Protokoll der Sitzung vom 24.10.2007

Nein, meine Damen und Herren, unser Verständnis von Haushaltstransparenz und Haushaltsklarheit ist ein anderes. Jeder kann die Zahlen aus dem Haushalt klar erkennen. Es gibt keine Schattenhaushalte und auch keine geschönten Zahlen, wie das zu Zeiten von Rot-Grün an der Tagesordnung gewesen ist.

Bemerkenswert ist, dass die Oppositionsfraktionen zu dem von der Landesregierung eingebrachten Nachtragshaushalt 2007 nicht einen einzigen Änderungsantrag gestellt haben. Das ist wahrlich kein Ruhmesblatt für die Opposition. Es zeigt aber auch, dass die Politik der Landesregierung und der sie tragenden Koalitionsfraktionen offensichtlich ohne Alternative dasteht. Dies ist ein weiterer Grund, dem Finanzminister und seiner Politik Respekt zu zollen.

Mit dem Nachtragshaushalt 2007 setzen wir den konsequenten und alternativlosen Konsolidierungskurs in der Finanzpolitik fort.

(Ewald Groth [GRÜNE]: Das hat er Ihnen versprochen!)

Wir haben den Ehrgeiz und das Ziel, Herr Kollege Groth, möglichst bald zu einem ausgeglichenen Landeshaushalt zu kommen. Wir sind dabei auf einem guten Weg – auch wenn unser Erfolg die Opposition natürlich ärgert. Wir gehen diesen Weg aber zum Wohle der Bürgerinnen und Bürger in Nordrhein-Westfalen konsequent weiter. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der CDU)

Danke schön, Herr Möbius. – Für die Fraktion der SPD spricht nun die Kollegin Walsken.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Möbius, das war eine großartige Rede –

(Demonstrativer Beifall von der CDU)

aber nur insofern, als ich mich frage: Was machen Sie denn, wenn Sie an den Sitzungen des Haushalts- und Finanzausschusses teilnehmen? Dass Sie sich hierhin stellen und eine Lobrede auf den Finanzminister halten, ist okay. Dass der Finanzminister das gern hat, ist auch okay. Aber dass Sie an jeder Realität vorbeiargumentieren, nur um den Finanzminister zu feiern, hätte ich Ihnen nicht zugetraut.

(Beifall von SPD und Ewald Groth [GRÜNE])

Deshalb ist für Haushälter der Blick auf die Zahlen und in die Haushalte immer hilfreich. Nun sagen Sie hier: Wahnsinn, es gibt höhere Steuereinnahmen. – Herr Kollege Möbius, ich sage Ihnen: Sie können überhaupt nichts dafür. Das hat damit zu tun, dass die Konjunktur anspringt und dass es in Berlin unter Rot-Grün richtungweisende, kostensparende Beschlüsse gegeben hat. Von denen profitieren Sie jetzt.

(Beifall von SPD und Ewald Groth [GRÜNE])

Herr Kollege Möbius, außerdem hat es etwas damit zu tun, dass auch die Bevölkerung in Nordrhein-Westfalen, als die Steuereinnahmen gar nicht so intensiv flossen, einen massiven Sparbeitrag zur Konsolidierung des Landeshaushalts geleistet hat, indem sie auf Urlaubs- und Weihnachtsgeldanteile verzichtet hat. Davon profitieren Sie heute in Form von reduzierten Personalkosten. Das hatte ursächlich damit zu tun, dass wir in den Jahren 2002, 2003, 2004 bis Anfang des Jahres 2005 deutlich sinkende Steuereinnahmen hatten, Herr Kollege Möbius. Jeder in diesem Land hat das gespürt.

Ich sage Ihnen: Es ist nicht anständig, wenn Sie die Beiträge, die die Menschen in NordrheinWestfalen in dieser Zeit zur Konsolidierung des Haushalts geleistet haben, hier nicht einmal erwähnen. Das halte ich für nicht in Ordnung.

