Wir haben uns gleichwohl dazu entschlossen zu sagen: Wir halten diesen Weg der Positivmeldung – ich möchte hinzufügen: ausschließlich der Positivmeldung, das heißt ohne Übermittlung von weiteren Befunden – für den einzigen praktikablen Weg, und zwar nur dann – dies hat Kollege Henke bestätigt –, wenn es eingebettet ist in ein weiteres Gesamtkonzept zum Wohl des Kindes.
Wir haben bei der Durchführung des Familienhebammen-Projektes festgestellt, dass es keine Alternative zu einem aufsuchenden Konzept gibt, dass es aber gleichwohl in Großstädten schwierig ist, alle Familien zu erfassen. Dies ist für uns mit die Motivation zu sagen: Da sind wir dabei; da machen wir mit. Diese Positivmeldung macht Sinn.
Auch wenn die Gruppe landesweit nicht so wahnsinnig groß ist, sehen wir sehr wohl Personengruppen, die in hohem Maß betroffen sind. Nach der KiGGS-Studie sind insbesondere Kinder aus Migrantenfamilien und aus Unterschichtenfamilien betroffen, die beispielsweise zu über 60 %, über 70 %, über 80 % keinen Zugang zu den U9Früherkennungsuntersuchungen haben. Kombiniert mit kommunalen Diensten, die aufsuchende Kontakte pflegen und die dann auch ein System von vorsorgender und nachsorgender Betreuung bereitstellen, halten wir das Meldesystem für sinnvoll.
Völlig auseinander geht unsere Meinung allerdings, was den zweiten Punkt betrifft, den Kollege Henke ebenfalls bereits angesprochen hat: die Abänderung des Namens der Psychotherapeutenkammer. Ich habe Ihr Beispiel, Herr Kollege Henke – ich kann Ihnen ja sonst an manchen Stellen folgen – an dieser Stelle nicht verstanden, das Sie bezogen auf unser parlamentarisches Verständnis angeführt haben.
peutenkammer leisten können, nachdem wir sieben Jahre lang eine Landespsychotherapeutenkammer ohne Probleme hatten, dies nunmehr verändern müssen. Sie selbst haben darauf hingewiesen, dass Sie zwischen Psychiatern, also Fachärzten mit therapeutischer Zusatzausbildung, und den Psychotherapeuten unterscheiden. Der letztere Personenkreis hat keinen Zweifel daran, dass er nicht von der Ärztekammer vertreten wird, und die Ärzte wollen auch nicht von der Psychotherapeutenkammer vertreten werden. Sie haben keine Zweifel, und die anderen maßen sich auch nicht an, Ärzte zu sein.
Ich denke, Sie schaffen keine klareren Verhältnisse. Wenn Sie wirklich klarere Verhältnisse haben wollten, dann müssten Sie konsequent sein und dies auf allen Ebenen tun. Zunächst müssten Sie diesen riesenlangen Satz für die Kammer gendern – das geht mir dann schon gar nicht mehr leicht von den Lippen –, und Sie müssten die Bezeichnung der Ärztekammer konsequenterweise beispielsweise in Kammern für Ärztinnen und Ärzte für Erwachsene und für Kinder und Jugendliche ändern. Das wäre analog. Ich denke, so absurd, wie es dort ist, so absurd ist es auch bei der Psychotherapeutenkammer. Von daher bedaure ich sehr, dass Sie dieses Argument nicht erreicht hat.
Ich komme zum Schluss. Ihr Hinweis, dass Sie es verstanden hätten und im Hinblick auf 65.000 € teure Investitionen, um die Briefköpfe und Schilder und Ausweise zu ändern – das ist mehr als das Doppelte dessen, was dieser Kammer an Öffentlichkeitsmitteln zur Verfügung steht –, bereit seien, in die Begründung des Gesetzes aufzunehmen, dass man im Schriftverkehr auf die Kurzform wieder zurückgreifen könne, macht deutlich, wie absurd das eigentlich ist.
