Protokoll der Sitzung vom 14.09.2005

(Lachen von der SPD - Dr. Gerhard Papke [FDP]: Oh! - Gisela Walsken [SPD]: Ja, ja, was geht mich mein Geschwätz von gestern an?)

- Herr Papke, jetzt sagen Sie „Oh!“. Aber das wollen Sie heute nicht mehr wissen.

Ich zitierte weiter aus Ihrem Antrag: Studiengebühren

„bergen die Gefahr, dass der Anteil von Studierenden aus sozial schwächeren Schichten noch weiter absinkt.“

(Zurufe von der SPD)

Und weiter:

„Viele Studierwillige werden aufgrund zusätzlicher finanzieller Belastungen eines Studiums vor einer Immatrikulation an einer nordrheinwestfälischen Hochschule abgehalten. So läuft Nordrhein-Westfalen Gefahr, seinen Ruf als attraktiver Wissenschaftsstandort zusätzlich zu gefährden. … Derartige Studiengebühren sind unabhängig davon, welches Etikett man ihnen anheftet, kein Beitrag zur Verbesserung von Wissenschaft und Forschung, sondern bildungspolitischer Unfug.“

Da hat sie Recht. Und wo sie Recht hat, hat sie Recht.

(Beifall und Heiterkeit von GRÜNEN und SPD - Edgar Moron [SPD]: Was sagen Sie dazu, Herr Pinkwart? - Marc Jan Eumann [SPD]: Was nichts kostet, ist auch nichts! - Edgar Moron [SPD]: Herr Pinkwart, nehmen Sie dazu einmal Stellung! - Weitere Zurufe von SPD und GRÜNEN)

Wenn Sie, lieber Herr Stahl, sagen, Herr Pinkwart hätte eben sauber, klug und überzeugend gesprochen, erwarte ich, dass er gleich sauber, klug und überzeugend zu diesem Antrag Stellung nimmt.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Die Analyse der Kultusministerkonferenz ist schon zitiert worden: Seit Jahren ist erstmals wieder ein Rückgang der Studienanfängerzahlen in Deutschland zu verzeichnen. Die KMK führt das auch wesentlich auf die Debatte um Studiengebühren zurück. Wir brauchen dagegen mehr Akademiker und keine Abschreckung von Studierwilligen.

(Zurufe von der CDU: Oh!)

Dass Sie ein schlechtes Gewissen haben, zeigt sich darin, dass Sie unter dem Vorbild der Freiheit die Verantwortung für die Einführung von Studiengebühren voll und ganz auf die Hochschulen übertragen wollen. Rektor Timmermann, immerhin der Chef der Landesrektorenkonferenz, hat gesagt, das werde zu großen Zerreißproben an den Hochschulen führen. Das Ergebnis werde eine Zwei-Klassen-Gesellschaft - auch innerhalb unserer Hochschullandschaft - sein. Das wollen wir nicht.

Deshalb, meine Damen und Herren: Lassen Sie die Finger von Ihren Plänen zur Einführung von Studiengebühren! Entwickeln Sie stattdessen unser Studienkontenmodell wie ursprünglich vorgesehen weiter! Damit erweisen Sie nicht nur Hunderttausenden Studierenden und Millionen Studierwilligen einen Dienst, sondern vor allem auch Ihrer eigenen Glaubwürdigkeit. Das sollte es Ihnen doch wert sein. - Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Vesper. - Als nächster Redner hat für die FDP-Fraktion der Kollege Lindner das Wort.

(Dr. Gerd Bollermann [SPD]: Jetzt wird der Wendehals erklärt! - Zuruf von Gisela Walsken [SPD] - Zurufe von SPD und GRÜ- NEN)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will zunächst einmal einen Satz dazu sagen, wie Sie auf Ihre langjährige Regierungszeit zurückblicken.

(Hannelore Kraft [SPD]: Positiv!)

Sie haben erklärt, wie Sie die Rekordschulden einschätzen, die wir vorlegen müssen. Was Sie versuchen, ist politische Fahrerflucht.