(Beifall von SPD und Ewald Groth [GRÜNE])

Es ist natürlich leicht, zu sagen: Die Steuerquellen sprudeln, uns geht es gut, und wir haben weiter an einer verantwortlichen Sparpolitik im Land Nordrhein-Westfalen Anteil.

Herr Kollege Möbius, wenn ich sehe – die Zahlen sind sehr einfach nachzuvollziehen –, dass Sie mittlerweile 6,8 Milliarden € mehr Steuereinnahmen in der Kasse haben, ohne in diesem Haushalt auch nur einen Euro zu sparen, und gleichzeitig die Schulden lediglich um 3,5 Milliarden € sinken, frage ich Sie heute: Wo wird denn das vollmundig verkündete Versprechen eingelöst, dass

jeder zusätzliche Euro in den Schuldenabbau fließt? Erklären Sie der Bevölkerung in NordrheinWestfalen, wo Sie den Differenzbetrag von 3,2 Milliarden € gelassen haben!

(Beifall von der SPD – Ewald Groth [GRÜ- NE]: Verpulvert!)

Wenn Sie das nicht erklären können und auch der Finanzminister nicht, dann geht das Bild vom ehrlichen Kaufmann verloren. Dann fällt auch der Verfassungsbruch, dessen Vorliegen das Münsteraner Gericht bestätigt hat, in die Waagschale.

Herr Kollege Möbius, dann fällt auch auf, dass der Finanzminister in den ersten Amtsjahren die Steuermehreinnahmen systematisch heruntergerechnet hat und wir dann erst in den Nachtragshaushalten zusätzliche Steuermehreinnahmen zu verbuchen hatten, obwohl im Laufe des Jahres schon klar geworden war, dass es mehr Geld geben würde.

Wenn Sie sich einmal anschauen – es ist das Schöne, dass wir Haushälter immer die Möglichkeit haben, uns die Zahlen anzusehen –, wie viele zusätzliche Steuereinnahmen im Vergleich zum letzten Jahr allein bis September in die Kassen gesprudelt sind, wobei die Einkommensteuerzuwächse den größten Anteil haben, stellen Sie fest, dass es über 3,2 Milliarden € sind.

Wenn Sie heute erklären, 680 Millionen € sollen in den Pensionsfonds, und dies sei eine Großtat, dann sage ich Ihnen, Kollege Möbius: Es ist traurig, denn Sie hätten mittlerweile jedes Jahr deutlich höhere Summen aus den Steuermehreinnahmen in den Pensionsfonds hineinführen können.

(Beifall von Ewald Groth [GRÜNE])

Aber nein, das haben Sie gelassen. Sie haben den Fonds nicht, wie damals unter den Bundesländern verabredet, bedient – das war noch zu Zeiten, als wir geringere Steuereinnahmen hatten –, und Sie haben trotz höherer Steuereinnahmen in Nordrhein-Westfalen 2005 und 2006 kein Geld in den Pensionsfonds getan. Sie versuchen jetzt, das mit 680 Millionen € zu korrigieren, weil Sie genau wissen: Spätestens im übernächsten Jahr werden Sie das Geld für andere Dinge brauchen, weil wir uns auf die Wahljahre 2009 und 2010 zubewegen. Ich sage Ihnen: Das ist wahrlich kein Ruhmesblatt.

Meine Damen und Herren, wichtig ist, dass wir uns heute mit dem Nachtrag das Haushaltswerk 2007 insgesamt noch einmal anschauen können. Wir stellen dazu drei Punkte fest. Erstens: Dieser Haushalt ist kein Sparhaushalt. Zweitens: Er ist nicht der Haushalt, in dem das, was Minister Lins

sen und diese Landesregierung angekündigt haben, umgesetzt wird, nämlich dass jede zusätzliche Steuereinnahme zum Abbau der Schulden verwendet wird. Und drittens: Es ist ein Haushalt, in dem die Ausgaben noch einmal deutlich steigen.