Wenn man es im Schriftverkehr nicht benutzt: Glaubt denn irgendwer im Hause daran, dass man es dann im mündlichen Sprachgebrauch ändern würde? Wenn es eh nicht geändert würde, kann man es auch ganz sein lassen. Sie haben aber unseren Antrag auf Beibehaltung des Namens im Ausschuss leider abgelehnt.
Geben Sie wenigstens diese Möglichkeit der Kurzfassung ins Gesetz, damit es wirklich rechtssicher ist, und nehmen Sie es aus der Begründung heraus! Das wäre ein tragfähiger Kompromiss. Es wäre toll, wenn dieses Haus einmal etwas Gemeinsames beschließen könnte. – Danke schön.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das war eine sehr engagierte Rede der Kollegin Gebhard.
Sie hat dennoch nicht verstanden, wo ein Hauptproblem des Gesundheitssystems in Deutschland liegt: bei der Transparenz, der Übersichtlichkeit für die Patienten. Es ist nicht durchschaubar. Wir schaffen jetzt Klarheit, da es ärztliche und psychologische Psychotherapeuten gibt, für die unterschiedliche Kammern Verantwortung tragen, wenn es z. B. zu Fehltritten dieser Therapeuten kommt. Das ist ein wichtiger Schritt, um Transparenz in dieses Gesundheitssystem zu bringen.
Ich kann nicht verstehen, dass die SPD da blockiert – höchstens, weil man auf Bundesebene ähnlich vorgeht. Auch dort haben wir die Defizite, weil Transparenz in diesem Gesundheitssystem nicht gewollt wird. Man möchte ein staatliches Konglomerat, durch welches keiner mehr durchblickt. Aber für die Verbraucher, für die Patienten brauchen wir diese Transparenz. Deshalb ist es klar, dass dieser Gesetzentwurf so auch gut ist.
Wir haben diese Änderung mit der Kurzbezeichnung „Psychotherapeutenkammer NRW“ eingebaut, um im praktischen Gebrauch die bürokratischen Kosten zu verringern. Natürlich muss die volle Bezeichnung nicht unbedingt auf dem Fortbildungsausweis jedes Psychotherapeuten stehen. Das sind Dinge, die kann man weiter führen, aber in der offiziellen Rechtsbezeichnung muss der ordentliche Namen auftauchen und klar stehen.
Einen weiteren Punkt, der in der Anhörung umstritten war, haben wir auch geändert, indem wir Klarheit geben, was der Kinderarzt melden muss: nämlich nur die Daten und die Tatsache, dass eine Vorsorgeuntersuchung stattgefunden hat. Es ist gut und richtig, dass das Parlament entscheidet, was dort weiterzugeben ist, und dass das nicht auf dem Verordnungsweg geschieht.
Das waren die Knackpunkte in der Anhörung. Darauf haben wir in der Koalition reagiert und damit den Bedarf an Änderungen erfüllt. – Danke schön.
Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Romberg. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht jetzt Frau Abgeordnete Steffens.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich will direkt mit dem zweiten Punkt, der eben diskutiert wurde, nämlich mit der Namensänderung der Psychotherapeutenkammer anfangen.
Herr Henke, ich fand Ihr Beispiel mit den Bundestagsfraktionen, den Regierungs- und den Oppositionsfraktionen, sehr schön. Aber ich versuche einmal, diese Transferleistung zu diesem Gesetz zu bringen. Dabei geht es nicht um Regierungs- oder Oppositionsfraktionen, sondern es geht um den Namen „Kammer für Psychologische Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten Nordrhein-Westfalen“.
Das ist zum Beispiel mit folgendem Fall vergleichbar: Sie müssten sagen, die CDU-Fraktion in der Koalition auf Bundesebene sei die nicht-sozialdemokratisch-programmatisch-sozialisierte christdemokratische Regierungskoalitionsfraktion. Aber so werden Sie sich nicht nennen. Auch die Psychotherapeutenkammer möchte nicht so benannt werden.
