Protokoll der Sitzung vom 24.10.2007

Zuführungen in den Pensionsfonds vorgenommen haben, die Defizite der letzten 50 Jahre ausgleichen. Das ist die Zeit, in der versäumt worden ist, solche Rücklagen für Pensionsverbindlichkeiten zu begründen. Deswegen muss man in der Tat, Frau Kollegin Walsken, an irgendeiner Stelle anfangen. Sie haben das seinerzeit getan. Wir setzen das fort, weil es richtig ist. Wir führen jetzt 680 Millionen € aus den Steuermehreinnahmen dem Pensionsfonds zu, weil es im Interesse nachfolgender Generationen richtig ist.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, einen Hinweis möchte ich noch im Hinblick auf die Wortmeldung meiner geschätzten Kollegin von der SPD zu der Frage der Nettokreditaufnahme geben: Es ist eben nicht so, dass Sie seinerzeit neue Schulden nur in den Zeiten aufgenommen haben, in denen die Steuereinnahmen niedriger ausgefallen sind, als Sie sie immer durchaus optimistisch kalkuliert hatten. Sondern in der Vergangenheit sind auch neue Schulden aufgenommen worden, obwohl es höhere Steuereinnahmen gab, als sie zunächst in den Prognosen und in den Haushaltsansätzen angenommen worden sind. Das wissen wir alle. Das sollte man der Fairness halber auch sagen.

(Gisela Walsken [SPD]: Machen Sie ja auch!)

Ja, Frau Kollegin. Auch wir nehmen neue Schulden auf, aber von Jahr zu Jahr weniger. Wenn Sie in die Zahlenwerke der Haushalte und auch in die mittelfristige Finanzplanung schauen, werden Sie deutlich erkennen können, dass bei uns nicht nur im Koalitionsvertrag steht, dass wir die Nettoneuverschuldung auf null zurückfahren und auch Schulden abbauen wollen, sondern dass wir tatsächlich eine Konsolidierungsstrategie im Auge haben, und das strategische Ziel auch erreichen werden. Das wird einer der größten Unterschiede zwischen der Politik der Vergangenheit und der heutigen Politik sein. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von FDP und CDU)

Danke schön, Frau Freimuth. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht nun Herr Kollege Groth.

Vielen Dank, Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Genau, Frau Freimuth, man kann erkennen, dass sich von früher zu heute etwas verändert hat, aber es ist nichts besser geworden.

(Beifall von der SPD)

Sie haben die Situation für den Landeshaushalt und für das Land Nordrhein-Westfalen bislang jedenfalls nicht verbessern können. Wir diskutieren heute über einen Haushalt, der mit einem Nachtrag versehen worden ist. Das heißt, wir diskutieren auch über den gesamten Haushalt des Jahres 2007. Das müssen Sie sich schon gefallen lassen. Dieser Haushalt hat eindeutig falsche Schwerpunktsetzungen. Die korrigieren Sie mit diesem Nachtrag nicht, sondern Sie vollziehen nur nach, dass es Steuermehreinnahmen gegeben hat, und Sie schieben etwas in die Versorgungsrücklage, was aus meiner Sicht ein reiner Buchungstrick ist. Sie versuchen, dort zu verschleiern. Das hat nichts mit Transparenz zu tun; dazu komme ich aber später noch.

Es ist ein Haushalt der falschen Schwerpunktsetzungen. Sie müssen sich schon gefallen lassen, dass man Ihnen das noch einmal sagt. Sie vollziehen hier nur die Steuermehreinnahmen nach und machen den Buchungstrick, aber es bleibt bei dem großen Änderungsbedarf, den wir Ihnen schon im Herbst 2006 zu den Haushaltsberatungen für das Jahr 2007 signalisiert haben.

Sie haben jetzt den Schneid, bei Steuermehreinnahmen in ungeahnter Höhe nicht in einem Punkt das zu korrigieren, was Sie damals falsch gemacht haben, was wir Ihnen zu Recht vorgehalten haben. Wenn Sie sagen, Herr Möbius, Sie hätten keine Änderungsanträge gestellt, dann reiche ich Ihnen gleich gerne die acht Seiten Änderungsanträge der Grünen herüber. Sie haben nicht korrigiert.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Sie hätten mit diesem Nachtragshaushalt die Gelegenheit gehabt, Ihre unsoziale Politik, die nicht ökologisch und nicht zielführend für das Land Nordrhein-Westfalen ist, wenigstens in den ärgsten Fehlern zu korrigieren. Wir stimmen ja nicht in allem überein, aber Sie haben viele Fehler gemacht und in diesem Nachtragshaushalt nicht auf Änderungsanträge reagiert, was Sie angesichts des Geldes, das Ihnen zugeflossen ist, und das Sie sich nicht verdient haben, hätten machen können.

