Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nach sechs Monaten, liebe Kolleginnen und Kollegen der Opposition, hat Ihr Gesetzentwurf doch noch den Weg ins Plenum gefunden. Man könnte meinen, dass dieser Gesetzentwurf, obwohl keine Anhörung …
Nach einem halben Jahr steht der Antrag heute zur Abstimmung. Man könnte fast meinen, dass Sie den Antrag so lange geschoben haben, um wieder in die Nähe der Feiertage zu kommen.
(Carina Gödecke [SPD]: Was soll das? Das ist ein Gesetzentwurf! Man braucht zwei Le- sungen! – Ralf Jäger [SPD]: Das ist Blöd- sinn, Herr Brockes! So ist es nun einmal par- lamentarischer Brauch! – Weitere Zurufe)
Frau Gödecke, nun regen Sie sich nicht so auf. Ich möchte darauf nicht erwidern. Sie haben heute Geburtstag; darauf nehme ich Rücksicht.
Meine Damen und Herren, diese sechs Monate, die verstrichen sind, und das knappe Jahr, in dem das neue Landesöffnungsgesetz in Kraft ist, haben gezeigt: Alle Befürchtungen, die von Ihnen im Vorfeld des Gesetzes geäußert wurden, sind nicht eingetreten, meine Damen und Herren.
Die Kirchen sind jetzt nicht leerer, nur weil die Verkäuferinnen samstagabends bis 24 Uhr an den Kassen sitzen müssen. Die Kriminalität hat auch nicht zugenommen, weil die einsame Verkäuferin im leeren Laden eine leichte Beute für Ladendiebe ist.
Herr Kollege Schmeltzer, Ihre kleine Julia hat an über 350 Tagen im Jahr die Möglichkeit, in unserem Bundesland Blumen zu kaufen.
Meine Damen und Herren, wir halten fest: Die Welt ist nicht untergegangen. Nein, im Gegenteil: Einzelhandel und Verbraucher genießen die neuen Freiheiten dieses Ladenöffnungsgesetzes. Das ist auch gut so.
Insofern möchte ich an dieser Stelle die Gelegenheit nutzen, um festzuhalten, dass wir damals ein hervorragendes Gesetz beschlossen haben.
Jetzt kommen wir zu dem Problem, das Sie aufgegriffen haben, nämlich zum Verkauf von Blumen, Brötchen und Zeitungen am ersten Feiertag. Dieses Problem wurde im gesamten Gesetzgebungsverfahren nicht angesprochen; das müssen wir an dieser Stelle deutlich sagen. Die Interessenvertreter, die nach der Verabschiedung auf uns zugekommen sind, haben leider die Chancen vertan, das im Gesetzgebungsverfahren zu tun.
(Rainer Schmeltzer [SPD]: Sie haben doch sowieso nichts aus der Anhörung umgesetzt! Sie haben die Interessenvertreter doch igno- riert!)
Sie haben daraus den Schluss gezogen, dieses Gesetz rückabzuwickeln, das heißt die alte Regelung wieder in Kraft setzen zu wollen.
Aber ich habe Ihnen schon bei der ersten Lesung gesagt, Herr Kollege Schmeltzer: Das geht nicht. Denn das Sonn- und Feiertagsgesetz des Bundes sagt ganz klar, dass der erste Feiertag schutzbedürftiger ist als der zweite Feiertag. Insofern ist Ihr Antrag heute obsolet. Wir werden ihn nicht beschließen können.
Aber auf der anderen Seite, meine Damen und Herren: Unsere Fraktion sieht an dieser Stelle einen kleinen Korrekturbedarf.
Wir wollen insbesondere auch Bischof Glenn zu seinem Recht kommen lassen, auch am Ostersonntag sein leckeres, frisch gebackenes Brötchen essen zu können – ebenso wie die anderen Menschen. Wir haben 3.000 Stunden in diesem Bundesland liberalisiert. An diesen 15 Stunden sollte es aus unserer Sicht nicht scheitern. Deshalb werden wir weiter im Gespräch mit unserem Koalitionspartner versuchen, an dieser Stelle noch eine Korrektur hinzubekommen.
Vielen Dank, Herr Kollege Brockes. – Als nächste Rednerin hat nun Frau Ministerin Thoben für die Landesregierung das Wort. Bitte schön, Frau Ministerin.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Schmeltzer, Ihnen ist offensichtlich nicht aufgefallen, dass Sie kein Wort zu Ihrem eigenen Gesetzentwurf gesagt haben.