Meine Damen und Herren, wenn man resümiert, dann stellt man fest, dass diese Landesregierung, seitdem sie im Amt ist, mehrere Milliarden an Ausgabenzuwachs zu verzeichnen hat, dass sie 3,5 Milliarden € zusätzlich Steuern hatte, dass sie mittlerweile für 2008 bei über 51 Milliarden Haushaltsvolumen den höchsten Ausgabenstand aufweist und dass alles, was damals im Jahre 2005 von Finanzminister Linssen mit den ersten Haushaltsreden angekündigt worden ist, nicht eingetreten ist.

Meine Damen und Herren, dieser Nachtragshaushalt ist ein Haushalt, der dem Kriterium folgt: zusätzliche Ausgaben. Es ist kein Sparhaushalt. Und es ist kein Haushalt, der besondere Akzente setzt.

Dass der Pensionsfonds bedient wird – ich sage es ausdrücklich noch einmal in Richtung CDUFraktion –, findet unsere ausdrückliche Zustimmung. Wir sind für diesen Pensionsfonds. Wir haben ihn selbst für die Beschäftigen in NordrheinWestfalen eingerichtet. Wir kritisieren allerdings, dass diese Summe zu gering ist und dass man bereits im letzten Jahr und im vorletzten Jahr hätte entsprechend Geld zuführen können.

Meine Damen und Herren, deshalb werden wir diesem Nachtragshaushalt nicht zustimmen, obwohl wir zum Pensionsfonds stehen. – Herzlichen Dank.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Danke schön, Frau Walsken. – Frau Freimuth spricht nun für die FDP-Fraktion.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir verabschieden mit diesem Nachtragshaushalt, dem wir als FDPFraktion auch zustimmen werden, heute zum wiederholten Mal einen Nachtragshaushalt, mit dem auch die Steuereinnahmen nach oben zu korrigieren sind. Das ist erfreulich.

Die Gründe dafür sind in der erstarkenden Konjunktur zu sehen und darin, dass es durch ein Zusammenspiel unterschiedlicher Maßnahmen, die auch auf der Bundesebene in den letzten Jahren

ergriffen worden sind – das ist nicht zu negieren –, gelungen ist, auch zu einer Absenkung der Erwerbslosenquote zu kommen. Damit haben wir wieder mehr Menschen in Arbeit, die Steuern zahlen können und die in die Sozialversicherungskassen zahlen. Und das entlastet an der Stelle die öffentlichen Haushalte durch Steuermehreinnahmen.

Die Steuermehreinnahmen in Höhe von 1,4 Milliarden € werden mit diesem Nachtragshaushalt zur Reduktion der Neuverschuldung verwendet. Alle im Laufe des Jahres notwendig gewordenen Mehrausgaben werden auch durch Einsparungen an anderer Stelle im Haushalt aufgefangen.

Während der überwiegende Teil dieser Steuermehreinnahmen in die Absenkung der Nettoneuverschuldung fließt, leisten wir mit 680 Millionen € auch einen Beitrag zu einer nachhaltigen Vorsorge mit Blick auf kommende Haushalte und auf Belastungen nachfolgender Generationen, die ja durch die Schattenverschuldung der Pensionsverbindlichkeiten bereits heute begründet sind.

Wir alle wissen, dass sich die Pensionsausgaben bezüglich der Belastungswirkungen künftiger Haushalte von der expliziten Staatsverschuldung unterscheiden. Die Pensionszahlungen – das wissen wir auch – werden in den kommenden Jahren von derzeit 4,4 Milliarden € auf einen Höchststand von schätzungsweise 7 Milliarden € im Jahr 2025 stark ansteigen.

Schauen wir uns einmal die langfristige Perspektive an: Im Jahre 2050 werden wir durch das, was heute schon an Pensionsverbindlichkeiten begründet ist, Belastungen für den Landeshaushalt in Höhe von insgesamt 275 Milliarden € zu bewältigen haben. Wenn ich sage „wir“, dann ist das in diesem Fall nicht ganz zutreffend, weil es insbesondere die nachfolgenden Generationen sind, die diese Verbindlichkeiten abzutragen haben.