Gemessen an Ihren eigenen Versprechungen, die Sie gemacht haben, bevor Sie in NordrheinWestfalen in die Regierungsverantwortung gekommen sind, sind Sie in jeder Beziehung gescheitert. Sie sind gescheitert, denn Sie haben den Haushalt nicht deutlich konsolidieren können. Zum wiederholten Male schaffen Sie das nicht, auch mit diesem Nachtragshaushalt nicht. Sie haben die Nettoneuverschuldung zwar herunterfah

ren können, aber Sie haben sie nicht beseitigt. Sie werden als diejenigen in die Geschichte eingehen, die die höchste Nettoneuverschuldung in Nordrhein-Westfalen zu verantworten haben und gleichzeitig auch das höchste Ausgabenvolumen. Das ist ja das Interessante. Dann kommt im dritten Schritt noch dazu, dass Sie nicht nur die Neuverschuldung hochtreiben auf das höchste Niveau, das wir je hatten, und das höchste Ausgabenvolumen haben, sondern dann auch noch eine Politik betreiben, die in höchstem Maße unsozial und unökologisch ist.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Ich gebe Ihnen auch Beispiele dafür.

Ein Beispiel ist die Schulmilch. Der Förderbetrag für die Schulmilch wurde von Ihnen im letzten Jahr um 85 % gekürzt. Sie hatten den Schneid, diesen Betrag um 85 % zu kürzen. Diese Unterstützung ist eine geringe Summe, Herr Möbius. Aber lassen Sie sich das auf der Zunge zergehen; das können Sie auch alles nachprüfen. Sie haben also die Förderung für die Schulmilch reduziert. Die Kinder bekommen so aber eine subventionierte gute Milch, einen Nahrungsbestandteil.

Jetzt kommen wir in die Diskussion über die Förderung für das Mittagessen. Jetzt ziehen Frau Sommer – ich bin ihr sehr dankbar dafür – und Herr Uhlenberg durchs Land, die beiden, die sich damals nicht gewehrt haben – zumindest ist uns das nicht bekannt geworden –, im Schlepptau Herrn Seehofer,

(Beifall von der SPD)

und sagen: Das mit der Schulmilch ist aber klasse, da müssen wir mal was tun. – Im letzten Jahr haben Sie die Förderung dafür um 85 % gekürzt!

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Das ist nicht nur unsozial, das ist unökologisch, und das ist ein Kampf gegen die Kinder, den Sie auch in anderen Haushaltsbereichen führen, zum Beispiel mit dem KiBiz, über das wir heute Morgen schon genug diskutiert haben.

Das ist der Haushalt 2007.

(Christian Lindner [FDP]: Das müssten Sie als Haushaltspolitiker besser wissen!)

Für die Förderung der Schulmilch hätten Sie nur eine halbe Million in die Hand nehmen müssen. Besser wären natürlich 2 Millionen €. Aber für ein Mittagessen wäre es ein zweistelliger Betrag. Doch nicht einmal Ihre Entscheidung zur Kürzung bei der Schulmilch haben Sie korrigiert, wo es nur um eine halbe Million Euro gegangen wäre. Auch

da hatten Sie nicht den Schneid, mit diesem Nachtragshaushalt Ihre unsoziale und unökologische Politik, die sich gegen Kinder und Familien richtet, zu korrigieren. Das haben Sie nicht getan. Das werde ich Ihnen heute auch vorhalten.

Ich bleibe bei der Kategorie „versprochen und gebrochen“. Damals haben Sie gesagt, der Betrag für das Jugendfördergesetz steigt wieder. 26 Millionen € waren es, glaube ich. Auch das haben Sie nicht korrigiert. Jetzt haben Sie im Nachtragshaushalt, glaube ich, noch einmal 1,5 Milliarden € eingestellt. Sie hatten ja wohl schon im Haushaltsentwurf 3,4 Milliarden € mehr vorgesehen. 3.400 Millionen € waren es also damals schon. Jetzt kommen noch 1.500 Millionen € hinzu. Das macht zusammen weit über 4.000 Millionen €, die Sie an Mehreinnahmen haben. Und Sie haben den Schneid, immer noch nicht das zu korrigieren, was Sie damals versprochen haben. Dieses Versprechen haben Sie gebrochen. Sie nehmen nicht einmal 25 Millionen € in die Hand, um das Jugendfördergesetz wieder auf einen Stand zu setzen, den Sie damals vor der Wahl versprochen haben. Mit solchen Versprechungen haben Sie sich sozusagen ins Amt „gebombt“.