Wir haben in der Anhörung von allen Expertinnen und Experten weder ein einziges Argument noch ein einziges Beispiel genannt bekommen, das die angebliche Irreführung und Transparenz belegt, die Herr Romberg angeführt hat. Mit der Bezeichnung „Psychotherapeutenkammer NordrheinWestfalen“ besteht für die Bürgerinnen und Bürger in Nordrhein-Westfalen wie auch in zahlreichen anderen Bundesländern genau die Klarheit, die wir brauchen. Deswegen finde ich diese Namensänderung völlig abstrus.
In der Begründung des Gesetzentwurfs kann man sehen: Das ist auf Wunsch der Ärztekammer ins Gesetz gekommen. Aber wenn man betrachtet, was die Ärztekammer Nordrhein in der Anhörung sagte, kann man feststellen: Sie haben überhaupt keine Argumente mehr dafür gebracht; sie haben nicht einmal mehr auf dieser Änderung bestanden. Man hat vielmehr das Gefühl, dass es irgendwann in dieses Gesetz hineingekommen ist und es jetzt alle verteidigen.
Ich habe im Ausschuss schon etwas vorgelegt, was ich jetzt für meine Fraktion als Änderungsantrag vorlege. Wenn man diesen Namen schon ändert, bitten wir wenigstens um Rechtssicherheit
für die Psychotherapeutenkammer. Herr Laumann, Sie wissen genauso gut wie wir, dass Ihr Haus sagt, es sei irgendwie rechtsicher. Aber etliche Juristinnen und Juristen sagen, das sei so nicht sicher, sondern man müsse ins Gesetz schreiben, dass die Psychotherapeutenkammer im Rechtsverkehr die Kurzbezeichnung führen darf.
Sie wissen, wie es vor Gericht und auf hoher See ist. Dort ist man nur Gott und sich selbst überlassen. Man weiß nicht, was dabei am Ende herauskommt. Sie lassen bewusst zu, dass die Psychotherapeutenkammer unter Umständen in Rechtsstreitigkeiten kommt, weil Sie das im Gesetz nicht klarstellen.
Sie haben bei allen Gelegenheiten bekundet, dass Sie möchten, dass die Psychotherapeutenkammer diese Kurzform verwenden darf. Wenn Sie das wirklich wollen, springen Sie über Ihren Schatten und sagen: Okay, das ist kein Problem; wir machen auch noch diesen Schritt und verwenden die Formulierung „Die Psychotherapeutenkammer ist befugt, im Rechtsverkehr die Kurzbezeichnung zu führen“ im Gesetzentwurf.
Die Regierungsfraktionen können das gern beantragen. Sie müssen gar nicht unserem Änderungsantrag zustimmen, wenn Sie damit Schwierigkeiten haben. Aber ändern Sie das bitte im Interesse der Psychotherapeuten und Psychotherapeutinnen in Nordrhein-Westfalen! Denn alles andere ist eine halbherzige Änderung, die nicht zu dem Ergebnis führt, das auch Sie haben wollten.
Zum Punkt der Meldepflicht: Ich bin davon nicht überzeugt und fand die Vorschläge, die von zahlreichen Kinder- und Jugendärzten und -ärztinnen in der Anhörung gemacht worden sind, sehr viel sympathischer, man solle einen Weg für die Meldepflicht über die Eltern finden.
Ich finde, es ist ein Problem, immer wieder den Eltern zu unterstellen, sie hätten kein Interesse daran und würden diese Meldung nicht vollziehen. Was sind das denn dann für Eltern? Was meinen wir, tun diese Eltern für die Kindergesundheit, wenn sie die Arztpraxis verlassen haben? In Ihren Augen sind sie noch nicht einmal mehr in der Lage, die Postkarte beim Arzt auszufüllen und in den Kasten zu werfen.