(Beifall von FDP und CDU - Lachen von der SPD - Zurufe von den GRÜNEN)

Was wir vorlegen müssen, ist Ihre Abschlussbilanz. Die müssen Sie sich anrechnen lassen.

(Gisela Walsken [SPD]: Bilanzlüge! - Zuruf von Johannes Remmel [GRÜNE] - Weitere Zurufe)

Ich freue mich auf die Haushaltsdebatte, die wir miteinander führen werden. Die werden wir gewinnen. Das sage ich Ihnen heute an dieser Stelle voraus.

(Zurufe von der SPD und Johannes Remmel [GRÜNE])

- Nun seien Sie doch einmal ruhig. Ich habe noch gar nicht angefangen, Herr Remmel.

(Dr. Gerd Bollermann [SPD]: Dafür haben Sie aber schon etwas Falsches erzählt!)

Sind Sie der empörungspolitische Sprecher, oder was ist hier los?

(Zurufe von der SPD - Heiterkeit von der FDP)

Ein Satz zu Herrn Vespers Vergangenheitsbewältigung: Wir haben erstens gesagt, wir teilten die Einschätzung von Peer Steinbrück. Peer Steinbrück hatte ja seinerzeit gesagt, er sei nicht prinzipiell gegen Studiengebühren,

(Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Weiterentwick- lung!)

es habe ihm nur noch niemand erklären können, wie das sozial gerecht funktioniere. Das ist jetzt mit dem Pinkwart-Modell gelungen.

(Beifall von FDP und CDU - Lachen von der SPD)

Zweitens haben wir gesagt: Wir sind so lange gegen Studiengebühren, so lange Sie nicht konkret zur Verbesserung von Lehre und Forschung verwendet werden. Diese Flanke haben wir mit dem vorgeschlagenen Pakt geschlossen.

(Dr. Gerhard Papke [FDP]: Sehr richtig!)

Deshalb hat sich unsere Position verändert, meine Damen und Herren.

(Beifall von FDP und CDU - Barbara Steffens [GRÜNE]: Lesen Sie den Antrag! - Dr. Gerd Bollermann [SPD]: Was steht denn in Ihrem Antrag?)

In diesen Tagen hat sich ein Vater von drei Töchtern an mich gewandt und sich bitterlich über die Einführung von Studiengebühren beschwert.

(Zuruf von Johannes Remmel [GRÜNE])

- Ja, rufen Sie nicht zu früh dazwischen. Den frühen Zwischenrufer bestraft die Pointe, Herr Remmel.

(Zurufe von Johannes Remmel [GRÜNE] und Gisela Walsken [SPD])

Er hat gesagt: Bevor er für die Ausbildung seiner Töchter in Nordrhein-Westfalen auch nur einen einzigen Cent zahle, schicke er sie lieber gleich nach Kanada oder in die USA. Dort seien die Studienbeiträge zwar höher, aber er sei sich sicher,

dass damit eine exzellente Ausbildung verbunden sei.

(Zurufe von SPD und GRÜNEN)

Das ist der entscheidende Punkt. Entscheidend für ihn und für seine Kritik war nicht die Einführung von Studienbeiträgen,

(Gisela Walsken [SPD]: Zahnarzt!)

sondern der Zustand unserer nordrheinwestfälischen Hochschulen, meine Damen und Herren.

(Beifall von FDP und CDU )

Ihn zu verbessern, ist die Herausforderung, vor der wir gemeinsam stehen. Studienbeiträge sind doch nicht das Ziel. Ziel ist es, die Qualität von Lehre und Forschung zu verbessern. Studienbeiträge sind nur ein Mittel zum Zweck. Wer unser Ziel teilt, aber das Mittel ablehnt, der muss Alternativen vorlegen. Diese Gelegenheit haben Sie heute hier verstreichen lassen, meine Damen und Herren.

(Beifall von FDP und CDU - Dr. Gerd Boller- mann [SPD]: Was für eine Logik!)