gehen. - Ich danke Ihnen.

(Lang anhaltender Beifall von CDU und FDP - Rainer Schmeltzer [SPD]: Dafür ha- ben Sie aber kein gutes Beispiel abgege- ben!)

Vielen Dank, Herr Kollege Stahl. - Als nächster Redner hat der Kollege Vesper für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.

(Manfred Kuhmichel [CDU]: Noch ein Ver- antwortlicher!)

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zu der Rede von Herrn Stahl kann ich nur sagen: So etwas passiert, wenn sich ein Christdemokrat in Dialektik versucht.

(Heiterkeit von GRÜNEN und SPD)

Da ist ja mein achtjähriger Sohn weiter, was das Bild vom Sozialismus angeht. Ich schätze Sie, Herr Stahl - wie Sie wissen -, als wirklich netten Menschen, mit dem man auch nett plaudern und

gut zusammenarbeiten kann. Aber Sie haben eben behauptet, Sie hätten an den Ständen in Bonn die Studierenden von den Studiengebühren überzeugt.

Wir wissen doch alle: Ihr Überzeugungsfaktor liegt nahe bei null. Ich nehme Sie gerne an jeden grünen Stand mit: Das kann uns nur Wähler zutreiben, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall von den GRÜNEN - Heiterkeit von der CDU - Zurufe von der CDU)

Donnerwetter! Das ist eine starke Vorstellung. Da können Michael Schumacher und Nick Heidfeld nur erblassen. Einen solchen Geschwindigkeitsrekord haben die noch nicht aufgestellt.

Schneller, meine Damen und Herren, hat noch keine Regierung, die neu ins Amt gekommen ist, die Kurve gekriegt. Schneller haben es Politiker selten geschafft, ihre Position umzudrehen. Schneller ist noch nie ein Koalitionsvertrag in die Tonne getreten worden wie hier bei uns in Düsseldorf, übrigens nicht nur in Sachen Studiengebühren.

Überall spielen Sie, lieber Herr Rüttgers, Pingpong mit den Wählern. Vor der Wahl: BAföGEmpfänger zahlen keine Studiengebühren, nach der Wahl zahlen sie sie doch.

(Ministerpräsident Dr. Jürgen Rüttgers: Vor der Wahl!)

- Nach der Wahl war das. Das mit dem BAföG war vorletzten Dienstag - aufgrund einer Panne in Ihrer eigenen Regierungszentrale, die es nicht geschafft hat, das zu vermitteln.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Vor der Wahl wollten Sie die Verschuldung zurückführen. Nach der Wahl wird der Schuldenhaushalt um 2,1 Milliarden € aufgebläht.

(Widerspruch und Zurufe von der CDU)

Und vor der Wahl, meine Damen und Herren, wollten Sie 1,5 % weniger Personal in jedem Ministerium haben, nach der Wahl über 100 neue Stellen zur Versorgung Ihrer Leute schaffen. Lieber Herr Stahl, wenn ich höre, was Sie eben gesagt haben: Wenn so viele Stellen nötig waren, um uns Grüne in der Regierung zu kontrollieren, dann müssen wir erstens ja ungeheuer stark gewesen sein. Es freut mich sehr, dass Sie endlich zu diesem zutreffenden Ergebnis gekommen sind.

(Beifall von den GRÜNEN)

Aber zweitens, lieber Herr Stahl, sind die Stellen dann doch jetzt alle über. Die Leute haben doch

nach dem Regierungswechsel gar nichts mehr zu tun. Nehmen Sie diese Stellen dafür, Ihre Personalwünsche zu befriedigen! Oder sollen die jetzt etwa andere kontrollieren, meine Damen und Herren? Das ist das, worum es Ihnen letztlich geht.

(Beifall von der SPD - Dietmar Brockes [FDP]: Können Sie sie nicht selber überneh- men?)

- Wir haben leider nicht so viele Stellen. Sie wissen das doch.

Meine Damen und Herren, im Koalitionsvertrag steht klipp und klar: BAföG-Empfänger entrichten kein Studienentgelt. Sie, Herr Ministerpräsident Rüttgers, haben in Ihrer Regierungserklärung noch am 13. Juli die Begründung mit Tremolo in der Stimme nachgeliefert. Sie haben nämlich gesagt: „Bildungschancen dürfen nicht vom Geldbeutel der Eltern abhängen“. Recht haben Sie. Wir stimmen Ihnen in diesem Punkt ausdrücklich zu.

(Beifall von den GRÜNEN)