(Beifall von der SPD)

Das haben Sie am Ende alles vergessen. Das haben Sie auch in diesem Nachtrag nicht korrigiert.

Ich nenne ein weiteres Beispiel, nur damit Sie nicht glauben, wir könnten keine Änderungsanträge mehr stellen oder hätten keine Vorstellungen mehr, wie man eine vernünftige Politik für Nordrhein-Westfalen machen kann, eine Finanzpolitik, die das Land wirklich nach vorne bringt, und zwar auch konzeptionell nach vorne bringt.

(Beifall von Sylvia Löhrmann [GRÜNE])

Was haben Sie getan? Sie haben die Weiterbildung um 25 % rasiert.

(Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Entgegen allen Versprechungen!)

Bei einer Kürzung um 25 % brechen allerorten, im ganzen Land die Strukturen weg. Jaja, 25 % Luft muss überall drin sein! Dann korrigieren wir das einmal in Ihrem Haushalt, wenn Sie jetzt gerade sagen, 25 % sind ja nicht so viel. Um 25 % haben Sie die Aus- und Weiterbildung rasiert. Da brechen uns die Strukturen weg. Auch in diesem Bereich gibt es jetzt keinerlei Änderung über den Nachtrag, obwohl Sie diese vielen tausend Millionen zusätzlich eingenommen haben.

Die haben Sie nicht verdient. Tun Sie nicht immer so, als ob Sie das verdient hätten. Das fällt Ihnen in den Schoß. Frau Walsken hat Ihnen das ja gerade beschrieben. Es wird auch von allen Finanzwissenschaftlern und allen anderen, die etwas von der Sache verstehen, bestätigt, dass die Konjunktur, von der Sie jetzt profitieren, durch die Reformen der Bundespolitik in der rot-grünen Zeit mit angeschoben worden ist.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Sagen Sie der geneigten Öffentlichkeit bitte auch, dass in der Zeit, in der hier noch anders regiert wurde, als wir noch einen sozialpolitisch orientierten und einen ökologisch orientierten Haushalt hatten, die Steuereinnahmen immer gesunken sind und wir wirklich Schwierigkeiten hatten. Wir mussten sparen. Sie aber sparen das Land an den entscheidenden Stellen kaputt, obwohl Sie Mehreinnahmen haben.

Herr Groth, erlauben Sie eine Zwischenfrage von Herrn Lindner?

Ja, bitte, aber bei Herrn Lindner wird das wieder keine Fachfrage sein.

(Heiterkeit von der SPD)

Bitte schön, Herr Lindner.

Herr Kollege Groth, weil Sie hier die Erfolge der rot-grünen Reformpolitik auf Ebene des Bundes gelobt haben, will ich Sie fragen, in welchem Zusammenhang dann die Beschlüsse der letzten Landesdelegiertenkonferenz der Grünen – Stichwort „Rücknahme der Hartz-Gesetzgebung“ – stehen.

(Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Das haben Sie nicht richtig gelesen!)

Herr Lindner, das haben Sie nicht richtig gelesen. Wenn Sie hier in diesem Saal außerdem häufiger anwesend wären, könnten Sie sehr speziell, ich glaube, elf oder zwölf Anträge der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen nachvollziehen

(Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Denen Herr Laumann zum Teil übrigens zustimmt!)

richtig, wo Herr Laumann zustimmt –, mit denen wir an den Stellen korrigierend eingreifen wollen, an denen diese Reformen, die im Grundsatz in Ordnung sind, Nachbesserungsbedarf aufweisen.

(Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Schlechte Fra- ge!)

Wir haben in unseren Anträgen jeweils sehr differenziert dargestellt, wo wir korrigieren wollen. Aber wir wollen vom Grundsatz her nicht davon abweichen, Herr Lindner. Nehmen Sie das zur Kenntnis.

(Beifall von GRÜNEN und SPD – Gisela Walsken [SPD]: Bumerang, Herr Kollege!)

Es geht darum, das wirklich vernünftig weiter zu konzeptionieren und weiter zu gestalten.