Protokoll der Sitzung vom 20.09.2007

Darüber hinaus gibt es auch Ausnahmen, die beispielsweise wegen ihrer Gefahren oder Komplexität staatlich kontrolliert werden müssen oder aber bei denen eine angemessene Kontrolle auf kommunaler Ebene nicht möglich ist. Innenminister Dr. Wolf hat es vorhin angesprochen – und ich möchte mich dieser Meinung explizit anschließen –: Es soll im Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens einen breiten Konsultationsprozess geben.

(Frank Sichau [SPD]: Nützt doch sowieso nichts!)

Im Zuge dieses Prozesses müssen voraussichtlich auch Einzelfälle einer Klärung zugeführt werden, und zwar im Sinne der Betroffenen. Ich bin sicher: Gemeinsam mit dem Innenministerium wird das gelingen.

Das Gesetz macht schlussendlich einen gravierenden Unterschied zwischen Regierungsparteien und Opposition deutlich. Wir sind prinzipiell der Meinung, dass eine Landesbehörde nur die Dinge regeln sollte, die nachweislich dort besser aufgehoben sind als in den Kommunen oder in den Kreiskörperschaften.

(Beifall von der CDU – Wolfram Kuschke [SPD]: Genau!)

Im Sinne der Einhaltung dieses sogenannten Subsidiaritätsprinzips müssen wieder mehr und nicht weniger Entscheidungen in den Kommunen – dort, wo die Menschen noch Einfluss haben, dort, wo Entscheidungen noch zugeordnet werden können – getroffen werden. Ich bin davon überzeugt, dass diese Reform einen großen Schritt in Richtung unseres Ziels ist, in NordrheinWestfalen die Wettbewerbschancen zu stärken und das Leben für die Menschen in unserem Land einfacher zu machen. – Herzlichen Dank.

(Beifall von CDU und FDP)

Herr Kollege Löttgen, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Link?

Bitte, Herr Kollege Link.

Bitte schön, Herr Kollege.

Wie bewerten Sie vor dem Hintergrund Ihrer gerade gemachten Äußerung die Stellungnahme des Verbandes der großen Industrieanlagenbauer und -betreiber, die klar sagt: „Wir brauchen weiterhin den Sachverstand auf Bezirksregierungsebene und wollen gerade nicht, dass die Aufgaben künftig in den Städten entschieden werden“?

Ich weiß nicht, wo Sie die letzten fünfeinhalb Minuten gewesen sind.

(Sören Link [SPD]: Hier!)

Ich habe vorgetragen, dass die Klärung komplexer Sachverhalte über die Bezirksregierung erfolgen kann.

(Frank Sichau [SPD]: So haben Sie das nicht gesagt!)

Selbstverständlich habe ich das so vorgetragen. Lesen Sie das in aller Ruhe und Gelassenheit im Protokoll nach. – Vielen Dank.

(Beifall von CDU und FDP – Zuruf von der SPD: Da würde mich mal interessieren, was der Innenminister dazu sagt!)

Vielen Dank, Herr Kollege Löttgen. – Als nächster Redner hat für die Fraktion der FDP Kollege Ellerbrock das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.

Herr Sichau, Sie sollten mit Dienstbezeichnungen vorsichtig sein.

Meine Damen und Herren! In unserer Koalitionsvereinbarung heißt es, dass wir die Verwaltungsstrukturreform mit dem Ziel einleiten werden, die Verwaltung des Landes zu verschlanken. Unser Innenminister Dr. Wolf hat eben Ausführungen dazu gemacht. Ich freue mich, dass wir nach dem bereits am 1. Januar in Kraft getretenen Gesetz zur Behördenstruktur nunmehr einen weiteren wichtigen Baustein verabschieden können. Dabei war die Modellregion Ostwestfalen ein Vorbild. Bewährtes soll man übernehmen, Abweichungen, bei denen es sich nicht bewährt hat, soll man in Kauf nehmen. Das ist eine gute Sache.

Rot-Grün hat uns eine problematische Finanzsituation und eine unübersichtliche Aufgabenverteilung hinterlassen. Das wollten wir ändern: Entbürokratisierung, Optimierung, mehr Effizienz und Wirtschaftlichkeit des Verwaltungshandelns. Wir sagen Ja zur größeren Ortsnähe.

Über das Zaunprinzip ist vom Kollegen Löttgen und vom Innenminister schon gesprochen worden; das kann ich mir sparen.

Grundsätzlich ist es unstrittig, dass eine möglichst weitgehende Kommunalisierung sinnvoll ist – darüber sind wir uns wohl alle einig –: Je näher die behördliche Entscheidung beim Bürger und beim Betrieb angesiedelt ist, umso besser. In der Diskussion, wie weit die Kommunalisierung gehen soll, gibt es allerdings unterschiedliche Blickrichtungen, die schon erstaunlich sind.