(Beifall von CDU und FDP – Rainer Schmelt- zer [SPD]: Natürlich! Mir ist aufgefallen, dass Sie nicht ganz zugehört haben!)
Sie sind auf eine Antwort auf eine Kleine Anfrage eingegangen, die mit Ihrem Gesetzesvorschlag nichts zu tun hat.
(Rainer Schmeltzer [SPD]: Am Schluss, Frau Ministerin! Sie hätten am Beginn meiner Re- de zuhören sollen!)
Außerdem haben Sie vorgetragen, wir hätten falsche Zahlen in der Antwort auf die Kleine Anfrage von Herrn Kuschke genannt. Das ist eine Frechheit.
Das sind die offiziellen Meldungen sämtlicher Kommunen, die von uns abgefragt worden sind. Wenn Sie so etwas vortragen, hätte ich gern Ross und Reiter genannt.
(Beifall von CDU und FDP – Rainer Schmeltzer [SPD]: Das zeigt noch einmal, dass Sie überhaupt nicht zugehört haben, Frau Ministerin!)
Wie ich bereits in der Plenarsitzung am 3. Mai ausgeführt habe, halte ich die Regelung des Verkaufs von Blumen und Backwaren nunmehr an den zweiten Feiertagen des Weihnachts-, Oster- und Pfingstfestes aus verschiedenen Gründen für richtig. Die Versorgung der Bevölkerung mit diesen Waren für die Feiertage ist aufgrund der längeren Öffnungsmöglichkeiten an Werktagen ausreichend sichergestellt.
Vor dem Hintergrund des verfassungsrechtlich gebotenen Sonn- und Feiertagsschutzes sind darüber hinaus die ersten Feiertage höher einzuschätzen als die zweiten. Aus diesem Grund haben wir den Tausch vorgenommen. Diese Ansicht wird im Übrigen von den Kirchenvertretern geteilt; Einzelmeinungen ändern daran nichts. Zudem befinden wir uns in guter Gesellschaft mit den Ländern Baden-Württemberg, Sachsen, Thüringen und Brandenburg.
Meine sehr geehrten Damen und Herrn, bei allen politisch Verantwortlichen ist in den vergangenen Monaten die Empörung der Bäcker, Konditoren und Floristen aufgeschlagen. Ich will das nicht auf die leichte Schulter nehmen, plädiere jedoch dafür, das auch ins richtige Verhältnis zu setzen. Wie bereits Prof. Sternberg in der Debatte ausgeführt hat, reden wir über drei oder vielleicht auch nur zwei Tage, denn seltsamerweise geht es nicht um Weihnachten. Diese zwei Tage können nicht dazu führen, dass Bäcker und Floristen wirtschaftlich ruiniert werden.
Man muss ernsthaft über die Verhältnismäßigkeit reden. Dazu möchte ich nur wenige Anmerkungen machen. Sicherlich ist jede Veränderung einer lieb gewordenen Regelung Kritik ausgesetzt. Das Verhalten von Unternehmen und Verbrauchern muss sich anpassen. Insbesondere im ersten Jahr nach einer Neuregelung werden die Akteure vor Herausforderungen gestellt.
Nun komme ich zum Verlauf und zur Bedeutung der Diskussion: Wir reden über drei von ca. 60 Sonn- bzw. Feiertagen. Ich verweise noch
einmal auf Prof. Sternberg: An allen übrigen Sonn- und Feiertagen können Bäcker, Konditoren und Floristen fünf Stunden öffnen.
Wie bereits am 3. Mai ausgeführt, wundert es mich ein wenig, dass die Arbeitnehmerinteressen bei dieser Diskussion bislang keine Berücksichtigung gefunden haben.
Sie standen im vergangenen Jahr im Mittelpunkt der Kritik der Opposition und waren ein zentrales Argument gegen die Liberalisierung. Bei der Frage nach den Oster-, Pfingst- und Weihnachtsfeiertagen scheinen die Arbeitnehmerinteressen aber keine Rolle zu spielen. Dabei habe ich die Vermutung, dass die jetzige Regelung insbesondere den Einzelhandelsbeschäftigten entgegenkommt, die nun die ersten Feiertage im Kreis Ihrer Familie verbringen können. Ich vermisse übrigens die Zustimmung der Gewerkschaft zu der von uns vorgenommenen Änderung.