Deswegen dürfen es nicht zulassen, dass wir die Gestaltungsspielräume nachfolgender Generationen, aber auch nachfolgender Gesetzgeber noch weiter einengen. Wir müssen diese über Jahre und Jahrzehnte falsche Politik der immer höher steigenden Nettokreditaufnahme und damit der immer höher steigenden Gesamtverschuldung durchbrechen. Das sind wir nachfolgenden Generationen einfach schuldig.

Die bisherige Schattenverschuldung durch Pensionsverbindlichkeiten wurde nie in unseren Haushalten ausgewiesen, was auch zum Teil am Hausrecht liegt. Wir arbeiten ja gemeinsam daran, dass wir zu einem veränderten Haushaltsrecht kommen, bei dem wir auch solche verdeckten Verschuldungen, Schattenverschuldungen in den

Haushalt hineinnehmen, Rücklagen bilden und damit zu einem transparenteren Haushalt kommen können. Wir arbeiten daran, dass wir wieder zukunfts- und generationengerechte Haushalte bekommen.

Mit der Zuführung an die Versorgungsrücklage mit dem vorliegenden Nachtrag haben wir einen ersten Schritt getan. Ich bedanke mich bei Frau Walsken, die gerade ausdrücklich anerkannt hat, dass sie für die Zuweisung zu dem Pensionsfonds ist.

Es ist richtig, dass dieser Pensionsfonds seinerzeit noch von der Vorgängerlandesregierung auf den Weg gebracht worden ist – das aber auch, weil sich damals nachdrücklich alle Fraktionen in diesem Parlament, auch die damaligen Oppositionsfraktionen, die heute Regierungsverantwortung tragen, für den Pensionsfonds ausgesprochen haben, weil wir immer wieder gesagt haben: Wir müssen heute Rücklagen bilden, um die Schattenverschuldungen und die Pensionsverbindlichkeiten insbesondere im Interesse nachfolgender Generationen abzufedern und abzubilden.

Meine Damen und Herren, wir haben vielfach darüber diskutiert, ob es verantwortbar und vertretbar ist – weil auch wir mit diesem Nachtragshaushalt dennoch die Nettokreditaufnahme nicht auf null setzen können –, trotz der Aufnahme von Krediten eine Rücklage zu einem Pensionsfonds zu bilden. Ich sage: Aus den Gesichtspunkten der Haushaltsklarheit, Haushaltswahrheit und Transparenz heraus ist es zwingend notwendig, dass wir die Verbindlichkeiten, die wir mit jeder Berufung und Ernennung eines Beamten bereits heute begründen und auch im Haushalt abbilden. Ich würde mir wünschen, dass wir diesen Weg gemeinsam miteinander gehen.

Die grundsätzliche Bejahung wird auch von der Wissenschaft geteilt. Manchmal ist man überrascht, von welchen Seiten Unterstützung für dieses Vorhaben kommt. Ich habe mich sehr gefreut, dass in der letzten Anhörung des Haushalts- und Finanzausschusses auch der Vertreter des DGB die Zuführung an den Pensionsfonds als gut und richtig anerkannt hat.

Es geht darum, dass wir einen Konsens darüber erreichen, solche transparenten Haushalte aufzustellen und auch die Rücklagen für bereits heute bestehende Verschuldungen zu bilden, und dafür eine gesellschaftliche Akzeptanz bekommen.

Meine Damen und Herren, richtig ist natürlich – der Hinweis ist gerade ganz zaghaft gekommen –: Wir können nicht in sechs Jahren, die wir jetzt über den Pensionsfonds diskutieren, in denen wir

Zuführungen in den Pensionsfonds vorgenommen haben, die Defizite der letzten 50 Jahre ausgleichen. Das ist die Zeit, in der versäumt worden ist, solche Rücklagen für Pensionsverbindlichkeiten zu begründen. Deswegen muss man in der Tat, Frau Kollegin Walsken, an irgendeiner Stelle anfangen. Sie haben das seinerzeit getan. Wir setzen das fort, weil es richtig ist. Wir führen jetzt 680 Millionen € aus den Steuermehreinnahmen dem Pensionsfonds zu, weil es im Interesse nachfolgender Generationen richtig ist.