Die Kommunen, vertreten durch die kommunalen Spitzenverbände, haben der kommunalen Bank mit ihrem solide ausgeprägten Selbstbewusstsein „Wir können alles besser, schneller, kostengünstiger“, das mir in den Anhörungen manchmal schon etwas übersteigert vorkam, keinen großen Gefallen getan. Denn diejenigen, die das in den Anhörungen so vertreten hatten, haben am nächsten Tag bei mir angerufen, um zu sagen, die ganz komplizierten Verfahren sollten bei den Bezirksregierungen belassen werden. Da hätte ich mir von den kommunalen Spitzenverbänden schon vorher eine gewisse sachgerechte Bescheidenheit – bescheiden in dem Zuschnitt der Aufgaben der Kommunen – gewünscht.

Andererseits gibt es auch kritische Stimmen – bei 13.000 zu genehmigenden Anlagen waren bei rund 9.000 die Kommunen und bei 4.000 die Bezirksregierungen zuständig –, die sich letztendlich mit der Aussage durchgesetzt haben: Nur derjenige, der täglich mit ausgesprochen komplizierten, technisch anspruchsvollen Verfahren zu tun hat, ist in der Lage, kompetent, sachgerecht und zügig zu entscheiden. Und das sind die Bezirksregierungen.

Aufhorchen lässt, dass diese Aussage von den Naturschutzverbänden bis hin zum BDI vertreten worden ist. Allerdings muss man bei der Wirtschaft eines festhalten – das merke ich kritisch an –: Das sind die gleichen Damen und Herren, die noch vor Jahren große Klagelieder angestimmt haben, heute aber anerkennen – und man muss anerkennen, dass sie das tun –, dass die Bezirksregierungen in Nordrhein-Westfalen ausgesprochen zügig, kompetent und rechtssicher entscheiden.

(Wolfram Kuschke [SPD] nickt.)

Herr Kuschke, Sie nicken. Die Bezirksregierung Düsseldorf hat rechtssicher das Planfeststellungsverfahren zur CO-Pipeline begonnen. Ich freue mich, dass Sie das so darstellen.

(Beifall von Ralf Witzel [FDP])

Offensichtlich lassen Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Kuschke zu.

Aber natürlich.

Frau Präsidentin! Herr Kollege Ellerbrock, ich verweise auf meine vorigen Ausführungen zu ungeschickten Zwischenrufen. Wir könnten nun in Überlegungen einsteigen, wie ein solches Verfahren aussehen würde, wenn es von Kommunen betrieben würde. Aber das ist nicht meine Frage.

Das wäre sonst mein Hinweis gewesen, Herr Kollege Kuschke.

Frau Präsidentin, ich komme zur Frage. – Herr Kollege, gibt es noch eine Kehrtwendung, oder können wir bei der Abstimmung mit Ihrer Stimme rechnen?

Sie können bei der Abstimmung mit meiner Stimme für das Gesetz rechnen.

(Beifall von Ralf Witzel [FDP])

Ich werde immer sachgerecht abstimmen. Das wissen wir aus der jahrelangen gemeinsamen Erfahrung, dass ich Ihnen sachorientiert immer gerne meine Stimme gebe, wenn Sie recht haben. Richtig ist, was richtig ist, unabhängig von der Farbe, und nicht ideologisch fixiert. Dafür kennen Sie mich. Ich danke, dass Sie mir das bestätigen.

Ein wichtiger zweiter Punkt ist die Zusammenführung von Lebensmitteluntersuchungsämtern – ein Problemkreis, an dem Rot-Grün über mehr als ein Jahrzehnt gescheitert ist. Ich bedaure außerordentlich, dass Frau Ministerin Höhn nicht mehr hier im Landtag ist, um ihrem Nachfolger, Herrn Uhlenberg, zu gratulieren, dass er in wenigen Jahren das erreicht hat, woran sie in zehn Jahren gescheitert ist. Denn ich glaube, Frau Ministerin Höhn hätte die Fairness besessen, diese Leistung dieses Umweltministers anzuerkennen und den Glückwunsch vor diesem Hohen Hause auszusprechen.

(Beifall von der FDP)

Meine Damen und Herren, diese Zusammenführung der Lebensmitteluntersuchungsämter gilt es weiterzuentwickeln. Eine weitere Möglichkeit, zu einer Effizienzsteigerung zu kommen, ist nach unserer Vorstellung, dass man private Untersuchungskapazitäten für die öffentliche Lebensmit

teluntersuchung verfügbar macht. Das zeigt alles in die richtige Richtung.

Gutes Personal ist vorhanden. Nach dem Konnexitätsprinzip wird es übergeleitet. Darauf einzugehen, wäre jetzt zu viel. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von FDP und CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Ellerbrock. – Als nächster Redner hat für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen der Kollege Remmel das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es hatte schon eine gewisse Symbolik, wer für die Landesregierung gerade dieses Gesetz begründet und wer zu diesem Zeitpunkt eben nicht auf der Regierungsbank gesessen hat.

(Beifall von der SPD)

Der Innenminister hat das Gesetz eingebracht, und der Umweltminister war nicht mehr da.

(Minister Eckhard Uhlenberg: Wer war nicht mehr da? Ich war die ganze Zeit da!)

Aber nicht auf der Regierungsbank.

(Minister Eckhard Uhlenberg: Ich habe die ganze Zeit hier gesessen!)

Sie waren nicht auf der Regierungsbank. Im Übrigen habe ich von der Symbolik gesprochen. Nehmen Sie das doch nicht immer direkt so ernst!