Ich glaube, dass Sie den Eltern verdammt wenig zutrauen. Ich glaube, das ist nicht im Sinne der Gesundheitsvorsorge. Denn es wäre andersherum gedacht – das hat einer der Experten während der Anhörung gesagt – vielleicht ganz interessant zu schauen, welche Eltern das nicht tun. Denn auch sie würden angesprochen, weil sie nicht
gemeldet haben. Auf sie würde zugegangen werden. Vielleicht ist es sinnvoll, diese Eltern dann zu erreichen.
Denn wir wissen alle – auch darüber sind wir uns im Klaren –: Allein die Teilnahme an einer UUntersuchung ist weder Prävention noch Gesundheitsschutz oder irgendein Schutzfaktor für die Kinder. Der Schutz muss an ganz anderen Stellen stattfinden. Dafür brauchen wir sehr viel mehr Netzwerkstrukturen, aufsuchende Strukturen und andere Hilfen für Kinder und Jugendliche. Deswegen glaube ich, dass die Meldepflicht in der jetzigen Form, über die die Ärzte selber sagen, sie sei für sie eine Störung im Arzt-PatientenVerhältnis, nicht der beste Weg ist.
Aber ich wäre sogar bereit, dem Gesetzentwurf zuzustimmen, wenn Sie bei der Psychotherapeutenkammer den Schritt in die richtige Richtung gehen. – Danke.
Vielen Dank, Frau Abgeordnete Steffens. – Für die Landesregierung hat jetzt Herr Minister Laumann das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bei den Beratungen des Gesetzentwurfs sowohl im Ausschuss als auch heute Abend im Plenum wird erstaunlich kontrovers und engagiert diskutiert, welchen Namen die Kammer führen soll, die für die Psychologischen Psychotherapeuten und die Kinder- und Jugendpsychotherapeuten zuständig ist. Die neue Namensgebung nimmt diese Zuständigkeit wörtlich auf. Nordrhein-Westfalen folgt damit ähnlich bzw. gleich lautenden Formulierungen der Länder Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Brandenburg und Hessen.
So wird deutlich, welche Berufsgruppen ihr ausschließlich angehören. Das vermeidet Irritationen über die Kammerzugehörigkeit der ärztlichen Psychotherapeuten, die als Ärzte der Ärztekammer angehören. Der neue Name bietet daher für die Bürger und Patienten eine größere Transparenz bei der Suche nach einem passenden Therapeuten.
Die Kammer darf im Rechtsverkehr überdies auch die in Klammern stehende Kurzbezeichnung Psychotherapeutenkammer Nordrhein-Westfalen verwenden. Der Änderungsantrag der Grünen ist daher überflüssig.
Einen zweiten Schwerpunkt der parlamentarischen Beratung des Gesetzentwurfes bildete die Diskussion um die vorgesehene Meldepflicht für Ärztinnen und Ärzte, die Früherkennungsuntersuchungen für Kinder durchführen.
Durch einen Abgleich der gemeldeten Daten mit Daten der Einwohnermeldeämter durch eine zentrale Stelle können die Kinder ermittelt werden, die nicht untersucht worden sind. Ich habe inzwischen entschieden, dass diese Aufgabe der zentralen Stelle das Landesinstitut für den öffentlichen Gesundheitsdienst übernehmen wird.
Soweit erforderlich wird die zentrale Stelle die Eltern erinnern, die Untersuchung wahrzunehmen. Wenn auch nach einer „erinnernden Einladung“ keine Untersuchung erfolgt, können die Kommunen in eigener Zuständigkeit prüfen und entscheiden, ob Grund besteht, sich einzuschalten.
Teile der Ärzteschaft befürchten, dass die Meldepflicht ihr Vertrauensverhältnis zu den Patienten beeinträchtigen könnte. Ihrem Vorschlag, stattdessen die Eltern selbst melden zu lassen, kann ich mich nicht anschließen. Viele Eltern würden die Meldung vielleicht einfach nur vergessen, die Kommunen aber hätten unnötige Arbeit.